Zusammenfassung des Urteils SR.1999.00020: Verwaltungsgericht
Der Text behandelt einen Gerichtsfall, bei dem die Bewertungsgrundlagen für verschiedene Liegenschaften fehlerhaft erhoben wurden. Das Verwaltungsgericht kritisiert, dass der Amtsgutachter nicht korrekt nach der Vergleichsmethode vorgegangen ist und wichtige Schätzungsregeln missachtet hat. Es werden auch Mängel bei der Ertragswertermittlung und der Ermittlung des Landwerts aufgezeigt. Besondere Kritik wird an der unzureichenden Berücksichtigung von Dienstbarkeiten, Immissionen und der Wertminderung durch Baulinien geäussert. Die Expertise wird als ungenügend begründet und in einigen Punkten als fehlerhaft angesehen.
Kanton: | ZH |
Fallnummer: | SR.1999.00020 |
Instanz: | Verwaltungsgericht |
Abteilung: | 2. Abteilung/2. Kammer |
Datum: | 22.11.2000 |
Rechtskraft: | Dieser Entscheid ist rechtskräftig. |
Leitsatz/Stichwort: | Bewertung von Grundstücken |
Schlagwörter: | Recht; KatNr; Experte; Last:; Recht:; Grundstück; Gebäude; Liegenschaft; Parkpl; Schätzer; Mitben; Vergleich; Naegeli/; Wenger; Schätzung; Ertrag; Verkehrswert; Ertrags; Canonica; Schätzerhandbuch; Naegeli/Wenger; Grundstücke; Benützung; VersNr; Handänderung; Ertragswert; äher |
Rechtsnorm: | - |
Referenz BGE: | - |
Kommentar: | Peter Liver, Berner Art.734, Art. 734 ZGB ZG, 1980 |
Bezeichnung | Anteil | Überbauung | Fläche/Zone | wichtige Grunddienstbarkeiten |
Kat.Nr. 04 | Je 1/2 | unüberbaut | ... | Last: Fuss- und Fahrweg zG 05 Last: Nutzung als Lagerplatz zG 05 |
Kat.Nr. 05 | O. | Teil der Gebäude Vers.Nrn. 10, 11 und 12 | ... | Recht: Fuss- und Fahrweg zL 04 Recht: Nutzung als Lagerpl. ZL 04 Recht: Benützung Treppenh. zL. 07 Recht: Mitbenützung Garten zL 06 Recht: Mitben. Heizanlage zL 06 Last: Benützung Parkpl. zG 07 Last: Fussweg zG 07 |
Kat.Nr. 06 | R. | Teil von Gebäude Vers.Nr. 10 | ... | Last: Mitb. Garten zG 05 + 07 Last: Fussweg zG 07 Last: Mitb. Heizanl. zG 05 + 07 Last: Mitben. Container zG 07 Last: Benützung Parkpl. zG 07 |
Kat.Nr. 07 | 1/3 O. 2/3 R. | Teil von Gebäude Vers.Nr. 10 | ... | Last: Benützung Treppenh. zG 05 Recht: Mitbenützung Garten zL 06 Recht: Fussweg zL 9671 und 06 Recht: Mitben. Heizanlage zL 06 Recht: Mitben. Container zL 06 Recht: Ben. Parkpl. zL 05 + 06 |
Erhebung der Bewertungsgrundlagen verschiedene Fehler unterlaufen. Wie der Experte hätte vorgehen müssen, hat das Verwaltungsgericht in E.3d des Entscheids SR.99.00011 vom 24.November 1999 (= ZStP 2000, S.157f.) skizziert. In E.3c des nämlichen Urteils (= RB1999 Nr.158 = ZStP 2000, S.154ff.) hat das Verwaltungsgericht -in Anlehnung an die Lehre und Rechtsprechung- Ausführungen zur Verkehrswertermittlung nach der Vergleichsmethode gemacht. Diese Methode spielt auch hier eine -freilich zweitrangige- Rolle. Indem der Amtsgutachter es dabei hat bewenden lassen, sich beim Notariat nach den gehandelten Preisen für unüberbautes Land zu erkundigen und seiner Verkehrswertschätzung den Durchschnittswert zugrunde zu legen, ist er seiner Ermittlungsaufgabe nicht nachgekommen. Denn das Wesen der Vergleichsmethode besteht darin, in einem ersten Schritt Handänderungen zu erheben, die mit dem zu bewertenden Grundstück eine so grosse Ähnlichkeit aufweisen, dass sich ein Vergleich rechtfertigt. In einem zweiten Schritt müssen die Unterschiede zwischen den beiden jeweils betrachteten Liegenschaften festgestellt und bewertet werden (RB1999 Nr.158). Beides hat der von der Finanzdirektion beauftragte Sachverständige unterlassen. Nach den im oben genannten Urteil angeführten Schätzungsregeln hätte der Experte eine über acht Monate nach dem Stichtag abgewickelte Handänderung nicht berücksichtigen dürfen (RB1972 Nr.103; ebenso VGr, 26.Januar 2000, SR.1999. 00016). Bedenken bestehen sodann gegen den Miteinbezug von Handänderung Nr.1, die fast vier Jahre vor dem Stichtag stattgefunden hat; die günstigeren Marktverhältnisse im damaligen Zeitpunkt (vgl. Statistisches Jahrbuch des Kantons Zürich 2000, S.107ff.) haben sich denn auch im besten der erhobenen Preise niedergeschlagen. Ebenso hätten sich bei der Handänderung Nr.4, wo die Gemeinde als Verkäuferin aufgetreten war, nähere Abklärungen aufgedrängt.
Schätzungsmethode abgestellt habe. Für das unüberbaute Grundstück Kat.Nr.04 wird im Einklang mit der Gerichtspraxis eine Realwertschätzung vorgenommen, während der Verkehrswert der Hausliegenschaften Kat. Nrn.05 und07 (wie auch von Kat.Nr.06) zu Recht aus einem Mittel von Ertrags- und Realwert abgeleitet wird. Die vom Experten vorgenommene Gewichtung von 5x Ertragswert und 1x Realwert erscheint vorliegend -Anteil Wohnhaus, Büroanbau, Werkstatt und Magazin- als angemessen (vgl. Francesco Canonica, Schätzerlehrgang/ Grundwissen, hrsg. vom Schweiz. Immobilienschätzer-Verband, Bern2000, S.119; Wolfgang Naegeli/ Heinz Wenger, Der Liegenschaftenschätzer, 4.A., Zürich1997, S.100; vgl. auch Schweiz. Vereinigung kantonaler Grundstückbewertungsexperten, Schätzerhandbuch, Bewertung von Immobilien, Stand 1998, S.61f.).
Ertragswert im Rahmen der Verkehrswertermittlung hier besonders stark ins Gewicht fällt, hätte sich ein gewisser Aufwand des Experten gerechtfertigt. Über die Ausgestaltung und Nutzung der Liegenschaften finden sich in den Schätzungen von S. nähere Ausführungen. Die gemischte Nutzung eines über hundertjährigen Gebäudes zu Wohn- und Bürozwecken stellt vergleichsweise hohe Anforderungen an die Schätzung. Die inventarisierte Liegenschaft, die ein mögliches Denkmalschutzobjekt im Sinn von §203 des Planungs- und Baugesetzes vom 7.September 1975 (PBG) darstellt, hat einen Anteil Liebhaberwert, was sich in einem vergleichsweise weiten Schätzungsermessen niederschlägt. Trotzdem hätte der Amtsexperte dartun müssen, ob die (angeblich) erzielten Wohnungsmieten von Fr.... tatsächlich angemessen seien. Denn bei der Ertragswertermittlung ist nicht auf die tatsächlich erzielten, sondern auf die objektiv erzielbaren Mieterträge abzustellen (Canonica, S.84; Schätzerhandbuch, S.54; eingehend: Jürgen Simon/Klaus Gors/Max Troll, Handbuch der Grundstückswertermittlung, 4.A., München1997, S.115ff.). Dass die von den Familienmitgliedern bezahlten Mieten nicht marktkonform sind, bestätigt sogar der Privatexperte. Der Mietwert ist vom Experten stets unter Berücksichtigung aller Einflussgrössen und anhand von Vergleichsobjekten zu schätzen. Dabei kommt dem Kriterium der Orts- und Quartierüblichkeit herausragende Bedeutung zu (Naegeli/Wenger, S.82). Dass der von der Finanzdirektion bestellte Sachverständige eine solche Untersuchung vorgenommen hätte, geht aus dem Gutachten nicht hervor. Dasselbe gilt mit Bezug auf den von der Bürofläche abgeworfenen Ertrag. Statt den konkreten örtlichen Verhältnissen nachzugehen, hat sich der Experte damit begnügt, einen kaum spezifizierten allgemeinen Durchschnittswert heranzuziehen; dies unter Hinweis auf eine Lehrmeinung (Naegeli/Wenger, S.294, wo sich allerdings keinerlei Bezüge zu Statistiken usw. finden). Solche Mittelwerte sind von beschränkter Aussagekraft, weil sie weder die Eigenheit der zu beurteilenden Liegenschaft noch die Verhältnisse des lokalen Markts berücksichtigen. Dass der Rekurrent unter Hinweis auf die wenig zweckmässige Anordnung der Büroräume in dem vor über hundert Jahren zu Wohnzwecken erstellten Gebäude eine Ermässigung des Mietwerts auf Fr..../m2 verficht, erscheint als plausibel. Die Vorinstanz, deren Experte sich in seiner Stellungnahme zu den Einwänden des Rekurrenten gegen das Amtsgutachten mit einem Hinweis auf die erwähnte Literaturstelle begnügt hat, wird im zweiten Rechtsgang die für eine fallbezogene Ertragswertermittlung nötigen Abklärungen vornehmen müssen.
Ermittlung des Landwerts betrifft, hat der Amtsgutachter -wie schon in E.5b festgestellt- die Vergleichsmethode allzu oberflächlich angewendet. Dass der Experte Vergleichsgrundstücke aus verschiedenen Zonen berücksichtigt, ist zwar nicht ausgeschlossen, bedürfte jedoch wegen der unterschiedlichen Nutzungsdichte einer näheren Begründung. Kaum verständlich ist, dass der Experte für die Zone ... einen Preis von lediglich Fr..../m2 annimmt, für die Zone ... trotz der nicht allzu grossen Nutzungsunterschiede hingegen einen Wert von Fr..../m2 ermittelt. Einen offensichtlichen Irrtum stellt die Auffassung des Amtsexperten dar, wonach die vom Schenker begründeten Dienstbarkeiten den Wert der berechtigten und der belasteten Grundstücke nicht beeinflussten (Canonica, S.44; Naegeli/Wenger, S.188ff.; Schätzerhandbuch, S.17ff.; Simon/Gors/Troll, S.62ff.). Zwar trifft es zu, dass sie ihren Ursprung im Erbvorbezug haben und somit familiär motiviert sind. Ebenso richtig ist, dass die meisten dieser Servituten -nach einem entsprechenden Aufhebungsvertrag (Peter Liver, Berner Kommentar, 1980, Art.734 N.15f. ZGB)- wieder gelöscht werden könnten. Ausser Betracht fällt eine einverständliche Aufhebung kraft Art.20 OR allerdings insoweit, als dadurch ein gesetzwidriger Zustand eintreten würde (vgl. Liver, Art.734 N.54ff. ZGB). Weil eine zu Wohn- Arbeitszwecken genutzte Liegenschaft grundsätzlich über Parkplätze verfügen muss (§§242ff. PBG), kann das zugunsten von Kat.Nr.07 begründete Parkplatzservitut nur aufgehoben werden, wenn eine Ersatzlösung gefunden wird. Selbst unter der -wegen der Möglichkeit, den Gesellschaftsvertrag jederzeit aufzulösen (Art.545 Abs.1 Ziff.6 des Obligationenrechts vom 30.März 1911), unzulässigen- Annahme, dass die Brüder O. und R. die vier übernommenen Grundstücke nicht veräussern, beeinflusst das Gefüge der Dienstbarkeiten deren Wert beträchtlich. Besonders ausgeprägt trifft diese Feststellung für die unüberbaute Parzelle Kat.Nr.04 zu. Weil dieselbe als Lagerplatz für Kat.Nr.05 dient, verkörpert sie für ihren Miteigentümer R. nur einen geringen Wert. Obschon die beiden Beschenkten nahezu gleich betroffen sind, hätte der Schätzer auch die Parkplatzdienstbarkeiten bewerten und den Grundstücken zuordnen müssen (vgl. dazu etwa VGr, 11.Februar 1999, VR.1998.00005-00007 betreffend Bemessung einer Parkplatzersatzabgabe). Ferner macht es aufgrund der Akten den Anschein, dass der Experte der Immissionslage unzureichend Rechnung getragen hat. In der Schätzungspraxis besteht Einigkeit darüber, dass die Belastung einer Liegenschaft mit Immissionen durch Lärm, Luftschadstoffe, Kunstlicht, Schattenwurf, Erschütterungen und Elektrosmog sowie ideelle Einwirkungen ihren Wert beeinflusst (Canonica, S.40f.; Naegeli/Wenger, S.51 und82; Schätzerhandbuch, S.40). Die Würdigung der Grundstücke Kat.Nrn.05, 07 und06 als "ruhig", weckt angesichts der recht zentralen Lage, der Bahnhofsnähe sowie des auf eine intensive Nutzung ausgerichteten Zonenregimes bereits erhebliche Bedenken; dass die nämliche Qualifikation auch der über die dicht befahrene X.-Strasse erschlossenen Kat.Nr.04 zuerkannt wird, ist jedoch schwer verständlich. Die bei den Akten liegende Verkehrsstatistik weist während der Stosszeiten Werte von deutlich über 700Fahrzeugen pro Stunde auf; im Lauf von 24Stunden wurden knapp 8'000Bewegungen registriert. Dass das Verkehrsaufkommen zwischen 0 und 6Uhr sehr gering ausfällt, ändert an dieser Feststellung nichts. Endlich lässt die Katasterkopie vermuten, dass entlang der angrenzenden Strassen Baulinien festgesetzt sind, welche alle vier streitbetroffenen Grundstücke tangieren. Da die innerhalb von Baulinien gelegene Fläche nur noch eingeschränkt genutzt werden kann (§§99ff. PBG) und im Fall der anlässlich einer Strassenerweiterung durchgeführten Enteignung eine verminderte Vergütung ausgerichtet würde (RB 1986 Nr.117; vgl. auch Max Imboden/René Rhinow, Schweizerische Verwaltungsrechtsprechung, BandII: Besonderer Teil, Basel/ Stuttgart 1976, Nr.128 B IVa), dürfte sich dieser Umstand schon heute wertmindernd auswirken (Canonica, S.47; Naegeli/Wenger, S.56; Schätzerhandbuch, S.21).
Gebäudewerte geben zu wenig Bemerkungen Anlass. Weil die Expertise ein in verschiedener Hinsicht ungewöhnliches Objekt beschlagen hat, steht dem Sachverständigen ein vergleichsweise breiter Ermessensspielraum zu. In formeller Hinsicht wäre es allerdings angebracht gewesen, einzelne Faktoren zu begründen. Dies gilt namentlich für die Kubikmeterpreise von Haupt- und Nebengebäuden. Weshalb bei einem alten, jedoch gut unterhaltenen Gebäude, bei dem der Experte immerhin einen gewissen Unterhaltsbedarf ortet, eine Altersentwertung von nur 25% angemessen sein soll, wäre näher darzulegen. Die Liegenschaft Vers.Nr. 10 befindet sich nach den Akten im Inventar der schutzwürdigen Objekte; eine Schutzmassnahme im Sinn von §§203ff. PBG ist jedoch bis zum Stichtag nicht erfolgt. Die Gerichtspraxis trägt der Unsicherheit hinsichtlich der künftigen Nutzungsmöglichkeiten eines Gebäudes bei der Verkehrswertschätzung je nach den Umständen gar nicht (VGr, 7.Mai 1992, SR 92/0027) in bescheidenem Umfang (VGr, 24.Februar 1999, SR.98.00061: 10-20%) Rechnung.
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