Zusammenfassung des Urteils SB.2010.00076: Verwaltungsgericht
A wurde vom kantonalen Steueramt für die direkte Bundessteuer 2008 veranlagt. Nachdem er gegen die Veranlagungsverfügung Einspruch erhoben hatte, wurde sein Einspruch abgelehnt. Er reichte Beschwerde ein, da er angab, den Einspruchsentscheid nicht erhalten zu haben. Letztendlich wurde die Beschwerde abgewiesen, da das Steueramt nachweisen konnte, dass der Entscheid korrekt zugestellt wurde. Die Beschwerde wegen angeblicher Verletzung des rechtlichen Gehörs wurde ebenfalls abgewiesen. Die Gerichtskosten von Fr. 1'100.-- wurden A auferlegt.
Kanton: | ZH |
Fallnummer: | SB.2010.00076 |
Instanz: | Verwaltungsgericht |
Abteilung: | 2. Abteilung/2. Kammer |
Datum: | 27.07.2010 |
Rechtskraft: | Das Bundesgericht hat eine Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gegen diesen Entscheid am 21.03.2011 gutgeheissen, den Entscheid aufgehoben und die Sache zur Neubeurteilung an das Verwaltungsgericht zurückgewiesen. |
Leitsatz/Stichwort: | Zustellungsvermutung bei eingeschriebenen Sendungen |
Schlagwörter: | Einsprache; Pflicht; Pflichtige; Zustellung; Einspracheentscheid; Entscheid; Recht; Steueramt; Steuerrekurskommission; Rechnung; Pflichtigen; Beweis; Sendung; Bundessteuer; Verfügung; Entscheidung; Sendungen; Briefkasten; Abholungseinladung; Verwaltungsgericht; Kammer; Frist; Einzelrichter; Rekurskommission; Überprüfung; Steuerbehörde; Beweislast; Adressat; Erhalt; Empfänger |
Rechtsnorm: | Art. 140 DBG ;Art. 145 DBG ; |
Referenz BGE: | 112 Ia 107; 117 Ib 64; 121 I 54; 130 III 396; 131 II 548; |
Kommentar: | - |
Verwaltungsgericht des Kantons Zürich 2. Abteilung |
SB.2010.00076
Entscheid
der 2. Kammer
vom 25. August 2010
Mitwirkend: Abteilungspräsident Martin Zweifel (Vorsitz), Verwaltungsrichter Andreas Frei, Verwaltungsrichterin Leana Isler, Gerichtssekretärin Jasmin Malla.
In Sachen
betreffend Direkte Bundessteuer 2008,
hat sich ergeben:
I.
A. A wurde mit Veranlagungsverfügung vom 31. August 2009 vom kantonalen Steueramt für die direkte Bundessteuer 2008 mit einem steuerbaren Einkommen von Fr. veranlagt.
B. Gegen diese Verfügung erhob der Pflichtige am 3. September 2009 Einsprache mit dem Antrag, es sei vollumfänglich auf seine Steuererklärung abzustellen. Das kantonale Steueramt wies die Einsprache am 1. Oktober 2009 ab. Am 9.April 2010 versandte es die "Rechnung aufgrund des Einspracheverfahrens" für die direkte Bundessteuer 2008.
II.
Hiergegen erhob er am 14. April 2010 Beschwerde bei der Steuerrekurskommission. Er beantragte, die Rechnung sei aufzuheben, es sei auf seine Steuererklärung abzustellen und die Vorakten seien beizuziehen; alles unter Kosten- und Entschädigungsfolgen. Er begründete dies damit, dass ihm der Einspracheentscheid nicht zugestellt worden sei.
Mit Verfügung vom 20.April 2010 setzte der Präsident der Steuerrekurskommission I dem Pflichtigen Frist bis 30.April 2010, um zur Rechtzeitigkeit seiner Beschwerde Stellung zu nehmen, was dieser mit Eingabe vom 23. April 2010 tat.
Am 9. Juni 2010 trat der Einzelrichter der Steuerrekurskommission I auf die Beschwerde infolge Verspätung nicht ein.
III.
Gegen diese Verfügung erhob A am 26. Juni 2010 Beschwerde beim Verwaltungsgericht und beantragte die Aufhebung der Verfügung, den Beizug der Vorakten sowie die Aushändigung des Einspracheentscheids.
Während der Einzelrichter der Steuerrekurskommission I auf Vernehmlassung verzichtete, schloss das kantonale Steueramt auf Abweisung der Beschwerde. Die Eidgenössische Steuerverwaltung liess sich nicht vernehmen.
Die Kammer zieht in Erwägung:
1.
1.1 Für die Beschwerde an das Verwaltungsgericht als weitere verwaltungsunabhängige kantonale Instanz im Bereich der direkten Bundessteuer gelten laut Art. 145 Abs. 2 des Bundesgesetzes vom 14. Dezember 1990 über die direkte Bundessteuer (DBG) die Vorschriften von Art. 140 bis 144 DBG über das Beschwerdeverfahren vor der kantonalen Rekurskommission "sinngemäss".
1.2 Soll die erstinstanzliche Beschwerde die allseitige, hinsichtlich Rechts- und Ermessenskontrolle unbeschränkte gerichtliche Überprüfung der Einspracheentscheide der Veranlagungsbehörde auf alle Mängel des Entscheids und des vorangegangenen Verfahrens hin ermöglichen (Art. 140 Abs. 3 DBG), muss sich die Aufgabe der zweitinstanzlichen Beschwerde, welche die Überprüfung der Entscheidung eines Gerichts und nicht diejenige einer Verwaltungsbehörde zum Gegenstand hat, auf die Rechtskontrolle beschränken (vgl. BGE 131 II 548 E. 2.2.2 und E. 2.3).
2.
2.1 Gemäss Art. 140 Abs. 1 DBG kann der Steuerpflichtige gegen den Einspracheentscheid der Veranlagungsbehörde innert 30 Tagen nach Zustellung bei einer von der Steuerbehörde unabhängigen Rekurskommission schriftlich Beschwerde erheben.
2.2 Der allgemeinen Regel von Art. 8 des Zivilgesetzbuches entsprechend trägt die Steuerbehörde die Beweislast für die Zustellung von Veranlagungsverfügungen und Einspracheentscheiden. Die Steuerbehörde hat auf geeignete Art den Beweis dafür zu erbringen, dass und wann die Zustellung erfolgt ist (vgl. BGr, , www.bger.ch).
2.3 Die Beschwerde des Pflichtigen an die Steuerrekurskommission richtete sich gegen die "Rechnung aufgrund des Einspracheverfahrens" vom 12. April 2010. Gegen diese ist die Beschwerde an die Rekurskommission nicht zulässig, wenn vor Erstellen der Rechnung ein Einspracheentscheid zugestellt wurde. Wurde jedoch, wie dies der Pflichtige hier geltend macht, vor Erstellen der Rechnung kein Einspracheentscheid zugestellt, kann die Rechnung innert 30 Tagen bei der Steuerrekurskommission angefochten werden. Folglich ist zu klären, ob der Einspracheentscheid des kantonalen Steueramts dem Pflichtigen zugestellt worden ist.
2.4 Wird bei eingeschriebenen Sendungen der Adressat einer versuchten Zustellung nicht angetroffen und daher eine Abholeinladung in seinen Briefkasten sein Postfach gelegt, so gilt nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung die Sendung als zugestellt, wenn sie auf der Post abgeholt wird. Geschieht dies nicht innert der Abholfrist von sieben Tagen, so gilt die Sendung als am letzten Tag dieser Frist zugestellt, sofern der Adressat mit der Zustellung hatte rechnen müssen (BGE 130 III 396 E. 1.2.3). Mit der Zustellung eines behördlichen Aktes ist nach Treu und Glauben dann zu rechnen, wenn zwischen dem Adressaten und der Behörde ein Prozessrechtsverhältnis besteht (BGE 130 III 396 E.1.2.3; 123III492 E. 1; 119V89 E.4b/aa).
2.5 Entgegen der allgemeinen Beweislastverteilung (vgl. E. 2.2) gilt bei eingeschriebenen Sendungen eine widerlegbare Vermutung, dass der die Postangestellte den Avis ordnungsgemäss in den Briefkasten des Empfängers gelegt hat und das Zustellungsdatum korrekt registriert wurde. Es findet also in diesem Fall hinsichtlich der Ausstellung der Abholungseinladung insofern eine Umkehr der Beweislast in dem Sinn statt, als im Fall der Beweislosigkeit zuungunsten des Empfängers zu entscheiden ist, der den Erhalt der Abholungseinladung bestreitet (BGr, 5.Juni 2009, 2C_38/2009, E.3.2, www.bger.ch).
Diese Vermutung gilt solange, als der Empfänger nicht den Nachweis einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit von Fehlern bei der Zustellung erbringt. Da der Nichtzugang einer Abholungseinladung eine negative Tatsache ist, kann dafür naturgemäss kaum je der volle Beweis erbracht werden (BGr, 5.Juni 2009, 2C_38/2009, E.4.1, www.bger.ch).
2.6 Das kantonale Steueramt hat durch Einreichung der Kopien der Briefumschläge sowie der Zustellungsnachweisen der Post belegt, dass es dem Pflichtigen den Einspracheentscheid vom 1.Oktober 2009 am 1. und 14.Oktober 2009 per Einschreiben zugestellt hat und dass die Post diese Sendungen am 10. bzw. 23.Oktober 2009 retourniert hat, da sie nicht innert der Frist von sieben Tagen abgeholt wurden.
Dagegen macht der Pflichtige geltend, dass die Post schon früher in falsche Briefkästen verteilt wurde. Er belegt seine Aussage mit einer irrtümlich in seinem Briefkasten gelangten Postsendung und beantragt die Einvernahme des ehemaligen CEO der Post als Zeugen.
Die vom Beschwerdeführer angebotenen Beweise vermögen den durch das kantonale Steueramt erbrachten Nachweis der erfolgten Zustellung nicht zu widerlegen. Denn auch gelegentliche Fehlzustellungen bei der nicht eingeschriebenen Post vermögen nicht zu beweisen, dass im konkreten Fall die Abholeinladungen für den Versand des Einspracheentscheids nicht in den Briefkasten des Beschwerdeführers gelegt wurden. Die Vorbringen des Beschwerdeführers lassen zudem nicht darauf schliessen, dass besondere Umstände vorliegen, die für eine unsorgfältige Arbeitsweise des Postangestellten sprechen (BGr, 5.Juni 2009, 2C_38/2009, E.4.1, www.bger.ch).
Inwiefern sich der vom Beschwerdeführer als Zeuge angerufene ehemalige CEO der Post sich zum konkreten Fall sollte äussern können, ist nicht ersichtlich, weshalb auf die Zeugeneinvernahme verzichtet werden kann.
Zudem verweist der Pflichtige auf die Tatsache, dass er der Steuerkommissärin mit einer Rechtsverzögerungsbeschwerde gedroht habe und dass er nach Erhalt der Rechnung unverzüglich das Gemeindesteueramt darüber informiert habe, dass er den Einspracheentscheid nie erhalten habe. Auch diese Vorbringen vermögen die bei eingeschriebenen Sendungen bestehende Zustellungsvermutung nicht zu widerlegen. Das kantonale Steueramt musste nicht dafür Gewähr leisten, dass der Pflichtige tatsächlich vom Einspracheentscheid Kenntnis erhält, sondern nur, dass dieser in seinen Machtbereich gelangt. Der Pflichtige stand in einem Prozessverhältnis mit dem kantonalen Steueramt, weshalb ihm die Pflicht oblag, sich um den Erhalt der an ihn gerichteten Zustellungen zu bemühen und den Abholungseinladungen Folge zu leisten.
3.
3.1 Des Weiteren macht der Pflichtige eine Verletzung des rechtlichen Gehörs geltend, da die Vorinstanz sich nicht mit den von ihm vorgebrachten Argumenten auseinandergesetzt habe.
3.2 Aus dem verfassungsmässigen Gehörsgrundsatz sowie aus Art. 116 Abs. 1 und Art.143 Abs. 2 DBG fliesst das Recht auf einen begründeten Entscheid. Die Begründung ist so abzufassen, dass der Steuerpflichtige in die Lage versetzt wird, die Tragweite der Entscheidung zu erkennen und die Überlegungen, welche die Behörde ihrer Entscheidung zugrunde gelegt hat, nachzuvollziehen (vgl. BGE 112 Ia 107 E.2b; BGE 121 I 54 E.2c). Auf diese Weise soll der Steuerpflichtige beurteilen können, ob und mit welchen Argumenten er den Entscheid auf dem Rechtsmittelweg weiterziehen will. Schliesslich ermöglicht die vorinstanzliche Begründung der Rechtsmittelbehörde die Überprüfung der angefochtenen Entscheidung. Die Rechtsmittelinstanz muss sich nicht mit allen Parteistandpunkten ausführlich auseinandersetzen und jedes einzelne Vorbringen widerlegen. Sie kann sich auf die für den Entscheid wesentlichen Gesichtspunkte beschränken (BGE 117 Ib 64 E.4; BGE 121 I 54 E.2c).
3.3 Insofern als der Pflichtige eine Verletzung des rechtlichen Gehörs geltend macht, kann ihm nicht gefolgt werden. Der Einzelrichter der Steuerrekurskommission I hat sich mit allen relevanten Einwänden des Pflichtigen auseinandergesetzt und seinen Entscheid ausführlich begründet. Insbesondere wurde ihm vor Fällung des Entscheids Gelegenheit zur Stellungnahme bezüglich der Rechtzeitigkeit seiner Beschwerde gegeben. Da die Vorinstanz auf die Beschwerde wegen Verspätung nicht eintrat, hatte sie keinen Anlass, sich mit den materiellen Argumenten des Pflichtigen auseinandersetzen.
Dies führt zur Abweisung der Beschwerde.
4.
Ausgangsgemäss sind die Verfahrenskosten dem unterliegenden Pflichtigen aufzuerlegen (Art. 144 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 145 Abs. 2 DBG).
Demgemäss entscheidet die Kammer:
Fr. 1'000.--; die übrigen Kosten betragen:
Fr. 100.-- Zustellungskosten,
Fr. 1'100.-- Total der Kosten.
5. Mitteilung an
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