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Urteil Verwaltungsgericht (ZH - SB.2008.00105)

Zusammenfassung des Urteils SB.2008.00105: Verwaltungsgericht

Die V AG, die später in W AG umbenannt wurde, wurde als Auffanggesellschaft gegründet und von A beherrscht. Das kantonale Steueramt schätzte die Steuern für verschiedene Jahre und die direkte Bundessteuer. Die Pflichtige erhob Einspruch gegen die Entscheidungen des Steueramtes, trat aber nicht ein. Die Steuerrekurskommission I gab teilweise Recht, wies die Sache jedoch zur erneuten Prüfung an das Steueramt zurück. Die Pflichtige legte Beschwerden beim Verwaltungsgericht ein, das die Einschätzungen und Veranlagungen zur erneuten Prüfung ans Steueramt zurückwies. Die Kosten des Verfahrens wurden entsprechend verteilt.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts SB.2008.00105

Kanton:ZH
Fallnummer:SB.2008.00105
Instanz:Verwaltungsgericht
Abteilung:2. Abteilung/2. Kammer
Verwaltungsgericht Entscheid SB.2008.00105 vom 20.11.2008 (ZH)
Datum:20.11.2008
Rechtskraft:Dieser Entscheid ist rechtskräftig.
Leitsatz/Stichwort:Anfechtung eines (partiellen) Rückweisungsentscheids von der Steuerrekurskommission an das kantonale Steueramt, Begehren um weitergehende Rückweisung
Schlagwörter: Einsprache; Steueramt; Rekurs; Einschätzung; Veranlagung; Verfahren; Rekurskommission; Staat; Pflichtige; Recht; Staats; Mahnung; Bundessteuer; Einsprachen; Entscheid; Steueramts; Verwaltungsgericht; Einschätzungen; Ermessen; Mahnungen; Ermessens; Gemeindesteuern; Veranlagungen; Ermessenseinschätzung; -veranlagung; Steuerrekurskommission; Pflichtigen
Rechtsnorm:-
Referenz BGE:-
Kommentar:
-

Entscheid des Verwaltungsgerichts SB.2008.00105

Verwaltungsgericht

des Kantons Zürich

2. Abteilung

SB.2008.00105

SB.2008.00106

Entscheid

der 2. Kammer

vom 21.Januar 2009

Mitwirkend: Abteilungspräsident Martin Zweifel (Vorsitz), Verwaltungsrichter Andreas Frei, Verwaltungsrichterin Leana Isler, Gerichtssekretärin Claudia Suter.

In Sachen

Staat Zürich,

Schweizerische Eidgenossenschaft,

betreffend Staats-/Gemeindesteuer und Direkte Bundessteuer
11.11.199931.12.2000, 2001, 2002 und 2003

hat sich ergeben:

I.

A. Die V AG bis 2005 W AG wurde am 11.November 1999 als Auffanggesellschaft der konkursiten und inzwischen liquidierten Betreiberin der B Bar bzw. des gleichnamigen Dancings in C gegründet. Sie wird zu 99,8 % von ihrem einzigen Verwaltungsrat und Geschäftsführer A beherrscht.

Das kantonale Steueramt schätzte die Gesellschaft am 9.Januar 2008 für die Staats- und Gemeindesteuern 11.11.199931.12.2000, 1.1.31.12.2001, 1.1.31.12.2002 und 1.1.31.12.2003 mit einem steuerbaren Reingewinn von Fr .- (satzbestimmender Rein­gewinn Fr. .-; Satz 10,0 %), Fr. .- (Satz 10,0 %), Fr. .- (Satz 9,446%) und Fr. .- (Satz 10,0 %) sowie mit einem steuerbaren Eigenkapital von Fr. .-, Fr. .-, Fr.759'000.- und Fr. .- (je zum Satz von 1,5 0/00) ein.

Für die direkte Bundessteuer der erwähnten vier Steuerperioden veranlagte das kantonale Steueramt die Gesellschaft am 9.Januar 2008 mit einem steuerbaren Reingewinn von Fr. .-, Fr. .-, Fr. .- bzw. Fr. .-.

Hierbei ergingen die Einschätzungen und Veranlagungen der Steuerperioden 11.11.199931.12.2000 und 1.1.31.12.2001 im zweiten Rechtsgang auf Rückweisungsentscheid der Steuerrekurskommission I vom 14.September 2005 hin.

Sämtliche Einschätzungen der Staats- und Gemeindesteuern und alle Veranlagungen der direkten Bundessteuer erfolgten nach pflichtgemässem Ermessen in Anwendung von §139 Abs.2 des Steuergesetzes vom 8.Juni 1997 (StG) bzw. Art.130 Abs.2 des Bundesgeset­zes über die direkte Bundessteuer vom 14.Dezember 1990 (DBG), weil die Pflichtige nach Auffassung des kantonalen Steueramts seinen Auflagen trotz Mahnung nicht nachgekom­men war und dadurch ihre Verfahrenspflichten nicht erfüllt hatte.

B. Auf die Einsprachen der Pflichtigen vom 18.Februar 2008 gegen die Einschätzungen der Staats- und Gemeindesteuern und die Veranlagungen der direkten Bundessteuer trat das kantonale Steueramt am 17.April 2008 nicht ein. Es stellte sich im Wesentlichen auf den Standpunkt, die Pflichtige habe die versäumten Mitwirkungshandlungen nicht nachge­holt und auf diese Weise keine genügende Begründung der Einsprachen gegeben.

C. Die Pflichtige hatte am 9.Juli 2007 sowie am 29.November 2007 Rekurs und Be­schwerde an die Steuerrekurskommission I gegen die Mahnungen des kantonalen Steuer­amts vom 19.Juni 2007 bzw. 9.November 2007 erhoben, womit dieses hinsichtlich der Steuerperioden 1.1.31.12.2002 und 1.1.31.12.2003 bzw. 11.11.199931.12.2000 und 1.1.31.12.2001 die Erfüllung verschiedener Auflagen gemahnt hatte. Die Steuerrekurs­kommission I trat auf die Rekurse und Beschwerden mit Beschlüssen vom 17.Juli 2007 bzw. 6.Dezember 2007 mangels Zuständigkeit nicht ein und überwies die Rekurs- und Beschwerdeschriften an das kantonale Steueramt zur Behandlung.

Das kantonale Steueramt betrachtete diese Eingaben als Einsprachen gegen die fraglichen Mahnungen und wies diese am 17.April 2008 ab.

II.

Am 3.September 2008 erliess die Steuerrekurskommission I, an welche die Pflichtige am 27.Mai 2008 mit Rekursen und Beschwerden gelangt war, folgenden Entscheid:

Sie hiess die gegen sämtliche Einschätzungen der Staats- und Gemeindesteuern gerichteten Rekurse teilweise gut, soweit sie darauf eintrat. Sie wies die Sache zum Neuentscheid an das kantonale Steueramt ins Einspracheverfahren zurück.

Desgleichen hiess sie die Beschwerde gegen die Veranlagungen der direkten Bundessteuer 11.11.199931.12.2000 und 1.1.31.12.2001 teilweise gut, soweit sie darauf eintrat, und wies die Sache zum Neuentscheid an das kantonale Steueramt ins Einspracheverfahren zurück.

Die Beschwerde gegen die Veranlagung der direkten Bundessteuer 1.1.31.12.2002 und 1.1.31.12.2003 wies sie ab, soweit sie darauf eintrat.

Den Rekurs und die Beschwerde gegen die Einspracheentscheide betreffend die Mahnun­gen des kantonalen Steueramts wies die Kommission im Ergebnis ab, soweit sie darauf eintrat.

III.

Mit Beschwerden vom 23.Oktober 2008 betreffend die Staats- und Gemeindesteuern (SB.2008.00105) sowie betreffend die direkte Bundessteuer (SB.2008.00106) beantragte die Pflichtige dem Verwaltungsgericht die vollständige Aufhebung des Entscheids der Steuerrekurskommission I. Ausserdem beanstandete sie Höhe und Verteilung der vor­instanzlichen Verfahrenskosten und verlangte ferner die Zusprechung einer Parteientschä­digung für das vorinstanzliche und das verwaltungsgerichtliche Verfahren.

Die Steuerrekurskommission I und das kantonale Steueramt schlossen auf Abweisung der Beschwerden. Die Eidgenössische Steuerverwaltung liess sich nicht vernehmen.

Die Kammer zieht in Erwägung:

1.

Die Beschwerden der Pflichtigen betreffend die Staats- und Gemeindesteuern (SB.2008.00105) sowie betreffend die direkte Bundessteuer (SB.2008.00106) beschlagen allesamt den angefochtenen Entscheid der Rekurskommission I vom 3.September 2008. Weil die Kommission darin die Kosten- und Entschädigungsfolgen für Rekurse und Be­schwerden gesamthaft festgelegt hat und auch hierüber zu befinden ist, rechtfertigt es sich, die beiden Rechtsmittel zu vereinigen.

2.

2.1

2.1.1 Mit der Steuerbeschwerde an das Verwaltungsgericht betreffend die Staats- und Ge­meindesteuern können laut §153 Abs.3 StG alle Rechtsverletzungen, einschliesslich Überschreitung Missbrauch des Ermessens, und die unrichtige unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts geltend gemacht werden. §50 des Ver­waltungsrechtspflegegesetzes vom 24.Mai 1959 (VRG) ist kraft §73 VRG auf die Steuer­beschwerde nicht anwendbar.

Für die Beschwerde an das Verwaltungsgericht als weitere verwaltungsunabhängige kan­tonale Instanz im Bereich der direkten Bundessteuer gelten laut Art.145 Abs.2 DBG die Vorschriften von Art.140 bis 144 DBG über das Beschwerdeverfahren vor der kantonalen Rekurskommission "sinngemäss", was nach der Rechtsprechung dahingehend auszulegen ist, dass die Überprüfungsbefugnis des Verwaltungsgerichts gleich wie bei den Staats- und Gemeindesteuern auf die Rechtskontrolle beschränkt ist (BGE131 II 548 E.2.5; vgl. RB1999 Nr.147).

2.1.2 Richtet sich die Beschwerde gegen einen Entscheid, mit welchem die Rekurskommis­sion auf einen Rekurs bzw. eine Beschwerde nicht eingetreten ist einen Nichteintretensentscheid des kantonalen Steueramts bestätigt festgestellt hat, dass das kantonales Steueramt nicht auf die Einsprache hätte eintreten dürfen, so bildet dieser auf die Frage der Prozessvoraussetzung beschränkte Entscheid Gegenstand des Beschwerde­verfahrens. Das Verwaltungsgericht darf alsdann lediglich prüfen, ob die Kommission zu Recht auf den Rekurs bzw. die Beschwerde nicht eingetreten ist, den Nichteintretensent­scheid des kantonalen Steueramts geschützt festgestellt hat, dass das Steueramt auf die Einsprache nicht hätte eintreten dürfen. Ein weitergehender materiellrechtlicher Ent­scheid ist dem Gericht verwehrt (BGr, 26.Mai 2004, ; RB1999 Nr.152).

Gleiches gilt, wenn ein Rückweisungsentscheid der Rekurskommission angefochten wird, weil dieser und nicht die Einschätzung bzw. Veranlagung als solche Gegenstand des Be­schwerdeverfahrens ist. Dementsprechend ist die Überprüfungsbefugnis des Verwaltungs­gerichts auf die Beurteilung der Frage beschränkt, ob die Rekurskommission die Sache zu Recht an das kantonale Steueramt zurückgewiesen hat. Ergibt sich, dass dieses Vorgehen unzulässig war, hat nicht das Verwaltungsgericht, sondern auf Rückweisung hin die Rekurskommission selber über die Einschätzung bzw. Veranlagung materiell zu befinden. Ausser Betracht fällt aber auch eine selbständige Anfechtung derjenigen Erwägungen, welche die Rekurskommission ihrem Rückweisungsentscheid zugrunde gelegt hat, weil sie nach ständiger Rechtsprechung nicht daran gebunden ist, wenn ihr die zurückgewiesene Sache auf dem Rechtsmittelweg erneut unterbreitet wird (RB2000 Nr.130 E.3; RB2001 Nr.93).

2.2 Im Rahmen der Einschätzung bzw. Veranlagung im ordentlichen Verfahren (§§132142 StG, Art.122135 DBG) kann gemäss §140 Abs.1 StG bzw. Art.132 Abs.1 DBG der Steuerpflichtige Einsprache gegen den Einschätzungsentscheid bzw. die Veranla­gungsverfügung des kantonalen Steueramts erheben, womit dieses die Steuerfaktoren und den Steuertarif (bzw. auch den Steuersatz und den Steuerbetrag) festgesetzt hat (§139 Abs.1 StG, Art.131 Abs.1 DBG). Verfahrensleitende Ver­fügungen des kantonalen Steueramts, wie etwa Aufforderungen und Mahnung zur Erfüllung von Verfahrenspflichten (§§133135 StG, Art.124126 DBG), sind demgegenüber grundsätzlich nicht selbständig an­fechtbar, sondern nur in Verbindung mit der Einsprache gegen den verfahrenserledigenden Einschätzungsentscheid bzw. die Veranlagungsverfügung. Nur ausnahmsweise sind ver­fahrensleitende Zwischenverfügungen selbständig anfechtbar, nämlich dann, wenn sie für die betroffene Partei mit einem nicht wiedergutzumachenden, d.h. voraussichtlich nicht mehr zu behebenden Nachteil verbun­den sind (vgl. für die Anfechtung prozessleitender Verfügungen der Rekurskommission durch Beschwerde an das Verwaltungsgericht: RB2007 Nr.82, 2000 Nr.133 = StE2001 B96.21 Nr.9; RB1997 Nr.42).

Die Mahnungen des kantonalen Steueramts vom 19.Juni 2007 und 9.November 2007, womit dieses die Pflichtige zur Erfüllung verschiedener Auflagen gemahnt hatte, sind ver­fahrensleitende Zwischenverfügungen im Rahmen der Sachverhaltsermittlung. Sie sind nicht selbständig anfechtbar, weil sie nicht mit einem nicht wiedergutzumachenden Nachteil verbunden sind (RB 2007 Nr.82). Denn die erhobenen Beanstandungen hätte die Pflichtige auch ohne Weiteres mit Einsprache gegen die verfahrenserledigenden Einschät­zungsentscheide bzw. Veranlagungsverfügungen rügen können, was sie denn auch getan hat. Diese Entscheide, welche ebenfalls im vorliegenden Verfahren streitbetroffen sind, hätten im Rechtsmittelverfahren durch die Rekurskommission aufgehoben werden können bzw. müssen, falls sie sich als fehlerhaft erwiesen. Alsdann hätten die von der Pflichtigen gerügten Mängel des Einschätzungs- bzw. Veranlagungsverfahrens im Zusammenhang mit der Frage nach der Zulässigkeit der Ermessenseinschätzungen bzw. -veranlagungen vom kantonalen Steueramt in einem weiteren Rechtsgang erneut geprüft werden müssen.

Die Rekurskommission hat infolgedessen zu Recht festgestellt, dass das kantonale Steuer­amt auf die als Einsprachen gegen die Mahnungen behandelten Eingaben der Pflichtigen vom 9.Juli 2007 und 29.November 2007 nicht hätte eintreten dürfen. Das Steueramt hätte die Eingaben vielmehr als (zulässige) Gesuche um Wiedererwägung der Mahnungen wür­digen und hierüber entweder gesondert im Rahmen des Einschätzungsentscheids be­finden sollen. Ein gesonderter Entscheid hierüber wäre allerdings seinerseits als verfah­rensleitende Verfügung nicht selbständig anfechtbar gewesen.

Die Beschwerde erweist sich insoweit im Ergebnis als unbegründet. Auf die über die Zu­lässigkeit der Anfechtbarkeit der Mahnung hinaus erhobenen Rügen der Pflichtigen ist nicht einzutreten (vgl. vorn E.2.1.2).

2.3

2.3.1 Die Rekurskommission kann ausnahmsweise zwecks Wahrung des gesetzlichen Instan­zenzugs die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückweisen, namentlich wenn zu Unrecht noch kein materieller Entscheid getroffen wurde dieser an einem schwerwiegenden Verfahrensmangel leidet (vgl. §149 Abs.3 StG; RB2000 Nr.130 E.4a; RB 2001 Nr.93 E.2a). In den übrigen Fällen hat die Kommission selber über die Sache zu befinden.

Ein Verfahrensmangel ist namentlich dann "schwerwiegend" und rechtfertigt die Rückwei­sung an die Veranlagungsbehörde, wenn diese in Verletzung der ihr obliegenden Untersu­chungspflicht in anderer Weise den in Art.29 Abs.2 der Bundesverfassung vom 18.April 1999 verankerten Anspruch auf rechtliches Gehör missachtet hat (vgl. RB2000 Nr.130 E.4a; 2001 Nr.93 E.2a).

Soweit die Beschwerde über die Zulässigkeit der Rückweisung hinaus rechtliche und tat­sächliche Vorbringen zu den streitbetroffenen Einschätzungen enthält, wie etwa die Rüge der Gehörsverweigerung im Einschätzungsverfahren, der Unzulässigkeit von Auflagen und Mahnungen des kantonalen Steueramts die Geltendmachung der Tilgung bzw. des Untergangs der Steuerforderungen, ist darauf nicht einzutreten (vgl. vorn E.2.1.2).

2.3.2 Eine Ermessenseinschätzung bzw. -veranlagung im Sinn von §139 Abs.2 StG bzw. Art.130 Abs.2 DBG kann nach §140 Abs.2 StG bzw. Art.132 Abs.3 DBG nur wegen offensichtlicher Unrichtigkeit angefochten werden (Satz1). Die Einsprache ist zu begrün­den und muss allfällige Beweismittel nennen (Satz2).

Die gesetzlich geforderte Begründung der Einsprache gegen eine Ermessenseinschätzung bzw. -veranlagung stellt eine Prozessvoraussetzung dar, bei deren Fehlen auf die Einspra­che nicht eingetreten wird (vgl. BGE123 II 552 E.4c; BGr, 19.Juni 2002, 2A.442/2001, E.2.2; BGr, 9.Septem­ber 2004, 2P.234/2003, E.2 und 2A.407/2003, E.2, www.bger.ch). Mit Blick auf die Eintretensfrage dürfen keine allzu hohen Anforderungen an die Begrün­dung gestellt werden. Immerhin muss ihr entnommen werden können, was der Einsprecher an der angefochtenen Verfügung bemängelt und auf welche tatsächlichen rechtlichen Überlegungen er sich dabei stützt. Der Einspre­cher muss sich mit anderen Worten mit der angefochtenen Verfügung sachbezogen befassen (BGr, 19.Dezember 1984, StE1985 B96.11 Nr.1). Das bedeutet, dass die Begründung so ausgestaltet sein muss, dass die vom Steuerpflichtigen verfochtene Einschätzung im Einzelnen nachvollzogen und soweit möglich beweismässig überprüft werden kann. Genügt die Einsprache diesen Erforder­nissen nicht, enthält sie lediglich Beanstandungen allgemeiner Art ist sonst wie nicht erkennbar, worauf der Einsprecher hinaus will, ist auf die Einsprache nicht ein­zutreten (BGr, 19.Mai 1978, ASA48 [1979/80] 193 E.2 mit weiteren Hinweisen).

Das Nachholen der versäumten Mitwirkungshandlung ist demgegenüber nach der differen­zierten bundesgerichtlichen Praxis keine Gültigkeitsvoraussetzung der Einsprache. Ob die Ermessenseinschätzung bzw. -veranlagung offensichtlich unrichtig und abzuändern ist, bildet nämlich eine Frage der materiellen Beurteilung (BGr, 2.Juli 2008, 2C_620 und 621/2007, E.3.2, wonach "nur die Einsprachebegründung als solche eine Sachurteilsvor­aussetzung darstellt", www.bger.ch; VGr, 3.September 2008, SB.2008.00053, E.2.2.1, www.vgrzh.ch; BGr, 4.Juli 2005, StR 60 [2005] 973 E.6; Martin Zweifel/Hugo Casanova, Schweizeri­sches Steuerverfahrensrecht, Zürich 2008, §20 Rz.20). Daran ändert nichts, dass eine Be­gründung erfordern kann, dass die unterlassene Mitwirkungshandlung nachgeholt wird. Das ist in aller Regel bei Ermessenseinschätzungen bzw. -veranlagungen wegen Nichtab­gabe der Steuererklärung der Fall, weil nur so der vom Steuerpflichtigen verfochtene Ein­schätzungs- bzw. Veranlagungsantrag nachvollzogen werden kann.

2.3.3 Das kantonale Steueramt ist zu Unrecht auf die Einsprachen der Pflichtigen gegen die streitbetroffenen Einschätzungsentscheide bzw. Veranlagungsverfügungen wegen fehlen­der Begründung nicht eingetreten. Denn diese hat sinngemäss in ihren Einsprachen die Einschätzung bzw. Veranlagung gemäss ihren Steuererklärungen verlangt und dabei die Untersuchungshandlungen des Steueramts als unzulässig gerügt. Auf diese Weise hat sie eine hinreichende Begründung der Einsprachen im Sinn von §140 Abs.2 Satz2 StG bzw. Art.132 Abs.3 Satz2 DBG gegeben. Indem die Vorinstanzen darüber hinaus das Nach­holen der versäumten Mitwirkungshandlungen, welche zu den Ermessenseinschätzungen bzw. -veranlagungen geführt haben, als "unabdingbare Voraussetzung für das Vorliegen einer rechtsgenügenden Begründung" gewürdigt haben, haben sie dieses Element des Un­richtigkeitsnachweises im Ergebnis als (weitere) Gültigkeitsvoraussetzung der Einsprache betrachtet, was nach der Rechtsprechung nicht zutrifft (vgl. vorn E.2.3.2). Sie sind auch aus diesem Grund zu Unrecht auf die Einsprachen nicht eingetreten.

Das kantonale Steueramt wird somit im zweiten Rechtsgang auf die Einsprachen einzutre­ten und materiell zu prüfen haben, ob die Voraussetzungen von §139 Abs.2 StG bzw. Art.130 Abs.2 DBG zur Vornahme von Ermessenseinschätzungen bzw. -veranlagungen erfüllt waren und bejahendenfalls, ob die Pflichtige den Nachweis der offensichtlichen Unrichtigkeit der Einschätzungen im Sinn von §140 Abs.2 StG bzw. Art.132 Abs.3 DBG erbracht hat.

Die Beschwerde ist demnach insoweit gutzuheissen und die Sache im Sinn der vorstehen­den Erwägungen an das kantonale Steueramt zurückzuweisen, damit dieses über die Ein­sprachen betreffend die streitbetroffenen Einschätzungen und Veranlagungen erneut ent­scheide.

3.

3.1 Gemäss §24 Abs.2 der regierungsrätlichen Verordnung über die Organisation und das Verfahren der Steuerrekurskommissionen vom 29.April 1998 (VO RK) beträgt die Staats­gebühr bei Verfahren ohne bestimmbaren Streitwert Fr.700.- bis Fr.40'000.-. Die Bemes­sung der Staatsgebühr im Einzelfall erfolgt nach Abs.3 dieser Bestimmung unter Zu­grun­delegung des erwähnten Kostenrahmens entsprechend der Schwierigkeit der Streitsache und dem Umfang der erbrachten Leis­tungen. Der Höchstansatz kann bei besonders auf­wändigen Verfahren sowie bei mutwilliger Prozessführung bis auf das Doppelte erhöht wer­den.

Im Verfahren vor Rekurskommission I lagen vier Einspracheentscheide im Streit, womit das kantonale Steueramt auf Einsprachen gegen vier Einschätzungen der Staats- und Ge­meindesteuern und vier Veranlagungen der direkten Bundessteuer nicht eingetreten war, ferner zwei Einspracheentscheide, womit das Steueramt Einsprachen gegen Mahnungen in den betreffenden vier Einschätzungs- bzw. vier Veranlagungsverfahren abgewiesen hatte. Angesichts dessen, dass die Rekurskommission die Zulässigkeit von insgesamt zehn Ein­sprachen zu beurteilen hatte, kann es jedenfalls nicht als willkürlich und damit als rechts­verletzend gewürdigt werden (vgl. vorn E.2.1.1), wenn die Rekurskommission die Staats­gebühr auf Fr. .- festgesetzt hat, zumal Steuerbeträge von mehreren hunderttausend Franken von den Entscheiden betroffen waren.

3.2 Die Beschwerdeführerin unterliegt hinsichtlich der Anfechtung der Mahnungen vollstän­dig, sie dringt aber mit dem Antrag auf Aufhebung der Nichteintretensentscheide des kantonalen Steueramts zur Hauptsache durch. Deshalb sind ihr die Kosten des Verfah­rens vor Rekurskommission zu einem Drittel und der Beschwerdegegnerschaft zu zwei Drittel aufzuerlegen (§151 Abs.1 StG, Art.144 Abs.1 DBG).

Im Verfahren vor Verwaltungsgericht unterliegt die Beschwerdeführerin hinsichtlich der Anfechtung der Mahnungen sowie der vorinstanzlichen Kostenfestsetzung vollständig. Weil die Rekurskommission in beschränktem Ausmass bereits die Rekurse bzw. Be­schwerden der Beschwerdeführerin hinsichtlich der Einschätzungen und Veranlagungen teilweise gutgeheissen hat, rechtfertigt es sich, der Beschwerdeführerin die Kosten zu zwei Fünftel und der Beschwerdegegnerschaft zu drei Fünftel zu überbinden (§151 Abs.1 in Verbindung mit §153 Abs.4 StG, Art.144 Abs.1 in Verbindung mit Art.145 Abs.2 DBG).

3.3 Weil die Beschwerdeführerin nur teilweise obsiegt, ist ihr weder für das vorinstanzli­che noch für das verwaltungsgerichtliche Verfahren eine Parteientschädigung zuzuspre­chen (§152 StG, §17 Abs.2 VRG; Art.64 Abs.1 des Bundesgesetzes vom 20.Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren in Verbindung mit Art.144 Abs.4 und Art.145 Abs.2 DBG), zumal ihr überdies offensichtlich keine verhältnismässig hohen Kosten er­wachsen sind und sie sich in ihren Vorbringen mit der entscheidwesentlichen Frage der Gültigkeitsvoraussetzungen der Einsprache nicht näher auseinandergesetzt hat.

Die Beschwerdeverfahren SB.2008.00105 und SB.2008.00106 werden vereinigt;

und entscheidet:

Fr. 8'000.--; die übrigen Kosten betragen:
Fr. 120.-- Zustellungskosten,
Fr. 8'120.-- Total der Kosten.

10. Mitteilung an

Quelle: https://www.zh.ch/de/gerichte-notariate/verwaltungsgericht.html
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