Kanton: | SO |
Fallnummer: | ZZ.1995.31 |
Instanz: | Verwaltungsgericht |
Abteilung: | - |
Datum: | 08.05.1995 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Massnahmenvollzug |
Schlagwörter: | Massnahme; Vollzug; Patriarche; Massnahmen; Vollzug; Beschwerdeführerin; Kanton; Therapie; Vollzugs; Ausland; Institution; Schweiz; Recht; Urteil; Anstalt; Recht; Person; Rechtliche; Kantone; Massnahmenvollzug; Wiesene; Aufsicht; Solothurn; Stationäre; Regelmässig; Therapieprogramms; Aufgeschobenen; Mallorca; Ausländischen |
Rechtsnorm: | Art. 374 StGB ; Art. 383 StGB ; Art. 391 StGB ; |
Referenz BGE: | - |
Kommentar zugewiesen: | Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017 |
Weitere Kommentare: | - |
5. Die mit dem Vollzug der von ihren Strafgerichten ausgefällten Urteile betrauten Kantone (Art. 374 Abs. 1 StGB) haben die Vollzugseinrichtungen zu beaufsichtigen; das ergibt sich insbesondere aus Art. 383 StGB, wonach die Kantone dafür zu sorgen haben, dass die Anstaltsreglemente und der Betrieb der Anstalten den gesetzlichen Vorschriften entsprechen; ferner schreibt Art. 391 StGB den Kantonen vor, die für den Vollzug von erzieherischen und sichernden Massnahmen bestimmten Privatanstalten einer sachgemässen Aufsicht zu unterstellen. Im Kanton Solothurn beaufsichtigt der Regierungsrat den Strafund Massnahmenvollzug (§ 38 des Strafvollzugsgesetzes). § 2 Abs. 2 der Strafvollzugsverordnung (BGS 331.12) legt fest, dass die Abteilung Strafund Massnahmenvollzug regelmässig jene Anstalten besucht, in denen sich vom Kanton Solothurn eingewiesene Verurteilte aufhalten. Bei diesen Besuchen können die Eingewiesenen eine Aussprache verlangen.
Die Ausübung dieser Aufsichtsfunktionen stösst zwangsläufig auf grosse Schwierigkeiten, wenn sich eine Massnahmenanstalt im Ausland befindet. Abgesehen von den zwischenstaatlichen Komplikationen ergeben sich insofern auch praktische Probleme, als den Vollzugsinstanzen daraus ein unverhältnismässiger Aufwand erwachsen würde. Es ist daher verständlich, dass die Behörden den Vollzug strafrechtlicher Massnahmen in ausländischen Institutionen seit einiger Zeit generell ablehnen.
6. Es trifft zu, dass in der Schweiz wohnhafte Personen mit Suchtproblemen sich in einer Institution von Le Patriarche oder von andern Organisationen im Ausland einer Therapie unterziehen. In der Regel sind diese Personen freiwillig eingetreten; dass sich regelmässig Sozialbehörden mit diesen ausländischen Niederlassungen zu befassen haben, hat seinen Grund darin, dass diese in aller Regel - unter Vorbehalt der Verwandtenunterstützungspflichten - für die Kosten aufzukommen haben und deshalb eine minimale Kontrolle zu handhaben versuchen. Die Absolvierung solcher Therapien unterliegt aber andern Normen als der Aufenthalt der Beschwerdeführerin in Palma de Mallorca, den sie als strafrechtliche Massnahme nach schweizerischem Recht anerkannt haben will.
7. Die Beschwerdeführerin bringt vor, sie habe an einem ungestörten Abschluss des Therapieprogramms bei Le Patriarche in Palma de Mallorca ein sehr grosses Interesse. M. ist am 12. Januar 1994 bei Le Patriarche eingetreten. Aufgrund des weiteren Verlaufs ist davon auszugehen, dass sie die für sie zuständigen Verantwortlichen von Le Patriarche nicht genügend oder überhaupt nicht über das hängige Strafverfahren informiert hat.
Nach der Urteilsfällung hat die solothurnische Strafvollzugsbehörde sehr rasch gehandelt, indem sie bereits wenige Tage nach Eingang der Vollzugsmeldung durch das Richteramt Frau M. über die Direktion von Le Patriarche zur Rückkehr in die Schweiz aufforderte und ihr dazu Frist setzte; sie teilte bereits damals unmissverständlich mit, Massnahmenvollzüge im Ausland würden von ihrer Seite nicht akzeptiert. Eine erste Nachfrist musste alsdann gesetzt werden, nachdem die Rückreise auf einen bestimmten Termin angekündigt worden war, M. aber damals nicht in die Schweiz einreiste.
Der Beschwerdeführerin muss spätestens seit dem 8. April 1994 bekannt sein, dass ihr nur ein Massnahmenvollzug in der Schweiz bewilligt wird. Weder Le Patriarche noch Frau M. selbst oder ihr Rechtsvertreter haben dazu beigetragen, dass das entsprechende Verfahren speditiver abgewickelt werden konnte. Selbst nach der Verweigerung der aufschiebenden Wirkung durch den Präsidenten des Verwaltungsgerichts reagierte der Anwalt mit einem nochmaligen Fristerstreckungsbegehren. Unter all diesen Umständen hat es die Beschwerdeführerin selbst zu vertreten, dass sie nun in einem offenbar recht weit fortgeschrittenen Stadium des Therapieprogramms noch die Institution wechseln muss.
8. Es ist nicht zu verkennen, dass für die Beschwerdeführerin, sollte sie bei Le Patriarche erfolgreich von ihrer Sucht wegkommen, der Vollzug der aufgeschobenen Grundstrafe ausserordentlich hart wäre. Der Strafvollzug könnte die erfolgreiche Therapie sogar ernsthaft gefährden.
Auf die Frage, ob eine im Ausland durchgeführte stationäre Behandlung auf die Dauer der aufgeschobenen Freiheitsstrafe angerechnet werden kann, gibt das schweizerische Recht keine Antwort. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts ist dies aber unter bestimmten Voraussetzungen nicht ausgeschlossen (vgl. den ebenfalls Le Patriarche betreffenden Fall in Pra 78 Nr. 184). Hierüber hat zu gegebener Zeit jedoch der zuständige Strafrichter zu entscheiden.
Verwaltungsgericht, Urteil vom 8. Mai 1995
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