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Urteil Verwaltungsgericht (SO - ZZ.1989.27)

Zusammenfassung des Urteils ZZ.1989.27: Verwaltungsgericht

Die solothurnische Regelung benachteiligt Ehefrauen, die teilweise erwerbstätig sind, im Vergleich zu Ehemännern. Frauen erhalten nur eine Haushaltzulage, wenn ihr Ehemann `ohne Erwerb` ist, während Männer immer eine entsprechende Zulage erhalten. Das Bundesgericht entschied, dass die Regelung verfassungswidrig ist und Frauen nicht diskriminiert werden dürfen. Die Klägerin hat Anspruch auf Haushaltzulagen gemäss Bundesverfassung. Das Gericht entschied, dass die Klägerin nicht die vollen Haushaltzulagen erhalten kann, sondern nur im gleichen Umfang wie ein männlicher Lehrer, dessen Ehefrau eine gekürzte Zulage erhält.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts ZZ.1989.27

Kanton:SO
Fallnummer:ZZ.1989.27
Instanz:Verwaltungsgericht
Abteilung:-
Verwaltungsgericht Entscheid ZZ.1989.27 vom 01.12.1989 (SO)
Datum:01.12.1989
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Lohngleichheit für Mann und Frau
Schlagwörter: Haushaltzulage; Haushaltzulagen; Ehemann; Ehefrau; Ehegatte; Ehegatten; Anspruch; Lehrer; Zulage; Einkommen; Erwerb; Quot; Urteil; Familie; Klage; Verwaltung; Regelung; Ehefrauen; Beschäftigungsgrad; Besoldungsverordnung; Fassung; Frauen; Rollenteilung; Einkommens; Ehemannes; ätigen
Rechtsnorm: Art. 4 BV ;
Referenz BGE:112 Ia 311;
Kommentar:
-

Entscheid des Verwaltungsgerichts ZZ.1989.27

Urteil vom 23. Dezember 1988, publiziert in plädoyer 1989, Heft 3, S. 75).

In der Tat benachteiligt die solothurnische Regelung Ehefrauen, die mindestens teilzeitweise erwerbstätig sind, gegenüber Ehemännern: Verheiratete Männer erhalten immer eine ihrem Beschäftigungsgrad entsprechende Zulage (vgl. § 7 der Besoldungsverordnung in der Fassung vom 24. Juni 1986), verheiratete Frauen dagegen nur, wenn ihr Ehemann "ohne Erwerb" ist. Diese Ungleichbehandlung kann nicht mit der im bis Ende 1987 geltenden Eherecht verankerten, traditionellen Rollenteilung begründet werden, weil die Haushaltzulagenregelung gar nicht auf diese Rollenteilung abstellt: Einigen sich die Ehegatten -- entgegen der gesetzlichen Bestimmungen -- darauf, dass der Ehemann die Hausarbeit besorgen und die Ehefrau voll erwerbstätig sein soll, so erhält die Ehefrau eine Haushaltzulage (es sei denn, sie verdiene so viel, dass die Hälfte ihres Einkommens das Existenzminimum der Familie deckt, was wohl nur in seltenen Ausnahmefällen zutreffen dürfte).Es ist inkonsequent und stossend, wenn eine ganze Haushaltzulage ausgerichtet wird, wenn jeweils nur ein Ehegatte voll erwerbstätig ist, aber nur eine dem Beschäftigungsgrad des Ehemannes entsprechende, wenn beide Ehegatten teilweise erwerbstätig sind. Allerdings würde es der dieser Sozialzulage zugrunde liegende Gedanke, dass mehrere Personen von einem Einkommen leben müssen, nicht unbedingt gebieten, zwei zusammen zu mehr als 100% erwerbstätigen Ehegatten Haushaltzulagen auszurichten, denn im Ergebnis steht den Ehegatten für ihren Unterhalt gesamthaft mehr als ein, einem vollen Pensum entsprechendes Einkommen zur Verfügung. Indessen werden männlichen Lehrern Haushaltzulagen unabhängig von der Höhe des Einkommens ihrer Ehefrauen gewährt, so dass es nicht angeht, einer voll erwerbstätigen Lehrerin die Haushaltzulage mit der Begründung zu verweigern, ihr Ehemann sei teilweise ebenfalls erwerbstätig. c) Die Klägerin hat somit gestützt auf Art. 4 Abs. 2 Satz 3 BV grundsätzlich Anspruch auf Ausrichtung von Haushaltzulagen. Im übrigen käme man zu keinem anderen Ergebnis, wenn die Klage aufgrund von Art. 4 Abs. 1 BV beurteilt würde. Es bestehen keine sachlichen Gründe, der Klägerin die Haushaltzulagen vollständig vorzuenthalten. § 10 Abs. 2 des Lehrerbesoldungsgesetzes ist insoweit verfassungswidrig, als verheirateten Lehrerinnen Haushaltzulagen nur zustehen, wenn ihr Ehemann ohne Erwerb ist. Die kantonalen Gerichte dürfen gegen die Bundesverfassung verstossende Normen nicht anwenden (BGE 112 Ia 311 Erw. 2c mit Hinweisen).Im bereits zitierten Urteil vom 23. Dezember 1988 hat das Bundesgericht die Auffassung des bernischen Verwaltungsgerichtes, nur der Gesetzgeber könne eine verfassungsmässige Lösung treffen, verworfen und festgehalten, es genüge zur Beseitigung der festgestellten Verfassungswidrigkeit, "die für Frauen abweichenden Voraussetzungen der Familienzulage ... nicht anzuwenden, soweit diese sich diskriminierend auswirkten" (plädoyer 1989, Heft 3, S. 75).Also müsste auch im weitgehend gleich formulierten solothurnischen Recht bereits die Feststellung eines Verstosses gegen Art. 4 Abs. 1 BV zur Gutheissung der Klage dem Grundsatze nach führen, und zwar auch für die Zeit vor Einreichung der Klage, weil die Verwaltung nicht rechtsverbindlich über die Anspruchsberechtigung auf Haushaltzulagen entscheiden konnte (und dies auch nicht tat).

5. Die Einwohnergemeinde Z. zahlt dem Ehemann der Klägerin seit dem 1. Januar 1981 entsprechend seinem Teilpensum als Musiklehrer Haushaltzulagen aus. Die Klägerin anerkennt stillschweigend, dass auch aufgrund von Art. 4 Abs. 2 BV pro Ehepaar nicht mehr als eine Haushaltzulage bezogen werden kann. Sie ist jedoch der Meinung, die Haushaltzulage sei vollumfänglich ihr als der Hauptverdienerin der Familie auszurichten; ihr Ehemann sei bereit, seinerseits auf die Ausrichtung von Haushaltzulagen zu verzichten und die bereits bezogenen Beträge zurückzuerstatten.

Sinn und Zweck der Haushaltzulagen und das Gleichbehandlungsgebot gegenüber nicht verheirateten Lehrkräften verbieten es, pro Ehepaar mehr als eine ganze Haushaltzulage auszurichten. Das Gemeinwesen muss also sicherstellen, dass nicht mehr als eine ganze Haushaltzulage ausgerichtet wird, wenn beide Ehegatten ganz teilweise anspruchsberechtigt sind (vgl. die seit dem 1. Januar 1989 für das Staatspersonal geltende Regelung in § 7 Abs. 4 und 5 der Besoldungsverordnung in der Fassung vom 21. September 1988).Dazu dürfte es wohl in schematischer Weise auf den statistisch noch immer häufigsten Fall -- volle Erwerbstätigkeit des Ehemannes und bloss teilweise Erwerbstätigkeit der Ehefrau -- abstellen und der Ehefrau bloss einen subsidiären Anspruch auf den Bezug der Haushaltzulage einräumen. Eine solche Lösung könnte verwaltungsökonomisch sinnvoll erscheinen; jedenfalls können die Ehegatten aus der Bundesverfassung keinen Anspruch ableiten, selber zu bestimmen, an wen die Haushaltzulage auszubezahlen ist, wenn sie beide ganz teilweise bezugsberechtigt sind. Es ist deshalb davon auszugehen, dass die Klägerin nur insoweit Haushaltzulagen fordern kann, als ihrem Ehemann nicht aufgrund von § 10 Abs. 1 des Lehrerbesoldungsgesetzes solche Zulagen zustehen. Auch aufgrund von Art. 4 Abs. 2 Satz 3 BV kann die Klägerin nur im gleichen Umfang Haushaltzulagen beanspruchen wie ein männlicher Lehrer, dessen Ehefrau eine gekürzte Zulage zusteht.

Das Hauptbegehren der Klägerin, es seien ihr die vollen Haushaltzulagen auszurichten, kann somit nicht geschützt werden. Die Klägerin hat sich auf ihren Anspruch die bereits von der Einwohnergemeinde Z. an ihren Ehemann ausgerichteten Zulagen anrechnen zu lassen. Ob ihre Forderung auch -- wie die Beklagte geltend macht -- um Haushaltzulagen zu kürzen wäre, die ihr Ehemann nicht bezogen hat, obwohl er darauf Anspruch gehabt hätte, kann offen bleiben, weil derartige Ansprüche nicht bestanden haben.

Verwaltungsgericht, Urteil vom 1. Dezember 1989



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