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Urteil Verwaltungsgericht (SO - ZKBES.2023.81)

Zusammenfassung des Urteils ZKBES.2023.81: Verwaltungsgericht

Die A.___ AG reichte Klage gegen die Amtsgerichtspräsidentin von Solothurn-Lebern ein, da sie nicht zur Hauptverhandlung erschien und eine Ordnungsbusse von CHF 200.00 auferlegt bekam. Die Beklagte legte fristgerecht Beschwerde ein, da sie ihre Säumnis angekündigt und begründet hatte. Das Gericht entschied jedoch, dass die Ordnungsbusse gerechtfertigt war, da die Beklagte den Geschäftsgang gestört hatte. Die Beschwerde wurde abgewiesen und die A.___ AG muss die Kosten des Verfahrens tragen.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts ZKBES.2023.81

Kanton:SO
Fallnummer:ZKBES.2023.81
Instanz:Verwaltungsgericht
Abteilung:Zivilkammer
Verwaltungsgericht Entscheid ZKBES.2023.81 vom 01.09.2023 (SO)
Datum:01.09.2023
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:-
Schlagwörter: Ordnungsbusse; Hauptverhandlung; Säumnis; Gericht; Parteibefragung; Verfahren; Zivilkammer; Bundesgericht; Geschäftsgang; Obergericht; Verfügung; Parteien; Beklagten; Schweizerische; Verfahrens; Entscheid; Amtsgerichtspräsidentin; Obergerichts; Akten; Vorinstanz; Säumnisfolgen; Sachverhalt; Zivilprozessordnung; Verhalten; Nichterscheinen; Störung
Rechtsnorm: Art. 128 ZPO ;Art. 147 ZPO ;Art. 29 BV ;Art. 5 BV ;Art. 52 ZPO ;Art. 55 ZPO ;
Referenz BGE:141 III 265;
Kommentar:
Karl Spühler, Schweizer, Basler Kommentar Schweizerische Zivilprozessordnung, Art. 128; Art. 128 Abs. 4 ZPO, 2017

Entscheid des Verwaltungsgerichts ZKBES.2023.81

 
Geschäftsnummer: ZKBES.2023.81
Instanz: Zivilkammer
Entscheiddatum: 01.09.2023 
FindInfo-Nummer: O_ZK.2023.100
Titel: Ordnungsbusse

Resümee:

 

Obergericht

Zivilkammer

 

Urteil vom 1. September 2023    

Es wirken mit:

Präsidentin Hunkeler

Oberrichter Frey

Oberrichterin Kofmel

Gerichtsschreiberin Trutmann

In Sachen

A.___ AG,

 

Beschwerdeführerin

 

 

gegen

 

 

Amtsgerichtspräsidentin von Solothurn-Lebern,    

 

Beschwerdegegnerin

 

betreffend Ordnungsbusse


zieht die Zivilkammer des Obergerichts in Erwägung:

I.

 

1. Am 6. Juli 2022 reichte die B.___ GmbH gegen die A.___ AG (im Folgenden Beklagte genannt) Klage betreffend Forderung aus Versicherungsvertrag beim Richteramt Solothurn-Lebern ein.

 

2. Mit Verfügung vom 17. Februar 2023 wurden die Parteien zur Hauptverhandlung am 19. Juni 2023 vorgeladen.

 

3. Mit Eingabe vom 13. Juni 2023 teilte die Beklagte mit, sie werde nicht an der Hauptverhandlung vom 19. Juni 2023 erscheinen. Sie habe in der Duplik vom 13. Februar 2023 in ausführlicher Weise bereits alles vorgebracht und die vollständigen Akten eingereicht. Sie könne nichts Neues beitragen. Auch eine Vergleichsbereitschaft bestehe nicht.

 

4. Am 19. Juni 2023 ist die Beklagte nicht zur Hauptverhandlung erschienen. Zufolge Säumnis auferlegte die Amtsgerichtspräsidentin der Beklagten eine Ordnungsbusse von CHF 200.00.

 

5. Dagegen erhebt die Beklagte (im Folgenden Beschwerdeführerin genannt) am 29. Juni 2023 frist- und formgerecht Beschwerde an die Zivilkammer des Obergerichts und verlangt die Aufhebung der angefochtenen Verfügung unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zu Lasten des Staates.

 

II.

 

1. Die Vorinstanz begründete die Ordnungsbusse von CHF 200.00 wie folgt: Das Gericht habe mit Verfügung vom 17. Februar 2023 zur Hauptverhandlung mit Parteibefragung im vereinfachten Verfahren vorgeladen und auf die Säumnisfolgen aufmerksam gemacht sowie eine Ordnungsbusse für den Fall des Nichterscheinens angedroht. Am 13. Juni 2023, wenige Tage vor der Hauptverhandlung, habe die Beklagte dem Gericht ihre Säumnis an der Hauptverhandlung mitgeteilt. Es hätte erwartet werden dürfen, dass zumindest um eine Dispensation ersucht wird, damit das Gericht die Klägerin der Beklagten hätten mitteilen können, dass offene Fragen bestehen und eine Parteibefragung durchgeführt werden solle. Mit dem Vertreter der Klägerin habe an der Hauptverhandlung eine Parteibefragung stattfinden können, mit der Beklagten aufgrund deren Säumnis nicht. Dem Gericht sei damit nicht nur verunmöglicht worden, die von der Klägerin beantragte Parteibefragung durchzuführen, sondern auch von Amtes wegen den Sachverhalt zu erörtern (Art. 247 Abs. 2 lit. a i.V.m. Art. 243 Abs. 2 lit. f Schweizerische Zivilprozessordnung [ZPO, SR 272]). Ein solches Verhalten sei aus Sicht des Gerichts nicht zu tolerieren und deshalb mit einer Ordnungsbusse zu ahnden (vgl. Verfügung vom 19. Juni 2023 und Vernehmlassung vom 3. Juli 2023).

 

2. Die Beschwerdeführerin bringt dagegen vor, gemäss Bundesgericht setze eine disziplinarische Ahndung mittels Ordnungsbusse voraus, dass das Nichterscheinen zur Verhandlung eine Störung des Geschäftsganges respektive eine bös- mutwillige Prozessführung darstelle. Nach herrschender Lehre rechtfertige sich eine Ordnungsbusse wegen Störung des Geschäftsganges gemäss Art. 128 Abs. 1 ZPO nur ausnahmsweise, etwa wenn die Partei den Termin verschieben lasse und dann gleichwohl unentschuldigt fernbleibe. Blosses Nichterscheinen zur Verhandlung kurzfristige Absagen genügten nicht. Vorliegend seien keinerlei qualifizierende Umstände ersichtlich. Die Beschwerdeführerin habe ihre Säumnis vorgängig angezeigt und begründet. Die Partei, die ihre Säumnis vorgängig ankündige, dürfe nicht schlechter gestellt werden, als diejenige, die ohne jede Ankündigung einfach nicht erscheine. Die Beschwerdeführerin habe in der Duplik vom 13. Februar 2023 vorgebracht, dass sie nichts Neues beitragen könne und eine Vergleichsbereitschaft seitens der Beklagten in dieser Angelegenheit nicht bestehe. In diesem Verhalten könne keine Mut- Böswilligkeit eine Störung des Geschäftsganges erblickt werden.

 

3.1 Gemäss Art. 128 Abs. 1 ZPO wird, wer im Verfahren vor Gericht den Anstand verletzt den Geschäftsgang stört, mit einem Verweis einer Ordnungsbusse bis zu 1000 Franken bestraft. Die Ordnungsbusse ist eine kraft der aus der Sitzungspolizei sich ergebenden Disziplinargewalt verhängte Disziplinarstrafe. Mit der Ordnungsbusse wird der ordnungsgemässe Ablauf des Verfahrens geschützt (Julia Gschwend in: Karl Spühler / Luca Tenchio / Dominik Infanger [Hrsg.], Basler Kommentar Schweizerische Zivilprozessordnung, Basel 2017, Art. 128 N 23 und 27). Die Ordnungsbusse ist mit Beschwerde anfechtbar (Art. 128 Abs. 4 ZPO).

 

3.2 Nach der Verhältnismässigkeit (Art. 5 Abs. 2 Bundesverfassung [BV, SR 101]) und des Handelns nach Treu und Glauben (Art. 5 Abs. 3 BV; Art. 52 ZPO) sowie mit Blick auf das rechtliche Gehör der Parteien (Art. 29 Abs. 2 BV) sind nicht nur prozessuale Säumnisfolgen (vgl. hierzu Art. 147 Abs. 3 ZPO), sondern auch disziplinarische Mass-nahmen vor ihrer Anordnung grundsätzlich anzudrohen (vgl. BGE 141 III 265 E. 5.2).

 

3.3 Verfahrensgegenstand des vorinstanzlichen Verfahrens war eine Forderung aus Versicherungsvertrag. Laut Art. 243 Abs. 2 lit. f ZPO findet für Streitigkeiten aus Zusatzversicherung zur sozialen Krankenversicherung nach dem Bundesgesetz vom 18. März 1994 über die Krankenversicherung das vereinfachte Verfahren Anwendung. Das Gericht hat den Sachverhalt von Amtes wegen festzustellen und Beweise zu erheben (Art. 247 Abs. 2 lit. a ZPO und Art. 55 Abs. 2 ZPO). Es gelangt die soziale Untersuchungsmaxime zur Anwendung. Dabei hat das Gericht bei der Sachverhaltsermittlung mitzuwirken (vgl. Stephan Mazan in: Karl Spühler / Luca Tenchio / Dominik Infanger [Hrsg.], Basler Kommentar Schweizerische Zivilprozessordnung, Basel 2017, Art. 247 N 13). Die Vorinstanz lud die Parteien mit Vorladung vom 17. Februar 2023 zur Hauptverhandlung am 19. Juni 2023 vor. Auf der Vorladung ist vermerkt, dass eine Parteibefragung stattfinden kann. Ferner wurde darauf hingewiesen, dass die Parteien persönlich zu erscheinen haben. Ebenso wurden die Säumnisfolgen dargelegt und die Möglichkeit einer Ordnungsbusse für den Säumnisfall aufgezeigt. Mit Eingabe vom 13. Juni 2023 kündete die Versicherung und hiesige Beschwerdeführerin an, sie könne zu keinen neuen Erkenntnissen beitragen und sei nicht vergleichsbereit. Aus diesem Grund werde sie nicht zur Hauptverhandlung erscheinen. Es ist indessen nicht an der Beschwerdeführerin zu entscheiden, ob eine Hauptverhandlung Parteibefragung durchgeführt wird nicht. Die Verfahrenshoheit obliegt bei der zuständigen Amtsgerichtspräsidentin. In den Akten findet sich kein Dispensationsgesuch der Beschwerdeführerin und eine Begründung, weshalb sie nicht zur Hauptverhandlung erscheinen konnte, lässt sich den Akten ebenfalls nicht entnehmen. Die Parteibefragung mit der Beschwerdeführerin konnte folglich nicht wie geplant durchgeführt werden. Mit ihrem Verhalten hat die Beschwerdeführerin den Geschäftsgang der Vorinstanz gestört. Dass ihr die Vor-instanz eine Ordnungsbusse in der Höhe von CHF 200.00 auferlegte, ist in Anbetracht dessen nicht zu beanstanden. Die Beschwerde erweist sich damit als unbegründet, sie ist abzuweisen.

 

4. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit einer Entscheidgebühr von CHF 300.00 sind dem Ausgang entsprechend der Beschwerdeführerin aufzuerlegen.

Demnach wird erkannt:

1.    Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.    Die A.___ AG hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens von CHF 300.00 zu bezahlen.

 

Rechtsmittel: Der Streitwert liegt unter CHF 30'000.00.  

Sofern sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt, kann gegen diesen Entscheid innert 30 Tagen seit Eröffnung des begründeten Urteils beim Bundesgericht Beschwerde in Zivilsachen eingereicht werden (Adresse: 1000 Lausanne 14). Die Frist wird durch rechtzeitige Aufgabe bei der Schweizerischen Post gewahrt. Die Frist ist nicht erstreckbar. Die Beschwerdeschrift hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift des Beschwerdeführers seines Vertreters zu enthalten. Für die weiteren Voraussetzungen sind die Bestimmungen des Bundesgerichtsgesetzes massgeblich.

Soweit sich keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt, kann gegen diesen Entscheid innert 30 Tagen seit Erhalt beim Bundesgericht subsidiäre Verfassungsbeschwerde eingereicht werden (Adresse: 1000 Lausanne 14). Mit der Verfassungsbeschwerde kann die Verletzung von verfassungsmässigen Rechten gerügt werden. Die Beschwerdeschrift hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten. Für die weiteren Voraussetzungen sind die Art. 115 bis 119 Bundesgerichtsgesetz massgeblich. Wird gleichzeitig Beschwerde in Zivilsachen und subsidiäre Verfassungsbeschwerde erhoben, so sind beide Rechtsmittel in der gleichen Beschwerdeschrift einzureichen.

 

Im Namen der Zivilkammer des Obergerichts

Die Präsidentin                                                                 Die Gerichtsschreiberin

Hunkeler                                                                           Trutmann



 
Quelle: https://gerichtsentscheide.so.ch/
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