Zusammenfassung des Urteils ZKBER.2021.15: Verwaltungsgericht
Der Kläger, ein Arbeitnehmer, reichte Klage gegen seine Arbeitgeberin, die A.___ GmbH, ein und forderte die Bezahlung von CHF 23'975.00 plus Zuschlag für Überstunden. Nach einer Verhandlung wurde entschieden, dass die Beklagte dem Kläger CHF 22'670.55 zahlen muss. Die Beklagte legte Berufung ein, um das Urteil anzufechten. Es wurde festgestellt, dass der Kläger insgesamt 613.58 Überstunden geleistet hat und die Beklagte ihm CHF 22'670.55 als Überstundenentschädigung zahlen muss. Die Berufung wurde abgewiesen, es wurden keine Gerichtskosten erhoben und dem Berufungsbeklagten wurde eine Umtriebsentschädigung von CHF 100.00 zugesprochen.
Kanton: | SO |
Fallnummer: | ZKBER.2021.15 |
Instanz: | Verwaltungsgericht |
Abteilung: | Zivilkammer |
Datum: | 31.05.2021 |
Rechtskraft: |
Leitsatz/Stichwort: | - |
Schlagwörter: | Stunden; Berufung; Überstunden; Apos; Arbeitszeit; Berufungsbeklagte; Vorinstanz; Einzelarbeitsvertrag; Berufungsklägerin; Arbeitnehmer; Jahresbruttoarbeitszeit; Partei; Arbeitgeber; Bestimmungen; Stundenlohn; Woche; Entschädigung; Monatslohn; Recht; Stundenabrechnungen; Arbeitsvertrag; Urteil; Klage; Arbeitgeberin; Berufungsbeklagten; Entscheid; Parteien; ätte |
Rechtsnorm: | Art. 357 OR ;Art. 58 ZPO ;Art. 95 ZPO ; |
Referenz BGE: | - |
Kommentar: | David Oser, Roger Rudolph, Wolfgang Portmann, Corinne Widmer Lüchinger, Basler Kommentar Obligationenrecht I, Art. 357 Abs. 2; Art. 357 OR, 2019 |
Geschäftsnummer: | ZKBER.2021.15 |
Instanz: | Zivilkammer |
Entscheiddatum: | 31.05.2021 |
FindInfo-Nummer: | O_ZK.2021.90 |
Titel: | Forderung aus Arbeitsvertrag |
Resümee: |
Obergericht Zivilkammer
Urteil vom 31. Mai 2021 Es wirken mit: Oberrichterin Hunkeler Oberrichter Müller Rechtspraktikantin Hirsig In Sachen A.___ GmbH, vertreten durch Advokat Apollo Dauag,
Berufungsklägerin
gegen
Berufungsbeklagter
betreffend Forderung aus Arbeitsvertrag zieht die Zivilkammer des Obergerichts in Erwägung: I. 1. B.___ (Kläger, Berufungsbeklagter, Arbeitnehmer) reichte am 21. November 2019 beim Richteramt Olten-Gösgen Klage gegen seine Arbeitgeberin, die A.___ GmbH (Beklagte, Berufungsklägerin, Arbeitgeberin), ein. Er stellte die folgenden Rechtsbegehren:
1. Die beklagte Partei sei zu verurteilen, der klagenden Partei den Betrag von CHF 23'975.00 plus Zuschlag von 25% für 783 Überstunden (Mehrstundenarbeit) zu bezahlen. 2. Es wird beantragt, die paritätische Landeskommission (PLK) sei anzuweisen, den kompletten Rapport von der Kontrolle der Firma A.___ GmbH vom 5. Mai 2017 beizulegen, in Bezug auf das Schreiben der PLK vom 23. Januar 2019. 3. Es wird beantragt, es sei eine Meldung an das Arbeitsinspektorat des Kantons Solothurn zu machen bezüglich Missachtung der GAV-Bestimmungen des Schweizerischen Elektro- und Telekommunikations-Installationsgewerbes vom 1. Januar 2014-2018, von der Firma A.___ GmbH. 4. Alles unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zu Lasten des Beklagten.
Am 17. Februar 2020 reichte die A.___ GmbH die Klageantwort ein und beantragte die Abweisung der Klage, unter o/e-Kostenfolge (inkl. MwSt. und Auslagen) zulasten des Klägers resp. seiner Vertretung.
2. Anlässlich der Parteibefragung vom 15. Oktober 2020 vor dem Richteramt Olten-Gösgen sagte der Kläger aus, es sei ihm Ende März 2020 das Arbeitsverhältnis gekündigt worden (Protokoll der Parteibefragung vom 15. Oktober 2020, Rz. 24).
3. Am 22. Oktober 2020 fällte das Richteramt Olten-Gösgen folgendes Urteil:
1. Die Beklagte hat dem Kläger aus Arbeitsvertrag den Betrag von brutto CHF 22'670.55 zu bezahlen. 2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. 3. Das Verfahren ist kostenlos. 4. Der Kläger hat der Beklagten eine (reduzierte) Parteientschädigung von CHF 1'897.50 (inkl. Auslagen und MwSt.) zu bezahlen.
4. Gegen das begründete Urteil erhebt die Beklagte mit Eingabe vom 15. Februar 2021 frist- und formgerecht Berufung. Sie stellt die folgenden Begehren:
1. Es sei das Urteil vom 22. Oktober 2020 des Richteramts Olten-Gösgen in der Sache OGZPR.2019.1579 aufzuheben. 2. Es sei in der Sache neu zu entscheiden und die Klage vollumfänglich abzuweisen, eventualiter sei die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. 3. Unter o/e-Kostenfolge (inkl. MWST und Auslagen) zulasten des Berufungsbeklagten. 4. Es seien die Verfahrensakten der Vorinstanz (inkl. Wortprotokoll/Audioaufzeichnung der Verhandlung sowie die von der Vorinstanz beigezogenen Akten des Schlichtungsverfahrens) beizuziehen und der Berufungsklägerin nach Einsicht Gelegenheit zur Ergänzung ihrer Berufungsbegründung einzuräumen.
5. Der Kläger und Berufungsbeklagte lässt sich am 5. März 2021 frist- und formgerecht vernehmen. Er beantragt die Abweisung der Berufung, unter Entschädigungsfolgen.
6. Mit Verfügung vom 9. März 2021 wurde der Berufungsklägerin eine Kopie der Wortprotokolle der Hauptverhandlung und der Parteibefragungen vom 15. Oktober 2020 zur Kenntnisnahme zugesandt. Das Gesuch um Einräumung einer Nachfrist zur einlässlichen Begründung der Berufungsschrift wurde abgewiesen (vgl. Ziff. 3 und 4 der Verfügung und die entsprechende Kurzbegründung).
7. In Anwendung von Art. 316 Abs. 1 Zivilprozessordnung (ZPO, SR 272) kann über die Berufung ohne Durchführung einer Verhandlung aufgrund der Akten entschieden werden. Für die Parteistandpunkte und die Erwägungen des Vorderrichters wird grundsätzlich auf die Akten verwiesen. Soweit erforderlich, ist nachstehend darauf einzugehen.
II.
1.1 Die Berufungsklägerin rügt zunächst eine unrichtige Rechtsanwendung durch die Vorinstanz. Im Einzelnen bringt sie vor, der Berufungsbeklagte habe im zur Diskussion stehenden Zeitraum der Jahre 2014 bis 2016 keine Überstunden geleistet. Die Vorinstanz komme im angefochtenen Entscheid zum Ergebnis, dass nicht die im Einzelarbeitsvertrag festgelegte, wöchentliche Arbeitszeit von 45 Stunden, sondern eine solche von 40 Stunden pro Woche gelte. Die Vorinstanz stütze sich diesbezüglich auf den Gesamtarbeitsvertrag des Schweizerischen Elektro- und Telekommunikations-Installationsgewerbes betreffend die Jahre 2014 bis 2016 (GAV). Es sei zwar zutreffend, dass dieser GAV vorliegend zur Anwendung gelange, indessen seien die Feststellungen der Vorinstanz falsch, wonach die im Einzelarbeitsvertrag vereinbarte Arbeitszeit die im GAV vorgeschriebene Arbeitszeit überschreite und deshalb nichtig sei. Vorliegend sei Ziff. 23.3 GAV einschlägig. Der Arbeitgeber könne somit die wöchentliche Arbeitszeit nach Rücksprache mit dem Arbeitnehmer im Rahmen des Arbeitsgesetzes (ArG, SR 822.11) festsetzen. Der GAV enthalte keine Bestimmungen, wonach die wöchentliche Arbeitszeit höchstens 40 Stunden betrage.
1.2 Die Vorinstanz erwog, gemäss GAV betrage die wöchentliche Arbeitszeit 40 Stunden. Im fraglichen Einzelarbeitsvertrag sei hingegen eine wöchentliche Arbeitszeit von 45 Stunden vereinbart worden. Nach Art. 357 Abs. 2 des Bundesgesetzes betreffend die Ergänzung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches, Fünfter Teil: Obligationenrecht (OR, SR 220), seien Abreden, die gegen die Bestimmungen des GAV verstossen, nichtig. Sie würden durch die Bestimmungen des GAV ersetzt. Das Günstigkeitsprinzip lasse nur Abreden zu, die für den Arbeitnehmer günstiger ausfallen würden. Vorliegend stehe unzweifelhaft fest, dass die Arbeitszeitregelung im Einzelarbeitsvertrag zum Nachteil des Klägers getroffen und die wöchentliche Höchstarbeitszeit gemäss GAV überschritten worden sei. Die entsprechende Bestimmung im Einzelarbeitsvertrag sei daher nichtig und werde durch die Bestimmungen des GAV ersetzt. Die wöchentliche Normalarbeitszeit habe somit für die Jahre 2014 bis 2016 40 Stunden pro Woche betragen.
1.3 Gemäss Art. 357 Abs. 1 OR gelten die Bestimmungen des Gesamtarbeitsvertrages über Abschluss, Inhalt – und damit auch über die Arbeitszeit – und Beendigung der einzelnen Arbeitsverhältnisse während der Dauer des GAV unmittelbar für die beteiligten Arbeitgeber und Arbeitnehmer und können nicht wegbedungen werden, sofern der Gesamtarbeitsvertrag nichts anderes bestimmt. Abreden zwischen den Arbeitgebern und Arbeitnehmern, die gegen die unabdingbaren Bestimmungen verstossen, sind nichtig und werden durch die Bestimmungen des Gesamtarbeitsvertrages ersetzt. Zu Gunsten der Arbeitnehmer können abweichende Abreden getroffen werden (vgl. Art. 357 Abs. 2 OR; Wolfgang Portmann / Roger Rudolph in: Corinne Widmer Lüchinger / David Oser [Hrsg.], Basler Kommentar Obligationenrecht I, Basel 2019, Art. 357 N 2)
1.4 Aus den Vorakten ergibt sich folgendes Bild: Gemäss Einzelarbeitsvertrag vom 28. Mai 2013 vereinbarten die Parteien eine durchschnittliche Arbeitszeit von 45 Stunden pro Woche, verteilt auf 5 Arbeitstage. Falls aus betrieblichen resp. auftragsbezogenen Gründen erforderlich, betrage die durchschnittliche Arbeitszeit bis zu 50 Stunden pro Woche ohne Anspruch auf Überstundenzuschlag (vgl. Ziff. 10 des Arbeitsvertrages). In den einschlägigen Bestimmungen des GAV wird zwar keine wöchentliche Normalarbeitszeit festgelegt, aus dem Anhang 8.1 des GAV geht indessen hervor, dass die Jahresbruttoarbeitszeit betreffend die Jahre 2014 und 2015 auf 2'088 Stunden festgesetzt worden ist. Wird diese Jahresbruttoarbeitszeit entsprechend der Formel von Ziff. 23.2 rückgerechnet, ergibt sich eine wöchentliche Arbeitszeit von aufgerundet 40 Stunden. Die im Einzelarbeitsvertrag vereinbarte Arbeitszeit von 45 Stunden pro Woche, hochgerechnet eine Jahresbruttoarbeitszeit von 2'346 Stunden, überschreitet somit die im GAV festgesetzte Jahresbruttoarbeitszeit um mindestens 257 Stunden pro Jahr, was – wie von der Vorinstanz zutreffend ausgeführt – zur Nichtigkeit der einzelvertraglichen Bestimmung führt. Für die Jahre 2014 bis 2016 tritt anstelle der vereinbarten 45 Stunden pro Woche folglich die im GAV festgesetzte Jahresbruttoarbeitszeit von 2'088 Stunden.
2.1 Damit bleibt zu prüfen, ob und in welchem Ausmass vom Berufungsbeklagten entschädigungspflichtige Überstunden geleistet wurden.
2.2 Die Berufungsklägerin macht diesbezüglich geltend, Überstundenarbeit liege erst vor, wenn die Jahresbruttoarbeitszeit von 2'088 Stunden gemäss Anhang 8.1 GAV effektiv überschritten werde. Nach der Aufstellung in Erwägung 9 des angefochtenen Entscheids habe die vom Berufungsbeklagten in den Jahren 2014 bis 2016 geleistete Arbeitszeit die Jahresbruttoarbeitszeit gemäss GAV nicht überschritten. Die Vorinstanz hätte demnach feststellen müssen, dass keine Überstunden vorliegen. Ferner obliege die Beweislast für die Anordnung von Überstunden beim Arbeitnehmer. Die Vorinstanz habe den entsprechenden Einwand der Berufungsklägerin im Rahmen der Verhandlung unberücksichtigt gelassen und diese Voraussetzung ohne Nachweis als erfüllt erachtet.
2.3 Der Vorderrichter erachtete den Nachweis der Überstundenarbeit durch die vom Kläger ins Recht gelegten detaillierten Stundenabrechnungen als gegeben. Der Begründung des angefochtenen Entscheids lässt sich entnehmen, dass beide Parteien anlässlich der Parteibefragungen übereinstimmend angegeben hätten, die Arbeitgeberin habe die detaillierten Stundenabrechnungen monatlich erstellt und den Arbeitnehmern ausgehändigt. Aus objektiver Sicht seien somit keine Gründe ersichtlich, um an der Authentizität dieser Stundenabrechnungen zu zweifeln. Aus den Abrechnungen erhelle, dass für die Jahre 2014 bis 2016 insgesamt 592.21 Überstunden geleistet worden seien.
2.4 Gemäss Ziff. 26.1 GAV liegt Überstundenarbeit vor, wenn die während eines Kalenderjahres innerhalb der Tages- und Abendarbeitszeit (06:00-23:00 Uhr) geleistete Arbeitszeit die massgebende Jahresbruttoarbeitszeit übersteigt. Hat das Arbeitsverhältnis nicht ein ganzes Kalenderjahr gedauert, so werden als Überstunden jene Arbeitsstunden berücksichtigt, welche folgende Werte übersteigen: Anzahl Arbeitstage (inkl. Ferien und Feiertage) multipliziert mit 8 Stunden oder, Anzahl Arbeitswochen (inkl. Ferien und Feiertage) multipliziert mit 40 Stunden. Nach Ziff. 39.1 GAV werden Überstunden indessen nur entschädigt, als sie vom Arbeitgeber beziehungsweise seinem Stellvertreter angeordnet nachträglich visiert werden.
2.5 Vorliegend ist unbestritten, dass die Arbeitgeberin dem Arbeitnehmer betreffend die Jahre 2014 bis und mit 2016 monatliche Stundenabrechnungen aushändigte, woraus ersichtlich ist, dass der Berufungsbeklagte in einem 100%-Pensum die im Einzelarbeitsvertrag vereinbarten 45 Stunden pro Woche leistete. Konkret geht aus den Abrechnungen beziehungsweise aus der Spalte «Istzeit» – welche die effektiv geleisteten Stunden sowie die entschädigten Ferien- und Feiertage erfasst – hervor, dass der Berufungsbeklagte die Bruttojahresarbeitszeit gemäss GAV betreffend den Jahren 2014 bis 2016 weitaus überschritten hatte. Nun zu behaupten, der Berufungsbeklagte habe mit der effektiv geleisteten Arbeitszeit keine Überstunden geleistet, geht nicht an. Im Übrigen erweist sich auch der Einwand der Berufungsklägerin, wonach sie weder Überstunden angeordnet, noch solche visiert habe, als unbegründet. Es ist unbestritten, dass die Berufungsklägerin die im Recht liegenden Stundenabrechnungen im fraglichen Zeitraum selber erfasst und an den Arbeitnehmer ausgeteilt hatte. Die Anordnung von Überstunden kann auch konkludent stillschweigend erfolgen. Einer förmlichen Anordnung von Überstundenarbeit steht es gleich, wenn der Arbeitgeber von deren Leistung Kenntnis hat (oder haben müsste) und dagegen nicht einschreitet (vgl. Wolfgang Portmann / Roger Rudolph in: [Hrsg.], Basler Kommentar Obligationenrecht I, Basel Rudolph Art. 321c N 6). Die in den berufungsklägerischen Schriftsätzen vertretene Auffassung, die im Einzelarbeitsvertrag vereinbarte Arbeitszeitregelung überschreite die Bruttojahresarbeitszeit gemäss GAV nicht, vermag daran nichts zu ändern. Mit ihrem Verhalten hat die Berufungsklägerin die geleisteten Arbeitsstunden anerkannt.
2.6 Im Einzelnen zeigen die fraglichen Stundenabrechnungen des Berufungsbeklagten für den Zeitraum betreffend die Jahre 2014 (Verjährungsbedingt 6 Monate) bis und mit 2016 folgendes Bild:
1 Kürzung der angerechneten Abwesenheiten (Feier-, Ferientage, Krankheit) von 9h auf 8h. 2 Jahresbruttoarbeitszeit nach GAV. 3 132 Arbeitstage * 8 Stunden (Ziff. 26.1 GAV). 4 Nicht publiziert.
Der Berufungsbeklagte leistete demnach Überstunden im Umfang von 613.58 Stunden.
3.1 Die Berufungsklägerin macht geltend, selbst wenn der Berufungsbeklagte Überstunden geleistet hätte, sei die Kompensation dergleichen im zur Diskussion stehenden Einzelarbeitsvertrag wegbedungen worden. Die Parteien hätten die Kompensation mit Freizeit von gleicher Dauer vereinbart. Zudem werde auch in Ziff. 39.2 GAV festgehalten, dass Überstunden primär durch Freizeit zu kompensieren seien.
3.2 Der GAV enthält Folgendes: Überstunden sind primär durch Freizeit innerhalb des folgenden Kalenderjahres zu kompensieren. Ist eine Kompensation aus betrieblicher Sicht nicht möglich, sind die Überstunden auszuzahlen (vgl. Ziff. 39.2 GAV). Liegt der Zeitsaldo per 31. Dezember über 120 Stunden, ist die Differenz gemäss Ziff. 23.4 GAV mit einem Lohnzuschlag von 25% auszuzahlen. In Ziff. 10 des fraglichen Einzelarbeitsvertrages vereinbarten die Parteien was folgt: "Falls aus betrieblichen resp. auftragsbezogenen Gründen erforderlich beträgt die durchschnittliche Arbeitszeit bis zu 50 Stunden in der Woche ohne Anspruch auf einen Überstundenzuschlag. Sollte die Jahresbruttoarbeitszeit gemäss Ziff. 23.2 GAV überschritten werden, werden allfällige Überstunden mit Freizeit von gleicher Dauer kompensiert, und der Arbeitnehmer erklärt zu dieser Regelung sein ausdrückliches Einverständnis." Eine rechtsgültige Wegbedingung einer Überstundenentschädigung ist damit nicht ersichtlich, womit die einschlägige Bestimmung des GAV vorgehen (vgl. Art. 357 Abs. 1 OR). Dass der Berufungsbeklagte einen Teil beziehungsweise 120 Stunden der jährlichen Gesamtüberstunden innert 9 Monaten des darauffolgenden Kalenderjahres hätte kompensieren können, macht die Berufungsklägerin nicht geltend. Sie vertrat ohnehin durchwegs die Auffassung, es seien keine Überstunden geleistet worden. Eine Kompensation mittels Freizeit kam somit von vorhinein nicht in Betracht. Die vom Arbeitnehmer geleisteten Überstunden betreffend die Jahre 2014 bis 2016 sind demnach mit einem Zuschlag von 25% zu entschädigen.
4.1 Hinsichtlich der konkreten Höhe der Entschädigung erwog die Vorinstanz, der Stundenlohn des Klägers betrage CHF 30.625 (CHF 4'900.00 Bruttolohn / 160 Arbeitsstunden pro Monat). Für das Jahr 2014 betrage die Überstundenentschädigung demnach CHF 3'527.08 (115.17 Überstunden * CHF 30.625). Auf diesem Betrag sei – da im Einzelarbeitsvertrag nichts anderes vereinbart – ein Zuschlag von CHF 25% geschuldet. Die Entschädigung betreffend das Jahr 2014 belaufe sich demnach auf CHF 4'408.85). Für das Jahr 2015 belaufe sie sich auf CHF 9'186.35 (239.97 Überstunden * 30.625 * 125%). Betreffend das Jahr 2016 stehe dem Kläger eine Entschädigung von CHF 9'075.34 (237.07 Überstunden * 30.625 * 125%) zu. Insgesamt habe die Beklagte dem Kläger somit für den Zeitraum zwischen Juli 2014 und Dezember 2016 eine Überstundenentschädigung aus Arbeitsvertrag von brutto CHF 22'670.55 zu bezahlen.
4.2 Die Berufungsklägerin bringt dagegen vor, für die Berechnung der Überstundenentschädigung sei Ziff. 34.3 GAV einschlägig. Demnach sei der dem Monatslohn entsprechende Stundenlohn mittels Division des Bruttomonatslohnes durch 174 Arbeitsstunden zu berechnen und nicht wie von der Vorinstanz mittels Division durch 160 Stunden. Nach dieser Berechnung (CHF 4'900.00 / 174 Stunden) resultiere ein Stundenlohn von CHF 28.16. Unter Berücksichtigung der im Einzelarbeitsvertrag vereinbarten wöchentlichen Arbeitszeit von 45 Stunden resultiere ein Stundenlohn von CHF 27.22.
4.3 Gemäss Ziff. 34.2 GAV ergibt sich der dem Monatslohn entsprechende Stundenlohn bei einer Jahresbruttoarbeitszeit von 2'086 Stunden aus der Division des Monatslohnes durch 174. Die vorliegende effektive Jahresbruttoarbeitszeit beträgt 2'088 Stunden (vgl. Anhang 8 zum GAV). Hochgerechnet muss der Monatslohn zur Ermittlung des Stundenlohns somit durch 174.17 dividiert werden. Der 13. Monatslohn ist dabei Bestandteil des Monatslohns des Arbeitnehmers und dementsprechend bei der Berechnung des Stundenlohns mit zu berücksichtigen (Ziff. 37.1 GAV und Ziff. 7 Einzelarbeitsvertrag). Gemäss Ziff. 7 des Einzelarbeitsvertrags entrichtet die Arbeitgeberin dem Angestellten einen 13. Monatslohn in Form einer monatlichen Ausbezahlung von 8.33% des Monatslohns. Der neu berechnete Stundenlohn beträgt somit CHF 30.48 (4'900 * 108.33% / 174.17). Mit den unter Ziff. II / 2.6 hiervor errechneten Überstunden multipliziert mit dem berechneten Stundenlohn und dem Zuschlag von 25% würde somit eine höhere Entschädigung resultieren als von der Vorinstanz festgesetzt.
5. Im Ergebnis bleibt es somit bei der von der Vorinstanz festgesetzten Entschädigung (Art. 58 Abs. 1 ZPO). Die Berufung erweist sich damit als unbegründet und ist abzuweisen.
6.1 Damit bleibt über die Kosten zu befinden. Unter einem Streitwert von CHF 30'000.00 ist das Hauptverfahren kostenlos (Art. 114 lit. c ZPO), weshalb keine Gerichtskosten zu erheben sind.
6.2 Der Berufungsbeklagte verlangt für das Berufungsverfahren eine Entschädigung. Gemäss Art. 95 Abs. 3 ZPO kann in begründeten Fällen eine angemessene Umtriebsentschädigung zugesprochen werden, wenn eine Partei nicht berufsmässig vertreten ist. Vorliegend rechtfertigt es sich, dem Berufungsbeklagten für seine Aufwände eine Umtriebsentschädigung von CHF 100.00 zuzusprechen. Demnach wird erkannt: 1. Die Berufung wird abgewiesen. 2. Es werden keine Kosten erhoben. 3. Die A.___ GmbH hat B.___ eine Umtriebsentschädigung von CHF 100.00 zu bezahlen.
Rechtsmittel: Der Streitwert beträgt unter CHF 30'000.00. Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen seit Eröffnung des begründeten Urteils beim Bundesgericht Beschwerde in Zivilsachen eingereicht werden (Adresse: 1000 Lausanne 14). Die Frist wird durch rechtzeitige Aufgabe bei der Schweizerischen Post gewahrt. Die Frist ist nicht erstreckbar. Die Beschwerdeschrift hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift des Beschwerdeführers seines Vertreters zu enthalten. Für die weiteren Voraussetzungen sind die Bestimmungen des Bundesgerichtsgesetzes massgeblich.
Im Namen der Zivilkammer des Obergerichts Der Präsident Die Rechtspraktikantin Frey Hirsig |
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