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Urteil Verwaltungsgericht (SO - VWBES.2024.138)

Zusammenfassung des Urteils VWBES.2024.138: Verwaltungsgericht

Das Verwaltungsgericht hat entschieden, dass eine Beschwerde gegen einen Abklärungsauftrag der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde nicht zulässig ist. Die Beschwerdeführerin hatte die Eröffnung eines Verfahrens beantragt und den Ausstand der Gerichtsschreiberin gefordert. Das Gericht erläuterte die rechtlichen Grundlagen für die Anfechtbarkeit von Zwischenentscheiden und stellte fest, dass in diesem Fall nicht einzutreten sei. Die Kosten des Verfahrens in Höhe von CHF 300.00 sind von der Beschwerdeführerin zu tragen.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts VWBES.2024.138

Kanton:SO
Fallnummer:VWBES.2024.138
Instanz:Verwaltungsgericht
Abteilung:Verwaltungsgericht
Verwaltungsgericht Entscheid VWBES.2024.138 vom 25.04.2024 (SO)
Datum:25.04.2024
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:-
Schlagwörter: Verwaltungsgericht; Bundesgericht; Urteil; Verfahren; Recht; Abklärungen; Bundesgerichts; Eröffnung; Verfahrens; Person; VWBES; Massnahmen; Gerichtsschreiberin; Verfügung; Anordnung; Dorneck; Entscheid; Maranta; Rechtsprechung; Natur; Zwischenverfügung; Hinweise; Prüfung; Präsident; Thomann
Rechtsnorm: Art. 42 BGG ;Art. 443 ZGB ;Art. 446 ZGB ;Art. 449 ZGB ;
Referenz BGE:131 II 587; 137 V 314; 138 III 333; 141 III 80;
Kommentar:
Thomas Geiser, Basler Zivilgesetzbuch I, Art. 449 Abs. 2; Art. 443 ZGB, 2022

Entscheid des Verwaltungsgerichts VWBES.2024.138

 
Geschäftsnummer: VWBES.2024.138
Instanz: Verwaltungsgericht
Entscheiddatum: 25.04.2024 
FindInfo-Nummer: O_VW.2024.78
Titel: Prüfung gesetzlicher Massnahmen

Resümee:

 

Verwaltungsgericht

 

 

Urteil vom 25. April 2024    

Es wirken mit:

Präsident Thomann

Oberrichter Frey    

Oberrichterin Obrecht Steiner

Gerichtsschreiberin Blut-Kaufmann

In Sachen

A.___   

 

Beschwerdeführerin

 

 

 

gegen

 

 

 

KESB Thal-Gäu/Dorneck-Thierstein,

 

Beschwerdegegnerin

 

 

 

betreffend     Prüfung gesetzlicher Massnahmen


zieht das Verwaltungsgericht in Erwägung:

 

I.

 

1. Mit Verfügung vom 4. März 2024 (Begründung vom 26. März 2024) erteilte die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB) Thal-Gäu/Dorneck-Thierstein der Sozialregion Dorneck einen Abklärungsauftrag, indem diese zu prüfen habe, in welchen Bereichen bei A.___ eine Schutzbedürftigkeit bestehe, und geeignete Massnahmen vorzuschlagen habe.

 

2. Gegen diese Verfügung erhob A.___ am 5. April 2024 Beschwerde an das Verwaltungsgericht und beantragte deren Aufhebung.

 

3. Mit Schreiben vom 16. April 2024 teilte die zuständige Gerichtsschreiberin des Verwaltungsgerichts A.___ mit, dass gegen die Eröffnung eines Verfahrens durch die KESB grundsätzlich keine Beschwerde erhoben werden könne und retournierte die Beschwerde. Falls sie vom Verwaltungsgericht einen anfechtbaren Entscheid wünsche, habe sie dies bis am 23. April 2024 mitzuteilen.

 

4. Mit Schreiben vom 19. April 2024 forderte A.___ (nachfolgend Beschwerdeführerin genannt) die Eröffnung eines entsprechenden Verfahrens und beantragte sinngemäss den Ausstand von Gerichtsschreiberin [...], welche ihr Urteil offenbar bereits gefällt habe.

 

 

II.

 

1.1 Gemäss Art. 446 des Schweizerischen Zivilgesetzbuches (ZGB, SR 210) erforscht die Erwachsenenschutzbehörde den Sachverhalt von Amtes wegen (Abs. 1). Sie zieht die erforderlichen Erkundigungen ein und erhebt die notwendigen Beweise. Sie kann eine geeignete Person Stelle mit Abklärungen beauftragen. Nötigenfalls ordnet sie das Gutachten einer sachverständigen Person an (Abs. 2). Sie ist nicht an die Anträge der am Verfahren beteiligten Personen gebunden (Abs. 3). Sie wendet das Recht von Amtes wegen an (Abs. 4). Unter welchen Umständen eine allfällige verfahrensleitende Verfügung der KESB innerkantonal anfechtbar ist, bestimmt – mit Ausnahme von Verfügungen betreffend stationäre Begutachtungen (vgl. Art. 449 Abs. 2 ZGB) – das kantonale Recht (vgl. Luca Maranta in: Thomas Geiser/Christiana Fountoulakis [Hrsg.], Basler Kommentar, Zivilgesetzbuch I, Basel 2022, Art. 443 ZGB N 43).

 

1.2 Gemäss § 66 des Verwaltungsrechtspflegegesetzes (VRG, BGS 124.11) sind Zwischenentscheide wie der vorliegende Abklärungsauftrag nur dann beim Verwaltungsgericht anfechtbar, wenn sie entweder präjudizierlich für eine Partei von erheblichem Nachteil sind. Das Verwaltungsgericht verweist regelmässig auf die Rechtsprechung des Bundesgerichts zum ähnlich lautenden Art. 93 des Bundesgerichtsgesetzes (BGG, SR 173.110): Beim «nicht wiedergutzumachenden Nachteil» im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG muss es sich um einen Nachteil rechtlicher Natur handeln, der auch durch einen für die beschwerdeführende Partei günstigen Endentscheid nicht mehr behoben werden kann (BGE 138 III 333 E. 1.3.1 S. 335). Eine rein tatsächliche wirtschaftliche Erschwernis reicht in der Regel nicht, doch genügt die blosse Möglichkeit eines nicht wiedergutzumachenden Nachteils rechtlicher Natur (BGE 137 V 314 E. 2.2.1 S. 317; 137 III 380 E. 1.2.1 S. 382). Soweit nicht offenkundig ist, dass die Zwischenverfügung einen nicht wiedergutzumachenden Nachteil bewirken könnte, hat die Beschwerdeführerin in ihrer Eingabe darzutun, inwiefern sie einem solchen ausgesetzt ist und die Voraussetzungen der Zulässigkeit ihrer Beschwerde erfüllt sind (Art. 42 Abs. 2 BGG; BGE 141 III 80 E. 1.2 S. 81; 138 III 46 E. 1.2 S. 47; BGE 137 III 522 E. 1.3 S. 525; Urteil des Bundesgerichts 5A_764/2016 vom 17. Juli 2017, E. 1.2.1).

 

1.3 Die Beschwerdeführerin macht geltend, wenn sie irgendwelchen Personen alle ihre Daten über ihr persönliches Leben offenlegen müsse, stelle dies für sie einen nicht wiedergutzumachenden Nachteil dar, auch wenn im Nachhinein festgestellt werde, dass dies ungerechtfertigt erfolgt sei.

 

1.4 Möchte eine Person geltend machen, dass ein Verfahren im Nachgang an eine Meldung zu Unrecht eingeleitet worden sei, ist der Rechtsschutz beschränkt. Rechtsschutz kann mithin regelmässig erst durch die Anfechtung des Endentscheids erlangt werden (vgl. Luca Maranta: Im «Irrgarten» zwischen Meldepflichten, Melderechten und Berufsgeheimnissen – die Revision der Meldevorschriften, in ZKE 2018 S. 253 f.; Luca Maranta, a.a.O., Art. 443 ZGB N 43).

 

Wird ein psychiatrisches Gutachten (ambulant stationär) angeordnet, hat das Bundesgericht mehrfach ausgeführt, dass dies aufgrund des schwerwiegenden Eingriffs in die Persönlichkeit einen nicht leicht wiedergutzumachenden Nachteil bewirke (vgl. Urteile des Bundesgerichts 5A_343/2020 vom 15. Dezember 2020 E. 1.1; 5A_87/2019 vom 26. März 2019 E. 1.2; 5A_557/2017 vom 16. Februar 2018 E. 1.1; 5A_940/2014 vom 30. März 2015 E. 1; 5A_211/2014 vom 14. Juli 2014 E. 1; je mit Hinweisen). Allein die Belastung durch ein hängiges Verfahren führt hingegen nicht zu einem nicht wiedergutzumachenden Nachteil (vgl. Urteil des Bundesgerichts 2C_167/2016 vom 17. März 2017 E. 3.3.3). Bezüglich Eröffnung eines Disziplinar- Strafverfahrens hat das Bundesgericht entschieden, dass dies nicht mit Beschwerde anfechtbar sei, obwohl bereits darin ein Nachteil bzw. eine Art Vorverurteilung erblickt werden könne (vgl. BGE 131 II 587 E. 4.1.2 S. 590). Auch in der Eröffnung eines Erwachsenenschutzverfahrens erblickte das Bundesgericht keinen derartigen Nachteil (vgl. Urteil des Bundesgerichts 5A_69/2015 vom 29. Januar 2015). Bezüglich Anordnung von Abklärungen durch den Sozialdienst hat sich das Bundesgericht soweit ersichtlich noch nicht explizit geäussert. Im Rahmen der zitierten Rechtsprechung erblickt das Verwaltungsgericht darin aber in konstanter Rechtsprechung keinen nicht wiedergutzumachenden Nachteil (vgl. Urteile VWBES.2016.422 vom 16. November 2016 E. 1.4; VWBES.2015.383 vom 19. Oktober 2015 E. 2, VWBES.2019.423 vom 4. Februar 2020; gleich auch Urteil des Zürcher Obergerichts PQ 150045 vom 13. August 2015 E. 4).

 

1.5 Es ist nachvollziehbar, dass die Eröffnung eines erwachsenenschutzrechtlichen Verfahrens und die daraus folgenden Abklärungen bezüglich die persönlichen Belange für die davon betroffene Beschwerdeführerin unangenehm sind. Sie entsprechen jedoch dem gesetzlichen Auftrag von Art. 446 ZGB, wonach die KESB Abklärungen zu treffen hat, wenn sie Hinweise auf eine Gefährdungslage erhalten hat. Vorliegend sind solche Hinweise nicht nur durch die Familie, sondern auch durch eine detaillierte Gefährdungsmeldung der behandelnden Hausärztin erfolgt.

 

Die Zwischenverfügung betreffend Anordnung von Abklärungen führt für die Beschwerdeführerin zu keinem nicht leicht wiedergutzumachenden Nachteil rechtlicher Natur, da sie später die allfällige Anordnung von erwachsenenschutzrechtlichen Massnahmen wird anfechten können. Die vorliegende Zwischenverfügung betreffend Anordnung von Abklärungen ist deshalb nicht selbständig anfechtbar. Die Abklärungen dienen letztlich dem Schutz der Beschwerdeführerin, sei dies vor sich selbst vor allfälligen von ihr befürchteten Besitzansprüchen anderer.

 

2. Auf die Beschwerde ist demnach nicht einzutreten. Bei diesem Ausgang hat A.___ die Kosten des Verfahrens vor Verwaltungsgericht zu bezahlen, die auf CHF 300.00 festzusetzen sind.

 

Demnach wird beschlossen:

 

1.    Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.

2.    A.___ hat die Kosten des Verfahrens vor Verwaltungsgericht von CHF 300.00 zu bezahlen.

 

Rechtsmittel: Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen seit Eröffnung des begründeten Urteils beim Bundesgericht Beschwerde in Zivilsachen eingereicht werden (Adresse: 1000 Lausanne 14). Die Frist wird durch rechtzeitige Aufgabe bei der Schweizerischen Post gewahrt. Die Frist ist nicht erstreckbar. Die Beschwerdeschrift hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift der Beschwerdeführerin ihrer Vertretung zu enthalten. Für die weiteren Voraussetzungen sind die Bestimmungen des Bundesgerichtsgesetzes massgeblich.

 

 

 

 

Im Namen des Verwaltungsgerichts

 

Der Präsident                                                                    Die Gerichtsschreiberin

 

 

Thomann                                                                          Blut-Kaufmann

 

 



 
Quelle: https://gerichtsentscheide.so.ch/
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