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Urteil Verwaltungsgericht (SO - VWBES.2024.128)

Zusammenfassung des Urteils VWBES.2024.128: Verwaltungsgericht

Zusammenfassung: Das Verwaltungsgericht hat über die Beschwerde eines Vaters entschieden, der gegen die Anordnung einer integrativen sonderpädagogischen Massnahme für seinen Sohn B.___ durch das Departement für Bildung und Kultur vorgegangen ist. Der Sohn zeigte Verhaltensauffälligkeiten und benötigte laut Schulpsychologischem Dienst spezielle Unterstützung. Trotz der Einwände des Vaters bestätigte das Gericht die Notwendigkeit der Massnahme. Die Beschwerde wurde abgewiesen, und der Vater wurde zur Zahlung der Gerichtskosten in Höhe von CHF 800.00 verurteilt.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts VWBES.2024.128

Kanton:SO
Fallnummer:VWBES.2024.128
Instanz:Verwaltungsgericht
Abteilung:Verwaltungsgericht
Verwaltungsgericht Entscheid VWBES.2024.128 vom 05.07.2024 (SO)
Datum:05.07.2024
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:-
Schlagwörter: Massnahme; Eltern; Antrag; Unterricht; Bericht; Schüler; Kinder; Leitfaden; Angebot; Verwaltungsgericht; Verhalten; Untersuchung; Massnahmen; Regel; Berichte; Spezialangebot; Bildung; Schwierigkeiten; Unterstützung; Begleitung; Verfügung; Lehrperson; Verhaltenssteuerung; Abklärung; Spezialangebote; ötige
Rechtsnorm: Art. 304 ZGB ;
Referenz BGE:118 lb 614; 130 I 352; 130 II 425; 134 I 140; 138 I 162; 141 I 9; 145 II 70;
Kommentar:
Thomas Geiser, Ingeborg Schwenzer, Cottier, Basler Zivilgesetzbuch I, Art. 304 ZGB, 2022

Entscheid des Verwaltungsgerichts VWBES.2024.128

 
Geschäftsnummer: VWBES.2024.128
Instanz: Verwaltungsgericht
Entscheiddatum: 05.07.2024 
FindInfo-Nummer: O_VW.2024.113
Titel: sonderpädagogische Massnahme

Resümee:

 

Verwaltungsgericht

 

 

Urteil vom 5. Juli 2024       

Es wirken mit:

Präsident Thomann

Oberrichterin Obrecht Steiner

Oberrichter Frey    

Gerichtsschreiberin Zimmermann

In Sachen

A.___  

 

Beschwerdeführer

 

 

gegen

 

 

Departement für Bildung und Kultur, vertreten durch Volksschulamt,    

 

Beschwerdegegner

 

 

 

betreffend     sonderpädagogische Massnahme


zieht das Verwaltungsgericht in Erwägung:

 

I.

 

1. B.___, geb. [...] 2016, ist der Sohn von A.___ (nachfolgend: Beschwerdeführer) und C.___.

 

2. B.___ wurde im August 2020 eingeschult und im Winter 2023 durch die Eltern und Lehrpersonen auf dem Schulpsychologischen Dienst (SPD) angemeldet. Anlass für die Anmeldung waren die Verhaltenssteuerung und Impulskontrolle, welche B.___ im Klassensetting Schwierigkeiten bereiten. Ziel der Untersuchung durch den SPD war die Abklärung, ob B.___ Anrecht auf Unterstützung im Rahmen der kantonalen Spezialangebote hat.

 

3. Die Untersuchung durch den SPD im Winter 2023 zeigte bei B.___ eine Intelligenz unterhalb der Altersnorm, K-ABC II IQ 79, sequentiell 88, simultan 80, lernen 81, Planung 85. Im Rahmen der Bedarfseinschätzung wurde festgehalten, dass die Aufmerksamkeitsfokussierung und Verhaltenssteuerung B.___ grosse Schwierigkeiten bereiten würden, was zu einer beeinträchtigten schulischen und sozialen Partizipation führe. B.___ benötige eine enge Begleitung und ein gut strukturiertes Unterrichtssetting. Verlässliche und stabile Beziehung zu seinen Bezugspersonen seien ebenfalls wichtige Gelingensbedingungen. B.___ grundsätzlich gute Lernbereitschaft und seine Fähigkeit, die Beziehung zu Erwachsenen zu suchen und von dieser Unterstützung zu profitieren, könnten als klare Ressourcen betrachtet werden. Deshalb beantragte der SPD eine integrative sonderpädagogische Massnahme.

 

4. Am 9. April 2024 verfügte das Departement für Bildung und Kultur (DBK), vertreten durch das Volksschulamt (VSA), Folgendes:

 

1.    Für B.___ wird folgende sonderschulische Massnahme angeordnet:

Angebot: Integrative sonderpädagogische Massnahme (ISM)

Dauer: 01.03.2024 – 31.07.2024

Durchführung: [...]

2.    Der Beitrag der Einwohnergemeinde beträgt im Jahr 2023 Fr. 750.- / Monat, im Jahr 2024 Fr. 500.- / Monat und im Jahr 2025 Fr. 250.- / Monat.

 

5. Gleichentags erliess das DBK, vertreten durch das VSA, ausserdem folgende Verfügung:

 

1.    Für B.___ wird folgende sonderschulische Massnahme verlängert:

Angebot: Integrative sonderpädagogische Massnahme (ISM)

Dauer: 01.08.2024 – 31.07.2027

Durchführung: [...]

2.    Der Beitrag der Einwohnergemeinde beträgt im Jahr 2023 Fr. 750.- / Monat, im Jahr 2024 Fr. 500.- / Monat und im Jahr 2025 Fr. 250.- / Monat.

 

6. Am 15. April 2024 erhob der Beschwerdeführer Einsprache (recte: Beschwerde) gegen die Verfügungen des Volksschulamtes vom 9. April 2024. Er legte unter anderem dar, dass er als Vater nie der SPD einer Sondermassnahme zugestimmt habe. Weder im Fussballverein, in der KITA, noch beim ZKSK habe es je ein Indiz dafür gegeben, dass sich B.___ auffällig anders verhalte als andere Kinder in seinem Alter. Die Eltern hätten der Hauptlehrperson und der Schulleiterin erläutert, dass sie mit dem SPD-Bericht nicht einverstanden seien. B.___ sei schulisch im oberen Mittelfeld. Seit Beginn der Schule im Sommer 2023 sei B.___ von der Hauptlehrerin anders behandelt worden als andere Kinder. Es gebe weder Anlass für SPD noch SMI-Massnahmen. Der Beschwerdeführer verzichte ausdrücklich auf diese Unterstützung für seinen Sohn und bitte um entsprechende Aufhebungsbestätigung der Verfügung.

 

7. Am 21. Mai 2024 liess sich das DBK vernehmen und beantragte die vollumfängliche Abweisung der Beschwerde.

 

8. Mit Schreiben vom 10. und 17. Juni 2024 liess sich der Beschwerdeführer erneut vernehmen und reichte Belege ein.

 

9. Auf telefonische Nachfrage des Verwaltungsgerichts vom 19. Juni 2024 bestätigte das VSA, dass sämtliche Akten dem Verwaltungsgericht eingereicht worden seien. Einzig eine Telefonnotiz eines Telefonats mit der Mutter vom 29. Februar 2024 sei noch nicht eingereicht worden, was umgehend nachgeholt wurde.

 

10. Für die Parteistandpunkte und die Erwägungen in den angefochtenen Entscheiden wird grundsätzlich auf die Akten verwiesen. Soweit erforderlich, ist nachfolgend darauf einzugehen.

 

 

II.

 

1. Die Beschwerde ist frist- und formgerecht erhoben worden. Sie ist zulässiges Rechtsmittel und das Verwaltungsgericht zur Beurteilung zuständig (vgl. § 114 Abs. 2 des Volksschulgesetzes [VSG, BGS 413.111] i.V.m. § 49 des Gerichtsorganisationsgesetzes [GO, BGS 125.12]). Der Beschwerdeführer als Vater und Inhaber der elterlichen Sorge des von der sonderpädagogischen Massnahme betroffenen Kindes ist durch den angefochtenen Entscheid beschwert und damit zur Beschwerde legitimiert. Auf die Beschwerde ist einzutreten. Aus der Beschwerde vom 15. April 2024 erschliesst sich nicht, welche Verfügung des DBK vom 9. April 2024 angefochten wird, weshalb sich das vorliegende Urteil auf beide Verfügungen vom 9. April 2024 (mit nahezu identischen Begründungen) bezieht.

 

2.1 Der Beschwerdeführer ersucht sinngemäss um Parteibefragung. Eine Parteibefragung würde die Durchführung einer öffentlichen Verhandlung voraussetzen. Gemäss § 52 Abs. 1 des Gesetzes über den Rechtsschutz in Verwaltungssachen (VRG, BGS 124.11) sind die Verwaltungsgerichtsbehörden nicht an die Beweisanträge der Parteien gebunden. Nach § 71 VRG finden mündliche Verhandlungen nur bei Disziplinarbeschwerden statt. In allen übrigen Fällen entscheiden die Verwaltungsgerichtsbehörden aufgrund der Akten; sie können jedoch auf Antrag von Amtes wegen, eine Verhandlung anordnen, sofern dies als notwendig erachtet wird und Sinn macht. Im vorliegenden Fall wurden die Vorakten beigezogen und der Beschwerdeführer hat seinen Standpunkt in der Beschwerdeschrift ausführlich aufgezeigt. Es ist nicht ersichtlich, welche zusätzlichen relevanten Erkenntnisse das Gericht durch eine Parteibefragung anlässlich einer Verhandlung gewinnen könnte. Der Antrag ist deshalb abzuweisen.

 

2.2 Die Pflicht zur Durchführung einer öffentlichen Gerichtsverhandlung setzt im Übrigen nach der Rechtsprechung einen klaren Parteiantrag voraus. Blosse Beweisabnahmeanträge, wie die Durchführung einer persönlichen Befragung, reichen nicht aus (Urteil des EGMR i.S. Hurter gegen die Schweiz vom 15. Dezember 2005, Nr. 53146/99, Ziff. 34; BGE 130 II 425 E. 2.4 S. 431). Der Beschwerdeführer hat keinen Antrag auf Durchführung einer öffentlichen Verhandlung gestellt, sondern lediglich sinngemäss um Parteibefragung im Sinne von Beweisanträgen ersucht. Art. 6 Ziff. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK, SR 0.101) hat im vorliegenden Zusammenhang daher keine über Art. 29 Abs. 2 der Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft (BV, SR 101) hinausgehende Bedeutung (BGE 134 I 140 E. 5.2 S. 147 f.).

 

3. Gemäss Art. 104 Abs 2 der Verfassung des Kantons Solothurn (KV, BGS 111.1) hat jeder Schüler Anspruch auf eine seinen geistigen, seelischen und körperlichen Fähigkeiten angemessene Bildung. Die kantonalen Spezialangebote umfassen die zeitlich befristeten Spezialangebote (lit. a) sowie die sonderschulischen Angebote (lit. b) (§ 28 VSG). Für Kinder und Jugendliche mit besonderem Bildungsbedarf sorgt der Kanton gemäss § 29 Abs. 1 VSG für zeitlich befristete Spezialangebote und sonderschulische Angebote. Die sonderschulischen Angebote richten sich nach der Sonderpädagogik aus und orientieren sich, soweit möglich, an den Zielen und Inhalten der Regelschule. Sie ermöglichen die gesellschaftliche Integration und fördern die Persönlichkeitsentwicklung und selbständige Lebensführung (§ 29 Abs. 3 VSG). Das Sonderschulangebot für Kinder und Jugendliche mit einer Behinderung umfasst insbesondere integrative sonderpädagogische Massnahmen (ISM) (§ 34 Abs. 1 lit. b VSG).

 

4. § 35 VSG regelt das Verfahren der Anordnung des Unterrichts in einer Sonderschule: In einem ersten Schritt klärt der SPD den Anspruch auf Sonderschulung ab (vgl. § 49 Abs. 2 lit. b VSG). Das Departement ordnet die Sonderschulung auf Antrag des SPD an. Zuvor werden die kommunale Aufsichtsbehörde, die Schulleitung und die Eltern bzw. Erziehungsberechtigten angehört. Die Verfügung erfolgt in der Regel zeitlich befristet und mit dem Auftrag, die verfügte Massnahme vor Ablauf der Frist zu überprüfen.

 

5. Neben den gesetzlichen Bestimmungen besteht das Handbuch «kantonale Spezialangebote» aus dem Jahr 2020, das den kantonalen Umsetzungsrahmen der Sonderpädagogik im Kanton Solothurn beschreibt (nachfolgend: Leitfaden). Der Leitfaden zeigt die spezifischen verwaltungsinternen Abläufe, Verfahren und Zuständigkeiten auf und unterstützt dadurch die Zusammenarbeit der Beteiligten (vgl. Leitfaden S. 7). Er bildet die Grundlage für die kantonsweit rechtsgleiche Umsetzung der sonderpädagogischen Massnahmen. Auch wenn dem Leitfaden keine Gesetzeskraft zukommt, ist er doch einer Richtlinie gleichzusetzen. Solche sind nach konstanter Rechtsprechung des Bundesgerichts in der Regel Ausdruck des Wissens und der Erfahrung bewährter Fachstellen und in diesem Sinn beachtlich (BGE 118 lb 614 E. 4b S. 618; Urteil des Bundesgerichts 1A.51/2005 E. 2.3).

 

6. Gemäss Leitfaden werden Schülerinnen und Schüler mit Behinderung massiven Verhaltensauffälligkeiten im Rahmen der kantonalen Spezialangebote mit pädagogisch-therapeutischen, zeitlich befristeten Spezialangeboten sonderschulischen Angeboten gefördert (vgl. Leitfaden S. 8). Die sonderschulischen Angebote richten sich an Schülerinnen und Schüler mit Behinderung und umfassen die integrativen sonderpädagogischen Massnahmen (ISM) und den Unterricht in Sonderschulen (vgl. Leitfaden S. 8). Ziel einer integrativen sonderpädagogischen Massnahme ist die Teilhabe eines behinderten Kindes an der Regelschule zu unterstützen. Weiteres Ziel ist die Normalisierung und Einbindung in das Wohnortsleben (vgl. Leitfaden S. 23). Der Aufenthalt an einem sonderschulischen Angebot ist längerfristig vorgesehen. Die Massnahme wird mindestens einmal pro Lehrplanzyklus überprüft (vgl. Leitfaden S. 20). Dem Besuch eines sonderschulischen Angebots geht eine Abklärung durch den SPD voraus. Der SPD bespricht den Antrag für ein kantonales Spezialangebot mit den Erziehungsberechtigten. (vgl. Leitfaden S. 14).

 

7. Der integrative sonderpädagogische Unterricht umfasst maximal acht Lektionen pro Woche. Voraussetzung ist ein klar umschriebenes Behinderungsbild sowie gute Partizipationsfähigkeiten der Schülerin des Schülers. Umgesetzt wird die Massnahme so, dass die Schülerin der Schüler mit einer Behinderung den regulären Unterricht der Regelschule besucht. Die Fachperson des Fachzentrums ist zuständig für die förderdiagnostische Erfassung und Förderung der Schülerin des Schülers. Sie unterrichtet, fördert und unterstützt das Kind in enger Zusammenarbeit mit der jeweiligen Klassenlehrperson im Rahmen der zur Verfügung gestellten Ressourcen. Zudem berät sie die Regelschule und die Erziehungsberechtigten in behinderungsspezifischen und pädagogischen Fragen in Zusammenhang mit der Integration. Die Festlegung der Massnahmen liegt in der Kompetenz der regional zuständigen Organisation und stützt sich auf den Antrag des SPD. Sowohl die Art als auch die Anzahl Lektionen können durch das Fachzentrum während dem Schuljahr dem Bedarf angepasst werden (vgl. Leitfaden S. 23).

 

8. Bei sonderschulischen Angeboten werden die eingeleiteten Massnahmen jeweils vor Ablauf der Verfügungsdauer durch den SPD überprüft. Dazu stellt die beauftragte Organisation dem SPD eine vorgegebene Berichterstattung zu, der die eingegangenen Dokumente aufgrund der Erreichung der im Antrag auf ein kantonales Spezialangebot formulierten Bildungs- und Entwicklungsziele beurteilt. Im Rahmen des Überprüfungsprozesses stützt sich ein Antrag auf ein sonderschulisches Angebot auf die eingereichte Berichterstattung sowie auf allfällige ergänzende Berichte. Die Prüfung der Berichterstattung durch den SPD führt entweder zu einer Zustimmung, einer Ablehnung der vorgeschlagenen Massnahme einem Antrag auf Abschluss der eingeleiteten Massnahme, sofern die bisherige Massnahme ihr Ziel erreicht hat und beendet werden kann (vgl. Leitfaden S. 26).

 

9. Gemäss Antrag auf sonderpädagogische Massnahmen vom 1. Februar 2024 des SPD sei B.___ im Winter 2023 durch die Eltern und Lehrpersonen auf dem SPD angemeldet worden. Die Verhaltenssteuerung und Impulskontrolle würden ihm im Klassensetting Schwierigkeiten bereiten. Die Untersuchung durch den SPD im Winter 2023 habe eine Intelligenz unterhalb der Altersnorm, K-ABC II IQ 79, sequentiell 88, simultan 80, lernen 81, Planung 85 ergeben. Die zuvor im Frühling 2022 durchgeführte Untersuchung am ZKSK habe Verhaltensauffälligkeiten mit Konzentrationsschwierigkeiten und Ablenkbarkeit ergeben. Zur Funktionsfähigkeit wurde im Antrag unter anderem festgehalten, dass B.___ grosses Interesse an sozialen Interaktionen zeige und eine hohe Motivation habe seine Sache gut zu machen. Die Verhaltenssteuerung und Impulskontrolle im Klassensetting und offenen Situationen würden B.___ jedoch klare Schwierigkeiten bereiten. Ausserdem sei die Aufmerksamkeitsspanne kurz und er sei rasch abgelenkt, könne Eindrücke schwer filtern und gerate häufig in Situationen, in denen er reizüberflutet sei. Dann komme es zu Konflikten und Provokationen. Motorisch sei er jeweils sehr aktiv. B.___ benötige in diesen Situationen die Begleitung durch eine Bezugsperson, die ihm helfe, sich herunter zu regulieren. Er suche von sich aus häufig den Kontakt zu den Lehrpersonen. Die Vermittlung von Sicherheit und Ruhe helfe B.___, sich wieder auf seine Aufgaben zu fokussieren. Sein Selbstvertrauen scheine nicht hoch zu sein. Im professionellen Kontext würden die Lehrpersonen eine gute Lernmotivation beobachten, jedoch sei das Verhalten von B.___ im Klassensetting eine grosse, teilweise fast nicht bewältigbare Herausforderung. In offenen Unterrichtssituationen und im Unterricht in den Nebenfächern würde es B.___ sehr schwer fallen, sich zu fokussieren. Im Rahmen der speziellen Förderung könne B.___ die nötige Begleitung nicht gegeben werden. So würden viele Situationen entstehen, in denen B.___ mit negativen Rückmeldungen kurzfristigen Time-Outs konfrontiert sei. Dem Antrag des SPD zufolge wünschen sich die Eltern den Verbleib von B.___ in der Regelklasse und könnten nur einer integrativen Lösung zustimmen. Die Untersuchungsergebnisse und das weitere Vorgehen seien im Januar 2024 mit den Eltern und Lehrpersonen besprochen worden. Die Aufmerksamkeitsfokussierung und Verhaltenssteuerung würden B.___ grosse Schwierigkeiten bereiten und würden zu einer beeinträchtigten schulischen und sozialen Partizipation führen. B.___ benötige eine enge Begleitung und ein gut strukturiertes Unterrichtssetting. Verlässliche und stabile Beziehung zu seinen Bezugspersonen seien ebenfalls wichtige Gelingensbedingungen. B.___ grundsätzlich gute Lernbereitschaft und seine Fähigkeit, die Beziehung zu Erwachsenen zu suchen und von dieser Unterstützung zu profitieren, könnten als klare Ressourcen betrachtet werden. Im Einverständnis aller Beteiligten beantragte der SPD eine integrative sonderpädagogische Massnahme. Zur Reduktion von Stressoren und somit einer Verbesserung des Lernumfelds von B.___, wäre eine möglichst rasche Umsetzung der ISM sehr wichtig.

 

10.1 Der Beschwerdeführer macht in seiner Beschwerde unter anderem geltend, dass er als Vater nie der SPD einer Sondermassnahme zugestimmt habe. Gemäss Art. 304 Abs. 1 des Schweizerischen Zivilgesetzbuches (ZGB, SR 210) haben die Eltern von Gesetzes wegen die Vertretung des Kindes gegenüber Drittpersonen im Umfang der ihnen zustehenden elterlichen Sorge. Sind beide Eltern Inhaber der elterlichen Sorge, so dürfen gutgläubige Drittpersonen voraussetzen, dass jeder Elternteil im Einvernehmen mit dem andern handelt (Art. 304 Abs. 2 ZGB). Eine Alleinentscheidungskompetenz des jeweils betreuenden Elternteils ist grundsätzlich nur für alltägliche dringliche Angelegenheiten und wenn der andere Elternteil nicht mit vernünftigem Aufwand zu erreichen ist, vorgesehen (Art. 301 Abs. 1bis ZGB). Gutgläubige Dritte dürfen jedoch nach Art. 304 Abs. 2 ZGB davon ausgehen, dass ein allein handelnder Elternteil auch in nicht unter die Ausnahmebestimmung von Art. 301 Abs. 1bis ZGB fallenden Angelegenheiten im Einvernehmen mit dem andern handelt, d.h. es wird der gute Glaube an die Vertretungsmacht geschützt (Ingeborg Schwenzer/Michelle Cottier in: Thomas Geiser/Christiana Fountoulakis [Hrsg.], Basler Kommentar, Zivilgesetzbuch I, Basel 2022, Art. 304/305 ZGB N 11). Die Wirkungen der Vertretung treten auch ein, wenn der andere Elternteil nicht einverstanden ist (Peter Breitschmid in: Ruth Arnet/Peter Breitschmid/Alexandra Jungo [Hrsg.], CHK – Handkommentar zum Schweizer Privatrecht, Personen- und Familienrecht Art. 1-456 ZGB – Partnerschaftsgesetz, Zürich 2023, Art. 304 ZGB N 3).

 

10.2 Dem Antrag auf sonderpädagogische Massnahmen vom 1. Februar 2024 des SPD wurde die schriftliche Erklärung der Mutter vom 8. Februar 2024 angefügt, womit sie erklärte, den Antrag gelesen und verstanden zu haben sowie mit der Berichterstattung teilweise einverstanden zu sein. Damit ermächtigte sie den SPD, den Antrag und entsprechende Berichte und Unterlagen an das VSA zu übermitteln. Vorweg ist festzuhalten, dass die von der Mutter handschriftlich vorgenommene Anmerkung «teilweise» hinter der Erklärung, dass sie mit der Berichterstattung einverstanden sei, keinen Einfluss auf die Zustimmung zum Antrag hat. Mit der Anmerkung «teilweise» zum Einverständnis mit der Berichterstattung erklärte die Mutter lediglich, dass sie mit der Berichterstattung nur teilweise einverstanden sei. Ob es sich bei der Zustimmung zum Antrag auf sonderpädagogische Massnahmen in Form einer integrativen sonderpädagogischen Massnahme um eine alltägliche dringliche Angelegenheit handelt und ob der Vater mit vernünftigem Aufwand nicht zu erreichen war, kann offenbleiben. Denn gutgläubige Dritte dürfen davon ausgehen, dass ein allein handelnder Elternteil auch in den übrigen Angelegenheiten im Einvernehmen handelt. Aus den Akten ergeben sich keine Anzeichen, weshalb die Schulpsychologin nicht gutgläubig hätte sein sollen. Aufgrund dieser Zustimmung der Mutter zum Antrag des SPD konnte eine Anhörung der Eltern durch das Departement i.S.v. § 35 Abs. 3 VSG unterbleiben.

 

11. Im Übrigen wendet der Beschwerdeführer in seinen Eingaben zusammengefasst und im Wesentlichen ein, dass weder im Fussballverein FC [...], in der KITA [...], noch beim ZKSK es je ein Indiz dafür gegeben habe, dass sich sein Sohn auffällig anders verhalte als andere Kinder in seinem Alter. B.___ sei schulisch im oberen Mittelfeld. Seit Beginn der Schule im Sommer 2023 sei B.___ von der Hauptlehrerin anders behandelt worden als andere Kinder. So habe er sich über mehrere Monate vor dem Turnunterricht im Schulzimmer umziehen müssen und habe als einziger Schüler über mehrere Monate eine Trennwand im Unterricht gehabt. Zudem reichte der Beschwerdeführer Beweismittel ein, welche belegen sollen, dass es grosse Zweifel an den Tests des SPD gebe und B.___ keinerlei Probleme mit Konzentration und dem Schulstoff habe. Dem aktuellen Protokoll der ISM [...] vom 14. Mai 2024 zufolge werde B.___ als aufgestellt, fröhlich, freundlich, kreativ und kommunikativ wahrgenommen und könne altersgemäss für sich selbst sorgen. Das Problem sei nicht, dass B.___ sich gerne bewege, sondern dass er durch eine Trennwand beeinträchtigt werde und die Lehrerin akustisch nicht immer verstehe. Ausserdem sei es der Charakter seines Sohnes, dass er manchmal die Bestätigung kurz die Betreuung der Lehrerin benötige. Schliesslich reichte der Beschwerdeführer einen unabhängigen Bericht mit IQ-Test der [...] ein. Demzufolge sei B.___ ein gewöhnlicher, durchschnittlicher Junge, der einen durchschnittlichen Gesamtwert von 95%-Konfidenzintervall 91-102 habe.

 

12. Gemäss Protokoll des Triage-Gespräches zwischen der Schulpsychologin, der Lehrperson und der Schulleiterin vom 20. November 2023 störe B.___ den Unterricht, indem er in der Klasse laut sei und dauernd Geräusche mache. In offenen Situationen sei es sehr schwierig und auch in Einzelsituationen brauche er viel Begleitung. Im Rahmen des Triage Gesprächs zwischen den Eltern und der Schulpsychologin hätten die Eltern selbst eingeräumt, dass B.___ viel Aufmerksamkeit brauche und diese auch auf negative Art suche. Zudem würde man merken, dass B.___ seine Schwierigkeiten zunehmend realisiere. Vor rund zwei Jahren wurde B.___ dem ZKSK vom Kinderarzt aufgrund von Verhaltensauffälligkeiten im Kindergarten mit Unruhe und Konzentrationsschwierigkeiten zugewiesen. In der Folge wurde durch das ZKSK eine sozio-emotionale Reifungsverzögerung / ADHS diagnostiziert. Bereits im Kindergarten sei B.___ sehr hyperaktiv und schnell abgelenkt gewesen. In einer 1-1 Betreuung habe er jedoch schon damals sehr gute Leistungen erbracht.

 

13. B.___ erfüllt die Voraussetzungen für integrativen sonderpädagogischen Unterricht im Umfang von maximal acht Lektionen pro Woche. Gemäss Bedarfseinschätzung des SPD führen B.___ Schwierigkeiten bei der Aufmerksamkeitsfokussierung und der Verhaltenssteuerung zu einer beeinträchtigten schulischen und sozialen Partizipation. Er benötige eine enge Begleitung und ein gut strukturiertes Unterrichtssetting. Diese Unterstützung kann B.___ im Rahmen von integrativem sonderpädagogischem Unterricht geboten werden. So kann B.___ weiterhin den regulären Unterricht in der Regelschule besuchen, wird jedoch durch eine Fachperson des Fachzentrums während einer begrenzten Anzahl Lektionen unterstützt. So erhält B.___ eine enge Begleitung und zugleich kann B.___ gute Lernbereitschaft und seine Fähigkeit, die Beziehung zu Erwachsenen zu suchen optimal ausgenutzt werden. Dies wird durch das Protokoll Standortgespräch von B.___ von [...] vom 14. Mai 2024 bestätigt. Gemäss diesem Protokoll brauche B.___ im Unterricht viel Betreuung, da er sonst schnell abgelenkt sei und anderes mache. Er sei auf Hilfe angewiesen und möchte immer neben der Lehrperson arbeiten. Den Ausführungen der ISM-Lehrperson zufolge könne sich B.___ mit Unterstützung auf eine Aufgabe konzentrieren und seine Impulse kontrollieren. In der Selbständigkeit benötige B.___ somit eine enge Begleitung. Als Förderziel und Massnahmenvorschlag wurde u.a. vereinbart, dass B.___ konzentriert in Sequenzen von 10 Minuten an einer vorgegebenen Aufgabe arbeite. Zum vom Beschwerdeführer eingereichten Bericht zur IQ-Abklärung vom 14. Juni 2024 ist festzuhalten, dass B.___ in dieser Abklärung einen durchschnittlichen Gesamtwert von 96 (Prozentrang 39, 95%-Konfidenzintervall 91-102) erreicht habe. Dies bedeute, dass 39 % der gleich alten Kinder in der Vergleichsgruppe den gleichen einen tieferen Wert erreicht hatten und 61 % einen höheren Wert. Im Rahmen der Untersuchung durch den SPD im Winter 2023 wurde eine Intelligenz unterhalb der Altersnorm festgestellt. Demnach wurden in der Untersuchung durch den SPD als auch in der Untersuchung durch die [...] eine Intelligenz unterhalb der Altersnorm festgestellt, weshalb der neu vom Beschwerdeführer eingereichte Bericht zur IQ-Abklärung von B.___ nichts am Ergebnis der Untersuchung durch den SPD zu ändern vermag. Der Anspruch auf Unterricht nach den geistigen, seelischen und körperlichen Fähigkeiten eines jeden Schülers ist verfassungsmässiger Natur (vgl. Art. 104 Abs. 2 KV). Die genannten Abklärungen und Berichte zeigen, dass B.___ dieser Anspruch mittels integrativer sonderpädagogischer Massnahme geboten werden kann. Den Schwierigkeiten von B.___ im Rahmen der Aufmerksamkeitsfokussierung und Verhaltenssteuerung kann durch die integrative sonderpädagogische Massnahme angemessen Abhilfe geschaffen werden. Durch die zeitweise 1-1 Betreuung kommt man B.___ Bedürfnissen nach, wodurch er profitieren kann. Ferner ist zu berücksichtigen, dass B.___ bereits Gelegenheit geboten wurde, seine Defizite aufzuarbeiten, indem ihm eine Verlangsamung im Kindergarten, Psychomotorik am ZKSK sowie die Förderstufe A gewährt wurden. Es ist das Recht von B.___, Anspruch auf eine angemessene Bildung zu haben, seinen Eigenschaften und Leistungsmöglichkeiten entsprechend Unterstützung zu erhalten und gefördert zu werden. Die Eltern haben demgegenüber die Pflicht, das Kindswohl zu achten und die Schulpflicht von B.___ zu erfüllen. Gemäss der Meinung von Fachleuten des SPD sowie der Primarschule kann eine angemessene Bildung für B.___ durch eine integrative sonderpädagogische Massnahme gewährleistet werden. Dieser Meinung ist gemäss vorstehenden Erwägungen zuzustimmen.

 

14.1 Gemäss Art. 5 Abs. 2 der Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft (BV, SR 101) muss im Übrigen alles staatliche Handeln verhältnismässig sein. Der Grundsatz der Verhältnismässigkeit fordert, dass Verwaltungsmassnahmen zur Verwirklichung des im öffentlichen Interesse liegenden Ziels geeignet und notwendig sind. Ausserdem muss der angestrebte Zweck in einem vernünftigen Verhältnis zu den Belastungen stehen, die den Privaten auferlegt werden (Ulrich Häfelin/Georg Müller/Felix Uhlmann, Allgemeines Verwaltungsrecht, Zürich/St. Gallen 2020, N 514 mit Verweis auf BGE 145 II 70 E. 3.5). Adressaten des Verhältnismässigkeitsprinzips sind alle staatlichen Organe bzw. alle Träger öffentlicher Aufgaben, folglich auch die Vorinstanz (Häfelin/Müller/Uhlmann, a.a.O., N 514).

 

14.2 Der Unterricht muss für die einzelnen Schulkinder angemessen und geeignet sein und genügen, um sie angemessen auf ein selbstverantwortliches Leben im modernen Alltag vorzubereiten (BGE 138 I 162 E. 3.1 S. 164, 133 I 156 E. 3.1 S. 158; vgl. auch Art. 20 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die Beseitigung von Benachteiligungen von Menschen mit Behinderungen [BehiG, SR 151.3]). Wird die Ausbildung der Kinder und Jugendlichen in einem Mass eingeschränkt, welches die Chancengleichheit nicht mehr wahrt, bzw. erhalten sie Lehrinhalte nicht vermittelt, die in der hiesigen Wertordnung als unverzichtbar gelten, ist der Anspruch auf unentgeltlichen Grundschulunterricht verletzt (BGE 130 I 352 E. 3.2 S. 354 mit Hinweisen). Der verfassungsrechtliche Anspruch umfasst insofern nur ein angemessenes, erfahrungsgemäss ausreichendes Bildungsangebot an öffentlichen Schulen. Ein darüberhinausgehendes Mass an individueller Betreuung, das theoretisch immer möglich wäre, kann mit Rücksicht auf das staatliche Leistungsvermögen nicht gefordert werden (BGE 141 I 9 E. 3.3 S. 13 mit Hinweisen).

 

14.3 Die vom DBK angeordnete Massnahme der integrativen sonderpädagogischen Massnahme, die auf Empfehlungen von Fachpersonen beruht, kann als geeignet, erforderlich und zumutbar eingestuft werden. Dies insbesondere unter Berücksichtigung, dass es sich bei der sonderpädagogischen Massnahme mit Besuch des regulären Unterrichts in der Regelschule um eine sehr wenig einschneidende Massnahme im Rahmen der sonderschulischen Angebote handelt. Auch wenn der Beschwerdeführer die Unterstützungsbedürftigkeit von B.___ abstreitet und die Fehler bei der Schule sucht, ist durch verschiedene Abklärungen und Untersuchungen erstellt, dass B.___ Defizite hat und mit dem Schulbesuch in der Regelschule ohne integrative sonderpädagogische Massnahme an seine Grenzen stösst. Mit der integrativen sonderpädagogischen Massnahme ist er besser betreut und kann sich entsprechend seinen Fähigkeiten entwickeln.

 

15. Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet, sie ist abzuweisen. Bei diesem Ausgang hat der Beschwerdeführer die Kosten des Verfahrens vor Verwaltungsgericht zu bezahlen, die einschliesslich der Entscheidgebühr auf CHF 800.00 festzusetzen sind.

Demnach wird erkannt:

1.    Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.    A.___ hat die Kosten des Verfahrens vor Verwaltungsgericht von CHF 800.00 zu bezahlen.

 

 

Rechtsmittel: Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen seit Eröffnung des begründeten Urteils beim Bundesgericht Beschwerde in öffentlichrechtlichen Angelegenheiten eingereicht werden (Adresse: 1000 Lausanne 14). Die Frist wird durch rechtzeitige Aufgabe bei der Schweizerischen Post gewahrt. Die Frist ist nicht erstreckbar. Die Beschwerdeschrift hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift des Beschwerdeführers seines Vertreters zu enthalten. Für die weiteren Voraussetzungen sind die Bestimmungen des Bundesgerichtsgesetzes massgeblich.

 

Im Namen des Verwaltungsgerichts

 

Der Präsident                                                                    Die Gerichtsschreiberin

 

 

Thomann                                                                          Zimmermann

 

 



 
Quelle: https://gerichtsentscheide.so.ch/
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