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Urteil Verwaltungsgericht (SO)

Kopfdaten
Kanton:SO
Fallnummer:VWBES.2019.77
Instanz:Verwaltungsgericht
Abteilung:-
Verwaltungsgericht Entscheid VWBES.2019.77 vom 15.07.2019 (SO)
Datum:15.07.2019
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Vorbereitungsverfahren zur Eheschliessung
Schlagwörter: Beschwerde; Beschwerdeführer; Zivilstand; Person; Identität; Reisepass; Schweiz; Personen; Dokument; Zivilstandsamt; Recht; Recht; Personenstand; Dokumente; Aufenthalt; Verwaltungsgericht; Reisepasses; Entscheid; Vorinstanz; Beschwerdeführers; Vorbereitung; Ehevorbereitung; Guinea; Schweizer; Urteil; Ehevorbereitungsverfahren; Guineische; Ständig; Daten; Verlobte
Rechtsnorm: Art. 123 ZPO ; Art. 41 ZGB ; Art. 9 ZGB ; Art. 98 ZGB ; Art. 99 ZGB ;
Referenz BGE:-
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:-
Entscheid
Urteil vom 15. Juli 2019

Es wirken mit:

Vizepräsident Stöckli

Oberrichter Müller

Oberrichter Frey

Gerichtsschreiberin Kaufmann

In Sachen

1. A.___

2. B.___

Beschwerdeführer

gegen

1. Volkswirtschaftsdepartement,

2. Zivilstandsamt Kreis Solothurn,

Beschwerdegegner

betreffend Vorbereitungsverfahren zur Eheschliessung


zieht das Verwaltungsgericht in Erwägung:

I.

1. Mit Schreiben vom 25. Mai 2018 teilte die Leiterin des Zivilstandsamts Solothurn A.___ und B.___ mit, dass auf ihr Gesuch um Durchführung des Ehevorbereitungsverfahrens nicht eingetreten werden könne, bzw. dieses abgewiesen werde, soweit darauf eingegangen worden sei. Dies, weil die Identität von B.___ nicht nachgewiesen sei. Dessen Reisepass habe sich als Fälschung erwiesen.

2. Ein dagegen verfasstes Schreiben von A.___ und B.___ vom 1. Juni 2018 wurde durch das Volkswirtschaftsdepartement (VWD) als Beschwerde entgegengenommen und mit Entscheid vom 14. Februar 2019 abgewiesen.

3. A.___ und B.___ (nachfolgend Beschwerdeführer genannt) erhoben dagegen am 21. Februar 2019 Beschwerde an das Verwaltungsgericht und beantragten sinngemäss, das Ehevorbereitungsverfahren weiterzuführen, damit B.___ bei seiner Partnerin und dem gemeinsamen acht Monate alten Sohn bleiben könne. Zur Begründung wurde sinngemäss vorgebracht, B.___ wolle seine Identität anhand von anderen Dokumenten beweisen. Seine Fingerabdrücke seien im zentralen Visainformationssystem verfügbar und somit sei er als Mensch im Schengenraum erfasst. Die Probleme mit den Behörden seien einzig auf seinen Aufenthaltstitel zurückzuführen, nicht aber auf delinquentes Verhalten. Guinea stelle keine hochwertigen Personenstandsurkunden aus. Seine weiteren Dokumente, die er noch einmal in Kopie einreiche, seien vom kriminaltechnischen Dienst auch überprüft, aber nicht eingezogen worden. Nur der Pass sei eingezogen worden. Er habe diese Dokumente rechtmässig erworben. Die Passbeschaffung sei leider in der guineischen Botschaft europaweit nicht möglich, was ihm durch die Botschaft in Genf bestätigt worden sei. Er frage sich, ob es ihm wirklich zuzumuten sei, in das Land, aus welchem er geflüchtet sei, zurückzukehren, um einen Reisepass zu erlangen. Falls ihm ein Dokument ausgestellt werde, das ihm zusichere, danach wieder in die Schweiz einreisen zu können, sei er willig, dies auf sich zu nehmen. Das Migrationsamt könne ihm aber diese Garantie nicht geben. Er habe sich stets bemüht, die nötigen Dokumente zu erlangen und sei ständig mit den Behörden in Kontakt geblieben. Er bitte um Identitätsfeststellung oder um Hilfe, um ein Visum zur Beschaffung seiner Reisedokumente zu erhalten.

4. Das Zivilstandsamt Solothurn verwies mit Stellungnahme vom 18. März 2019 vollumfänglich auf sein Schreiben vom 25. Mai 2018 und auf den Beschwerdeentscheid des Departements.

5. Das Volkswirtschaftsdepartement beantragte mit Stellungnahme vom 3. April 2019, auf die Beschwerde sei nicht einzutreten bzw. sie sei unter Kostenfolge abzuweisen, soweit darauf überhaupt eingetreten werde. Dazu wurde ausgeführt, der Beschwerdeführer habe vor dem Verwaltungsgericht neue Dokumente eingereicht, die im bisherigen Verfahren nicht vorgelegen hätten. Es sei aber der falsche Weg, wenn nun quasi im Beschwerdeverfahren das Vorbereitungsverfahren für die Eheschliessung durchgeführt werde. Der Beschwerdeführer könne jederzeit mit korrekten Dokumenten das Eheschliessungsverfahren auf dem Zivilstandsamt anstrengen. Dabei lege die Schweizer Behörde fest, welche Dokumente geeignet seien, die Identität nachzuweisen. Die mit Datum vom 18. Februar 2019 ausgestellte Carde dIdentite Consulaire gelte zudem nicht als anerkanntes, qualifiziertes Identitätsdokument im zivilstandsamtlichen Beurkundungsverfahren. Dieses Papier sei bei weitem nicht fälschungssicher. Der Beschwerdeführer solle nun vielmehr mit Hilfe seiner Heimatvertretung nach Guinea reisen, um sich vor Ort ordnungsgemäss einen Reisepass ausstellen zu lassen und die notwendigen Zivilstandsurkunden zu beschaffen. Er müsste dann seine Dokumente über die Schweizer Botschaft in Côte dIvoire übermitteln lassen, während seine Partnerin ihre Unterlagen beim Zivilstandsamt einzureichen hätte. Bei Erfüllung der Voraussetzungen könnten die Beschwerdeführer dann heiraten bzw. erhielte der Beschwerdeführer von der Migrationsbehörde eine Aufenthaltsgenehmigung zwecks Heirat und könnte in die Schweiz einreisen.

II.

1. Die Beschwerde ist fristund formgerecht erhoben worden. Sie ist zulässiges Rechtsmittel und das Verwaltungsgericht zur Beurteilung zuständig (vgl. § 19 Abs. 2 der Verordnung über den Zivilstandsdienst [VZD; BGS 212.11] i.V.m. § 49 Gerichtsorganisationsgesetz, GO, BGS 125.12). A.___ und B.___ sind durch den angefochtenen Entscheid beschwert, weil ihnen damit die Einleitung des Ehevorbereitungsverfahrens versagt wurde. Somit sind sie zur Beschwerde legitimiert. Auf die Beschwerde ist einzutreten.

2. Umstritten ist, ob das Zivilstandsamt darauf beharren darf, vom Beschwerdeführer vor der Einleitung des Ehevorbereitungsverfahrens einen Reisepass zur Klärung seiner Identität zu verlangen.

2.1 Wie das Verwaltungsgericht bereits in SOG 2014 Nr. 1 festgehalten hat, ist zunächst festzuhalten, dass die Rechte der Beschwerdeführer, eine Ehe einzugehen und eine Familie zu gründen, schon deshalb nicht verletzt sind, weil erst das Vorbereitungsverfahren zur Eheschliessung nach Art. 97 ff. des Schweizerischen Zivilgesetzbuches (ZGB, SR 210) eingeleitet wurde. Mit dem angefochtenen Entscheid wird den Beschwerdeführern nicht grundsätzlich verwehrt, eine Ehe einzugehen. Vielmehr wird B.___ aufgefordert, den im Ehevorbereitungsverfahren zwingenden Identitätsnachweis beizubringen. Gegenstand des angefochtenen Entscheids bildet die zusätzliche Einforderung des Reisepasses zwecks Identitätsfeststellung im Rahmen dieses Vorbereitungsverfahrens; ein formeller Entscheid über den Registereintrag liegt noch gar nicht vor. Der Entscheid des VWD verletzt schon deswegen die Grundrechte der Beschwerdeführer auf Ehe und Familie nicht.

2.2 Selbst wenn aber das Grundrecht, eine Ehe einzugehen und eine Familie zu gründen, tangiert wäre, wäre ein solcher Eingriff zulässig, wenn er auf einer gesetzlichen Grundlage beruht, im öffentlichen Interesse und verhältnismässig ist (Art. 36 Bundesverfassung, BV, SR 101). Wie nachfolgend aufzuzeigen ist, liegen diese Voraussetzungen vor.

3.1 Zur Vorbereitung der Eheschliessung stellen die Verlobten das Gesuch um Durchführung des Ehevorbereitungsverfahrens beim Zivilstandsamt des Wohnortes der Braut oder des Bräutigams (Art. 98 Abs. 1 ZGB). Sie müssen persönlich erscheinen. Falls sie nachweisen, dass dies für sie offensichtlich unzumutbar ist, wird die schriftliche Durchführung des Vorbereitungsverfahrens bewilligt (Art. 98 Abs. 2 ZGB). Sie haben ihre Personalien mittels Dokumenten zu belegen und beim Zivilstandsamt persönlich zu erklären, dass sie die Ehevoraussetzungen erfüllen; sie legen die nötigen Zustimmungen vor (Art. 98 Abs. 3 ZGB). Verlobte, die nicht Schweizerbürgerinnen oder Schweizerbürger sind, müssen während des Vorbereitungsverfahrens ihren rechtmässigen Aufenthalt in der Schweiz nachweisen (Art. 98 Abs. 4 ZGB).

3.2 Bezüglich der Rechtsmässigkeit des Aufenthalts des Beschwerdeführers in der Schweiz ist zu erwähnen, dass dieser am 7. Dezember 2015 als unbegleiteter Minderjähriger in die Schweiz eingereist ist und um Asyl ersucht hat. Das Staatssekretariat für Migration (SEM) hat mit Entscheid vom 21. Februar 2017 festgestellt, dass der Beschwerdeführer die Flüchtlingseigenschaft nicht erfüllt und hat sein Asylgesuch abgewiesen. Eine dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht am 28. März 2017 ab. Es beurteilte den Wegwei­sungsentscheid der Vorinstanz als zulässig, zumutbar und möglich und zog auch eine Anordnung der vorläufigen Aufnahme nicht in Betracht. Das kantonale Migrationsamt gestattete dem Beschwerdeführer jedoch am 1. März 2018 auf entsprechendes Ersuchen den Aufenthalt für drei Monate bis zum 31. Mai 2018 zwecks Ehevorbereitung und Trauung. Sollte die Heirat aus irgendeinem Grund jedoch nicht zustande kommen, müsse der Beschwerdeführer die Schweiz unverzüglich verlassen. Der Beschwer­deführer begründet somit zurzeit keinen rechtmässigen Aufenthalt in der Schweiz.

4.1 Art. 99 ZGB legt weiter fest, was das Zivilstandsamt alles zu prüfen hat. U.a. hat es wie bei der Vorbereitung jeder anderen Beurkundung abzuklären, ob seine Zuständigkeit gegeben ist, die Identität der Verlobten nachgewiesen ist (Art. 99 Abs. 1 Ziff. 2 ZGB) und diese handlungsfähig sind, und ob die im System abrufbaren Daten und die zu beurkundenden Angaben richtig, vollständig und auf dem neusten Stand sind (siehe auch Art. 66 Abs. 1 der Zivilstandsverordnung [ZStV; SR 211.112.2] i.V.m. Art. 16 Abs. 1 ZStV). Auf das Gesuch um Durchführung des Vorbereitungsverfahrens ist nicht einzutreten, solange die Identität der oder des Verlobten nicht feststeht (Michel Montini/Cora Graf-Gaiser in: Thomas Geiser/Christiana Fountoulakis [Hrsg.], Basler Kommentar, Zivilgesetzbuch I, 6. Auflage, Basel 2018, Art. 99 ZGB N 1 mit Hinweis).

4.2 Richtigkeit und Vollständigkeit der beurkundeten Daten bilden im Sinne der Registerwahrheit den wichtigsten Grundsatz im zivilstandsamtlichen Beurkundungswesen (siehe auch Weisung Nr. 10.06.09.01 vom 1. September 2006 [Stand: 1. Januar 2011] des Eidgenössischen Amtes für Zivilstandswesen Ziff. 1.2). Sofern die Personenstandsdaten der betroffenen Person im Personenstandsregister nicht abrufbar sind, hat diese alle zu ihrer Aufnahme ins Personenstandsregister notwendigen Dokumente beizubringen. Zu diesem Zweck hat sie einen Ausweis über den aktuellen Wohnsitz und Dokumente betreffend Geburt, Geschlecht, Namen, Abstammung, Zivilstand und Staatsangehörigkeit beizubringen. Ausländische Verlobte haben zusätzlich ein Dokument zum Nachweis der Rechtmässigkeit ihres Aufenthaltes in der Schweiz bis zum voraussichtlichen Zeitpunkt der Trauung beizulegen (vgl. Art. 64 ZStV).

4.3 Zwar ist den Beschwerdeführern zuzugestehen, dass sich weder im Gesetz noch in der Verordnung eine genaue Definition des Identitätsnachweises findet. Indes ist es aber den Vorinstanzen nicht vorzuwerfen, wenn sie auf der Vorlegung eines Reisepasses beharren (vgl. SOG 2014 Nr. 1). Art. 99 ZGB und Art. 16 Abs. 1 lit. b ZStV statuieren die (zweifelsfreie) Identitätsfeststellung als Voraussetzung für die Aufnahme in das Personenstandsregister und bilden damit eine genügende gesetzliche Grundlage für die Einforderung eines Reisepasses (so auch das Kantonsgericht Graubünden im Urteil ZF 08 64 vom 10. November 2008, E. 2b/aa). Nachdem der Beschwerdeführer einen gefälschten Reisepass eingereicht hat und auch bei weiteren Dokumenten das Geburtsjahr überschrieben wurde, bestehen berechtigte Zweifel an der Richtigkeit der vorgelegten Angaben.

4.4 Im angefochtenen Entscheid zieht die Vorinstanz in Erwägung, dass zwar neben dem Reisepass zunehmend auch andere von staatlichen Behörden ausgestellte Identitätspapiere zum Nachweis der eigenen Identität anerkannt würden. Darunter seien grundsätzlich ausländische Personalausweise analog zur schweizerischen Identitätskarte im Kreditkartenformat zu zählen, welche mit einem amtlich eingescannten Lichtbildnachweis versehen seien, in lateinischer Schrift bzw. mehrsprachig ausgestellt würden, die elektronische Signatur des Inhabers und einen Mindeststandard an Sicherheitsmerkmalen aufweisen würden. Das VWD legt aber in nachvollziehbarer Weise dar, warum es demgegenüber nicht auf die eingereichten Papiere vertraut:

4.4.1 Beim vom Beschwerdeführer eingereichten guineischen Reisepass handelt es sich um eine Fälschung, die vom kriminaltechnischen Dienst eingezogen worden ist. Der Beschwerdeführer bestreitet auch gar nicht, dass es sich um ein gefälschtes Dokument handelt. Mit diesem lässt sich die Identität deshalb sicher nicht belegen.

4.4.2 Weiter hat der Beschwerdeführer eine Kopie des Ausweises für Asylsuchende eingereicht. Diesbezüglich hält die Vorinstanz zu Recht fest, dass laut Art. 12 der Verordnung über die Ausstellung von Reisedokumenten für ausländische Personen (RDV, SR 143.5) mit fremdenpolizeilichen Ausweisen weder die Identität noch die Staatsangehörigkeit der ausländischen Person nachgewiesen werden kann. Dies, weil im Asylverfahren mit jenen Angaben gearbeitet wird, die der Gesuchsteller präsentiert. Gemäss der sich im Dossier befindenden Asylakten hat der Beschwerdeführer dabei weder heimatliche Ausweispapiere noch Personenstandsurkunden beigebracht.

4.4.3 Zudem hat der Beschwerdeführer beim Zivilstandsamt Personenstandsurkunden eingereicht, und zwar einen guineischen Feststellungsentscheid (Jugement No [ ] vom 26. Oktober 2017) zusammen mit einem Geburtsregisterauszug (Extrait du registre de letat-civil [Naissance]) ebenfalls vom 26. Oktober 2017 und einen guineischen Zivilstandsnachweis (Certificat de celibat) auch vom 26. Oktober 2017. Auf all diesen Urkunden wurde das Geburtsjahr von 2001 auf 2000 abgeändert, was durch die Urkundsperson nicht verifiziert wurde. Wie die Vorinstanz richtig ausgeführt hat, verlieren die Urkunden bereits dadurch ihre Beweiskraft, da Zweifel an ihrem Inhalt besteht. Zudem weisen sie aber auch keine personenidentifizierbaren Inhalte wie ein Lichtbild, eine Unterschrift oder biometrische Daten auf und sind auch deshalb zur Identifizierung einer Person nicht geeignet.

4.5.1 Im Verfahren vor Verwaltungsgericht hat der Beschwerdeführer nun einen neuen Geburtsregisterauszug vom 15. Oktober 2018 mit entsprechendem Feststellungsentscheid vom selben Datum ohne ersichtliche Abänderungen eingereicht. Wie bereits erwähnt, kann aber dieses Dokument mangels personenidentifizierbaren Inhalten keinen Beweis für die Identifizierung abgeben.

4.5.2 Weiter hat der Beschwerdeführer eine Kopie einer Carte dIdentite Consulaire eingereicht, welche am 18. Februar 2019 durch die guineische Botschaft in Genf ausgestellt worden ist. Diese Identitätskarte enthält zwar als Identifizierungselement ein Lichtbild. Sie enthält jedoch (bis auf einen Stempel) keinerlei Sicherheitsmerkmale, ist handschriftlich beschriftet und damit bei weitem nicht fälschungssicher. Der Beschwerdeführer hat sie zudem nicht unterzeichnet. Sie ist nicht geeignet, um die Identität des Beschwerdeführers zu beweisen, wie auch die Vorinstanz in ihrer Vernehmlassung ausführt.

4.5.3 Auch durch den Umstand, dass die Fingerabdrücke des Beschwerdeführers im Schengen-Raum erfasst seien, indem diese in das zentrale Visa-Informationssystem aufgenommen worden seien, wie der Beschwerdeführer vorbringt, lässt sich seine Identität nicht belegen. Nachdem das Visa-Informationssystem (VIS) mit Beschluss der Europäischen Kommission vom 7. März 2013 auch in Guinea in Betrieb genommen worden ist, ist zwar grundsätzlich glaubhaft, dass die Fingerabdrücke des Beschwerdeführers in diesem System erfasst sind. Diese lassen sich jedoch im vorliegenden Verfahren nicht abfragen und seine Identität dadurch nicht feststellen. Art. 109a des Bundesgesetzes über die Ausländerinnen und Ausländer und über die Integration (AIG, SR 142.20) legt genau fest, welche Behörden Zugriff auf dieses System haben, und es wird auch festgelegt, zu welchem Zweck die Daten abgefragt werden dürfen. Abfragen dürfen im Wesentlichen nur für die Abklärung der Legalität des Aufenthalts einer Person erfolgen, also im Visumsoder Asylverfahren oder durch die Grenzwachund die Polizeibehörden. Weitere in Abs. 3 der Bestimmung genannte Behörden dürfen über die zentrale Zugangsstelle Daten abfragen zur Verhütung, Aufdeckung oder Ermittlung terroristischer oder sonstiger schwerer Straftaten. Zur Identitätsfeststellung im Ehevorbereitungsverfahren ist der Zugriff auf das VIS jedoch nicht erlaubt.

4.6 In einem ersten Zwischenschritt ist somit festzuhalten, dass mit Art. 99 ZGB und Art. 16 ZStV eine gesetzliche Grundlage für das Vorgehen der Zivilstandsbehörden besteht und deren Beharren auf der Einreichung eines Reisepasses grundsätzlich nicht zu beanstanden ist.

5. Zudem liegt das Verlangen des Reisepasses im öffentlichen Interesse. Wie das Kantonsgericht Graubünden im Urteil ZF 08 64 vom 10. November 2008 in E. 2b/bb festgehalten hat, knüpft die Rechtsordnung an die persönlichen Attribute eines Menschen wie Name, Geschlecht, Alter, Abstammung und familiäre Verhältnisse sowohl im Privatwie im öffentlichen Recht verschiedene Rechtsfolgen an. Aufgrund der Bedeutung, die dem Personenstand für den Einzelnen und für die Gemeinschaft zukomme, dränge sich eine systematische Erfassung dieser Angaben in einem Register dem Zivilstandsregister auf. Und wie in E. 4.2 hiervor aufgezeigt, ist die Richtigkeit und Vollständigkeit des Zivilstandsregisters als öffentliches Register im Sinn von Art. 9 ZGB von grosser Bedeutung, erlangen doch die darin enthaltenen Daten eine erhöhte Beweiskraft (vgl. Vlavio Lardelli/Meinrad Vetter, a.a.O., N 3 zu Art. 9). Öffentliche Register bezwecken die Publizität von Tatsachen und Rechtsverhältnissen (vgl. Lardelli/Vetter, a.a.O., N 9 zu Art. 9). Entsprechend muss sich der Zivilstandsbeamte auch von der Richtigkeit dieser «Tatsachen», eben der Identität der Brautleute, überzeugen. Der Reisepass ist geeignet, die vorliegenden Unklarheiten auszuräumen und die Frage nach der Identität des Beschwerdeführers zu klären.

Demzufolge muss in einem zweiten Zwischenergebnis auch das überwiegende öffent­liche Interesse an der Beibringung eines Reisepasses zur Erhebung der massgeblichen Personendaten bejaht werden.

6. Schliesslich stellt sich die Frage, ob das Einverlangen des Reisepasses verhältnismässig ist.

6.1 Dass der Reisepass aufgrund der international geltenden Sicherheitsstandards geeignet ist, die Identität des Beschwerdeführers zu belegen, wurde bereits aufgezeigt. Da die persönlichen Angaben des Beschwerdeführers anhand der vorgelegten guineischen Papiere nicht zweifelsfrei überprüft werden können, erweist sich die zusätzliche Vorlage eines Passes auch als erforderlich.

6.2 Die Forderung des Zivilstandsamts um Beschaffung eines Reisepasses ist überdies zumutbar. Der Beschwerdeführer gilt nicht als Schriftenloser im Sinn von Art. 10 RDV. Gemäss Art. 10 Abs. 3 RDV kann die Kontaktnahme mit den zuständigen Behörden des Heimatoder Herkunftsstaates namentlich von schutzbedürftigen und asylsuchenden Personen nicht verlangt werden. Diese Definition trifft auf den Beschwerdeführer nicht zu, sein Asylgesuch wurde im März 2017 rechtskräftig abgewiesen. Das Bundesverwaltungsgericht hat dabei festgehalten, in Guinea herrsche zurzeit weder Krieg oder Bürgerkrieg, noch liege eine Situation allgemeiner Gewalt vor, aufgrund derer die Bevölkerung als konkret gefährdet bezeichnet werden müsste. Entsprechendes wiederholte das Bundesverwaltungsgericht auch in einem gerade erst kürzlich ergangenen Urteil vom 19. Juni 2019 (D-2777/2019, E. 8.3.2). Die Sicherheitslage im Heimatland des Beschwerdeführers ist somit nicht derart schlimm, dass ihm nicht zugemutet werden könnte, dorthin zu reisen, um sich einen Reisepass zu besorgen.

Dies ist notwendig, da die europäischen Botschaften von Guinea keine Reisepässe ausstellen, wie der Beschwerdeführer auch mit Einreichung einer entsprechenden Bestätigung belegt hat. Wie die Vorinstanz aufgezeigt hat, kann aber die Heimatvertretung dem Beschwerdeführer behilflich sein, um mit seiner Carte dIdentite nach Guinea zu reisen, um sich vor Ort ordnungsgemäss einen Reisepass ausstellen zu lassen und die notwendigen Zivilstandsurkunden zu beschaffen. Danach empfehle es sich mit der für Guinea zuständigen Schweizer Botschaft in Côte dIvoire in Verbindung zu treten, da die Schweiz in Guinea keine Vertretung unterhalte. Diese könne die Unterlagen entgegennehmen, beglaubigen und übersetzen. Auch die Erklärung für die Eheschliessung könne dort abgegeben werden. Diese Unterlagen würden dann in die Schweiz übermittelt und die Beschwerdeführerin ihrerseits aufgeboten, ihre Unterlagen beim Zivilstandsamt zu hinterlegen und die Erklärung zwecks Heirat abzugeben. Nach der Prüfung durch die Aufsichtsbehörde im Zivilstandswesen und bei Erfüllen der Voraussetzungen könnten die Beschwerdeführer heiraten; das hiesse, der Beschwerdeführer erhielte von der Migrationsbehörde eine Aufenthaltsgenehmigung zwecks Heirat und könnte dann selbstredend in die Schweiz einreisen. Dass der Beschwerdeführer bereits entsprechende Bemühungen unternommen hätte und diese erfolglos geblieben wären, hat er nicht aufgezeigt. Sofern er fürchtet, nach seiner Ausreise nicht mehr in die Schweiz einreisen zu können, sind diese Bedenken zwar nachvollziehbar und verständlich, doch ist festzuhalten, dass der Beschwerdeführer gar keine Aufenthaltsberechtigung in der Schweiz hat, sondern sich illegal im Land aufhält und ohnehin wird ausreisen müssen.

6.3 Den Beschwerdeführer trifft im Verfahren vor dem Zivilstandsamt trotz der Untersuchungsmaxime eine Mitwirkungspflicht. Es obliegt ihm, die notwendigen Papiere beizubringen. Gemäss Art. 64 Abs. 1 lit. a ZStV legen die Verlobten dem Gesuch Dokumente über Geburt, Geschlecht, Namen, Abstammung, Zivilstand (Verlobte, die verheiratet gewesen sind oder in eingetragener Partnerschaft gelebt haben: Datum der Eheauflösung oder der Auflösung der eingetragenen Partnerschaft) sowie Heimatorte und Staatsangehörigkeit bei, wenn die Angaben über den aktuellen Personenstand im System noch nicht beurkundet worden sind oder wenn die abrufbaren Daten nicht richtig, nicht vollständig oder nicht auf dem neusten Stand sind. Und laut Art. 16 Abs. 5 ZStV informiert und berät die Zivilstandsbehörde die betroffenen Personen, veranlasst nötigenfalls zusätzliche Abklärungen und kann verlangen, dass die Beteiligten dabei mitwirken. Art. 17 Abs. 1 ZStV nennt zudem in lit. a die «zur Mitwirkung verpflichtete Person». Auch insoweit war die Forderung des Zivilstandsamts nach Beibringung eines Reisepasses also gerechtfertigt.

7. Zusammenfassend ergibt sich, dass die Vorinstanzen ihre Forderung nach einem guineischen Reisepass auf eine gesetzliche Grundlage stützen können. Das Beharren auf einem Pass ist im Sinn der Registerwahrheit im öffentlichen Interesse und verhältnismässig.

8. Solange die Zivilstandsbehörde die Identität der Brautleute nicht zweifelsfrei erheben kann, ist sie nicht gehalten, auf das Gesuch um Ehevorbereitung einzutreten, dies erst recht nicht, wenn gefälschte Reisedokumente eingereicht wurden. Das Vorgehen des Zivilstandsamts Solothurn entspricht Art. 67 Abs. 3 ZStV, wonach das Zivilstandsamt die Trauung verweigert, wenn die Ehevoraussetzungen nicht erfüllt sind oder erhebliche Zweifel bestehen bleiben.

9. Der vom Beschwerdeführer angerufene Art. 41 ZGB ist vorliegend nicht anwendbar. Nach Art. 17 Abs. 1 ZStV, welcher Art. 41 ZGB umsetzt, kann die Aufsichtsbehörde im Einzelfall den Nachweis von Angaben über den Personenstand durch Abgabe einer Erklärung vor der Zivilstandsbeamtin oder dem Zivilstandsbeamten unter folgenden Voraussetzungen bewilligen: Die zur Mitwirkung verpflichtete Person weist nach, dass es ihr nach hinreichenden Bemühungen unmöglich oder unzumutbar ist, die entsprechenden Urkunden zu beschaffen (lit. a); und die Angaben sind nach den zur Verfügung stehenden Unterlagen und Informationen nicht streitig (lit. b). Erklärt sich die Aufsichtsbehörde für unzuständig, so erlässt sie eine formelle Verfügung und fordert die betroffene Person auf, zur Feststellung des Personenstandes das zuständige Gericht anzurufen (Art. 17 Abs. 3 ZStV). Wenn der Tatbestand von Art. 41 Abs. 1 ZGB vorliegt (die Angaben über den Personenstand sind durch Urkunden zu belegen und es erweist sich nach hinreichenden Bemühungen als unmöglich oder unzumutbar, die Urkunden zu beschaffen), die zu belegenden Angaben aber streitig sind, erlässt die Aufsichtsbehörde eine ablehnende Verfügung und verweist die Person zur Feststellung des Personenstandes an das Gericht (Cora Graf-Gaiser/Michel Montini, BSK-Kommentar ZGB I, Art. 41 ZGB N 1b).

Da die Vorinstanz als Aufsichtsbehörde richtigerweise zum Schluss gelangt ist, es sei dem Beschwerdeführer zuzumuten, einen Reisepass zu beschaffen, und da nach der Einreichung eines gefälschten Reisepasses auch nicht gesagt werden kann, dass die Angaben nicht streitig wären, stand der anderweitige Nachweis streitiger Angaben vorliegend gar nicht zur Diskussion.

10. Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet, sie ist abzuweisen. Bei diesem Ausgang haben die Beschwerdeführer grundsätzlich die Kosten des Verfahrens vor Verwaltungsgericht je zur Hälfte zu bezahlen, die einschliesslich der Entscheidgebühr auf CHF 1500.00 festzusetzen sind.

10.1 Die Beschwerdeführer beantragten vor Verwaltungsgericht die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege und -verbeiständung.

10.2 Gemäss § 76 Abs. 1 des Verwaltungsrechtspflegegesetzes (VRG, BGS 124.11) kann eine Partei, die nicht über die erforderlichen Mittel für die Prozessführung verfügt, die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege verlangen, wenn der Prozess nicht als aussichtslos oder mutwillig erscheint.

10.3 Die Beschwerdeführer leben offenbar von den Sozialhilfegeldern, welche die Beschwerdeführerin bezieht. Sie verfügen nicht über die Mittel, um für die Prozesskosten aufzukommen. Zudem war der Prozess nicht per se aussichtslos, weshalb die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege zu bewilligen ist und die Kosten durch den Kanton Solothurn zu tragen sind; vorbehalten bleibt der Rückforderungsanspruch des Kantons Solothurn während zehn Jahren, sobald die Beschwerdeführer zur Rückzahlung in der Lage sind (vgl. Art. 123 der Schweizerischen Zivilprozessordnung, ZPO, SR 272).

Demnach wird erkannt:

1.    Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.    Das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege wird bewilligt.

3.    A.___ und B.___ haben die Kosten des Verfahrens vor Verwaltungsgericht von CHF 1'500.00 je zur Hälfte zu bezahlen; zufolge Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege trägt sie der Kanton Solothurn. Vorbehalten bleibt der Rückforderungsanspruch des Staats während zehn Jahren, sobald A.___ und B.___ zur Nachzahlung in der Lage sind (Art. 123 ZPO)

Rechtsmittel: Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen seit Eröffnung des begründeten Urteils beim Bundesgericht Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten eingereicht werden (Adresse: 1000 Lausanne 14). Die Frist wird durch rechtzeitige Aufgabe bei der Schweizerischen Post gewahrt. Die Frist ist nicht erstreckbar. Die Beschwerdeschrift hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift des Beschwerdeführers oder seines Vertreters zu enthalten. Für die weiteren Voraussetzungen sind die Bestimmungen des Bundesgerichtsgesetzes massgeblich.

Im Namen des Verwaltungsgerichts

Der Vizepräsident Die Gerichtsschreiberin

Stöckli Kaufmann

Auf eine gegen das vorliegende Urteil erhobene Beschwerde trat das Bundesgericht mit Urteil 5A_622/2019 vom 14. August 2019 nicht ein.



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