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Urteil Verwaltungsgericht (SO - VWBES.2019.449)

Zusammenfassung des Urteils VWBES.2019.449: Verwaltungsgericht

Die Einwohnergemeinde A.___ hat gegen das Bau- und Justizdepartement sowie gegen B.___ und C.___ Beschwerde wegen einer Baubewilligung für einen offenen Holzlager-Unterstand eingereicht. Das Verwaltungsgericht entschied, dass die Gemeinde nicht zur Beschwerde befugt sei und wies die Beschwerde ab. Die Gerichtskosten in Höhe von CHF 500.00 sind von der Gemeinde zu tragen, ohne dass eine Parteientschädigung an B.___ und C.___ gezahlt werden muss. Die Entscheidung kann innerhalb von 30 Tagen beim Bundesgericht angefochten werden.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts VWBES.2019.449

Kanton:SO
Fallnummer:VWBES.2019.449
Instanz:Verwaltungsgericht
Abteilung:-
Verwaltungsgericht Entscheid VWBES.2019.449 vom 01.05.2020 (SO)
Datum:01.05.2020
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Baubewilligung / offener Holzlager-Unterstand
Schlagwörter: Gemeinde; Beschwerde; Baurecht; Recht; Interesse; Bundes; Wohnhaus; Verwaltungsgericht; Unterstand; Entscheid; Baukommission; Bundesgericht; Holzlager-Unterstand; Baurechts; Beschwerdebefugnis; Bürgergemeinde; Wohnhauses; Baugesuch; Gesuch; Baute; Baubehörde; Parteien; Rechtsmittel; Beschwerderecht; Legitimation; Justizdepartement; Grundbuch; Errichtung; Vorhaben
Rechtsnorm: Art. 89 BGG ;
Referenz BGE:120 Ia 203; 131 II 58; 134 II 45;
Kommentar:
-

Entscheid des Verwaltungsgerichts VWBES.2019.449

Urteil vom 1. Mai 2020

Es wirken mit:

Präsidentin Scherrer Reber

Oberrichter Stöckli

Oberrichter Müller

Gerichtsschreiber Schaad

In Sachen

Einwohnergemeinde A.___

Beschwerdeführerin

gegen

1. Bauund Justizdepartement,

2. B. ___ und C.___

Beschwerdegegner

betreffend Baubewilligung / offener Holzlager-Unterstand


zieht das Verwaltungsgericht in Erwägung:

I.

1.1 Auf Grundbuch A.___ Nr. xxx, [...], einer sehr grossen Parzelle, die der Bürgergemeinde A.___ gehört, lastet (als Teilfläche) das Baurecht Nr. yyy. Das Grundbuch sagt: «Das Recht besteht in der Errichtung eines Wohnhauses ( ) bis 30.6.2053». Die in der Zone W2 gelegene Parzelle GB Nr. yyy hält 19 a 6 m2 und ist mit einem Wohnhaus ([...]strasse 94) überbaut.

1.2 B.___ und C.___ stellten im Dezember 2018 ein Baugesuch für eine Aussensauna mit Holzlager-Unterstand. Am 18. Dezember 2018 stellte der Bürgergemeinderat A.___ fest, das bestehende Baurecht beinhalte bloss das Recht zur Errichtung eines Wohnhauses. Für die Errichtung eines weiteren Gebäudes wäre eine Erweiterung des Baurechts nötig. Die Erweiterung des Baurechts werde abgelehnt.

Am 12. Januar 2019 stellten B.___ und C.___ ein Gesuch für einen offenen Holzlager-Unterstand. Am 30. Januar 2019 verfügte die Baukommission einen Baustopp. Der Bürgergemeinderat A.___ liess durch seinen Anwalt wissen, er lehne das Vorhaben ab.

Am 20. Februar 2019 überbrachten B.___ und C.___ der kommunalen Baukommission erneut ein Gesuch für einen offenen Holzlager-Unterstand. Der Unterstand soll an der östlichen Grundstücksgrenze auf einer Betonplatte stehen und quadratisch sein; dies mit einer Seitenlänge von 3.09 m. Die Baukommission erwog, das Baugesuch sei von der Grundeigentümerin, der Bürgergemeinde A.___, nicht unterschrieben. Nach dem Grundbuchauszug liege kein Baurecht für zusätzliche Bauten vor. Ohne Zustimmung der Grundeigentümerin könne und wolle die Baukommission keine materielle Prüfung vornehmen. Nach dieser etwas komplexen Vorgeschichte wurde am 8. Mai 2019 schliesslich Folgendes beschlossen: «1. Das Baugesuch kann aufgrund der eingereichten Unterlagen nicht behandelt werden. Zu unserer Entlastung senden wir Ihnen die Unterlagen retour.» Die Kommission schrieb weiter: «Wir weisen Sie darauf hin, dass die bereits begonnene Baute zurückgebaut werden muss. Bleibt die Baute bestehen, muss die Baukommission den Rückbau verfügen».

2. Eine durch die Bauherrschaft dagegen erhobene Verwaltungsbeschwerde hiess das Bauund Justizdepartement am 11. Dezember 2019 gut. Die Sache wurde zur materiellen Prüfung an die Vorinstanz zurückgewiesen. Es sei nicht Sache der Baubehörde, den Baurechtsvertrag auszulegen und zu entscheiden, ob das Vorhaben durch das Baurecht gedeckt sei. Für privatrechtliche Einwendungen seien die Parteien an den Zivilrichter zu verweisen.

3. Dagegen liess die Einwohnergemeinde A.___ Verwaltungsgerichtsbeschwerde erheben. Es wurde beantragt, die Departementalverfügung sei aufzuheben. Dies unter Kostenund Entschädigungsfolgen.

Der Eigentumsnachweis sei nicht erbracht worden. Das Baurecht bestehe nur für die Erstellung eines Wohnhauses. Der Baurechtsvertrag habe der Baukommission nicht vorgelegen. Es könne nicht sein, ein Baugesuchsverfahren durchzuführen, obwohl die projektierte Baute wegen zivilrechtlicher Einwände offensichtlich nicht erstellt werden könne. Baubehörden dürften über fremdrechtliche Vorfragen entscheiden. Gegebenenfalls sei die Baubehörde berechtigt, auf ein Gesuch gar nicht erst einzutreten. Das Baurecht bestehe für die Erstellung eines Wohnhauses. Der Holzlager-Unterstand sei davon nicht erfasst. Es wäre sinnlos, das Vorhaben materiell zu prüfen und die Parteien an den Zivilrichter zu verweisen.

4. Das Departement beantragte, die Beschwerde sei kostenfällig abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden könne. Die Auslegung des Baurechts sei nicht Sache der Baubehörde. Ob mit der Formulierung «Wohnhaus» wirklich nur gerade ein Wohnhaus gemeint sei ob weitere bauliche Anlagen, die üblicherweise zu einem Wohnhaus gehören (Garage Parkplatz, Unterstand), mitgemeint seien, müsse der Zivilrichter beurteilen.

5. Die Bauherrschaft beantragte, die Beschwerde sei unter Kostenund Entschädigungsfolge abzuweisen.

II.

1.1 Die Beschwerde ist fristund formgerecht erhoben worden. Sie ist zulässiges Rechtsmittel. Das Verwaltungsgericht ist zur Beurteilung zuständig (vgl. § 49 Gerichtsorganisationsgesetz, GO, BGS 125.12).

1.2 Die einschlägigen Gesetzesbestimmungen zur Beschwerdebefugnis lauten im kantonalen Recht:

Gemeinden sind zur Beschwerde legitimiert, wenn sie durch eine Verfügung einen Entscheid besonders berührt werden und ein schutzwürdiges kommunales Interesse an deren Aufhebung Änderung haben (§ 12 Abs. 2 Verwaltungsrechtspflegegesetz, VRG, BGS 124.11).

Für das Beschwerderecht an das Bundesgericht gilt:

1 Zur Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist berechtigt, wer:

a)    vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen hat keine Möglichkeit zur Teilnahme erhalten hat;

b)    durch den angefochtenen Entscheid Erlass besonders berührt ist; und

c)    ein schutzwürdiges Interesse an dessen Aufhebung Änderung hat.


2 Zur Beschwerde sind ferner berechtigt: ( )

c)    Gemeinden und andere öffentlich-rechtliche Körperschaften, wenn sie die Verletzung von Garantien rügen, die ihnen die Kantonsoder Bundesverfassung gewährt (sog. Gemeindeautonomie; Art. 89 des Bundegerichtsgesetzes, BGG, SR 173.110).

1.3 Kantonal wurde die Beschwerdelegitimation durch § 36 des Gesetzes über die Delegation von Verwaltungsbefugnissen (DelG; BGS 122.131) im Jahre 1980 den bundesrechtlichen Legitimationsbestimmungen angepasst. Das Rechtsschutzinteresse der Gemeinde wird nach der «neuen» Formulierung anerkannt, wenn es sich auf ein spezifisch kommunales Interesse bezieht. Ungenügend ist irgendein anderes öffentliches Interesse (SOG 1997 Nr. 32; vgl. auch Verwaltungsgericht des Kantons Zürich VB.2011.00344). Die Gemeindebeschwerde bezweckt nicht die Verwirklichung des objektiven Rechts, sondern dient vorab der Wahrung eigener öffentlicher Gemeindeinteressen bzw. dem Schutz der Interessen der Gemeindebevölkerung (Attilio R. Gadola: Die Behördenbeschwerde in der Verwaltungsrechtspflege des Bundes - ein «abstraktes» Beschwerderecht ?, in AJP 12/1993, S. 1'463). Die Gemeinde ist nicht berechtigt, Beschwerde zu führen, um eine «fehlerhafte» Anwendung des kantonalen Rechts zu verhindern (BGE 131 II 58, SOG 1987 Nr. 32). Nach kantonalem Recht ist die Legitimation der Beschwerdeführerin zu verneinen (VWGE vom 12. September 2000; vom 6. Juni 2001).

1.4 Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts ist eine Gemeinde in einem Sachbereich autonom, wenn das übergeordnete Recht diesen nicht abschliessend ordnet, sondern ihn ganz teilweise der Gemeinde zur Regelung überlässt und ihr dabei eine relativ erhebliche Entscheidungsfreiheit einräumt (BGE 120 Ia 203). In Bausachen besteht zwar eine recht weitreichende Gemeindeautonomie (SOG 2008 Nr. 34, 1996 Nr. 29). Die Kantonale Bauverordnung (KBV, BGS 711.61) gewährt der Gemeinde im vorliegenden Fall aber keinen Spielraum. Die Gemeinde beruft sich denn auch nicht auf eine besondere Beschwerdebefugnis im Sinne von Art. 89 Abs. 2 BGG: Sie ist im vorliegenden Fall nicht Trägerin von speziellen, für Gemeinden und vergleichbare Körperschaften geschaffenen Verfassungsgarantien (Vgl. Art. 50 der Bundesverfassung, BV, SR 101). Die Beschwerdeführerin ist einzig mit der Auslegung der KBV durch das Bauund Justizdepartement nicht einverstanden. Es geht um keine Frage der Autonomie; und damit besteht keine Beschwerdebefugnis nach Art  89 Abs. 2 BGG.

1.5 Nach der Praxis des Bundesgerichts kann sich eine Gemeinde für ihre Legitimation nicht nur auf die Gemeindeautonomie, sondern auch auf das allgemeine Beschwerderecht (nach Art. 89 Abs 1 BGG) berufen, wenn sie durch den angefochtenen Hoheitsakt gleich ähnlich wie ein Privater betroffen in schutzwürdigen eigenen hoheitlichen Interessen berührt ist, namentlich wenn einem Entscheid präjudizielle Bedeutung für die öffentliche Aufgabenerfüllung zukommt. Die Beschwerdebefugnis zur Durchsetzung hoheitlicher Anliegen setzt aber eine erhebliche Betroffenheit in wichtigen öffentlichen Interessen voraus. Gestützt auf die allgemeine Legitimationsklausel von Art. 89 Abs. 1 BGG dürfen Gemeinwesen nur restriktiv zur Beschwerdeführung zugelassen werden (ausführlich BGE 138 II 506 E. 2 S. 508 ff.; ferner statt vieler BGE 133 II 400 E. 2.4.2 S. 406).

Das allgemeine Interesse an der richtigen Rechtsanwendung verschafft keine Beschwerdebefugnis im Sinne dieser Regelung; insbesondere ist die im Rechtsmittelverfahren unterlegene Vorinstanz nicht berechtigt, gegen den sie desavouierenden Entscheid an das Bundesgericht [bzw. an die nächste Rechtsmittelinstanz] zu gelangen. Zur Begründung des allgemeinen Beschwerderechts genügt auch nicht jedes beliebige, mit der Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe direkt indirekt verbundene [finanzielle] Interesse des Gemeinwesens (BGE 134 II 45, E. 2.2.1).

1.6 Die Gemeinde beruft sich auf keine eigene Norm im kommunalen Baureglement. Im vorliegenden Fall geht es nur um die Auslegung von §§ 5 und 8 KBV. Wohl kann sich die Frage, ob eine solche bauliche Anlage im Baurecht zu bewilligen sei, mehrmals stellen. Da das Projekt aber klein, ja unbedeutend ist, fällt nicht viel Arbeit an. Es besteht kein (gewichtiges) Interesse daran, das Gesuch formell erledigen zu dürfen.

2. Die Beschwerdeführerin ist somit nicht zur Beschwerde befugt. Auf die Beschwerde ist nicht einzutreten. Bei diesem Ausgang hat die Beschwerdeführerin die Kosten des Verfahrens vor Verwaltungsgericht zu bezahlen, die einschliesslich der Entscheidgebühr auf CHF 500.00 festzusetzen sind. Es ist keine Parteientschädigung auszurichten, denn die Beschwerdegegner B.___ und C.___ waren durch keinen Anwalt vertreten.

Demnach wird beschlossen:

1.    Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.

2.    Die Beschwerdeführerin hat die Kosten des Verfahrens vor Verwaltungsgericht von CHF 500.00 zu bezahlen.

3.    Es wird keine Parteientschädigung ausgerichtet.

Rechtsmittel: Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen seit Eröffnung des begründeten Urteils beim Bundesgericht Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten eingereicht werden (Adresse: 1000 Lausanne 14). Die Frist wird durch rechtzeitige Aufgabe bei der Schweizerischen Post gewahrt. Die Frist ist nicht erstreckbar. Die Beschwerdeschrift hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift des Beschwerdeführers seines Vertreters zu enthalten. Für die weiteren Voraussetzungen sind die Bestimmungen des Bundesgerichtsgesetzes massgeblich.

Im Namen des Verwaltungsgerichts

Die Präsidentin Der Gerichtsschreiber

Scherrer Reber Schaad



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