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Urteil Verwaltungsgericht (SO - VWBES.2019.434)

Zusammenfassung des Urteils VWBES.2019.434: Verwaltungsgericht

Das Verwaltungsgericht hat in einem Fall von Kindesschutzmassnahmen entschieden, die Obhut vorübergehend vom Kindsmutter auf den Kindsvater zu übertragen. Die Kindsmutter und das Kind haben dagegen Beschwerde eingelegt, aber aufgrund einer verspäteten Einreichung der Beschwerde wurde darauf nicht eingetreten. Die Beschwerdeführerinnen erhalten keine unentgeltliche Rechtspflege. Das Gericht hat beschlossen, dass keine Kosten für das Verfahren vor Verwaltungsgericht erhoben werden.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts VWBES.2019.434

Kanton:SO
Fallnummer:VWBES.2019.434
Instanz:Verwaltungsgericht
Abteilung:-
Verwaltungsgericht Entscheid VWBES.2019.434 vom 16.12.2019 (SO)
Datum:16.12.2019
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Kindesschutzmassnahme
Schlagwörter: Kindes; Entscheid; Verfahren; Verwaltungsgericht; Kindsmutter; Gericht; Kindesschutz; Olten-Gösgen; Beschwerdeführerinnen; Abänderung; Vater; Beschwerdefrist; Rechtsmittelbelehrung; Vertrauensschutz; Urteil; Präsidentin; Scherrer; Reber; Oberrichter; Gerichtsschreiberin; Kaufmann; Walker; Rechtsanwalt; Kindesschutzmassnahme; Dringlichkeitszuständigkeit; Schweizerischen; Obhut
Rechtsnorm: Art. 315a ZGB ;Art. 445 ZGB ;
Referenz BGE:134 I 199;
Kommentar:
Thomas Geiser, Peter, Basler Zivilgesetzbuch I, Art. 315 ZGB, 2018

Entscheid des Verwaltungsgerichts VWBES.2019.434

Urteil vom 16. Dezember 2019

Es wirken mit:

Präsidentin Scherrer Reber

Oberrichter Stöckli

Oberrichter Müller

Gerichtsschreiberin Kaufmann

In Sachen

1. A.___ vertreten durch B.___

2. B.___

beide vertreten durch Tim Walker, Rechtsanwalt,

Beschwerdeführerinnen

gegen

1. KESB Olten-Gösgen,

2. D.___

Beschwerdegegner

betreffend Kindesschutzmassnahme


zieht das Verwaltungsgericht in Erwägung:

I.

1. In Anwendung der Dringlichkeitszuständigkeit von Art. 315a Abs. 3 Ziff. 2 des Schweizerischen Zivilgesetzbuches (ZGB, SR 210) entschied die Kindesund Erwachsenenschutzbehörde (KESB) Olten-Gösgen am 7. November 2019 Folgendes:

3.1  In Abänderung der Trennungsvereinbarung vom 10. Oktober 2016 wird die Obhut über A.___ einstweilen der Mutter entzogen und dem Vater zugeteilt. A.___ wohnt nun bis auf Weiteres beim Vater

3.2  Einer allfälligen Beschwerde wird die aufschiebende Wirkung gemäss Art. 450c ZGB entzogen. Der vorliegende Entscheid ist vollstreckbar.

3.3  Es werden keine Verfahrenskosten erhoben.

2. Mit Beschwerde, datiert vom 9. Dezember 2019, gelangten die Kindsmutter, B.___, und A.___, vertreten durch die Kindsmutter, beide vertreten durch Rechtsanwalt Tim Walker, an das Verwaltungsgericht und stellten folgende Rechtsbegehren:

1.    Erkenntnisse Ziff. 1 und 2 des Entscheides der KESB Olten-Gösgen vom 7. November 2019 seien aufzuheben, auch vorsorglich und superprovisorisch.

2.    Es sei die aufschiebende Wirkung vorliegender Beschwerde anzuordnen, auch vorsorglich und superprovisorisch.

3.    Zweiter Schriftenwechsel nach Zustellung der übrigen Verfahrensbeteiligten.

4.    Mündliche und öffentliche Verhandlung.

5.    Unentgeltliche Rechtspflege und Rechtsvertretung durch den Unterzeichneten.

Unter Kostenund Entschädigungsfolge

II.

1.1 Gemäss Art. 315a Abs. 1 ZGB trifft das Gericht, das für die Ehescheidung den Schutz der ehelichen Gemeinschaft zuständig ist, auch die nötigen Kindesschutzmassnahmen und betraut die Kindesschutzbehörde mit dem Vollzug, wenn es die Beziehungen der Eltern zu den Kindern zu gestalten hat. Nach Art. 315b Abs. 1 Ziff. 3 ZGB ist das Gericht zur Abänderung gerichtlicher Anordnungen über die Kindeszuteilung und den Kindesschutz zuständig im Verfahren zur Änderung von Eheschutzmassnahmen. Nach Art. 315a Abs. 3 Ziff. 2 ZGB bleibt die Kindesschutzbehörde jedoch befugt, die zum Schutz des Kindes sofort notwendigen Massnahmen anzuordnen, wenn sie das Gericht voraussichtlich nicht rechtzeitig treffen kann. Eingriffe nach dieser Dringlichkeitszuständigkeit sind stets vorsorglicher Natur und setzen eine umgehende Benachrichtigung der zuständigen Behörde voraus (vgl. Peter Breitschmied in: Thomas Geiser und Christiana Fountoulakis [Hrsg.], Basler Kommentar, Zivilgesetzbuch I, Basel 2018, Art. 315 315b ZGB N 9).

1.2 Vorliegend hat die KESB gestützt auf diese Bestimmung der Kindsmutter die Obhut einstweilen, also vorsorglich, entzogen und dem Kindsvater zugeteilt. Im Entscheid wurde festgehalten, für eine definitive Regelung (inkl. Regelung der weiteren Kinderbelange) werde sich der Vater an das für die Abänderung des Eheschutzurteils zuständige Gericht wenden müssen. Gemäss Adressverteiler wurde dieser Entscheid auch der Zivilabteilung des Regionalgerichts Emmental-Oberaargau zugestellt.

1.3 Gemäss Art. 445 Abs. 3 ZGB beträgt die Beschwerdefrist gegen vorsorgliche Massnahmen lediglich zehn Tage.

1.3.1 Gemäss Sendungsverfolgung der Post wurde der Entscheid am 8. November 2019 an die psychiatrische Klinik zugestellt. Wann die Kindsmutter als Beschwerdeführerin diesen tatsächlich in Empfang genommen hat, kann nicht nachverfolgt werden. Nachdem aber die Anwaltsvollmacht per 8. November 2019 unterzeichnet wurde, und beim Verwaltungsgericht keine Beschwerde bezüglich der gegen die Kindsmutter selbst angeordnete fürsorgerische Unterbringung eingegangen ist, darf davon ausgegangen werden, dass sie an diesem Tag Kenntnis vom angefochtenen Entscheid erhalten und sich deswegen an den Anwalt gewendet hat.

Ob die Beschwerde nun gemäss Prepaid-Kleber am 9. Dezember 2019 gemäss Poststempel erst am 10. Dezember 2019 der Post übergeben wurde, spielt damit keine Rolle, da die 10-tägige Beschwerdefrist längst abgelaufen ist.

1.3.2 In der Rechtsmittelbelehrung wurde fälschlicherweise eine 30-tägige Beschwerdefrist angegeben.

Zwar dürfen den Parteien aus einer unrichtigen Rechtsmittelbelehrung keine Nachteile erwachsen, doch geniesst diesen Vertrauensschutz nur, wer die Unrichtigkeit der Rechtsmittelbelehrung nicht kennt und sie auch bei gebührender Aufmerksamkeit nicht hätte erkennen können. Rechtsuchende geniessen keinen Vertrauensschutz, wenn der Mangel für sie bzw. ihren Rechtsvertreter allein schon durch Konsultierung der massgeblichen Verfahrensbestimmung ersichtlich ist. Dagegen wird nicht verlangt, dass neben den Gesetzestexten auch noch die einschlägige Rechtsprechung Literatur nachgeschlagen wird (vgl. BGE 134 I 199 E. 1.3.1 S. 203 mit Hinweisen).

Die Beschwerdeführerinnen geniessen keinen Vertrauensschutz, da von ihrem Rechtsvertreter erwartet werden kann, dass er die Bestimmung von Art. 445 Abs. 3 ZGB kennt.

1.3.3 Die Beschwerde ist damit verspätet, weshalb darauf nicht eingetreten werden kann.

1.4 Bei diesem Ausgang kann letztlich offenbleiben, ob die Kindsmutter ihre Tochter im vorliegenden Verfahren aufgrund eines möglichen Interessenskonflikts überhaupt hätte vertreten können.

1.5 Den Beschwerdeführerinnen steht es offen, sich an das zuständige Eheschutzoder Scheidungsgericht zu wenden, um ihre Rechtsbegehren dort anhängig zu machen.

2. Für das Verfahren vor Verwaltungsgericht werden ausnahmsweise keine Kosten erhoben. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtsverbeiständung ist wegen Aussichtslosigkeit abzuweisen, soweit es nicht gegenstandslos geworden ist (vgl. § 76 Abs. 1 des Verwaltungsrechtspflegegesetzes [VRG, BGS 124.11]).

Demnach wird beschlossen:

1.    Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.

2.    Für das Verfahren vor Verwaltungsgericht werden keine Kosten erhoben.

3.    Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen, soweit es nicht gegenstandslos geworden ist.

4.    Kopien der Beschwerde vom 9. Dezember 2019 gehen zur Kenntnis an die KESB Olten-Gösgen, an D.___ und an die Zivilabteilung des Regionalgerichts Emmental-Oberaargau.

Rechtsmittel: Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen seit Eröffnung des begründeten Urteils beim Bundesgericht Beschwerde in Zivilsachen eingereicht werden (Adresse: 1000 Lausanne 14). Die Frist wird durch rechtzeitige Aufgabe bei der Schweizerischen Post gewahrt. Die Frist ist nicht erstreckbar. Die Beschwerdeschrift hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift des Beschwerdeführers seines Vertreters zu enthalten. Für die weiteren Voraussetzungen sind die Bestimmungen des Bundesgerichtsgesetzes massgeblich.

Im Namen des Verwaltungsgerichts

Die Präsidentin Die Gerichtsschreiberin

Scherrer Reber Kaufmann



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