Zusammenfassung des Urteils VWBES.2019.333: Verwaltungsgericht
Eine serbische Staatsbürgerin A.___ hatte eine Aufenthaltsbewilligung in der Schweiz erhalten, nachdem sie einen deutschen Staatsbürger geheiratet hatte. Das Migrationsamt widerrief jedoch die Bewilligung aufgrund des Verdachts auf eine Scheinehe. A.___ erhob Beschwerde, die jedoch abgewiesen wurde, da zahlreiche Indizien auf eine Scheinehe hindeuteten. Das Verwaltungsgericht entschied, dass A.___ die Schweiz innerhalb von acht Wochen verlassen muss und die Gerichtskosten in Höhe von CHF 1'500.00 tragen muss.
| Kanton: | SO |
| Fallnummer: | VWBES.2019.333 |
| Instanz: | Verwaltungsgericht |
| Abteilung: | - |
| Datum: | 28.11.2019 |
| Rechtskraft: | - |
| Leitsatz/Stichwort: | Widerruf der Aufenthaltsbewilligung und Wegweisung aus der Schweiz |
| Schlagwörter: | Ehemann; Schweiz; Wohnung; Heirat; Deutschland; Migrationsamt; Urteil; Aufenthaltsbewilligung; Scheinehe; Polizei; Kanton; Ehemannes; Ausländer; Beweis; Serbien; Ehefrau; Abklärung; Verwaltungsgericht; Solothurn; Vorinstanz; Mutter; Indizien; Woche; Kantons; Wohnverhältnisse; Kontrolle; ässlich |
| Rechtsnorm: | - |
| Referenz BGE: | 130 II 113; 134 I 140; 139 II 393; |
| Kommentar: | - |
Es wirken mit:
Präsidentin Scherrer Reber
Oberrichter Müller
Oberrichter Stöckli
Gerichtsschreiberin Kofmel
In Sachen
A.___, vertreten durch M.P.M. & Partners Sàrl,
Beschwerdeführerin
gegen
Departement des Innern, vertreten durch Migrationsamt,
Beschwerdegegner
betreffend Widerruf der Aufenthaltsbewilligung und Wegweisung aus der Schweiz
zieht das Verwaltungsgericht in Erwägung:
I.
1.1 A.___, geb. 1975, ist serbische Staatsangehörige. Sie war in erster Ehe vom 14. Februar 2000 bis 16. September 2016 in Serbien mit einem Landsmann verheiratet. Am 8. November 2016 ersuchte der deutsche Staatsangehörige B.___, geb. 1960, für A.___ um Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung zur Vorbereitung der Heirat.
1.2 Die Migrationsbehörde des Kantons Solothurn bewilligte das von B.___ zugunsten von A.___ gestellte Gesuch - trotz Zweifel an den Motiven der Heirat - mit Verfügung vom 28. Juli 2017 und erteilte A.___ eine Aufenthaltsbewilligung.
1.3 Am 25. September 2017 verheirateten sich B.___ (nachfolgend auch: Ehemann) und A.___. A.___ wurde darauf die Aufenthaltsbewilligung EU/EFTA erteilt.
2.1 Am 24. Januar 2018 gab das Migrationsamt polizeiliche Abklärungen der Wohnverhältnisse von A.___ und ihrem Ehemann im Hinblick auf eine allfällige Scheinehe in Auftrag. Aufgrund des Ermittlungsberichts der Kantonspolizei Solothurn vom 3. Februar 2018 (Besuch vom 2. Februar 2018 am [...] in [...]) gelangte das Migrationsamt zur Überzeugung, dass die Ehe von B.___ und A.___ lediglich der Erlangung der Aufenthaltsbewilligung diene. Im Rahmen des rechtlichen Gehörs bestritt A.___ das Vorliegen einer Scheinehe.
2.2 Per 1. Mai 2018 meldeten sich B.___ und A.___ nach [...] ab.
2.3 Das Migrationsamt erbat die Polizei Kanton Bern darum, an der neuen Wohnadresse in [...] die Verhältnisse im Hinblick auf eine allfällige Scheinehe abzuklären. Die Besuche erfolgten am 2. und am 14. November 2018.
3. Gestützt auf die Ergebnisse der Abklärungen widerrief das Migrationsamt, namens des Departements des Innern (nachfolgend: DdI), mit Verfügung vom 29. August 2019 die Aufenthaltsbewilligung von A.___ und wies sie unter Androhung von Zwangsmassnahmen im Unterlassungsfall per 30. November 2019 aus der Schweiz weg.
4.1 Dagegen liess A.___ (nachfolgend: Beschwerdeführerin) am 10. September 2019 Beschwerde an das Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn erheben, mit den folgenden Rechtsbegehren:
1. Die Verfügung des Migrationsamts des Kantons Solothurn vom 29. August 2019 sei aufzuheben.
2. Der Beschwerde sei die aufschiebende Wirkung zu erkennen.
Unter Kostenund Entschädigungsfolge.
4.2 Mit Präsidialverfügung vom 12. September 2019 wurde der Beschwerde die aufschiebende Wirkung erteilt.
4.3 Mit Vernehmlassung vom 18. September 2019 schloss das Migrationsamt auf vollumfängliche Abweisung der Beschwerde unter Kostenfolge.
5. Für die Parteistandpunkte und die Erwägungen der Vorinstanz wird grundsätzlich auf die Akten verwiesen. Soweit erforderlich, ist nachfolgend darauf einzugehen.
II.
1. Die Beschwerde ist fristund formgerecht erhoben worden. Sie ist zulässiges Rechtsmittel und das Verwaltungsgericht zur Beurteilung zuständig (vgl. § 49 Gerichtsorganisationsgesetz, GO, BGS 125.12). Die Beschwerdeführerin ist durch den angefochtenen Entscheid beschwert und damit zur Beschwerde legitimiert. Auf die Beschwerde ist einzutreten.
2. Das Migrationsamt, welches das Vorliegen einer Scheinehe bejahte, führte dazu aus, was folgt: Ohne die Heirat mit einem in der Schweiz Niederlassungsberechtigten wäre es der Beschwerdeführerin nicht möglich gewesen, eine Aufenthaltsbewilligung in der Schweiz zu erhalten. Das Nachzugsgesuch sei nicht mal sechs Wochen nach dem angeblichen ersten Treffen am 19. September 2016 - mithin drei Tage nach der Scheidung - eingereicht worden. In der von der Standesbeamtin am 21. September 2016 in Serbien ausgestellten Bescheinigung stehe, dass der Reisepass zum Zwecke der Eheschliessung in der Schweiz ausgestellt worden sei. Dies bedeute, dass bereits zwei Tage nach dem angeblich ersten Treffen die Vorbereitungen für die Heirat eingeleitet worden seien. Anlässlich der ersten Wohnungskontrolle hätten keine Effekten der Beschwerdeführerin in der Wohnung gefunden werden können. Der Ehemann habe nicht gewusst, wie das [ ] heisse, in dem seine Ehefrau arbeite. Der Ehemann habe die Natelnummer seiner Ehefrau erst nach längerem Suchen mitteilen können und er habe die Nummer nicht gespeichert und abgelegt gehabt. Bei der Polizeikontrolle vom 2. November 2018 in [...] habe nur die Beschwerdeführerin angetroffen werden können. Zwar seien Männerbekleidung, Männerschuhe und ein Foto festgestellt worden. Dies erstaune nicht weiter, habe das Ehepaar doch nach der ersten Kontrolle mit weiteren rechnen müssen. Die Beschwerdeführerin entschuldige die Abwesenheit des Ehemannes mit dem Tod seiner Mutter und seiner Schwester sowie mit seiner Krankheit. Ein Nachweis darüber, dass die Mutter und die Schwester verstorben seien, sei nicht eingereicht worden. Selbst wenn diese Aussage zutreffe, sei es zwar nachvollziehbar, dass sich der Ehemann wegen den Beerdigungen nach Deutschland begeben habe, nicht jedoch seine praktisch monatelange krankheitsbedingte Abwesenheit. Zwar seien diverse Arztzeugnisse eingereicht worden, die eine Arbeitsunfähigkeit attestierten. Aus den eingereichten Unterlagen gehe jedoch keine Reiseunfähigkeit des Ehemannes hervor. Die zum jetzigen Zeitpunkt vorliegenden Indizien und der Umstand, dass das Ehepaar nachweislich seit nunmehr einem Jahr ohne nachvollziehbaren Grund getrennt und in verschiedenen Ländern lebe, würden einzig den Schluss zulassen, dass es sich bei vorliegend zu beurteilenden Ehe um eine Scheinehe handle.
3.1 Die Beschwerdeführerin hat als Ehegattin eines deutschen, in der Schweiz aufenthaltsberechtigten Staatsangehörigen gestützt auf das Freizügigkeitsrecht grundsätzlich einen (abgeleiteten) Aufenthaltsanspruch, solange die Ehe formell fortdauert (Art. 7 lit. d des Abkommens zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits über die Freizügigkeit [FZA, SR 0.142.112.681] i.V.m. Art. 3 Anhang I FZA; Urteil des EuGH vom 13. Februar 1985 C-267/83 Diatta, Rec. 1985 S. 567; BGE 130 II 113 E. 8).
3.2 Der Aufenthaltsanspruch nach dem Freizügigkeitsrecht steht unter dem Vorbehalt des Rechtsmissbrauchs; fehlt der Wille zur Gemeinschaft und dient das formelle Eheband ausschliesslich dazu, die ausländerrechtlichen Zulassungsvorschriften zu umgehen, fällt auch der staatsvertragliche Anspruch dahin (BGE 139 II 393 E. 2.1).
3.3 Ein Bewilligungsanspruch entfällt demnach, wenn von vornherein nie der Wille bestand, eine dauerhafte Gemeinschaft zu begründen, und der einzige Zweck der Heirat darin liegt, dem Ausländer zu einer fremdenpolizeilichen Bewilligung zu verhelfen. Das Vorliegen einer Ausländerrechtsehe darf nicht leichthin angenommen werden. Es ist Sache der Migrationsbehörden, eine Scheinehe nachzuweisen. Ob eine Scheinehe geschlossen wurde, entzieht sich oft einem direkten Beweis und ist bloss durch Indizien zu erstellen. Für die Annahme einer Scheinehe bedarf es konkreter Hinweise darauf, dass die Ehegatten nicht eine eigentliche Lebensgemeinschaft führen wollen, sondern die Ehe nur aus fremdenpolizeilichen Überlegungen geschlossen haben. Diesbezügliche Indizien lassen sich unter anderem darin erblicken, dass dem Ausländer die Wegweisung drohte, etwa weil er ohne Heirat keine Aufenthaltsbewilligung erhalten hätte sie ihm nicht verlängert worden wäre. Für das Vorliegen einer Ausländerrechtsehe können sodann die Umstände und die kurze Dauer der Bekanntschaft sprechen sowie insbesondere die Tatsache, dass die Ehegatten eine Wohngemeinschaft gar nie aufgenommen haben. Dasselbe gilt, wenn für die Heirat eine Bezahlung vereinbart wurde wenn ein erheblicher Altersunterschied zwischen den Ehepartnern besteht. Dass die Begründung einer wirklichen Lebensgemeinschaft gewollt war, kann umgekehrt nicht schon daraus abgeleitet werden, dass die Ehegatten während einer gewissen Zeit zusammenlebten und intime Beziehungen unterhielten; ein derartiges Verhalten kann auch nur vorgespielt sein, um die Behörden zu täuschen. Eine Scheinehe liegt demgegenüber nicht bereits dann vor, wenn ausländerrechtliche Motive für den Eheschluss mitentscheidend waren. Erforderlich ist zusätzlich, dass der Wille zur Führung einer Lebensgemeinschaft - zumindest bei einem der Ehepartner - von Anfang an nicht gegeben ist (vgl. Urteil des BGer 2C_58/2012 E. 3.1 und 3.2 mit Hinweisen).
4.1 Die Beschwerdeführerin macht geltend, ihr Ehemann habe die Polizei anlässlich der ersten Wohnungskontrolle darauf hingewiesen, dass sie unter der Woche in [ ] arbeite und deshalb nicht habe angetroffen werden können. Nach dem Wohnsitzwechsel seien zwei weitere Kontrollen durchgeführt worden, anlässlich derer der Ehemann nicht habe angetroffen werden können. Der Ehemann sei im Juni 2018 erkrankt und durch einen in [ ] ansässigen Arzt behandelt worden. Wenige Tage danach sei die Mutter des Ehemannes verstorben. Der Ehemann sei darauf nach Deutschland gereist. Während dieser Reise nach Deutschland habe sich der Gesundheitszustand des Ehemannes massiv verschlechtert, was wiederholte operative Eingriffe erforderlich gemacht habe. Er sei seither weder reisenoch arbeitsfähig. Es sei Aufgabe der Behörde, den Verdacht einer Scheinehe zu beweisen. Sie habe nicht nur eine Erklärung hinsichtlich der Abwesenheit ihres Ehemannes gegeben, sondern dieselbe durch Arztund Spitalberichte untermauert. Die Vorinstanz dagegen führe lediglich Verdachtsmomente an, ohne substantiiert die von ihr abgegebenen und offerierten Beweise zu entkräften.
4.2 Das Migrationsamt veranlasste am 2. Februar 2018 eine Abklärung der Wohnverhältnisse in der Wohnung am [...] in [...] durch die Polizei Kanton Solothurn. Der von der Polizei verfasste Bericht über die Kontrolle datiert vom 3. Februar 2018. Ihm ist Folgendes zu entnehmen: Da am 2. Februar 2018 zwischen 07:00 und 08:00 Uhr niemand in der Wohnung habe angetroffen werden können, sei um 16:50 Uhr eine Kontrolle vorgenommen worden. Der Ehemann habe die Türe geöffnet und die Polizeibeamten hereingebeten. Der Ehemann habe erklärt, seine Ehefrau sei nicht hier, sondern in [ ]. Sie arbeite dort in einer 100 %-Anstellung in einem [ ] am [ ]. Den Namen des [ ] habe er vergessen. Seine Ehefrau übernachte die ganze Woche bei einer Kollegin in [ ]. Nur wenn sie einen freien Tag habe, übernachte sie in [...]. Dies sei am Wochenende oft der Fall. In der Wohnung des Ehemannes seien keine Hinweise vorhanden gewesen, dass eine Frau dort wohnen würde. Es seien keine Frauenkleider, keine Körperpflegeutensilien und auch kein Make-up sonstige «frauenübliche» Gegenstände zu sehen gewesen. Im Zahnbürstenglas in der Toilette sei nur eine Zahnbürste gestanden. Auf Frage habe der Ehemann geantwortet, seine Frau nehme ihre Gegenstände mit, wenn sie bei ihm übernachte. Die Wohnungseinrichtung lasse auf einen Ein-Mann-Haushalt schliessen. Auf keinem der Fotos in der Wohnung sei die Ehefrau zu sehen gewesen. Die Natelnummer der Ehefrau habe der Ehemann erst nach längerem Suchen auf seinem Natel mitteilen können. Er habe ihre Nummer nicht gespeichert abgelegt gehabt. Alle Heiratsunterlagen befänden sich nach Angabe des Ehemannes in [ ].
4.3 Das Migrationsamt veranlasste am 2. November 2018 eine Abklärung der Wohnverhältnisse in der ehelichen Wohnung in [...] durch die Polizei Kanton Bern (siehe act. 188 189). Im Berichtsrapport vom 13. November 2018 wird ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin persönlich die Wohnungstür geöffnet habe. Sie sei noch im Pyjama gewesen und von der Polizei geweckt worden. Sie sei sehr höflich und korrekt gewesen. Sie habe angegeben, am Vorabend vom 2. November 2018 aus Serbien zurückgekehrt zu sein. Ihr Gepäck sei noch in der Wohnung gestanden und nicht ausgepackt gewesen. Im Gästezimmer habe sich eine Kollegin befunden. Den Aufenthaltsort des Ehepartners betreffend habe die Beschwerdeführerin mitgeteilt, dass er seit Ende Juni 2018 in Deutschland sei. Der Ehemann sei nach Deutschland gegangen, weil seine Mutter gestorben sei. Weiter sei er im Monat Juli im Krankenhaus in [ ] gewesen, wo er sich wegen diversen Krankheiten (Diabetes, Problemen mit dem Knie, etc.) habe behandeln lassen müssen. Seine Schwester sei dann auch gestorben. Deshalb befinde sich ihr Ehemann nach wie vor in Deutschland. Die Beschwerdeführerin habe mitgeteilt, dass der Ehemann spätestens am 10. November 2018 in die Schweiz zurückkomme und dass er auf den 31. Juli 2018 die Kündigung seiner Arbeitsstelle erhalte habe und nun Krankentaggelder beziehe. Die 3-Zimmer-Dachwohnung sei recht einfach und schlicht eingerichtet gewesen. Im Schlafzimmer habe es ein Doppelbett, einen Kleiderschrank und einen Fernsehkarton gegeben. In der Wohnung habe nur ein Foto vorgewiesen werden können, welches die Beschwerdeführerin und ihren Ehemann gemeinsam zeige. Weitere Fotos habe sie freiwillig auf ihrem Smartphone gezeigt. Im Badezimmer seien drei Zahnbürsten zu sehen gewesen. Die Beschwerdeführerin habe angegeben, zwei seien ihr und eine gehöre dem Ehemann. Im Kleiderschrank seien hauptsächlich Frauenkleider gewesen. Die restliche Bekleidung (Männerbekleidung) gehöre gemäss den Aussagen der Beschwerdeführerin ihrem Ehemann. Die Beschwerdeführerin habe angegeben, sie habe viele Kleider nach Deutschland gebracht, da der Ehemann die letzte Zeit dort verbracht habe. Im Flur seien ca. vier Paar Männerschuhe zu sehen gewesen. Die Beschwerdeführerin habe mitgeteilt, dass sie ebenfalls krank sei und deshalb häufig nach Serbien reise. Auch müsse sie zu ihrer alten Mutter in Serbien schauen. Da ihr Mann zudem krank und im Moment in Deutschland sei, gehe sie auch oft dorthin. Ihr Leben sei ein Hinund Her zwischen Deutschland, der Schweiz und Serbien.
4.4 Da der Ehemann gemäss Angaben der Beschwerdeführerin am 10. November 2018 in die Schweiz hätte zurückkommen sollen, veranlasste das Migrationsamt für den 14. November 2018 eine erneute Abklärung der Wohnverhältnisse in der ehelichen Wohnung in [...] durch die Polizei Kanton Bern (act. 187). Erneut habe die Beschwerdeführerin im Pyjama die Türe geöffnet. Sie habe angegeben, alleine zu sein. Ihr Ehemann sei noch nicht nach Hause gekommen. Er befinde sich immer noch in Deutschland. Er habe erneut eine schlechte medizinische Diagnose bekommen. Sie werde nun vermutlich zu ihrem Mann nach Deutschland und anschliessend evtl. zusammen mit ihm nach Serbien reisen, wo sie am 20. November 2018 einen Arzttermin habe.
4.5 Anlässlich der Wohnungskontrolle in [...] wurden durch die Kantonspolizei Bern vier Nachbarn gefragt, ob ihnen der Ehemann der Beschwerdeführerin im Haus schon einmal begegnet sei. Einer der befragten Nachbarn habe ausgesagt, eventuell habe er den Ehemann schon einmal gesehen, dieser sei ca. 50 Jahre alt. Die anderen drei befragten Nachbarn hätten angegeben, den Ehemann noch nie im Haus gesehen zu haben.
5.1 Die Ergebnisse der Abklärungen durch die Polizei der Kantone Solothurn und Bern, wie sie in den Berichten vom 3. Februar 2018 und vom 13. November 2018 festgehalten werden, sind klar: Die Beschwerdeführerin und ihr Ehemann haben weder in [...] noch in [...] eine tatsächliche Wohngemeinschaft geführt. Der Arbeitsort und die Arbeitszeiten der Beschwerdeführerin sind zwar Erklärung dafür, warum sie anlässlich der Kontrolle nicht in der Wohnung in [...] hat angetroffen werden können. Den Umstand, warum dort überhaupt keine Effekten von ihr vorhanden waren, lässt sich damit jedoch nicht erklären. Dass die Ehefrau ihre gesamten Utensilien inkl. Heiratsurkunde in eine fremde Wohnung mitnimmt, in der sie sich angeblich nur während ihres Arbeitseinsatzes aufhält, ist schlicht unglaubwürdig und lässt sich auch nicht mit Eheproblemen erklären. In der Wohnung in [...] konnten zwar Utensilien des Ehemannes sowie ein gemeinsames Foto festgestellt werden. Für die monatelange Abwesenheit des Ehemannes genügt der Hinweis auf den Hinschied seiner Mutter und seiner Schwester sowie auf seinen Gesundheitszustand jedoch nicht. Während der Tod von nahen Familienangehörigen nachvollziehbar zu einer Auslandabwesenheit führen kann, lässt sich nicht erklären, warum der Ehemann aufgrund seines Gesundheitszustandes in Deutschland weilt. Auch wenn die einfache Tatsache des Getrenntlebens keinem Rechtsmissbrauch gleichkommt (vgl. BGE 130 II 113 E. 9.5 und 10.3), so hätte die Beschwerdeführerin mittels Attesten ohne weiteres nachweisen können, warum ihr Ehemann nicht auch in der Schweiz behandelt werden könnte.
Trotz gegenteiliger Beteuerung der Beschwerdeführerin bestehen nach dem Gesagten also zahlreiche Indizien, dass gar nie ein eheliches Zusammenleben stattgefunden hat. Zusammen mit den Indizien, die bereits vor der Abklärung der Wohnverhältnisse auf ein nicht gelebtes Eheleben hindeuteten (keine Aufenthaltsbewilligung ohne Heirat, sehr kurze Dauer der Bekanntschaft [Kennenlernen am 19. September 2016, Reisepass am 21. September zum Zwecke der Eheschliessung in der Schweiz ausgestellt worden, (angeblicher) Zusammenzug am 26. Oktober 2016, Gesuch zur Vorbereitung der Heirat am 27. Oktober 2016 gestellt, Heirat am 25. September 2017], erheblicher Altersunterschied [vgl. Sachverhalt der angefochtenen Verfügung vom 29. August 2019]) erscheint eine Ausländerrechtsehe als nachgewiesen. Was die Beschwerdeführerin dagegen vorbringt, überzeugt nicht. Die Fakten, die für den Abschluss einer Ausländerrechtsehe sprechen, überwiegen.
5.2 Bei dieser klaren Sachlage ist nicht zu beanstanden, dass die Vorinstanz in antizipierter Beweiswürdigung den Antrag der Beschwerdeführerin um Befragung des Ehemannes zu seiner Auslandabwesenheit abgewiesen hat. Denn dem Gericht der Behörde ist es nicht versagt, einem beantragten Beweismittel die Erheblichkeit Tauglichkeit abzusprechen auf die Abnahme von Beweisen zu verzichten, wenn es sie aufgrund der bereits abgenommenen Beweise seine/ihre Überzeugung gebildet hat und willkürfrei davon ausgehen darf, diese würde durch weitere Beweiserhebungen nicht geändert (BGE 134 I 140 E. 5.3; 130 III 591 E. 5.4; Urteil des BGer 4A.505/2012 vom 6. Dezember 2012). Die Vorinstanz hat durch ihr Vorgehen die Rechte der Beschwerdeführerin jedenfalls nicht verletzt.
6.1 Der Widerruf der Aufenthaltsbewilligung liegt im Ermessen der zuständigen Behörde. Gemäss Art. 96 Abs. Bundesgesetz über die Ausländerinnen und Ausländer und über die Integration (AIG, SR 142.20) berücksichtigen die zuständigen Behörden bei der Ermessensausübung generell die öffentlichen Interessen und die persönlichen Verhältnisse sowie den Grad der Integration der Ausländerinnen und Ausländer. Bei der Prüfung der Verhältnismässigkeit des Widerrufs sind nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts namentlich die Dauer der bisherigen Anwesenheit, das Alter bei der Einreise in die Schweiz, die sozialen, familiären und beruflichen Beziehungen sowie die dem Betroffenen im Falle seiner Rückkehr drohenden Nachteile zu berücksichtigen (vgl. Urteile des BGer 2C_682/2012 vom 7. Februar 2013 E. 5.1; 2C_401/2012 vom 18. September 2012 E. 4.1; 2C_54/2012 vom 23. Juli 2012 E. 4.2).
6.2 Die Beschwerdeführerin selbst macht nichts geltend, was auf einen schwerwiegenden persönlichen Härtefall hinweisen würde. Angesichts dessen hat die Vorinstanz von ihrem Ermessen bei Erlass der Wegweisungsverfügung korrekt Gebrauch gemacht. Aufgrund der rund dreijährigen Aufenthaltsdauer in der Schweiz ist der Beschwerdeführerin eine Rückkehr in ihr Heimatland ohne weiteres zumutbar.
7.1 Zusammengefasst ist die Vermutung der Vorinstanz, wonach zwischen der Beschwerdeführerin und ihrem Ehemann kein wirklicher Ehewille bestand, begründet, deuten doch mehrere Indizien darauf hin, dass die Ehegatten nicht beabsichtigten, eine eheliche Gemeinschaft zu führen. Diesen hinreichend begründeten Verdacht vermögen die Ausführungen der Beschwerdeführerin nicht zu entkräften. Die Wegweisung der Beschwerdeführerin ist nicht unverhältnismässig. Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet, sie ist abzuweisen.
7.2 Der Beschwerde wurde mit Präsidialverfügung vom 12. September 2019 die aufschiebende Wirkung erteilt. Für die Ausreise ist der Beschwerdeführerin deshalb eine neue Frist anzusetzen. Die Beschwerdeführerin hat die Schweiz innerhalb von acht Wochen ab Rechtskraft des vorliegenden Urteils zu verlassen.
8. Beim vorliegenden Verfahrensausgang hat die Beschwerdeführerin die Kosten des Verfahrens vor Verwaltungsgericht zu bezahlen, die einschliesslich der Entscheidgebühr auf CHF 1'500.00 festzusetzen sind. Sie werden mit dem geleisteten Kostenvorschuss in gleicher Höhe verrechnet.
Demnach wird erkannt:
1. Die Beschwerde wird abgewiesen.
2. A.___ hat die Schweiz innerhalb von acht Wochen ab Rechtskraft des vorliegenden Urteils zu verlassen.
3. A.___ hat die Kosten des Verfahrens vor Verwaltungsgericht von CHF 1'500.00 zu bezahlen.
Rechtsmittel: Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen seit Eröffnung des begründeten Urteils beim Bundesgericht Beschwerde in öffentlichrechtlichen Angelegenheiten eingereicht werden (Adresse: 1000 Lausanne 14). Die Frist wird durch rechtzeitige Aufgabe bei der Schweizerischen Post gewahrt. Die Frist ist nicht erstreckbar. Die Beschwerdeschrift hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift des Beschwerdeführers seines Vertreters zu enthalten. Für die weiteren Voraussetzungen sind die Bestimmungen des Bundesgerichtsgesetzes massgeblich.
Im Namen des Verwaltungsgerichts
Die Präsidentin Die Gerichtsschreiberin
Scherrer Reber Kofmel
Das vorliegende Urteil wurde vom Bundesgericht mit Urteil 2C_127/2020 vom 13. Februar 2020 bestätigt.
Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.
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