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Urteil Verwaltungsgericht (SO)

Kopfdaten
Kanton:SO
Fallnummer:VWBES.2018.426
Instanz:Verwaltungsgericht
Abteilung:-
Verwaltungsgericht Entscheid VWBES.2018.426 vom 14.12.2018 (SO)
Datum:14.12.2018
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Beistandschaft
Schlagwörter: Beschwerde; Beistand; Person; Beschwerdeführer; Beistandschaft; Massnahme; Familie; Vertretung; Verwaltung; Vertretungsbeistandschaft; Angelegenheiten; Urteil; Verwaltungsgericht; Erwachsenenschutzbehörde; Entscheid; Umfassen; Massnahmen; Behördliche; Unterstützung; Vermögensverwaltung; Bereich; Vater; Tochter; Interessen; Umfassende; Hilfsbedürftige; Vertreten; Behinderung; Schweiz; Unentgeltliche
Rechtsnorm: Art. 123 ZPO ; Art. 388 ZGB ; Art. 389 ZGB ; Art. 390 ZGB ; Art. 391 ZGB ; Art. 394 ZGB ; Art. 398 ZGB ; Art. 399 ZGB ; Art. 406 ZGB ;
Referenz BGE:-
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:-
Entscheid
Urteil vom 14. Dezember 2018

Es wirken mit:

Präsidentin Scherrer Reber

Oberrichter Müller

Oberrichter Stöckli

Gerichtsschreiberin Kofmel

In Sachen

A.___,

Beschwerdeführer

gegen

KESB Olten-Gösgen,

Beschwerdegegnerin

betreffend Beistandschaft


zieht das Verwaltungsgericht in Erwägung:

I.

1.1 B.___, geb. [...] 1990, hat eine geistige Behinderung, weshalb sie mit Urteil der Amtsgerichtspräsidentin von Olten-Gösgen vom 7. Juli 2011 entmündigt worden ist.

1.2 Mit Beschluss der Vormundschaftsbehörde der Sozialregion [...] vom 31. August 2011 wurde für B.___ eine Vormundschaft gemäss Art. 369 aZGB errichtet.

1.3 Mit Entscheid der Kindesund Erwachsenenschutzbehörde (nachfolgend: KESB) Olten-Gösgen vom 17. Juni 2015 wurde die umfassende Beistandschaft für B.___ gemäss Art. 398 ZGB bestätigt.

1.4 Am 25. Juli 2018 beantragte die Familie von B.___ die Aufhebung der umfassenden Beistandschaft. Zur Begründung wurde ausgeführt, B.___ gehe es gesundheitlich besser und die Familie könne die Aufgabe des Beistandes vollumfänglich übernehmen.

1.5 Der Beistand von B.___ nahm mit Schreiben vom 30. August 2018 Stellung.

1.6 B.___ und ihr Vater A.___ wurden am 17. September 2018 vom fallführenden Behördenmitglied der KESB persönlich angehört.

2. Mit Entscheid vom 17. Oktober 2018 wies die KESB den Antrag auf Aufhebung der Beistandschaft ab. Die umfassende Beistandschaft wurde angepasst und eine Vertretungsbeistandschaft mit Vermögensverwaltung angeordnet.

3.1 Dagegen erhob A.___ (nachfolgend: Beschwerdeführer) am 5. November 2018 Einsprache (recte: Beschwerde) an das Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn und ersuchte um Aufhebung des angefochtenen Entscheids.

3.2 Die KESB schloss mit Stellungnahme vom 22. November 2018 auf Beschwerdeabweisung.

4. Für die Parteistandpunkte und die Erwägungen der Vorinstanz wird grundsätzlich auf die Akten verwiesen. Soweit erforderlich, ist nachfolgend darauf einzugehen.

II.

1. Die Beschwerde ist fristund formgerecht erhoben worden. Sie ist zulässiges Rechtsmittel und das Verwaltungsgericht zur Beurteilung zuständig (vgl. Art. 450 des Schweizerischen Zivilgesetzbuches [ZGB, SR 210] und § 130 Abs. 1 des Einführungsgesetzes zum ZGB [EG ZGB, BGS 211.1]). Als Vater der Verbeiständeten gilt der Beschwerdeführer als «der betroffenen Person nahestehende Person» nach Art. 450 Abs. 2 Ziff. 2 ZGB und ist damit zur Beschwerde legitimiert.

2.1 Die Erwachsenenschutzbehörde errichtet nach Art. 390 Abs. 1 ZGB eine Beistandschaft, wenn eine volljährige Person wegen einer geistigen Behinderung, einer psychischen Störung oder eines ähnlichen in der Person liegenden Schwächezustands ihre Angelegenheiten nur teilweise oder gar nicht besorgen kann (Ziff. 1) oder wenn sie wegen vorübergehender Urteilsunfähigkeit oder Abwesenheit in Angelegenheiten, die erledigt werden müssen, weder selber handeln kann noch eine zur Stellvertretung berechtigte Person bezeichnet hat (Ziff. 2). Eine Vertretungsbeistandschaft wird errichtet, wenn die hilfsbedürftige Person bestimmte Angelegenheiten nicht erledigen kann und deshalb vertreten werden muss (Art. 394 Abs. 1 ZGB).

2.2 In Art. 389 ZGB unterstellt der Gesetzgeber alle behördlichen Massnahmen des Erwachsenenschutzes den beiden Maximen der Subsidiarität und der Verhältnismässigkeit. Subsidiarität (Art. 389 Abs. 1 ZGB) heisst, dass behördliche Massnahmen nur dann anzuordnen sind, wenn die Betreuung der hilfsbedürftigen Person auf andere Weise nicht angemessen sichergestellt ist. Ist die gebotene Unterstützung der hilfsbedürftigen Person auf andere Art - durch die Familie, andere nahestehende Personen (vgl. dazu Urteil des BGer 5A_663/2013 vom 5. November 2013 E. 3) oder private oder öffentliche Dienste - schon gewährleistet, so ordnet die Erwachsenenschutzbehörde keine Massnahme an (Art. 389 Abs. 1 Ziff. 1 ZGB). Kommt die Erwachsenenschutzbehörde demgegenüber zum Schluss, die vorhandene Unterstützung der hilfsbedürftigen Person sei nicht ausreichend oder von vornherein ungenügend, so muss ihre behördliche Massnahme verhältnismässig, das heisst erforderlich und geeignet sein (Art. 389 Abs. 2 ZGB). Die Erwachsenenschutzbehörde hat dabei nicht gesetzlich fest umschriebene, starre Massnahmen, sondern «Massnahmen nach Mass» zu treffen, das heisst solche, die den Bedürfnissen der betroffenen Person entsprechen (Art. 391 Abs. 1 ZGB). Es gilt der Grundsatz: «Soviel staatliche Fürsorge wie nötig, so wenig staatlicher Eingriff wie möglich». Dies gilt auch für die Errichtung einer Vertretungsbeistandschaft nach Art. 394 Abs. 1 ZGB (Urteil des BGer 5A_702/2013 vom 10. Dezember 2013 E. 4.3.1).

2.3 Gemäss Art. 399 Abs. 2 ZGB hebt die Erwachsenenschutzbehörde eine Beistandschaft auf Antrag der betroffenen oder einer nahestehenden Person oder von Amtes wegen auf, sobald für die Fortdauer kein Grund mehr besteht. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn die betroffene Person nun in der Lage ist, künftig ihre Angelegenheiten selbst hinreichend zu besorgen oder eine Vertretung zu bestellen, etwa weil sich ihr Schwächezustand zum Positiven verändert hat (vgl. Helmut Henkel in: Heinrich Honsell et al. [Hrsg.], Basler Kommentar, Zivilgesetzbuch I, Basel/Zürich/St. Gallen 2014, Art. 399 N 5).

3.1 Der Beschwerdeführer ist der Meinung, er könne zusammen mit den weiteren Familienangehörigen die Vertretungsbeistandschaft für seine Tochter selbst übernehmen.

3.2 Der Beistand von B.___ brachte in seiner Stellungnahme vom 30. August 2018 vor, B.___ könne nicht alleine wohnen und für sich selbst sorgen. Bei ihrem Vater und dessen 2. Ehefrau, wo B.___ seit längerem wohne, sei sie gut aufgehoben und gut umsorgt. Der Vater organisiere die Arztbesuche und stehe auch eng in Kontakt mit der Bezugsperson bei der VEBO. B.___ sei stark von der Familie beeinflussbar. Sie benötige auch weiterhin die Unterstützung einer Beistandsperson. Die Beistandschaft solle daher nicht aufgehoben werden. Der Kontakt zur Familie von B.___ laufe hauptsächlich über den Vater. Die Zusammenarbeit mit ihm funktioniere bisher sehr gut. Da er sich immer noch mit einem Asyl-Status in der Schweiz aufhalte, müssten er und seine Ehefrau mit relativ wenig Geld auskommen. Im Gegensatz dazu verfüge B.___ über ein Vermögen von rund CHF 50'000.00. Aufgrund dieses Spannungsfeldes könne ein familienexterner Beistand die Interessen von B.___ objektiver wahrnehmen, als eine (familien-)angehörige Person. Da sich die Familie sehr engagiert für das Wohlergehen von B.___ einsetze, könne eine Vertretungsbeistandschaft mit Vermögensverwaltung den Schutzbedarf abdecken.

3.2 Die Vorinstanz hielt im angefochtenen Entscheid fest, B.___ sei aufgrund einer geistigen Behinderung entmündigt. Diese Behinderung bestehe nach wie vor. Der Beistand erachte jedoch eine umfassende Beistandschaft als nicht mehr notwendig und deshalb nicht verhältnismässig. Da sich ihre Familie sehr stark für das Wohlergehen von B.___ einsetze, decke eine Vertretungsbeistandschaft mit Vermögensverwaltung ihren Schutzbedarf. Die Voraussetzungen für eine Beistandschaft als erwachsenenschutzrechtliche Massnahme seien nach wie vor gegeben.

4.1 Es steht ausser Frage, dass die Tochter des Beschwerdeführers aufgrund ihrer Erkrankung auf Hilfe angewiesen ist.

4.2 Vorliegend hat die KESB dem Beistand folgende Aufgaben übertragen:

-        das Einkommen und das Vermögen von B.___ sorgfältig zu verwalten;

-        B.___ beim Erledigen der administrativen Angelegenheiten und im Rechtsverkehr soweit nötig zu vertreten, namentlich im Verkehr mit Behörden, Ämtern, Banken, Post, (Sozial-)Versicherungen, sonstigen Institutionen und Privatpersonen;

-        B.___ bei allfälligen Fragen der Unterbringung und des Wohnens soweit nötig zu vertreten;

-        für eine geeignete Arbeit/Tagesstruktur besorgt zu sein und B.___ in diesem Bereich soweit nötig zu vertreten.

4.3 Diese Tätigkeiten umfassen neben dem finanziellen und administrativen Bereich auch den Bereich Wohnen und Arbeit/Tagesstruktur. Die persönliche Betreuung ist hingegen von der Beistandschaft nicht betroffen. Dass sich der Beschwerdeführer und seine Familie gut um B.___ kümmern, steht nicht zur Diskussion. B.___ hat gemäss Klientenbilanzen der Sozialregion [...] ein Vermögen von rund CHF 50'000.00. Sie deckt ihren Unterhalt durch eine IV-Rente. Der Beschwerdeführer und seine Frau leben in engen finanziellen Verhältnissen. Der Beschwerdeführer ist sozialhilfeabhängig. Bei dieser Situation ist ein gewisser Interessenkonflikt des Beschwerdeführers bei der Verwaltung des Einkommens seiner Tochter nicht von der Hand zu weisen. Ein möglicher Interessenkonflikt steht aber einer familiären Unterstützung in finanziellen Angelegenheiten entgegen. Der Beschwerdeführer verfügt nicht über die nötige persönliche Distanz, um die alleinigen Interessen seiner Tochter in ihren finanziellen Angelegenheiten zu vertreten. Die behördlichen Massnahmen des Erwachsenenschutzes haben das Wohl und den Schutz hilfsbedürftiger Personen sicherzustellen (Art. 388 Abs. 1 ZGB). Der Beistand muss sich deshalb bei der Erfüllung seiner Aufgaben ausschliesslich von den Interessen der verbeiständeten Person leiten lassen (Art. 406 Abs. 1 ZGB). Mit der Vorinstanz ist dem Beschwerdeführer deshalb die Eignung zur Übernahme der Vermögensverwaltungsbeistandschaft abzusprechen. Auch im administrativen Bereich und im Bereich Wohnen und Arbeit/Tagesstruktur ist eine Beistandschaft durch eine familienexterne Person angezeigt. Diesbezüglich ist zu berücksichtigen, dass die Vormundschaft über B.___ ursprünglich errichtet worden ist, weil ihre Eltern nicht in der Lage waren, die Sorge für ihre Tochter weiterzuführen. Dass sich an diesem Umstand etwas geändert hat, wird nicht dargetan und ist auch nicht ersichtlich.

4.4 Die gebotene Unterstützung für B.___ kann aufgrund des Gesagten nicht vollumfänglich durch den Beschwerdeführer oder durch eine andere nahestehende Personen von B.___ gewährleistet werden. Der Grundsatz der Subsidiarität wurde eingehalten.

4.5 Die behördliche Massnahme wurde vorliegend der Lebenssituation von B.___ angepasst und es wurde anstelle der umfassenden Beistandschaft eine Vertretungsbeistandschaft mit Vermögensverwaltung angeordnet. Damit wurde die mildest mögliche und dennoch wirksame Massnahme verfügt. Der Grundsatz der Verhältnismässigkeit wurde ebenfalls eingehalten.

5. Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet, sie ist abzuweisen. Bei diesem Ausgang hat der Beschwerdeführer grundsätzlich die Kosten des Verfahrens vor Verwaltungsgericht zu bezahlen, die einschliesslich der Entscheidgebühr auf CHF 1'000.00 festzusetzen sind. Gemäss dem eingereichten Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege verfügt der von der Sozialhilfe abhängige Beschwerdeführer jedoch nicht über die nötigen Mittel zur Bezahlung des Prozesses, weshalb ihm die unentgeltliche Rechtspflege zu bewilligen ist (vgl. § 76 Abs. 1 des Verwaltungsrechtspflegegesetzes [VRG, BGS 124.11]). Die Kosten trägt damit der Kanton Solothurn; vorbehalten bleibt der Rückforderungsanspruch des Staates während zehn Jahren, sobald der Beschwerdeführer zur Nachzahlung in der Lage ist (vgl. Art. 123 der Schweizerischen Zivilprozessordnung [ZPO, SR 272]).

Demnach wird erkannt:

1.    Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.    A.___ wird die unentgeltliche Rechtspflege bewilligt.

3.    A.___ hat die Kosten des Verfahrens vor Verwaltungsgericht von CHF 1'000.00 zu bezahlen, zufolge unentgeltlicher Rechtspflege trägt sie der Staat; vorbehalten bleibt der Rückforderungsanspruch des Kantons Solothurn während zehn Jahren, sobald A.___ zur Nachzahlung in der Lage ist (Art. 123 ZPO).

Rechtsmittel: Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen seit Eröffnung des begründeten Urteils beim Bundesgericht Beschwerde in Zivilsachen eingereicht werden (Adresse: 1000 Lausanne 14). Die Frist wird durch rechtzeitige Aufgabe bei der Schweizerischen Post gewahrt. Die Frist ist nicht erstreckbar. Die Beschwerdeschrift hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift des Beschwerdeführers oder seines Vertreters zu enthalten. Für die weiteren Voraussetzungen sind die Bestimmungen des Bundesgerichtsgesetzes massgeblich.

Im Namen des Verwaltungsgerichts

Die Präsidentin Die Gerichtsschreiberin

Scherrer Reber Kofmel



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