Zusammenfassung des Urteils VWBES.2017.71: Verwaltungsgericht
Die Beschwerdeführer, K.___ und E.___ N.___, haben gegen die Einwohnergemeinde Bellach geklagt, weil sie sich gegen Grundeigentümerbeiträge wehrten, die nach dem Kauf ihrer Liegenschaft erhoben wurden. Das Verwaltungsgericht wies die Beschwerde ab, da die Beitragsverfügung nach Abschluss der Arbeiten und dem Kauf der Liegenschaft erfolgte. Die Beschwerdeführer bestritten nicht den Betrag, sondern ihre Zahlungspflicht. Trotz Einwänden wegen Verstoss gegen Treu und Glauben wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Die Gerichtskosten in Höhe von CHF 2000 muss K.___ N.___ bezahlen.
| Kanton: | SO |
| Fallnummer: | VWBES.2017.71 |
| Instanz: | Verwaltungsgericht |
| Abteilung: | - |
| Datum: | 08.11.2017 |
| Rechtskraft: | - |
| Leitsatz/Stichwort: | Grundeigentümerbeiträge |
| Schlagwörter: | Beschwerde; Bellach; Einsprache; Verwaltungsgericht; Rechnung; Entscheid; Streit; Beitragsverfügung; Gemeinde; Zustellung; Zeitpunkt; Verfahrens; Liegenschaft; Recht; Grundeigentümer; Eigentümer; Beschwerdeverfahren; Parteien; Erschliessung; Grundstück; Gesamtprojekt; Beschwerdeführer; Einspracheentscheid; Trottoir; Verwaltungsgerichts; Abschluss; Streitverkündungsklage |
| Rechtsnorm: | - |
| Referenz BGE: | - |
| Kommentar: | - |
Es wirken mit:
Präsidentin Scherrer Reber
Oberrichter Stöckli
Ersatzrichter Vögeli
Gerichtsschreiber Schaad
In Sachen
K.___ und E.___ N.___, [Eheleute] 4512 Bellach, vertreten durch Rechtsanwalt und Notar Konrad Reber, Wydenstrasse 11, Postfach 130, 4704 Niederbipp
Beschwerdeführerin
gegen
Einwohnergemeinde Bellach, 4512 Bellach,
Beschwerdegegnerin
betreffend Grundeigentümerbeiträge
zieht das Verwaltungsgericht in Erwägung:
I.
1. Vom 8. Juli 2004 bis 9. August 2004 wurde der Beitragsplan für den Trottoirneubau Selzacherstrasse bis zum Anschluss Dorfstrasse in Bellach öffentlich aufgelegt und genehmigt. Die einzelnen der Schlussrechnung zu Grunde liegenden Rechnungen datieren zwischen dem 30. April 2004 und dem 25. März 2008. Mit Eintrag im Grundbuch vom 19. Oktober 2007 haben die Beschwerdeführer die vom Beitragsplan erfasste Liegenschaft GB Bellach Nr. 2410 als unüberbautes Bauland käuflich erworben. Die definitive Beitragsrechnung konnte erst nach Abschluss der Arbeiten im Jahre 2008 und damit nach dem Kauf der Liegenschaft erfolgen. Mit Verfügung der Einwohnergemeinde Bellach vom 26. November 2008 wurde den Beschwerdeführern als Eigentümern der Liegenschaft GB Bellach Nr. 2410 nach Vornahme der definitiven Abrechnung Grundeigentümerbeiträge in Höhe von CHF 11486.35 in Rechnung gestellt. Gegen diese Rechnung erhoben die Eigentümer der Liegenschaft GB Bellach Nr. 2410, K.___ und E.___ N.___, am 5. Dezember 2008 Einsprache, welche mit Entscheid vom 31. August 2016 abgewiesen wurde. Grundbuch Bellach Nr. 2410 existiert heute nicht mehr. Die Parzelle wurde am 2. September 2016 mit GB Nr. 2404 vereinigt.
2. Am 13. Februar 2017 erhoben K.___ und E.___ N.___ Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid der Schätzungskommission vom 12. Dezember 2016, in welchem ihre Beschwerde gegen den erwähnten abschlägigen Entscheid der Gemeinde vom 31. August 2016 abgewiesen worden war. Die Beschwerdeführer verlangten die Aufhebung des Entscheides der Schätzungskommission unter Kostenund Entschädigungsfolgen. In ihrer Stellungnahme vom 6. März 2017 beantragte die Einwohnergemeinde Bellach Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde, soweit auf diese eingetreten werden könne.
3. Mit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde bzw. in deren Begründung verkündeten die Beschwerdeführer der Erbengemeinschaft M.___ (Gesamteigentümer zufolge Erbengemeinschaft), den Streit und erhoben gleichzeitig eine Streitverkündungsklage mit dem Hauptbegehren, die streitberufenen Beklagten seien zu verurteilen, den streitverkündenden Klägern im Falle des Unterliegens im Beschwerdeverfahren Fr. 20000.00 zu bezahlen. Einer der Streitberufenen [ ] liess sich vernehmen und beantragte mit Eingabe vom 10. März 2017 vollumfängliche Abweisung der Streitverkündungsklage (unter Kostenund Entschädigungsfolgen). Die übrigen Mitglieder der Erbengemeinschaft, welche offenbar 2014 aufgelöst worden ist, liessen sich nicht vernehmen.
II.
1.1 Die Beschwerde ist fristund formgerecht erhoben worden. Sie ist zulässiges Rechtsmittel und das Verwaltungsgericht ist zur Beurteilung zuständig (vgl. § 49 Gerichtsorganisationsgesetz, GO, BGS 125.12). Die Beschwerdeführer sind durch den angefochtenen Entscheid beschwert und damit zur Beschwerde legitimiert. Auf die Beschwerde selbst ist einzutreten.
1.2 Eine verwaltungsgerichtliche Beschwerde richtet sich gegen einen Entscheid eine Verfügung als einen (einseitigen) hoheitlichen Verwaltungsakt bzw. gegen Anordnungen von Behörden im Einzelfalle, die sich auf öffentliches Recht des Kantons des Bundes stützen. In einem verwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren kann nur Gegenstand sein, was bereits im vorausgehenden verwaltungsrechtlichen Vorverfahren Behandlungsthema war und dort entschieden worden ist. Demgegenüber sind Forderungen aus öffentlichem Recht durch verwaltungsrechtliche Klage und privatrechtliche Forderungen durch Zivilrechtsklage, in keinem Fall jedoch im (Verwaltungsgerichts-) Beschwerdeverfahren geltend zu machen.
1.3 Im vorliegenden Fall wird vor Verwaltungsgericht in einem Beschwerdeverfahren der Streit zwischen zwei Privaten zur Geltendmachung einer (Zivil-) Forderung verkündet und Streitverkündungsklage erhoben. Dies ist sowohl mangels Zuständigkeit als auch verfahrensmässig nicht zulässig, weshalb auf die Streitverkündungsklage nicht einzutreten ist.
1.4 Die Beschwerdeführerin E.___ N.___ ist im Juli 2017 gestorben. K.___ N.___ (Ehemann) ist [ ] durch Anwachsung Alleineigentümer von GB Bellach Nr. 2404 geworden.
1.5 Auf die weiteren Ausführungen und Beweismittel der Parteien in ihren Rechtsschriften wird im Folgenden, soweit notwendig, eingegangen.
2. Die Beschwerdeführer bestreiten nicht den Anteil an der Erschliessung gemäss definitiver Beitragsberechnung vom 22. Oktober 2008 in der Höhe von CHF 11486.35 als solchen, sondern ihre Stellung als Zahlungspflichtige.
2.1 Nach § 18 Abs. 1 der kantonalen Verordnung über Grundeigentümerbeiträge und -gebühren (GBV, BGS 711.41) teilt der Gemeinderat den Grundeigentümern nach Erstellung der Anlage die Abrechnungssumme und die sich daraus ergebenden definitiven Beiträge mit eingeschriebenem Brief mit. Die Beiträge werden 30 Tage nach der Zustellung der definitiven Beitragsverfügung fällig (§ 20 Abs. 1 GBV), wobei das Gesetz den Eigentümer des Grundstückes im Zeitpunkt der Zustellung der definitiven Beitragsverfügung als Zahlungspflichtigen erklärt (§ 20 Abs. 3 GBV).
Die dargelegten Regelungen sind öffentlich-rechtlicher Natur und können durch privatrechtliche Vereinbarungen nicht derogiert werden. Soweit sich die Beschwerdeführer daher auch im Beschwerdeteil auf Vereinbarungen im Kaufvertrag berufen sollten, sind sie nicht zu hören.
Die dargelegten Regelungen bezeichnen den Eigentümer des Grundstückes im Zeitpunkt der Zustellung der definitiven Beitragsverfügung in jedem Fall und unabhängig davon, ob seit der Auflage des Beitragsplanes das Eigentum am Grundstück gewechselt hat, als Hauptbzw. primären Schuldner für die Beiträge.
2.2 Entgegen den Ausführungen der Beschwerdeführer datieren die letzten Rechnungen von den in das Projekt Involvierten vom 25. April 2008, wie der Schlussabrechnung der federführenden BSB+ Partner, Ingenieure und Planer, vom 20. Oktober 2008 entnommen werden kann. Die Rechnungen sind unbestreitbar Teil des Gesamtprojektes, und allein das Gesamtprojekt ist massgebend für die Bestimmung des Projektabschlusses. Die definitive Beitragsverfügung kann schon aus logischen Gründen erst nach Abschluss des Gesamtprojektes erstellt werden, weil vorher gar nicht alle Faktoren zur Feststellung der «definitiven» (unveränderbaren) Kosten feststehen. Konsequenterweise ist unerheblich, ob ein Teil des Projektes allenfalls bereits zu einem früheren Zeitpunkt physisch fertiggestellt wurde nicht. Massgebend ist dementsprechend nicht der Zeitpunkt der physischen Fertigstellung eines bestimmten Teils des Projektes, sondern einzig der nach Erstellung der Anlage liegende Zeitpunkt der Zustellung der definitiven Beitragsverfügung des Gemeinderates an den Grundeigentümer. Die Zustellung der definitiven Beitragsverfügung erfolgte im Übrigen entgegen der Ansicht der Beschwerdeführer an sämtliche betroffenen Grundeigentümer gleichzeitig mit jeweiligem Einschreiben datierend vom 26. November 2008 (Postaufgabe: 25. November 2008).
2.3 Der Abschluss des Gesamtprojektes und die Zustellung der definitiven Beitragsverfügung fand damit unbestreitbar nach dem Kauf der perimeterbetroffenen Liegenschaft GB Bellach Nr. 2410 durch die Beschwerdeführer statt. Damit sind die Beschwerdeführer als Eigentümer der Liegenschaft im Zeitpunkt der Zustellung der definitiven Beitragsverfügung die zahlungspflichtigen Beitragsschuldner. Die Beschwerde erweist sich als unbegründet und ist abzuweisen.
3. Die Beschwerdeführer haben mit Eingabe an die Bauverwaltung Bellach am 5. Dezember 2008 Einsprache erhoben. Die Gemeinde hat den Eingang der Einsprache unbestrittenermassen mit Schreiben vom 9. Februar 2009 bestätigt, wie dem Einspracheentscheid vom 30. August 2016 entnommen werden kann. Es war damit zu jedem Zeitpunkt klar, dass die Frage der Beitragspflicht nach wie vor im Raum stand, solange noch kein Einspracheentscheid getroffen war. Der Zeitraum zwischen Erhebung einer Einsprache und dem Einspracheentscheid hat weder auf den Fälligkeitszeitpunkt noch auf die vor der Einsprache eintretende Schuldnerstellung für die Perimeterbeiträge Einfluss, weshalb die Beschwerdeführer auch aus der langen Dauer bis zur Einspracheentscheid in Bezug auf den hier massgebenden Beschwerdegegenstand nichts zu ihren Gunsten ableiten können. Die Forderung der Gemeinde ist auch nicht verjährt, denn die Verjährungsfrist beträgt zehn Jahre (SOG 1992 Nr. 38; VWBES.2014.264).
4.1 Schliesslich monieren die Beschwerdeführer einen Verstoss gegen Treu und Glauben durch staatliche Organe und Private, weil ihnen am 26. November 2008 eine Rechnung für einen Trottoirbau zugestellt worden ist, welcher bereits 2004 2006 erfolgt sein soll und sie die Rechnung ja an die Gemeinde zurückgeschickt hätten, weil ihnen nichts von einem hängigen Beitragsverfahren bekannt gewesen und der Trottoirbau für sie beim Kauf des Grundstücks als bestehend erkennbar gewesen sei. Ausserdem sei nach dem Jahr 2008 nichts mehr passiert und diese unbegründeten weiteren Verzögerungen während knapp acht Jahren seien ebenfalls als Verstoss gegen Treu und Glauben zu werten.
4.2 Die Einwände halten einer Prüfung nicht stand. Es ist bereits gezeigt worden, dass der physische Abschluss eines Teils des Gesamtprojektes so so nicht massgebend ist. Auch das physische Zurückschicken der Rechnung ist unerheblich und bestenfalls als Untermauerung der erhobenen Einsprache zu deuten. Bedeutsam ist jedoch die Tatsache, dass die Beschwerdeführer gemäss Ziffer 4.5 des öffentlich-beurkundeten Kaufvertrages vom 5. Oktober 2007 das Grundstück (Land, bzw. ohne Gebäude) ausdrücklich unerschlossen erworben haben. In derselben Ziffer ist festgehalten, dass allfällige an die öffentliche Hand zu zahlende Erschliessungsbeiträge durch die Käuferschaft zu tragen sind. In Zusammenhang mit der vorliegenden Beschwerde ist daraus zu entnehmen, dass Erschliessungsbeiträge bereits beim Kauf Thema waren und die Käuferschaft Anlass, Wissen und Möglichkeit gehabt hätte, sich bei der Gemeinde zu erkundigen. Zentral ist jedoch, dass die Beschwerdeführer das Land ausdrücklich als «unerschlossen» gekauft haben. Unerschlossen bedeutet, dass die Parteien und damit auch die Käufer und Beschwerdeführer davon ausgegangen sind, dass eben noch keine (vollständige) Erschliessung der Parzelle und damit auch kein Trottoir vorhanden und mit Perimeterbeiträgen bezahlt worden ist. Insofern ist den Beschwerdeführern der von ihnen gemäss gesetzlicher Regelung und entsprechend ihrem Vertrag zu bezahlende «Vorteil» (Erschliessung ihres Landes mit dem Trottoir) nach dem Kauf zugekommen. Ein Handeln wider Treu und Glauben durch die staatlichen Organe ist nicht ersichtlich.
Letzteres gilt auch in Bezug auf die Verzögerungen nach dem Jahr 2008. Gemeint und beanstandet wird offenbar die Zeitdauer von der Erhebung der Einsprache am 5. Dezember 2008 bis zum Einspracheentscheid am 30. August 2016. Diese Verfahrensdauer ist ohne weitere Ausführungen deutlich zu lang. Wie die Vorinstanz jedoch bereits in ihrem klärenden Hinweis zutreffend festhält, sind bis dato keine gemäss § 20 Abs. 2 möglichen Verzugszinsen verfügt worden, weshalb solche auch nicht Gegenstand dieses Verfahrens bilden. Andererseits hat die Verfahrensdauer auf den Verfahrensgegenstand (Fälligkeit und Schuldnerstellung) keinen Einfluss. Daher ist den Beschwerdeführern bisher aus der angefochtenen Verfügung und der Verzögerung, gegen welche sie sich ohne Probleme hätten wehren können, kein materieller Nachteil erwachsen.
5. Die Beschwerde erweist sich als unbegründet und ist abzuweisen. Gemäss § 77 des Verwaltungsrechtspflegegesetzes (VRG, BGS 124.11) werden die Prozesskosten (Gerichtsund Parteikosten) in sinngemässer Anwendung der Artikel 106-109 der Schweizerischen Zivilprozessordnung auferlegt. Den am verwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren beteiligten Behörden werden in der Regel keine Verfahrenskosten auferlegt und keine Parteientschädigungen zugesprochen. Die Beschwerdeführer sind vollständig unterlegen.
Entsprechend dem Ausgang haben die Beschwerdeführer die Kosten des Verfahrens vor Verwaltungsgericht zu bezahlen, die einschliesslich der Entscheidgebühr auf CHF 2000.00 festzusetzen sind.
Die vom Beschwerdeführer Streitberufenen haben sich nicht vernehmen lassen mit Ausnahme von Werner Müller, welcher ohne anwaltliche Vertretung eine kurze und nicht zu entschädigende Vernehmlassung einreichte.
Parteientschädigungen sind keine zu sprechen.
Demnach wird erkannt:
1. Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten werden kann.
2. K.___ N.___ hat die Kosten des Verfahrens vor Verwaltungsgericht von CHF 2000.00 zu bezahlen, welche mit dem geleisteten Kostenvorschuss in derselben Höhe verrechnet werden.
3. Parteientschädigungen werden keine gesprochen.
Rechtsmittel: Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen seit Eröffnung des begründeten Urteils beim Bundesgericht Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten eingereicht werden (Adresse: 1000 Lausanne 14). Die Frist wird durch rechtzeitige Aufgabe bei der Schweizerischen Post gewahrt. Die Frist ist nicht erstreckbar. Die Beschwerdeschrift hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift des Beschwerdeführers seines Vertreters zu enthalten. Für die weiteren Voraussetzungen sind die Bestimmungen des Bundesgerichtsgesetzes massgeblich.
Im Namen des Verwaltungsgerichts
Die Präsidentin Der Gerichtsschreiber
Scherrer Reber Schaad
Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.
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