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Urteil Verwaltungsgericht (SO - VWBES.2017.416)

Zusammenfassung des Urteils VWBES.2017.416: Verwaltungsgericht

Das Verwaltungsgericht entscheidet über ein Revisionsgesuch bezüglich des Projekts `Windkraft Grenchen` auf dem Grenchenberg. Die Gesuchsteller argumentieren, dass neue Informationen über Grundwasserschutzzonen das Risiko für Trinkwasser gefährden könnten. Trotzdem wird das Revisionsgesuch abgewiesen, da die Legitimation der Gesuchsteller bereits im Vorverfahren in Frage gestellt wurde. Das Verwaltungsgericht entscheidet, dass die Gesuchsteller die Verfahrenskosten von CHF 1'520.00 tragen müssen.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts VWBES.2017.416

Kanton:SO
Fallnummer:VWBES.2017.416
Instanz:Verwaltungsgericht
Abteilung:-
Verwaltungsgericht Entscheid VWBES.2017.416 vom 08.11.2017 (SO)
Datum:08.11.2017
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Revisionsgesuch
Schlagwörter: Grenchen; Gericht; Gesuchsteller; Revision; Urteil; Verwaltungsgericht; Grenchenberg; Entscheid; Projekt; Bundesgericht; Trinkwasser; Schutz; Verfahren; Beweis; Schutzzonen; Tatsache; Revisionsgesuch; Windpark; Urteils; Tatsachen; Beweismittel; Verfahren; Stadt; Windenergieanlage; Regierungsrat; Grundwasserschutzzonen; Revisionsbegehren; Verfahrens; Schweizerischen
Rechtsnorm:-
Referenz BGE:-
Kommentar:
-

Entscheid des Verwaltungsgerichts VWBES.2017.416

Urteil vom 8. November 2017

Es wirken mit:

Präsidentin Scherrer Reber

Oberrichter Müller

Oberrichter Stöckli

Gerichtsschreiber Schaad

In Sachen

A.___ und Mitbeteiligte vertreten durch Fürsprecherin Annemarie Lehmann-Schoop, Bern

Gesuchsteller

gegen

1. Bauund Justizdepartement, Solothurn,

2. Einwohnergemeinde der Stadt Grenchen, Grenchen, vertreten durch Rechtsdienst der Stadt Grenchen,

3. SWG, Grenchen,

Gesuchsgegner

betreffend Revisionsgesuch / Beschwerdelegitimation / Windenergieanlage


zieht das Verwaltungsgericht in Erwägung:

I.

1. Die städtischen Werke Grenchen (SWG) möchten auf dem Grenchenberg einen Windpark unter dem Titel «Projekt Windkraft Grenchen» errichten. Das Projekt sieht die Errichtung von total sechs Windenergieanlagen (WEA) auf dem Grenchenberg vor. Die Windenergieanlagen haben eine Masthöhe von maximal 99 m und einen Rotordurchmesser vom maximal 120 m (UVB-Hauptuntersuchung, Version vom 28. Juli 2015, S. 12).

2. Dem Regierungsrat wurden entsprechende kommunale Teilzonenund Gestaltungspläne sowie vier Erschliessungspläne zur Genehmigung eingereicht. Gegen die Planbeschlüsse der Stadt gingen zwei Beschwerden ein, darunter diejenige von A.___ . Mit Beschluss Nr. 2017/58 vom 10. Januar 2017 trat der Regierungsrat auf diese Beschwerde nicht ein. Das Verwaltungsgericht schützte diesen Entscheid mit Urteil VWBES.2017.36 vom 6. April 2017. Dagegen gelangten die 152 Beschwerdeführer ans Bundesgericht. Dieses Verfahren ist noch hängig.

3. Mit Eingabe vom 12. Oktober 2017 ersuchten A.___ das Verwaltungsgericht um Revision seines Urteils vom 6. April 2017. Sie beantragten die Aufhebung des genannten Urteils, Gutheissung ihrer Beschwerde vom 23. Januar 2017 und Rückweisung der Angelegenheit zur materiellen Weiterbehandlung an den Regierungsrat. Die Gesuchsteller machten im Wesentlichen geltend, unterdessen erfahren zu haben, dass sich auf dem Grenchenberg mindestens drei Grundwasserschutzzonen S1 und zwei S2 befänden. Ein grosser Teil des Berges liege in der S3. Zwei S1-Zonen tangierten das Projekt Windpark Grenchen, seien aber bei der bisherigen Prüfung des Vorhabens nicht berücksichtigt worden.

4. Gleichzeitig mit dem Revisionsbegehren stellten die Gesuchsteller dem Bundesgericht Antrag auf Sistierung des dort hängigen Verfahrens.

5. Das Verwaltungsgericht hat auf die Einholung von Vernehmlassungen verzichtet.

II.

1. Nach § 73 des Verwaltungsrechtspflegegesetzes (VRG, BGS 124.11) ist gegen Urteile der Verwaltungsgerichtsbehörden die Revision aus den in der Schweizerischen Zivilprozessordnung genannten Gründen und während der dort genannten Fristen zulässig. Nach Art. 328 Abs. 1 der Zivilprozessordnung (ZPO, SR 272) kann eine Partei beim Gericht, welches als letzte Instanz in der Sache entschieden hat, die Revision des rechtskräftigen Entscheids verlangen, wenn:

a. sie nachträglich erhebliche Tatsachen erfährt entscheidende Beweismittel findet, die sie im früheren Verfahren nicht beibringen konnte; ausgeschlossen sind Tatsachen und Beweismittel, die erst nach dem Entscheid entstanden sind;

b. ein Strafverfahren ergeben hat, dass durch ein Verbrechen ein Vergehen zum Nachteil der betreffenden Partei auf den Entscheid eingewirkt wurde; eine Verurteilung durch das Strafgericht ist nicht erforderlich; ist das Strafverfahren nicht durchführbar, so kann der Beweis auf andere Weise erbracht werden;

c. geltend gemacht wird, dass die Klageanerkennung, der Klagerückzug der gerichtliche Vergleich unwirksam ist.

Das Revisionsgesuch ist innert 90 Tagen seit Entdeckung des Revisionsgrunds schriftlich und begründet einzureichen.

2.1 Die Gesuchsteller stützen sich auf Art. 328 Abs. 1 lit. a ZPO und machen geltend, sie hätten am 22. September 2017 von einem ehemaligen Mitarbeiter der SWG erfahren, dass zwischen 1999 und 2004 auf dem Grenchenberg zahlreiche Markierversuche stattgefunden hätten. Damit seien die Grundwasserschutzzonen auf dem Grenchenberg überprüft worden. Die Ergebnisse hätten zur Ausscheidung und Kennzeichnung von neuen Schutzzonen durch die SWG und den Kanton geführt. Nach Aussagen dieses Mitarbeiters befänden sich auf dem Grenchenberg mindestens drei Grundwasserschutzzonen S1 und zwei S2. Die neuen Tatsachen und Beweismittel belegen nach Ansicht der Gesuchsteller, dass entgegen den Ausführungen im Urteil vom 6. April 2017 die Wahrscheinlichkeit einer Trinkwassergefährdung nicht als sehr gering bezeichnet werden könne. Vielmehr gehe vom Projekt Windpark Grenchen, insbesondere von der geplanten Erschliessung, ein generelles Gefährdungspotential aus, das es zu Gunsten der Gesuchsteller zu berücksichtigen gelte.

2.2 Davon ausgehend, dass die Gesuchsteller am 22. September 2017 erstmals von weiteren Schutzzonen auf dem Grenchenberg erfahren haben, ist ihr Revisionsbegehren zwar formund fristgerecht eingereicht worden. Das Verwaltungsgericht hatte die Beschwerde im April 2017 aber abgewiesen, weil es die Legitimation der heutigen Gesuchsteller und damaligen Beschwerdeführer als nicht gegeben erachtet hatte. Daran ändert auch das neue Vorbringen nichts, wonach auf dem Grenchenberg auch drei Schutzzonen der S1 beständen. Die Zone S1 umfasst die unmittelbare Umgebung einer Grundwasserfassung beziehungsweise einer Anlage zur Grundwasseranreicherung. Sie erstreckt sich in einem Radius von mindestens 10 Metern um die Fassung und die Fassungsstränge. In der S1 sind ausschliesslich Eingriffe und Tätigkeiten erlaubt, die der Trinkwasserversorgung dienen. Dadurch sollen Beschädigungen der Anlage direkte Verschmutzungen des gefassten Wassers verhindert werden (vgl. Anhang 4 Ziff. 122 der Schweizerischen Gewässerschutzverordnung, GSchV, SR 814.201). Die E. 3.3 des beanstandeten Urteils hat in dieser Hinsicht unverändert Geltung. Dass die projektierte Anlage mit Sicherheit grosser Wahrscheinlichkeit zu einer Trinkwassergefährdung für die Gesuchsteller führen könnte, nur weil sie sich auf zwei (resp. drei) zusätzliche, angeblich bis jetzt verschwiegene Schutzzonen S1 berufen, ist nicht nachvollziehbar. Dadurch wird noch keine besondere Beziehungsnähe der Gesuchsteller zum von ihnen bekämpften Projekt geschaffen. Sie führen selber aus, es bezögen rund 30'000 Personen Trinkwasser aus dem Gebiet des Grenchenbergs. Warum die Gesuchsteller nun mehr als der Rest der dortigen Bevölkerung vom Projekt Windpark betroffen sein sollten, wird noch immer nicht dargetan. Die Betroffenheit als Trinkwasserbezüger hatten sie bereits im Vorverfahren geltend gemacht. Wie die Zonen zum Schutz des Trinkwassers einst ausgeschieden wurden, ist für die Frage der Legitimation nicht relevant.

2.3 Die Gesuchsteller bemängeln das geltende Schutzzonenreglement als bundesrechtswidrig und machen wiederum zahlreiche Ausführungen materieller Natur. Damit sind sie auch im Revisionsverfahren nicht zu hören. Sie vermögen nicht darzutun, dass die neu entdeckten Tatsachen geeignet wären, die tatsächliche Grundlage des angefochtenen Entscheids zu verändern und bei zutreffender rechtlicher Würdigung zu einer anderen Entscheidung zu führen (vgl. Urteil 4F_1/2007 des Bundesgerichts vom 13. März 2007 E. 7). Ob es sich überhaupt um eine neue Tatsache handelt, die den Gesuchstellern trotz hinreichender Sorgfalt nicht bekannt sein konnte (vgl. René Rhinow / Heinrich Koller / Christina Kiss / Daniela Thurnherr / Denise Brühl-Moser, Öffentliches Prozessrecht, 3. Aufl., Basel 2014, N 1400), kann hier offen bleiben. Das Revisionsbegehren ist jedenfalls abzuweisen.

3. Das Revisionsgesuch erweist sich somit als unbegründet, es ist abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Bei diesem Ausgang haben die Gesuchsteller die Kosten des Verfahrens vor Verwaltungsgericht zu bezahlen, die einschliesslich der Entscheidgebühr auf CHF 1'520.00 festzusetzen sind.

Demnach wird erkannt:

1.    Das Revisionsgesuch wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.    A.___ haben die Kosten des Verfahrens vor Verwaltungsgericht von CHF 1'520.00 zu bezahlen.

Rechtsmittel: Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen seit Eröffnung des begründeten Urteils beim Bundesgericht Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten eingereicht werden (Adresse: 1000 Lausanne 14). Die Frist wird durch rechtzeitige Aufgabe bei der Schweizerischen Post gewahrt. Die Frist ist nicht erstreckbar. Die Beschwerdeschrift hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift des Beschwerdeführers seines Vertreters zu enthalten. Für die weiteren Voraussetzungen sind die Bestimmungen des Bundesgerichtsgesetzes massgeblich.

Im Namen des Verwaltungsgerichts

Die Präsidentin Der Gerichtsschreiber

Scherrer Reber Schaad

Das vorliegende Urteil wurde vom Bundesgericht mit Urteil 1C_263/2017, 1C_677/2017 vom 20. April 2018 bestätigt.



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Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

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