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Urteil Verwaltungsgericht (SO - VWBES.2017.362)

Zusammenfassung des Urteils VWBES.2017.362: Verwaltungsgericht

Die A.___ reichte ein Baugesuch für den Abbruch und Neubau von Gebäuden ein. Nachdem das Bau-, Werk- und Planungsdepartement die Baubewilligung aufgrund von Verletzungen der Bauvorschriften aufhob, erhob die A.___ Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das Verwaltungsgericht entschied, dass die Gebäudehöhe der neuen Gebäude den zulässigen Höhen entspricht und hob die Entscheidung des Departements auf. Die Kosten des Verfahrens vor Verwaltungsgericht in Höhe von CHF 2000.00 sind von C.___ zu tragen. Die Parteientschädigung für die obsiegende A.___ beträgt CHF 1'800.00 und ist ebenfalls von C.___ zu bezahlen.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts VWBES.2017.362

Kanton:SO
Fallnummer:VWBES.2017.362
Instanz:Verwaltungsgericht
Abteilung:-
Verwaltungsgericht Entscheid VWBES.2017.362 vom 11.12.2018 (SO)
Datum:11.12.2018
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Baubewilligung
Schlagwörter: Gebäude; Beschwerde; Gebäudehöhe; Baubewilligung; Verfahren; Fassade; Verwaltungsgericht; Recht; Entscheid; Vorinstanz; Justizdepartement; Planungskommission; Berechnung; Fassaden; Höhen; Ausnützungsziffer; Untergeschoss; Beschwerdegegner; Gemeinde; Terrain; Erwägung; Urteil; Verfügung; Parteien; Oberkante; Baubehörde; Nullniveau; Linie; Erdgeschoss
Rechtsnorm:-
Referenz BGE:-
Kommentar:
-

Entscheid des Verwaltungsgerichts VWBES.2017.362

Urteil vom 11. Dezember 2018

Es wirken mit:

Präsidentin Scherrer Reber

Oberrichter Stöckli

Ersatzrichter Vögeli

Gerichtsschreiber Schaad

In Sachen

A.___ vertreten durch Rechtsanwalt Roland Müller

Beschwerdeführerin

gegen

1. Bauund Justizdepartement,

2. Bau-, Werkund Planungskommission der Einwohnergemeinde B.___

3. C.___

Beschwerdegegner

betreffend Baubewilligung


zieht das Verwaltungsgericht in Erwägung:

I.

1. Die A.___ reichte der Bau-, Werkund Planungskommission der Einwohnergemeinde B.___ ein Baugesuch für den Abbruch von zwei Bauten und den Neubau von zwei Gebäuden (Haus A und Haus B) auf Grundstück GB B.___ ein. Nach erfolgter Publikation erteilte die Bau-, Werkund Planungskommission mit Verfügung vom 19. Januar 2017) die Baubewilligung und wies die Einsprachen ab. Auf Beschwerde von C.___ hin hob das Bauund Justizdepartement mit Entscheid vom 12. September 2017die Baubewilligung wegen Verletzung materieller Bauvorschriften, konkret wegen jeweiliger Überschreitung der in der betreffenden Zone zulässigen Gebäudehöhe, auf.

2. Am 21. September 2017 erhob die A.___ dagegen Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Der Hauptantrag lautete, die Departementalverfügung sei aufzuheben, und die Baubewilligung sei zu bestätigen. In seiner Vernehmlassung vom 15. November 2017 beantragte das Bauund Justizdepartement Beschwerdeabweisung unter Kostenfolge. C.___ beteiligte sich am Verfahren und beantragte in seiner Vernehmlassung ebenfalls Beschwerdeabweisung unter Kostenfolge. Die Bau-, Werkund Planungskommission der Einwohnergemeinde B.___ verzichtete auf eine weitere Stellungnahme. Mit Eingabe vom 21. Januar 2018 reichte die Beschwerdeführerin eine Stellungnahme zu den eingereichten Vernehmlassungen ein.

3. Auf die weiteren Ausführungen und Beweismittel der Parteien in ihren Rechtsschriften wird im Folgenden, soweit notwendig, eingegangen.

II.

1. Die Beschwerde ist fristund formgerecht erhoben worden. Sie ist zulässiges Rechtsmittel und das Verwaltungsgericht ist zur Beurteilung zuständig (vgl. § 49 Gerichtsorganisationsgesetz, GO, BGS 125.12). Die Beschwerdeführerin ist durch den angefochtenen Entscheid beschwert und damit zur Beschwerde legitimiert. Auf die Beschwerde ist einzutreten.

2. Strittig ist insbesondere die Gebäudehöhe bzw. deren Berechnungsart.

2.1 Unbestritten ist, dass sich Haus A in der Kernzone K2 und Haus B in der Wohnzone W2a befindet. In der reinen Wohnzone W2a sind gemäss § 4 Abs. 3 des Zonenreglementes der Gemeinde B.___ (ZR) zwei Vollgeschosse und eine Maximalhöhe von 7.5 m zulässig. Demgegenüber gilt gemäss § 10 Abs. 2 ZR, dass in der Kernzone K2 reine Wohngebäude max. zwei Vollgeschosse und eine Gebäudehöhe von 7.5 m aufweisen dürfen, während bei gemischt genutzten Gebäuden mit mind. einem Geschoss Nichtwohnnutzung auch drei Vollgeschosse zulässig sind und die maximale Gebäudehöhe hier 10.5 m beträgt.

2.2 Das Zonenreglement der Gemeinde B.___ (ZR) trat mit Genehmigung des Regierungsrates am 28. Februar 2000 in Kraft (RRB Nr. 450), wobei die späteren Teilrevisionen nicht die §§ 4 und 10 ZR betrafen, sodass die dort definierten maximalen Gebäudehöhen seit dem Jahr 2000 Geltung beanspruchen.

Die Beschwerdeführerin beruft sich auf § 70 Abs. 1 und 2 der Kantonalen Bauverordnung (KBV, BGS 711.61). Gemäss Abs. 2 dieser Übergangsbestimmung, die am 1. März 2013 in Kraft trat, werden Gemeindereglemente aufgehoben, soweit sie der KBV widersprechen, wobei unter anderem die Höhenbegrenzungen der (früheren) §§ 18 und 19 sowie die Anhänge I - III bis zur Revision der Zonenpläne in Kraft bleiben. Da seit Inkrafttreten der Übergangsbestimmung der Zonenplan in B.___ noch nicht revidiert worden ist, gelten derzeit noch die altrechtlichen Regelungen der KBV zur Höhenbestimmung.

2.3 Die altrechtliche Gebäudehöhe definiert sich als Höhendifferenz zwischen dem gewachsenen tiefer gelegten Terrain (massgebendes Terrain) und dem Schnittpunkt der Fassadenflucht mit der Oberkante der Dachfläche (Art. 18 Abs. 2 aKBV sowie aAnhang I, Abbildung 5). Da die Dachneigung überall 45° weniger beträgt, sind diesbezüglich zur Bestimmung der Gebäudehöhe keine Besonderheiten zu beachten.

Als massgebendes Terrain gilt der natürlich gewachsene Geländeverlauf. Kann dieser infolge früherer Abgrabungen und Aufschüttungen nicht mehr festgestellt werden, ist vom natürlichen Geländeverlauf der Umgebung auszugehen (§ 16bis KBV KBV). Das massgebende Terrain ist im vorliegenden Fall unbestritten.

Gemäss § 18 Abs. 4 aKBV gilt, dass bei der Berechnung der Gebäudehöhe Giebelfelder und kleinere Terrainvertiefungen (wie einzelne Hauseingänge, Garageneinfahrten, Lichtund Lüftungsschächte) nicht mitgerechnet werden.

2.4 Nach dem in diesem Punkt klaren Anhang I (Abb. 9) zur alten KBV, den entsprechenden Richtlinien des Bauund Justizdepartementes und den zugehörigen Veröffentlichungen wird die Gebäudelänge bei rückspringenden Fassaden, solange diese weniger als 45° betragen, bis zum Ende des rückspringenden Fassadenteils gemessen. Mit anderen Worten: Ist der Rücksprung kleiner als die Fassadenlänge des zurückversetzten Gebäudeteils, so muss dieser Teil zur Gebäudelänge der vorderen Baute hinzugerechnet werden und umgekehrt. Diese Länge gilt als Fassadenlänge, von welcher der Grenzabstand zur Grundstücksgrenze zu messen ist.

Das BJD hat dies unlängst in seiner Dokumentation zu den Baukonferenzen von November 2017 explizit festgehalten (in Baukonferenzen November 2017 vom März 2018, S. 27 oben, Abbildung oben links, veröffentlicht unter https://www.so.ch/online-schalter/downloadcenter/#?category=10&keyword=mitteilungsblatt_Baukonferenzen_2017.pdf).

2.5 Beim hier zur Diskussion stehenden Gebäude liegt genau die dort beschriebene bzw. gezeichnete Situation vor. Entgegen der im vorliegenden Beschwerdeverfahren vertretenen Auffassung der Vorinstanz, die zur KBV und deren Anhang in offensichtlichem Widerspruch steht, endet die Fassade nicht am Punkt, an welchem der Rücksprung beginnt (gelber Pfeil im Plan auf Seite 3 der angefochtenen Verfügung), sondern erst am abgewinkelten Eckpunkt zur Ostbzw. Westfassade, sodass die Gebäudehöhe beim Haus A jeweils um 3.175 m (resp. beim Haus B jeweils 1.4 m, siehe Plan Dachgeschoss, Plan Nr. 079-006) weiter westlich (Westseite ist höher als Ostseite) zu messen ist, wie dies sowohl die Grundeigentümerin bzw. deren Architekt und die erstinstanzlichen Baubehörde gemacht haben. Das Gebäude hat insgesamt nicht acht Fassaden, wie klar aus den Grundrissen hervorgeht, sondern vier, wobei diejenige auf der Südseite beidseitig leicht abgewinkelt ist.

Misst man im für die Höhen massgebenden Plan 079-009 an den so festgelegten Fassadeaussenseiten (Flucht), beträgt die Gebäudehöhe beim Haus A 9.4 m und jene beim Haus B 7.5 m. Die Maximalhöhen beider Häuser werden daher eingehalten.

Die Beschwerde erweist sich in diesem Punkt demnach als begründet und ist gutzuheissen.

3. Die Vorinstanz hat sich zu den übrigen bei ihr gerügten Rechtsverletzungen in ihren weiteren Erwägungen ausführlich geäussert.

3.1 So in Erwägung 4.2 zu den Dachaufbauten. Ihren diesbezüglichen Überlegungen kann vollumfänglich zugestimmt und darauf verwiesen werden. Die Dachaufbauten erfüllen die Vorgaben des kantonalen Rechts vollumfänglich.

3.2 In Erwägung 4.1 hat die Vorinstanz einen Fehler bei der Berechnung der anrechenbaren Bruttogeschossfläche und folglich bei der Ausnützungsziffer eruiert, aber weil ohnehin eine Aufhebung der Baubewilligung erfolgen müsse offengelassen, ob bei korrekter Berechnung die maximale Ausnützungsziffer eingehalten würde. Eine Rückweisung zum förmlichen Entscheid über diese Frage wäre jedoch unverhältnismässig, zumal es zu einem Leerlauf käme, da bei der strittigen Frage, ob beim Haus A für die Berechnung von Bruttogeschossfläche bei Untergeschossen im Rahmen von Art. 17 aKBV und folglich auch der Ausnützungsziffer effektiv ab der massgebenden Oberkante der rohen Betondecke (ohne darüber liegendem Fussbodenaufbau) ausgegangen worden ob die Fläche fälschlicherweise ab der Unterkante berechnet worden ist, die Vorinstanz offensichtlich von einer falschen Annahme ausgegangen ist.

Betrachtet man den Plan Nr. 079-008 (Schnitt A-A, Haus A), so ergibt sich ab dem Nullniveau des Erdgeschosses (Oberkante des fertigen Fussbodens) bis zur Oberfläche des Untergeschosses eine Höhendifferenz von total -2.88 m. Das Nullniveau und dieselbe Höhendifferenz ist im Plan Nr. 079-010 (Haus A+B Fassade Nord) gekennzeichnet. Zieht man dort die Linie des Nullniveaus weiter, wird ersichtlich, dass die gestrichelte Linie, welche das BJD als Unterkante des Untergeschosses betrachtete, 13 cm unterhalb des Nullniveaus verläuft. Wieder zurück zu Plan 079-008 belegt dies, dass die gestrichelte Linie (im Plan Nr. 079-010) innerhalb des 36 cm dicken Zwischenbodens zwischen Untergeschoss und Erdgeschoss liegt. Dieser Zwischenboden teilt sich auf in die effektive rohe Betondecke zwischen Untergeschoss und Erdgeschoss (23 cm dick) und den Fussbodenaufbau des Erdgeschosses (Isolation, Unterlagsboden und Bodenbelag, total 13 cm dick).

Die gestrichelte Linie im Plan Nr. 079-010 stellt somit tatsächlich die Oberkante der rohen Betondecke des Untergeschosses dar, weshalb die Beschwerdeführerin und die bewilligende Gemeinde von zutreffenden Annahmen ausgegangen sind und die Messungen ab den richtigen Stellen vorgenommen haben. Die Vorinstanz hat nur aufgrund der unzutreffenden Interpretation der Pläne auf eine Falschberechnung der Bruttogeschossfläche und eine mögliche Verletzung der Ausnützungsziffer geschlossen; weitere Gründe sind weder angeführt noch ersichtlich. Der private Beschwerdegegner bezieht sich bei seiner Argumentation auf die erst künftig nach der Ortsplanungsrevision in Kraft tretende Fassung von § 17 KBV. Die Berechnung der Ausnützungsziffer durch die Bauherrin und die örtliche Baubehörde ist somit nicht zu beanstanden und deren zulässiger Maximalwert wird nicht überschritten, sodass die konkrete Ausnützungsziffer einer Baubewilligung nicht entgegensteht.

3.3 Die Vorinstanz hat sich in Erwägung 5 ihres Entscheides auch zu den angeblichen Verfahrensfehlern geäussert, welche die örtliche Baubehörde begangen haben soll. Sie hat diese völlig zu Recht verneint, wozu auf ihre Ausführungen verwiesen werden kann: Die Publikation des Baugesuches erfolgte korrekt und die Baubehörde hat ihren Entscheid innert Frist und korrekt eröffnet.

Zu Recht ist die Vorinstanz nicht darauf eingegangen, ob die in der Gemeinde involvierten Personen geeignet seien, Baugesuche professionell abzuwickeln. Wie das Ergebnis zeigt, haben die lokalen Behörden sowohl das Verfahren richtig abgewickelt wie auch das massgebende kommunale und kantonale Baurecht richtig angewendet.

4. Da Rechtsfragen im Raum standen und es um das korrekte Lesen und Beurteilen der eingereichten Pläne ging, konnte auf den von der Beschwerdeführerin verlangten Augenschein verzichtet werden.

5. Die Beschwerde erweist sich als begründet und ist gutzuheissen. Die Verfügung des Bauund Justizdepartementes vom 12. September 2017 ist aufzuheben und die Baubewilligung der Bau-, Werkund Planungskommission B.___ vom 19. Januar 2017 ist zu bestätigen.

6. Gemäss § 77 des Verwaltungsrechtspflegegesetzes (VRG, BGS 124.11) werden die Prozesskosten (Gerichtsund Parteikosten) in sinngemässer Anwendung der Artikel 106-109 der Schweizerischen Zivilprozessordnung auferlegt. Den am verwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren beteiligten Behörden werden in der Regel keine Verfahrenskosten auferlegt und keine Parteientschädigungen zugesprochen.

Der private Beschwerdegegner und Einsprecher C.___ hat sich ausdrücklich am verwaltungsgerichtlichen Verfahren beteiligt. Er unterliegt vollumfänglich, da die Beschwerde gutgeheissen und die Baubewilligung erteilt wird.

Entsprechend dem Ausgang hat der Beschwerdegegner C.___ deshalb die Kosten des Verfahrens vor Verwaltungsgericht zu bezahlen, die einschliesslich der Entscheidgebühr auf CHF 2000.00 festzusetzen sind.

Die obsiegende Beschwerdeführerin A.___ macht eine Parteientschädigung geltend, welche für das Verfahren vor Verwaltungsgericht ermessensweise auf CHF 1'800.00 (inkl. Auslagen und MWST) festzulegen und vom Beschwerdegegner C.___ zu bezahlen ist.

Demnach wird erkannt:

1. In Gutheissung der Beschwerde der A.___ wird die Verfügung Nr. 2017/9 des Bauund Justizdepartementes vom 12. September 2017 aufgehoben und die Baubewilligung der Bau-, Werkund Planungskommission B.___ vom 19. Januar 2017 bestätigt.

2. C.___ hat die Kosten für das Verfahren vor Verwaltungsgericht von CHF 2000.00 zu bezahlen.

3. C.___ hat der A.___ für das Verfahren vor Verwaltungsgericht eine Parteientschädigung von CHF 1'800.00 zu bezahlen.

Rechtsmittel: Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen seit Eröffnung des begründeten Urteils beim Bundesgericht Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten eingereicht werden (Adresse: 1000 Lausanne 14). Die Frist wird durch rechtzeitige Aufgabe bei der Schweizerischen Post gewahrt. Die Frist ist nicht erstreckbar. Die Beschwerdeschrift hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift des Beschwerdeführers seines Vertreters zu enthalten. Für die weiteren Voraussetzungen sind die Bestimmungen des Bundesgerichtsgesetzes massgeblich.


Im Namen des Verwaltungsgerichts

Die Präsidentin Der Gerichtsschreiber

Scherrer Reber Schaad

Das vorliegende Urteil wurde vom Bundesgericht mit Urteil 1C_13/2019 vom 19. Juni 2019 bestätigt.



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