Zusammenfassung des Urteils VWBES.2017.207: Verwaltungsgericht
Eine junge Frau namens A.___ wurde von ihrem damaligen Freund angegriffen und schwer verletzt. Der Täter wurde für versuchte vorsätzliche Tötung verurteilt und zur Zahlung einer Genugtuung von CHF 30'000 verpflichtet. Nach einem Antrag auf Opferhilfe wurde die Genugtuung auf CHF 7'000 reduziert, woraufhin A.___ Beschwerde einreichte und eine höhere Genugtuung von CHF 12'000 forderte. Das Verwaltungsgericht wies die Beschwerde ab und bestätigte die Genugtuung von CHF 7'000 als angemessen.
| Kanton: | SO |
| Fallnummer: | VWBES.2017.207 |
| Instanz: | Verwaltungsgericht |
| Abteilung: | - |
| Datum: | 11.12.2017 |
| Rechtskraft: | - |
| Leitsatz/Stichwort: | Opferhilfe |
| Schlagwörter: | Opfer; Genugtuung; Gericht; Beeinträchtigung; Opferhilfe; Brust; Stich; Stichverletzung; Verwaltung; Verletzung; Urteil; Stichverletzungen; Täter; Entscheid; Behörde; Vorinstanz; Verwaltungsgericht; Beschwerde; Bemessung; Bereich; Woche; Gesicht; Höhe; Parteien; Opferhilfegesetz |
| Rechtsnorm: | Art. 47 OR ;Art. 61 StGB ; |
| Referenz BGE: | 123 II 210; 124 II 8; 125 II 169; 128 II 49; 129 II 312; 132 II 117; 136 I 229; |
| Kommentar: | Peter Gomm, Dominik Zehntner, Kommentar zum Opferhilfegesetz, Art. 23, 2009 |
Es wirken mit:
Präsidentin Scherrer Reber
Oberrichter Müller
Oberrichter Stöckli
Gerichtsschreiberin Gottesman
In Sachen
A.___ vertreten durch Rechtsanwältin Andrea Stäuble Dietrich,
Beschwerdeführerin
gegen
Departement des Innern, vertreten durch Amt für soziale Sicherheit,
Beschwerdegegner
betreffend Opferhilfe
zieht das Verwaltungsgericht in Erwägung:
I.
1. Am Abend des 28. Juli 2013 wurde A.___ (geb. 25. August 1996, nachfolgend Beschwerdeführerin genannt) im Garten ihres Elternhauses von ihrem damaligen Freund B.___ (geb. 26. Dezember 1994) angegriffen. Dieser fügte ihr mit einem Küchenmesser fünf Stichverletzungen am Oberkörper und eine Schnittverletzung im Gesicht zu.
2. Die Strafabteilung des Amtsgerichts Olten-Gösgen sprach den Täter mit Urteil vom 12. Mai 2016 der versuchten vorsätzlichen Tötung gemäss Art. 111 i.V.m. Art. 22 Schweizerisches Strafgesetzbuch (StGB, SR 311.0) schuldig und bestrafte ihn mit einer Freiheitsstrafe von acht Jahren, aufgeschoben zu Gunsten einer Massnahme für junge Erwachsene gemäss Art. 61 StGB (Dispositiv-Ziffer 1, 2 und 3). Das Gericht verpflichtete den Täter zudem, der Beschwerdeführerin eine Genugtuung von CHF 30'000.00 nebst Zins zu 5% seit 28. Juli 2013 zu bezahlen (Dispositiv-Ziffer 7). Infolge Rückzug der dagegen erhobenen Berufung erwuchs dieses Urteil in Rechtskraft.
3. Am 23. Februar 2017 stellte die Beschwerdeführerin, v.d. Rechtsanwältin Andrea Stäuble Dietrich, bei der Fachstelle Opferhilfe ein Gesuch um Zusprechung einer Genugtuung in der Höhe von CHF 30'000.00.
4. Mit Schreiben vom 10. März 2017 bat die Fachstelle Opferhilfe die Rechtsvertreterin, betreffend die psychischen Beeinträchtigungen einen allfälligen Therapiebericht andere Unterlagen zuzusenden. Am 30. März 2017 teilte die Rechtsvertreterin der Beschwerdeführerin mit, sie es seien keine weiteren Unterlagen betreffend psychischer Beeinträchtigung vorhanden. Tatsache sei jedoch, dass die Beschwerdeführerin durch die Tat psychisch stark beeinträchtigt sei, was angesichts der Intensität und der Umstände der Tat nachvollziehbar sei.
5. Mit Verfügung vom 29. Mai 2017 hiess die Fachstelle Opferhilfe das Gesuch um Ausrichtung einer Genugtuung im Umfang von CHF 7'000.00 teilweise gut und wies es im Mehrbetrag ab. Der Betrag wurde mit Blick auf die in vergleichbaren Fällen zugesprochenen Beträge festgesetzt.
6. Dagegen wandte sich die Beschwerdeführerin, v.d. Rechtsanwältin Andrea Stäuble Dietrich, am 8. Juni 2017 an das Verwaltungsgericht und stellte folgende Rechtsbegehren in der Sache:
1. Die Verfügung vom 29.5.2017 sei aufzuheben.
2. Der Beschwerdeführerin sei eine opferhilferechtliche Genugtuung von CHF 12'000.00 auszurichten.
3. Unter Kostenund Entschädigungsfolgen zu Lasten des Staates Solothurn
4. ( )
7. Das mit der Beschwerde gestellte Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wurde am 14. Juni 2017 zurückgezogen.
8. Mit Stellungnahme vom 29. Juni 2017 liess sich die Fachstelle Opferhilfe vernehmen. Sie schloss auf Abweisung der Beschwerde und machte ergänzende Bemerkungen.
9. Für die weiteren Ausführungen der Parteien wird auf die Akten verwiesen; soweit erforderlich, ist im Folgenden darauf einzugehen.
II.
1. Die Beschwerde ist fristund formgerecht erhoben worden. Sie ist zulässiges Rechtsmittel und das Verwaltungsgericht zur Beurteilung zuständig (vgl. § 159 Sozialgesetz, SG BGS 831.1 sowie § 49 Gerichtsorganisationsgesetz, GO, BGS 125.12). A.___ ist durch den angefochtenen Entscheid beschwert und damit zur Beschwerde legitimiert. Auf die Beschwerde ist einzutreten.
2. Die Beschwerdeführerin beantragt die Edition der Strafakten. Gemäss § 52 Abs. 1 Gesetz über den Rechtsschutz in Verwaltungssachen (VRG, BGS 124.11) sind die Verwaltungsgerichtsbehörden nicht an die Beweisanträge der Parteien gebunden. Sie können von Amtes wegen Beweiserhebungen anordnen. Vorliegend geht der Sachverhalt genügend klar aus den Akten hervor. Es ist nicht ersichtlich, welche zusätzlichen Erkenntnisse, die nicht bereits Eingang in Rechtsschriften und Akten gefunden haben, aus den Strafakten hervorgehen könnten. Vom entsprechenden Beweisantrag kann somit in antizipierter Beweiswürdigung ohne Verletzung des rechtlichen Gehörs abgesehen werden (vgl. BGE 136 I 229 E. 5.3 mit Hinweisen).
3.1 Gemäss Art. 1 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die Hilfe an Opfer von Straftaten (OHG; SR 312.5) hat jede Person, die durch eine Straftat in ihrer körperlichen, psychischen sexuellen Integrität unmittelbar beeinträchtigt worden ist (Opfer), Anspruch auf Unterstützung nach diesem Gesetz (Opferhilfe). Gestützt auf das Urteil des Amtsgerichts von Olten-Gösgen vom 12. Mai 2016 steht fest, dass die Beschwerdeführerin Opfer einer Straftat nach dem Opferhilfegesetz wurde. Das Gesuch um Genugtuung aus dem Opferhilfegesetz wurde zudem rechtzeitig gestellt (vgl. Art. 25 Abs. 1 OHG).
3.2 Gemäss Art. 22 Abs. 1 OHG haben das Opfer und seine Angehörigen Anspruch auf eine Genugtuung, wenn die Schwere der Beeinträchtigung es rechtfertigt; die Artikel 47 und 49 des Obligationenrechts sind sinngemäss anwendbar. Die Genugtuung wird nach der Schwere der Beeinträchtigung bemessen (Art. 23 Abs. 1 OHG). Sie beträgt höchstens (Abs. 2): 70000 Franken für das Opfer (lit. a) und 35000 Franken für Angehörige (lit. b).
3.3 Das Opferhilfegesetz enthält keine Bestimmungen über die Bemessung der Genugtuung. Nach der Rechtsprechung sind die von den Zivilgerichten entwickelten Bemessungsgrundsätze zu Art. 47 und 49 OR sinngemäss heranzuziehen (BGE 128 II 49 E. 4.1; 132 II 117, E. 2.2.1). Bei der Bemessung der Genugtuung hat die Behörde in erster Linie die Schwere der Beeinträchtigung zu gewichten. Unter Beeinträchtigung ist dabei, wie im Zivilrecht, die Verletzung der persönlichen Verhältnisse, bzw. das konkrete Ausmass des Eingriffes in die Persönlichkeitsrechte zu verstehen. Nicht massgeblich ist die Art der Straftat und das Verschulden der Täterin des Täters. Die Höhe der Summe, die als Abgeltung immaterieller Unbill in Frage kommt, lässt sich naturgemäss nicht errechnen, sondern nur schätzen. Die Festsetzung der Höhe der Genugtuung ist eine Entscheidung nach Billigkeit und lässt den kantonalen Behörden einen weiten Ermessensspielraum (vgl. Peter Gomm, in: Peter Gomm / Dominik Zehntner [Hrsg.], Kommentar zum Opferhilfegesetz, Bern 2009, Art. 23 N 5). Kriterien, welche den Genugtuungsanspruch erhöhen, aber auch reduzieren, ist ebenfalls angemessen Rechnung zu tragen. Zu gewichten sind als wichtigste Kriterien insbesondere die Leidenszeit, Dauerschmerzen, Komplikationen im Heilverlauf, besondere Auswirkungen auf Beruf, Freizeit und Familienleben, ästhetische Schäden, Pflegebedürftigkeit und Drittabhängigkeit bei besonders schwerer Invalidität. Konkret können das Alter des Opfers, die Dauer des Spitalaufenthalts, schmerzhafte Operationen, bleibende und entstellende Narben, die Auswirkungen auf das berufliche und das private Leben, die Intensität und Dauer der psychischen Folgen eine Rolle spielen (vgl. Peter Gomm, a.a.O., Art. 23 N 6).
3.4 Im Unterschied zum Zivilrecht besteht bei der Bemessung einer Genugtuung nach Opferhilferecht die Besonderheit, dass es sich bei dieser nicht um eine Leistung aus Verantwortlichkeit, sondern um eine staatliche Hilfeleistung handelt. Gemäss Rechtsprechung erreicht sie deshalb nicht automatisch die gleiche Höhe wie die zivilrechtliche, sondern kann unter Umständen davon abweichen gar wegfallen (BGE 128 II 49 E. 4.3 S. 55; BGE 125 II 169 E. 2b/bb und 2c S. 174 f.). Insbesondere kann berücksichtigt werden, dass die Genugtuung nicht vom Täter, sondern von der Allgemeinheit bezahlt wird. Dies kann namentlich dann eine Reduktion gegenüber der zivilrechtlichen Genugtuung rechtfertigen, wenn diese aufgrund von subjektiven, täterbezogenen Merkmalen (z.B. besonders skrupellose Art der Begehung der Straftat) erhöht worden ist (Urteile des Bundesgerichts 1A.235/2000 vom 21. Februar 2001, E. 3a; 1A.80/ 1998 vom 5. März 1999, E. 3c/cc; bestätigt in BGE 132 II 117, E. 2.2.4).
3.5 Gemäss der Rechtsprechung ist auf die Frage nach der Bindung einer Opferhilfeinstanz an einen Strafentscheid zu Zivilansprüchen die Rechtspraxis zum Verhältnis der Administrativzu den Strafbehörden im Bereiche des administrativen Führerausweisentzugs sinngemäss anzuwenden. Danach sind Administrativbehörden und Strafgericht aufgrund des Gewaltenteilungsprinzips gegenseitig grundsätzlich nicht an ihre Erkenntnisse gebunden, wobei - um sich widersprechende Entscheide zu vermeiden - die Verwaltungsbehörde immerhin gehalten ist, nicht ohne Not von den tatsächlichen Feststellungen der Strafbehörde abzuweichen, wenn aufgrund eingehender Sachverhaltsabklärungen und Beweisabnahmen - insbesondere wenn die Parteien und Zeugen direkt angehört wurden - ein Strafverfahren sachnäher ist (BGE 129 II 312 E. 2.4, 124 II 8 E. 3d/aa; 115 Ib 163 E. 2a je mit Hinweisen). In reinen Rechtsfragen ist die Verwaltungsbehörde hingegen nicht an die Beurteilung durch das Strafgericht gebunden, da sie sonst in ihrer freien Rechtsanwendung beschränkt würde (BGE 124 II 8 E. 3d/aa; 115 Ib 163 E. 2a mit Hinweisen; Urteil des Bundesgerichts 1A.208/2002 vom 12. Juni 2003 E. 2.2).
4. Der Leitfaden zur Bemessung der Genugtuung nach Opferhilfegesetz des Bundesamtes für Justiz, 2008 (abrufbar unter: «https://www.bj.admin.ch/bj/de/ home/gesellschaft/opferhilfe/hilfsmittel.html») enthält im Anhang Bandbreiten für die Bemessung der Genugtuung bei Opfern mit Beeinträchtigungen in der physischen Integrität. Diese decken sich weitgehend mit den Richtwerten in der Botschaft zum OHG (Botschaft vom 9. November 2005, BBl 2005, 7165, S. 7227; S. 10 Leitfaden). Die Vorinstanz ist von einer mässig schweren Beeinträchtigung ausgegangen und hat daher erwogen, die Genugtuung bewege sich vorliegend in einer Bandbreite zwischen CHF 0.00 und CHF 20000.00 (Grad 1 von 4). Die Beschwerdeführerin ist weder in ihrer Bewegungsfähigkeit eingeschränkt noch hat sie eine Funktion ein wichtiges Organ verloren. Diese erste Einordnung durch die Vorinstanz erweist sich demnach als korrekt. Im Übrigen liegt auch der Antrag der Beschwerdeführerin, demgemäss eine Genugtuung von CHF 12'000.00 verlangt wird, innerhalb der festgelegten Bandbreite.
5. Die Vorinstanz hat die immaterielle Beeinträchtigung innerhalb der Bandbreite in zwei Phasen bewertet: In einer objektiven Berechnungsphase setzte sie unter Beizug von drei ausserkantonalen Vergleichsfällen einen Basisbetrag von CHF 6'000.00 als Orientierungspunkt fest und erhöhte diesen Betrag in einer zweiten Phase, in der die Besonderheiten des Einzelfalles berücksichtigt wurden, auf CHF 7'000.00 fest (sog. Zweiphasentheorie; vgl. BGE 132 II 117 E. 2.2.3 mit Hinweisen).
6. Zur Beeinträchtigung der physischen und psychischen Integrität der Beschwerdeführerin ist Folgendes bekannt:
6.1 Gemäss Bericht des Instituts für Rechtsmedizin der medizinischen Fakultät der Universität Bern vom 10. Oktober 2013 erlitt die Beschwerdeführerin insgesamt 5 Stichverletzungen an der Brust links und rechts sowie am Rücken und eine Schnittverletzung im Gesicht im Bereich der linken Augenbraue. Zudem hatte sie Hautabschürfungen an beiden Schienbeinen. Die Stichverletzung an der linken Brust (ca. 8 cm oberhalb der linken Brustwarze, 3 cm lange und bis ca. 3 cm klaffende Wunde) reichte bis in die Brusthöhle und endete am linken Lungenoberlappen vorderseitig. Aufgrund dessen bildeten sich kleine Luftansammlungen in den Weichteilen in Richtung linker Achselhöhle und im linken Brustraum (Pneumothorax). Ausserdem sammelte sich ca. 100 ml Blut im linken Brustraum. Die Stichwunde an der rechten Brust (ca. 1 cm unterhalb und ca. 3 cm links der rechten Brustwarze, 1,5 cm lange und bis ca. 0,7 cm klaffende Wunde) reichte bis in die rechte Brusthöhle und verletzte den rechten Lungenoberlappen und endete am rechten Lungenmittellappen vorderseitig. Auch hier bildete sich eine kleine Ansammlung von Luft (Pneumothorax) und es sammelten sich geschätzte 150 ml Blut im rechten Brustraum. Im Bereich der Augenbraue links befand sich eine ca. 3 cm lange und bis ca. 0,5 cm klaffende Schnitt-/Stichverletzung. Am Rücken oben, ungefähr zwischen den beiden Schulterblättern und jeweils ca. 1 2 cm rechts, bzw. links von der Wirbelsäule gelegen, fanden sich ebenfalls zwei ca. 2 cm lange Schnitt- /Stichverletzungen. In den Weichteilen im Bereich dieser Verletzungen befanden sich allseits kleine Lufteinschlüsse.
Die Luftansammlungen in den Brusträumen waren beidseits kleineren Ausmasses und bedurften zu keiner Zeit einer medizinischen Intervention. Aufgrund der Verletzungen des Brustfells durch die Stichverletzungen hätte es allerdings leicht zu grösseren Luftansammlungen kommen können, welche erfahrungsgemäss zu einer massiven Beeinträchtigung der Atmung und damit rasch zu einem lebensbedrohlichen Zustand hätten führen können. Zudem hätten die Stichverletzungen im Brustbereich auch leicht zu Verletzungen grösserer Blutgefässe resp. des Herzens führen können, was einen allenfalls lebensgefährlichen Blutverlust eine lebensbedrohliche Pumpfunktionsstörung des Herzens zur Folge hätte haben können. Zusammenfassend hielten die Gutachter fest, dass es aus klinischer und rechtsmedizinischer Erfahrung eher erstaunlich sei, dass die Stichverletzungen im Brustbereich der Beschwerdeführerin zu keinen der oben genannten Verletzungsfolgen und damit nie zu einem lebensbedrohlichen Zustand geführt hätten.
Bezüglich der Schnitt-/Stichverletzung an der Augenbraue links müsse erwähnt werden, dass ein Angriff gegen den Kopf mit einem scharfen Gegenstand durchaus auch zu lebensgefährlichen Verletzungen führen könne. Ferner hätte es leicht zu einer Verletzung des in unmittelbarer Nähe gelegenen Auges kommen können, was beispielsweise eine Beeinträchtigung gar einen Verlust der Sehfunktion zur Folge hätte haben können. Gemäss dem rechtsmedizinischen Gutachten war die Beschwerdeführerin vom 28. Juli 2013 bis am 3. August 2013 hospitalisiert.
Wie aktuelle Fotoaufnahmen der Beschwerdeführerin belegen, hat der Vorfall bleibende Narben hinterlassen. Diese sind zwar unschön, eine bleibende Entstellung insbesondere des Gesichts liegt hingegen nicht vor. Wie bereits im rechtskräftigen Strafurteil festgehalten wurde, sind die Verletzungen rechtlich als einfache Körperverletzung einzustufen.
6.2 Was die psychischen Folgen der Tat anbelangt, führt die Beschwerdeführerin in ihrer Beschwerde aus, sie habe sich unmittelbar nach der Tat in psychiatrischer Behandlung befunden, zuerst einmal pro Woche, danach nur noch einmal pro Monat. Weil es sie jedoch sehr belastet habe, immer wieder über den Vorfall zu sprechen, habe sie die Behandlung nach rund einem halben Jahr abgebrochen. Gemäss ihren Angaben an der Hauptverhandlung vor Amtsgericht Olten-Gösgen leide sie jedoch nach wie vor unter den Folgen der Tat. So könne sie heute beispielsweise nicht mehr allein zu Hause sein, sie brauche die Anwesenheit einer weiteren Person. Nicht einmal die Anschaffung eines Hundes habe ihr die Angst vor dem Alleinsein nehmen können. Das Vertrauen der Beschwerdeführerin in das Führen einer Beziehung und auch in das männliche Geschlecht sei nachhaltig gestört. Die Intensität und Dauer der Auswirkungen auf die Persönlichkeit der Beschwerdeführerin seien sehr erheblich. Die Vorinstanz habe die psychischen Beeinträchtigungen nicht berücksichtigt.
6.3 Die Beschwerdeführerin war zudem zwei Wochen arbeitsunfähig und während weiterer zwei Wochen zu 50% arbeitsunfähig.
7. Nachfolgend sind anhand von Präjudizien Anhaltspunkte für die Angemessenheit der zugesprochenen Genugtuung zu ermitteln:
- CHF 5000.00: 75-jähriger stach mit dem Küchenmesser viermal auf seine 48-jährige Tochter (19 cm Klinge) ein. Versuchte vorsätzliche Tötung. Stichverletzungen in Bauch, Rücken, Oberschenkel und Unterarm, 2 Operationen, stationär (kurz), 6 Wochen Daumenschiene, Arbeitsunfähigkeit 10 Wochen 100% und 5 Wochen 50%, 2 Monate psychiatrische Behandlung, keine bleibenden körperlichen Beeinträchtigungen wegen intensiver Therapie (16. Mai 2012, BE 2011-11357, zit. aus: Meret Baumann/Blanca Anabitarte/Sandra Müller Gmünder, Genugtuungspraxis Opferhilfe, Jusletter vom 1. Juni 2015, S. 23).
- CHF 7'000.00: Im Verlaufe eines Handgemenges versetzte der Täter dem Opfer zwei Messerstiche. Versuchte vorsätzliche Tötung. Stichverletzungen an Bauch, Magenvorderwand, Niere, Notoperation, stationär 12 Tage, monatelange Verdauungsstörungen mit Magenschmerzen, Arbeitsunfähigkeit 37 Tage 100% und 30 Tage 50%, mögliche Verwachsungsproblematik und Entwicklung Dünndarmverschluss, psychische Beschwerden (29. April 2013, ZH 19/2013, zit. aus: Meret Baumann/Blanca Anabitarte/Sandra Müller Gmünder, a.a.O., S. 24).
- CHF 8'400.00: Opfer wurde von einem flüchtigen Bekannten in seiner Wohnung mit einem Küchenmesser und einem Glas angegriffen. Versuchte eventualvorsätzliche Tötung. Schnittverletzungen am Hals und im Gesicht. Gehirnerschütterung. Keine konkrete Lebensgefahr. Posttraumatische Belastungsstörung. Posttraumatische Migräneanfälle. Muskelzuckungen im Bereich des linken Auges mit Beeinträchtigung des Gesichtsfeldes. Schmerzen im Bereich des Kiefergelenks. Seither 100%-ige Arbeitsunfähigkeit (Urteil des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich OH.2010.00009 vom 16. April 2012).
8. Die Vorinstanz hat die körperliche und psychische Beeinträchtigung der Beschwerdeführerin umfassend gewürdigt und allen wesentlichen Kriterien Rechnung getragen. Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin wurde das besondere Näheverhältnis zum Täter und das jugendliche Alter der Beschwerdeführerin von der Vorinstanz berücksichtigt. Die erlittenen Stichund Schnittverletzungen sind als einfache Körperverletzungen zu qualifizieren und eine Lebensgefahr bestand für die Beschwerdeführerin nicht. Eine gewisse Traumatisierung durch den Vorfall ist aufgrund der Schilderungen der Beschwerdeführerin hingegen anzunehmen, obschon diese nur kurze Zeit eine psychologische Betreuung in Anspruch nahm. Insbesondere im Vergleich mit dem letztgenannten zürcherischen Fall erweisen sich die Folgen der Tat deutlich weniger gravierend, war doch die Beschwerdeführerin in ihrer Arbeitsfähigkeit nur sehr kurzfristig eingeschränkt.
9. Obschon das Verwaltungsgericht vorliegend nicht nur den Sachverhalt und die Rechtslage frei überprüfen kann, sondern auch die Angemessenheit der angefochtenen Verfügung (vgl. § 67bis Abs. 2 VRG), ist in Ermessensfragen ein Entscheidungsspielraum der Verwaltung zu respektieren. Es gibt nicht nur eine richtige Entscheidung, sondern in einer gewissen Bandbreite eine Mehrzahl von angemessenen, der Billigkeit entsprechenden Lösungen. Die Beschwerdeinstanz kann sich daher damit begnügen, die Angemessenheit der von der Verwaltungsbehörde zugesprochenen Summe zu kontrollieren und - soweit diese der Billigkeit entspricht - von einer Abänderung des angefochtenen Entscheids absehen, auch wenn sie selbst, hätte sie als erstinstanzliche Behörde entschieden, möglicherweise nicht auf die gleiche Summe gekommen wäre (vgl. BGE 123 II 210, E. 2. c)). Im Vergleich mit den obgenannten Fällen und mit Blick auf die bundesgerichtliche Praxis erscheint die von der Vorinstanz zugesprochene Genugtuung nach OHG in der Höhe von CHF 7'000.00 als vertretbar und angemessen.
10. Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und ist vollumfänglich abzuweisen. Gemäss Art. 30 Abs. 1 OHG ist das Verfahren kostenlos. Eine Parteientschädigung ist infolge des Unterliegens nicht zuzusprechen.
Demnach wird erkannt:
1. Die Beschwerde wird abgewiesen.
2. Es werden keine Verfahrenskosten erhoben.
3. Es wird keine Parteientschädigung ausgerichtet.
Rechtsmittel: Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen seit Eröffnung des begründeten Urteils beim Bundesgericht Beschwerde in öffentlichrechtlichen Angelegenheiten eingereicht werden (Adresse: 1000 Lausanne 14). Die Frist wird durch rechtzeitige Aufgabe bei der Schweizerischen Post gewahrt. Die Frist ist nicht erstreckbar. Die Beschwerdeschrift hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift des Beschwerdeführers seines Vertreters zu enthalten. Für die weiteren Voraussetzungen sind die Bestimmungen des Bundesgerichtsgesetzes massgeblich.
Im Namen des Verwaltungsgerichts
Die Präsidentin Die Gerichtsschreiberin
Scherrer Reber Gottesman
Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.
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