Zusammenfassung des Urteils STBER.2021.44: Verwaltungsgericht
Die Staatsanwaltschaft, vertreten durch die Staatsanwältin, klagt den Beschuldigten A.___ wegen Verstössen gegen das Spielbankengesetz an. Die Hauptverhandlung vor dem Obergericht fand am 17. Mai 2022 statt. Der Beschuldigte wird beschuldigt, illegale Glücksspielautomaten betrieben zu haben. Es wird auch Geldwäsche vorgeworfen. Der Beschuldigte wurde zu einer Freiheitsstrafe und Geldstrafe verurteilt und zur Landesverweisung für fünf Jahre verurteilt. Der Beschuldigte legte Berufung ein, um einige Vorwürfe abzuwehren. Die Staatsanwaltschaft erhob Anschlussberufung, um eine höhere Freiheitsstrafe zu erreichen. Das Gericht lehnte einen Beweisantrag ab und entschied über die Angelegenheit.
Kanton: | SO |
Fallnummer: | STBER.2021.44 |
Instanz: | Verwaltungsgericht |
Abteilung: | Strafkammer |
Datum: | 17.05.2022 |
Rechtskraft: |
Leitsatz/Stichwort: | - |
Schlagwörter: | Beschuldigt; Beschuldigte; Beschuldigten; Lokal; Apos; Frauen; Urteil; Arbeit; Staat; Beweis; Telefon; Gaststätte; Lande; Landes; Person; Schweiz; «Gaststätte; Landesverweisung; Vorhalt; Bezug; ührte |
Rechtsnorm: | Art. 10 StPO ;Art. 11 AIG ;Art. 115 AIG ;Art. 116 AIG ;Art. 117 AIG ;Art. 135 StPO ;Art. 181 StGB ;Art. 237 StPO ;Art. 25 StGB ;Art. 32 BV ;Art. 335 StPO ;Art. 34 StGB ;Art. 344 StPO ;Art. 398 StPO ;Art. 416 StPO ;Art. 42 StGB ;Art. 428 StPO ;Art. 43 StGB ;Art. 44 StGB ;Art. 47 StGB ;Art. 49 StGB ;Art. 50 StGB ;Art. 51 StGB ;Art. 66a StGB ;Art. 70 StGB ;Art. 71 StGB ; |
Referenz BGE: | 106 IV 128; 108 IV 165; 115 IV 207; 119 IV 301; 120 IV 19; 120 Ia 36; 122 IV 325; 127 I 40; 129 IV 6; 130 IV 77; 134 I 1; 134 IV 17; 134 IV 1; 134 IV 216; 135 IV 191; 136 IV 55; 146 IV 172; 147 IV 340; 69 IV 172; |
Kommentar: | Thomas Gächter, Thurnherr, Marti, Hand zum Bundesgesetz über die Ausländerinnen und Ausländer, Art. 116, 2010 |
Geschäftsnummer: | STBER.2021.44 |
Instanz: | Strafkammer |
Entscheiddatum: | 17.05.2022 |
FindInfo-Nummer: | O_ST.2022.51 |
Titel: | Widerhandlung gegen das Spielbankengesetz etc. |
Resümee: |
Obergericht Strafkammer
Urteil vom 17. Mai 2022 Es wirken mit: Präsident von Felten Ersatzrichterin Lupi De Bruycker Gerichtsschreiberin Schenker In Sachen Staatsanwaltschaft, Franziskanerhof, Barfüssergasse 28, Postfach 157, 4502 Solothurn, Anschlussberufungsklägerin
A.___, amtlich verteidigt durch Advokat Marco Albrecht
Beschuldigter und Berufungskläger
betreffend Widerhandlung gegen das Spielbankengesetz etc. Es erscheinen zur Hauptverhandlung vor Obergericht am 17. Mai 2022: 1. Staatsanwältin, für die Staatsanwaltschaft als Anschlussberufungsklägerin; 2. A.___, Beschuldigter und Berufungskläger; 3. Advokat Marco Albrecht, amtlicher Verteidiger des Beschuldigten A.___; 4. Dolmetscherin.
Zudem nimmt eine Zuhörerin / Zuschauerin auf der Tribüne teil.
Die Verhandlung beginnt um 09:00 Uhr.
Der Vorsitzende eröffnet die Verhandlung, stellt die Anwesenheiten fest und gibt die Besetzung des Berufungsgerichts bekannt.
In der Folge weist der Vorsitzende auf das angefochtene Urteil des Amtsgerichts Bucheggberg-Wasseramt vom 18. Dezember 2020 hin und fasst dieses zusammen. Insbesondere benennt er die vom Berufungskläger und der Anschlussberufungsklägerin angefochtenen und die in Rechtskraft erwachsenen Urteilspunkte.
In Anwendung von Art. 344 StPO werden die Parteien darauf hingewiesen, dass sich das Gericht vorbehält, den in Ziffer 4 der Anklageschrift vom 20. April 2020 zur Anklage gebrachten Sachverhalt (angebliche Förderung des rechtswidrigen Aufenthalts sowie Förderung der Erwerbstätigkeit ohne Bewilligung in Bereicherungsabsicht, Art. 116 Abs. 1 lit. a und b AIG i.V.m. Art. 116 Abs. 3 lit. a AIG) als mögliche Beschäftigung ohne Bewilligung i.S.v. Art. 117 Abs. 1 AIG und damit rechtlich anders zu würdigen. Die Parteien werden darauf hingewiesen, dass ihnen im Verfahren diesbezüglich das rechtliche Gehör gewährt wird und sie Gelegenheit zur Stellungnahme bekommen.
Der Vorsitzende skizziert den vorgesehenen weiteren Verhandlungsablauf wie folgt:
1. Vorfragen, Vorbemerkungen und Anträge der Parteivertreter; 2. Befragung des Beschuldigten; 3. Weitere Beweisanträge und Abschluss des Beweisverfahrens; 4. Parteivorträge; 5. Letztes Wort des Beschuldigten; 6. Geheime Urteilsberatung; 7. Mündliche Urteilseröffnung, vorgesehen am 18. Mai 2022 um 16:00 Uhr. Die Möglichkeit des Verzichts auf die mündliche Urteilseröffnung wird erwähnt.
Die Dolmetscherin wird auf ihre Pflichten hingewiesen und gebeten, dem Beschuldigten den Verhandlungsgegenstand zu erklären. Nach erfolgter Erklärung geben der Beschuldigte und die Dolmetscherin bekannt, dass die Verständigung funktioniert. Es werden von den Parteien keine Einwände gegen die Dolmetscherin vorgebracht.
Vorbemerkungen der Parteien
Advokat Albrecht gibt seine Honorarnote zu den Akten. Überdies reicht er zwei Bestätigungen der beiden Mütter der zwei Söhne des Beschuldigten ein und weist darauf hin, dass er im Rahmen des Plädoyers Bezug darauf nehmen und Ausführungen dazu machen wird.
Die Staatsanwaltschaft erhebt keine Einwände gegen die Aktennahme der von der Verteidigung abgegebenen Dokumente. Weiter erklärt die Staatsanwältin sich ausdrücklich mit einer telefonischen Kurzorientierung anstelle der mündlichen Urteilseröffnung durch die Gerichtsschreiberin einverstanden.
Auch Advokat Albrecht erteilt sein Einverständnis zur telefonischen Mitteilung des Urteils. In der Folge wird vom Vorsitzenden festgestellt, dass demnach im allseitigen Einverständnis auf die mündliche Urteilseröffnung verzichtet wird. Die Gerichtsschreiberin wird den Parteien das Urteil im Verlauf des nächsten Tages bekanntgeben.
Beweisabnahme
Der Beschuldigte A.___ wird, nachdem er von Ersatzrichterin Lupi De Bruycker auf sein Recht, sich nicht selbst belasten zu müssen sowie die Aussagen und die Mitwirkung verweigern zu dürfen, hingewiesen worden ist, zur Sache und Person befragt.
Die Einvernahme, dauernd von 09:10 Uhr bis 10:23 Uhr, wird mit technischen Hilfsmitteln aufgezeichnet (Tonträger sowie separates Einvernahmeprotokoll in den Akten).
Beweisanträge
Die Staatsanwaltschaft stellt keine Beweisanträge mehr.
Advokat Albrecht stellt für den Fall, dass sein im Parteivortrag zu stellender Antrag, es sei das Verfahren betreffend die Frage der Landesverweisung an die Vorinstanz zurückzuweisen, abgelehnt werde, vorsorglich den Beweisantrag, es sei der Sohn des Beschuldigten, B.___, zu seinem Verhältnis zum Beschuldigten zu befragen.
Die Staatsanwältin führt aus, ein allfälliger Antrag auf Rückweisung – welcher nota bene noch nicht gestellt worden sei – wäre abzulehnen. Auch von einer Befragung von B.___ seien keine neuen Erkenntnisse zu erwarten, welche das Ergebnis der Landesverweisung noch zu beeinflussen vermöchten. Aus Sicht der Staatsanwaltschaft sei der jetzt gestellte Antrag der Verteidigung auf Befragung des Sohnes deshalb abzuweisen.
Der Vorsitzende gibt bekannt, dass das Gericht in einer Pause über den Antrag befinden wird. Das Beweisverfahren wird noch nicht geschlossen; da jedoch keine Einvernahme des Beschuldigten mehr vorgesehen ist, wird die Dolmetscherin aus ihren Pflichten entlassen. Pause der Verhandlung: 10:25 Uhr – 10:45 Uhr Um 10:45 Uhr nimmt der Vorsitzende die Verhandlung wieder auf und Ersatzrichterin Lupi De Bruycker eröffnet mündlich folgenden Beschluss:
Der Beweisantrag auf Befragung des Sohnes des Beschuldigten, B.___, wird abgelehnt. Begründung: Die bisherigen Aussagen des Vaters sind sehr detailliert und umfassend, was das Vater-Sohn-Verhältnis angeht. Das Gericht ist in der Lage, sich gestützt auf die gemachten Angaben ein ausreichendes Bild über die vorliegenden Beziehungsverhältnisse zu machen. Es ist nicht erkennbar, welche weiteren Erkenntnisse die Befragung des Sohnes bringen könnten. Der letztlich nur vorsorglich gestellte Antrag der Verteidigung ist entsprechend abzuweisen.
Der Vorsitzende schliesst um 10:48 Uhr das Beweisverfahren.
Parteivortrag
Die Staatsanwältin stellt namens der Staatsanwaltschaft die folgenden Anträge: 1. A.___ sei schuldig zu sprechen a. der Nötigung zum Nachteil von C.___; b. der Förderung des rechtswidrigen Aufenthalts in Bereicherungsabsicht; c. der Förderung der Erwerbstätigkeit ohne Bewilligung in Bereicherungsabsicht. 2. A.___ sei zu verurteilen zu a. einer Freiheitsstrafe von 31 Monaten, unter Gewährung des bedingten Vollzuges für 21 Monate bei einer Probezeit von 3 Jahren; b. einer bedingten Geldstrafe von 40 Tagessätzen à CHF 30.00 bei einer Probezeit von 3 Jahren. 3. Die ausgestandene Untersuchungshaft vom 3. Januar 2018 bis 4. April 2020 seien vollumfänglich und die Ersatzmassnahmen vom 4. April 2018 bis zum 4. Oktober 2018 im Umfang von 1/6 an die Freiheitsstrafe anzurechnen. 4. A.___ sei für die Dauer von fünf Jahren des Landes zu verweisen. 5. Die Entschädigung des amtlichen Verteidigers von A.___, Rechtsanwalt Marco Albrecht, sei durch das Gericht festzusetzen und zufolge amtlicher Verteidigung vom Staat zu bezahlen. Vorbehalten bleibt der Rückforderungsanspruch des Staates während 10 Jahren, sobald es die wirtschaftlichen Verhältnisse erlauben. 6. Die Verfahrenskosten seien A.___ aufzuerlegen. Für den Parteivortrag (10:46 Uhr – 11:06 Uhr) wird auf die abgegebenen Plädoyernotizen verwiesen.
Advokat Marco Albrecht stellt mit Verweis auf die Berufungserklärung vom 8. Juni 2021 im Namen und Auftrag des Beschuldigten und Berufungsklägers die folgenden Anträge: 1. A.___ sei vom Vorwurf der Nötigung, begangen zwischen dem 13. Juli 2016 und dem 4. August 2016, freizusprechen; 2. A.___ sei vom Vorwurf der mehrfachen Widerhandlung gegen das Ausländer- und Integrationsgesetz betreffend D.___ und E.___ freizusprechen; 3. A.___ sei vom Vorwurf der mehrfachen qualifizierten Widerhandlung gegen das Ausländer- und Integrationsgesetz, zwei nicht identifizierbare Personen betreffend (angeblicher Begehungszeitpunkt 1.5.2016 bis 31.7.2016), der angeblichen Förderung der rechtswidrigen Ein- und Ausreise sowie des rechtswidrigen Aufenthalts in Bereicherungsabsicht freizusprechen; 4. A.___ sei zu einer Freiheitsstrafe von 16 Monaten unter Gewährung des bedingten Strafvollzugs bei einer Probezeit von zwei Jahren zu verurteilen; 5. A.___ sei nicht des Landes zu verweisen; 6. A.___ sei zu verurteilen, die Kosten des (erstinstanzlichen) Verfahrens in Höhe von CHF 45'000.00 zu bezahlen. 7. Unter Kosten- und Entschädigungsfolgen. 8. A.___ sei auch für das Berufungsverfahren die amtliche Verteidigung zu gewähren.
Eventualiter wird beantragt, die Sache zu einer neuen Entscheidung an die Vorinstanz zurück zu weisen (vgl. Plädoyernotizen S. 1).
Für den Parteivortrag (11:07 Uhr – 11:28 Uhr) wird auf die abgegebenen Plädoyernotizen verwiesen.
Es folgen Replik und Duplik (s. separate Aktennotiz).
Letztes Wort des Beschuldigten
Der Beschuldigte A.___ macht von seinem Recht auf das letzte Wort Gebrauch und führt zusammengefasst aus: «Die Staatsanwältin hat gesagt, ich zahle CHF 7'000.00 an Miete für die [Gaststätte1]. Ich habe aber nur zwei Monate lang CHF 7'000.00 gezahlt, nachher habe ich kein Geld mehr verdient, deswegen habe ich nur noch CHF 5'000.00 bezahlt. Man hörte zwei Jahre mein Telefon ab, weshalb hat man diese Frauen nicht geholt? Am Telefon kann ich auch lügen, ich kann sagen was ich will am Telefon.» (Auf Hinweis seines Verteidigers, er solle etwas zur Landesverweisung sagen:) «Wenn ich meinen Ausweis bekomme, dann möchte ich einen Berater, wie ich meinen Lohn verwenden kann für Schulden so. Ich will mit meinen Kindern leben, vielleicht komme ich auch mit meiner Frau wieder zusammen. Die Türkei ist für mich schlimm. Ich bin fertig, wenn ich in die Türkei muss.»
Damit endet der öffentliche Teil der Hauptverhandlung um 11:33 Uhr und das Gericht zieht sich zur geheimen Urteilsberatung zurück. *** Die Strafkammer des Obergerichts zieht in Erwägung: I. Prozessgeschichte 1. Mit einem allgemeinen Bericht vom 12. Mai 2016 (Akten der Staatsanwaltschaft, Register 3.1.1., Aktenseiten 1 f., nachfolgend zitiert mit pag. 3.1.1. / 001 ff.) ersuchte die Polizei des Kantons Solothurn die Staatsanwaltschaft des Kantons Solothurn (nachfolgend Staatsanwaltschaft Anschlussberufungsklägerin), gegen eine grössere türkische bzw. kurdische und albanische Tätergruppierung Ermittlungen aufzunehmen. Zahlreiche anonyme Schreiben, welche der Polizei sowie weiteren Amtsstellen zugingen und zum Teil detaillierte Angaben enthielten (Bezeichnung der Spielautomaten-Programme, Fotodokumentationen, Telefon- und Lokallisten, vgl. hierzu pag. 3.1.1. / 009 – 035), begründeten den Anfangsverdacht, diese Gruppierung betreibe vorwiegend in türkischen und albanischen Lokalen in der Schweiz illegale Glücksspielautomaten. Hierauf eröffnete die Staatsanwaltschaft am 19. Mai 2016 im Hinblick auf die Anordnung von geheimen Zwangsmassnahmen (Observationen, Einsatz von technischen Überwachungsgeräten zur Standortermittlung, Echtzeitüberwachungen von Handynummern) eine Strafuntersuchung gegen A.___ (nachfolgend Beschuldigter bzw. Berufungskläger) wegen gewerbsmässiger Erpressung, eventualiter Erpressung und mehrfacher Nötigung, welche am 16. August 2016 auf diverse weitere Vorhalte (insbesondere Menschenhandel, Geldwäscherei [schwerer Fall], qualifizierte Widerhandlungen gegen das AuG) erweitert wurde (pag. 12.1.1. / 001).
2. Mit Verfügung vom 26. April 2017 (pag. 12.1.1. / 003 ff.) delegierte die Eidgenössische Spielbankenkommission (ESBK) gestützt auf Art. 57 Absatz 1 des Bundesgesetzes über Glücksspiele und Spielbanken vom 18. Dezember 1998 (Spielbankengesetz, SBG; SR 935.52, zwischenzeitlich nicht mehr in Kraft) und auf Art. 20 Absatz 3 des Bundesgesetzes über das Verwaltungsstrafrecht vom 22. März 1974 (VStrR, SR 313.0) das Verwaltungsstrafverfahren Nr. 62-2017-075 gegen den Beschuldigten betreffend Widerhandlung gegen das SBG gemäss Art. 55 Abs.1 i.V.m. Abs. 2 SBG an die Staatsanwaltschaft. Das Verfahren wurde zu diesem Zeitpunkt noch nicht parteiöffentlich geführt, um die laufenden Ermittlungen nicht zu gefährden (vgl. pag. 12.1.1. / 006).
3. Am 17. Juli 2017 erliess die Staatsanwaltschaft eine bereinigte und ergänzte Eröffnungsverfügung (pag. 12.1.1. / 008) sowie einen Vorführungsbefehl (pag. 12.3.1.0. / 001) gegen den Beschuldigten. Gleichentags wurde gestützt auf den staatsanwaltschaftlichen Hausdurchsuchungsbefehl (pag. 12.2.1. / 001 f.) in Abwesenheit des Beschuldigten dessen Wohndomizil in […] durchsucht (pag. 12.2.1. / 004 ff.). Am 8. August 2017 wurden im Rahmen einer koordinierten Aktion diverse Schlüsselfiguren der Gruppierung verhaftet, so deren Drahtzieher F.___, G.___ (die Geliebte und [inoffizielle] Lebenspartnerin von F.___, welche die buchhalterischen Belange der Gruppierung regelte), H.___ (der als Hauptpartner und Geldeinzieher von F.___ figurierte) sowie der gelernte Informatiker und Cheftechniker der Organisation I.___ (gemäss F.___ das «Gehirn der Firma»). Der Beschuldigte konnte am 8. August 2017 nicht verhaftet werden. Er hatte sich zu diesem Zeitpunkt bereits in seinen Heimatstaat Türkei abgesetzt und wurde (am 8.8.2017) im RIPOL zur Verhaftung ausgeschrieben (pag. 12.3.1.0. / 005).
4. Am 3. Januar 2018, 11:00 Uhr, erschien der Beschuldigte am Schalter des RP Solothurn und gab an, sein Bruder, J.___, geb. 1969, sei angeblich ein paar Tage zuvor von der Polizei kontrolliert und mit ihm verwechselt worden. Da er erfahren habe, dass er zur Verhaftung ausgeschrieben sei, wolle er sich nun den Behörden stellen (pag. 12.3.1.0. / 007). Noch gleichentags wurde der Beschuldigte ins Untersuchungsgefängnis Solothurn überführt.
5. Mit Verfügung vom 4. Januar 2018 wurde Advokat lic. iur. Marco Albrecht als amtlicher Verteidiger des Beschuldigten bestellt (pag. 12.1.2. / 004).
6. Am 5. Januar 2018 ordnete die Haftrichterin auf den entsprechenden Antrag der Staatsanwaltschaft für drei Monate Untersuchungshaft gegen den Beschuldigten an (pag. 12.3.1.1. / 030 ff.). Am 27. März 2018 verfügte die Haftrichterin, der Beschuldigte sei in Gutheissung des Antrages der Staatsanwaltschaft am 4. April 2018 unter Anordnung mehrerer Ersatzmassnahmen (insbesondere Anmeldepflicht am neuen Wohndomizil, Meldepflicht auf dem Polizeiposten in [...], Hinterlegung der Reisedokumente, Zusammenarbeit mit der Bewährungshilfe) aus der Untersuchungshaft zu entlassen (pag. 12.3.1.1. / 048 ff., weitere Anpassungen der Ersatzmassnahmen wurden am 12.6.2018 verfügt [pag. 12.3.1.1. / 070 ff.]). Auf den 4. Oktober 2018 wurden sämtliche Ersatzmassnahmen aufgehoben (pag. 12.3.1.1. / 092 ff.).
7. Mit der Strafanzeige vom 28. August 2018 (pag. 2.2.1. / 001 ff.) schloss die Polizei des Kantons Solothurn ihre Ermittlungen in Sachen des Beschuldigten ab und am 20. Mai 2019 erging die detaillierte und konkretisierte Eröffnungsverfügung (pag. 12.1.1. / 009 ff.). Am 20. April 2020 erhob die Staatsanwaltschaft gegen den Beschuldigten Anklage beim Amtsgericht von Bucheggberg-Wasseramt.
8. Die Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht Bucheggberg-Wasseramt fand am 16. Dezember 2020 statt und am 18. Dezember 2020 erging folgendes erstinstanzliche Urteil (Verfahrensordner Richteramt Bucheggberg-Wassseramt, Aktenseiten [nachfolgend zitiert BW AS] 233 ff.):
« 1. A.___ wird vom Vorhalt der qualifizierten Widerhandlung gegen das Ausländer- und Integrationsgesetz soweit die nicht näher identifizierbaren Frauen «[...]» und «[...]» sowie [...] und [...] betreffend, angeblich begangen in der Zeit vom 1. Januar 2017 bis am 9. März 2017, ohne Ausrichtung einer Entschädigung und Ausscheidung von Kosten freigesprochen (teilweise Vorhalte Ziff. 4 der Anklageschrift vom 20. April 2020). 2. A.___ hat sich wie folgt schuldig gemacht: a) Nötigung, begangen in der Zeit vom 13. Juli 2016 bis am 4. August 2016 (Vorhalt Ziff. 3), b) Geldwäscherei, begangen in der Zeit von ca. 1. September 2013 bis am 8. August 2017 (schwerer Fall, Verbrechen, Vorhalte Ziff. 2), c) Widerhandlung gegen das Geldspielgesetz, begangen in der Zeit von ca. 1. September 2013 bis am 8. August 2017 (gewerbs- und bandenmässige Begehung, Verbrechen, Vorhalte Ziff. 1), d) mehrfache Widerhandlung gegen das Ausländer- und Integrationsgesetz soweit D.___ und E.___ betreffend, begangen in der Zeit vom 20. Januar 2017 bis am 26. Januar 2017 (Förderung der rechtswidrigen Ein- und Ausreise sowie des rechtswidrigen Aufenthalts; Vergehen, teilweise Vorhalte Ziff. 4), e) mehrfache qualifizierte Widerhandlung gegen das Ausländer- und Integrationsgesetz soweit zwei namentlich nicht näher identifizierbare Frauen aus Mazedonien betreffend, begangen in der Zeit von ca. 1. Mai 2016 bis ca. am 31. Juli 2016 (Förderung der rechtswidrigen Ein- und Ausreise sowie des rechtswidrigen Aufenthalts in Bereicherungsabsicht, Verbrechen, teilweise Vorhalte Ziff. 4).
3. A.___ wird verurteilt zu: c) [recte a)] einer Freiheitsstrafe von 26 Monaten, unter Gewährung des bedingten Vollzugs für eine Teilstrafe von 17 Monaten bei einer Probezeit von 3 Jahren, womit eine Teilstrafe von 9 Monaten zu vollziehen ist, d) [recte b)] einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je CHF 30.00, unter Gewährung des bedingten Vollzugs bei einer Probezeit von 3 Jahren. 4. An die ausgesprochene Freiheitsstrafe gemäss Ziff. 3 lit. a hiervor werden A.___ die ausgestandene Haft sowie die angeordneten Ersatzmassnahmen wie folgt angerechnet: a) 91 Tage Haft, b) 30 Tage für die Ersatzmassnahmen (ca. 1/6 der Dauer der Ersatzmassnahmen vom 4. April 2018 bis am 4. Oktober 2018). 5. A.___ wird für die Dauer von 5 Jahren des Landes verwiesen. 6. Die im Verfahren gegen A.___ sichergestellten und beschlagnahmten Vermögenswerte von CHF 106.61, CHF 19.40, EUR 5.10 (umgerechnet CHF 5.80) sowie TRY 2.80 (umgerechnet CHF 0.50), total CHF 132.31, werden als unrechtmässiger Vermögensvorteil eingezogen und verfallen dem Staat (Beschlagnahmungen eingezahlt bei der Zentralen Gerichtskasse Solothurn). 7. A.___ wird verurteilt, dem Staat als Ersatzforderung den Betrag von CHF 75'000.00 zu bezahlen. 8. Die Entschädigung des amtlichen Verteidigers von A.___, Rechtsanwalt Marco Albrecht, wird auf CHF 29'073.40 (143 Stunden zu CHF 180.00 pro Stunde, inkl. Auslagen von CHF 1'254.80 sowie MWST zu 7.7 % von CHF 2'078.60) festgesetzt und ist zufolge amtlicher Verteidigung vom Staat zu zahlen (auszahlbar durch die Zentrale Gerichtskasse Solothurn). Vorbehalten bleibt der Rückforderungsanspruch des Staates während 10 Jahren. 9. Die Kosten des Verfahrens, mit einer Urteilsgebühr von CHF 7'000.00, total CHF 63'435.00 hat A.___ zu bezahlen.»
9. Gegen dieses Urteil liess der Beschuldigte fristgerecht die Berufung anmelden (BW AS 240). Die Berufungserklärung des Beschuldigten vom 8. Juni 2021 richtet sich gegen die Urteilsziffern 2 lit. a, d und e, 3 lit. c, 5 und 9. Verlangt werden vom Berufungskläger: - Freispruch vom Vorwurf der Nötigung (AKS Ziff. 3); - Freispruch vom Vorwurf der mehrfachen Widerhandlung gegen das AIG D.___ und E.___ betreffend (teilweise AKS Ziff. 4); - Freispruch vom Vorwurf der mehrfachen qualifizierten Widerhandlung gegen das AIG, zwei namentlich nicht näher identifizierbare Personen aus Mazedonien betreffend, angeblicher Begehungszeitpunkt 1. Mai 2016 bis 31. Juli 2016 (teilweise AKS Ziff. 4); - Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von 16 Monaten unter Gewährung des bedingten Strafvollzugs bei einer Probezeit von zwei Jahren; - Absehen von der Landesverweisung; - Auferlegung der erstinstanzlichen Verfahrenskosten zu Lasten des Beschuldigten im Umfang von CHF 45'000.00; - Gewährung der amtlichen Verteidigung auch im Berufungsverfahren.
10. Die Staatsanwaltschaft erhob mit Eingabe vom 15. Juni 2021 Anschlussberufung. Diese richtet sich ausschliesslich gegen Dispositivziff. 3 lit. c (recte lit. a) des erstinstanzlichen Urteils. Verlangt wird die Ausfällung einer höheren Freiheitsstrafe.
11. Rechtskräftig und damit nicht mehr Gegenstand des zweitinstanzlichen Verfahrens sind folgende Dispositivziffern des erstinstanzlichen Urteils:
- Ziff. 1: Freispruch vom Vorhalt der qualifizierten Widerhandlung gegen das AIG, soweit die nicht näher identifizierbaren Frauen «[...]» und «[...]» sowie [...] und [...] betreffend, angeblich begangen in der Zeit vom 1. Januar 2017 bis am 9. März 2017 (teilweise AKS Ziff. 4); - Ziff. 2 lit. b: Schuldspruch wegen Geldwäscherei (schwerer Fall, Verbrechen), begangen in der Zeit von ca. 1. September 2013 bis am 8. August 2017 (AKS Ziff. 2, vgl. hierzu die zusammenfassende Darstellung unter nachfolgender Ziff. II.2.);
Anmerkungen: Die Vorinstanz hat in ihrem Urteilsdispositiv den Tatzeitraum ab 1. September 2013 festgelegt. In ihren Erwägungen (E. 4.3., US 10 f.) stützt sich die Vorinstanz jedoch auf den Tatzeitraum der Anklageschrift (ab 1. Januar 2013). Infolge des Verbots der reformatio in peius wird für das vorliegende Urteil, sofern relevant, vom Tatzeitraum ab 1. September 2013 ausgegangen.
In Ziff. 3 lit. a der Urteilsanzeige des Obergerichts vom 18. Mai 2022 wurde als Begehungszeitraum für den Schuldspruch wegen Geldwäscherei «ca. 1. September 2013 bis am 4. August 2016» festgehalten. Dabei handelt es sich um einen Verschrieb bei der Übertragung der rechtskräftigen Ziff. 2 lit. b des erstinstanzlichen Urteils des Amtsgerichts von Bucheggberg-Wasseramt vom 18. Dezember 2020. Der Tatzeitraum dauert richtigerweise bis am 8. August 2017. Dies wird im Rahmen einer berichtigten Urteilsanzeige separat festgehalten. - Ziff. 2 lit. c: Schuldspruch wegen Widerhandlung gegen das Geldspielgesetz (gewerbs- und bandenmässige Begehung, Verbrechen), begangen in der Zeit von ca. 1. September 2013 bis am 8. August 2017 (AKS Ziff.1), vgl. hierzu die zusammenfassende Darstellung unter nachfolgender Ziff. II.1.);
Anmerkung: Die Vorinstanz hat in ihrem Urteilsdispositiv den Tatzeitraum ab 1. September 2013 festgelegt. In ihren Erwägungen (E. 3.3., US 10) stützt sich die Vorinstanz jedoch auf den Tatzeitraum der Anklageschrift (ab 1. Januar 2013). Infolge des Verbots der reformatio in peius wird für das vorliegende Urteil, sofern relevant, vom Tatzeitraum ab 1. September 2013 ausgegangen. - Ziff. 6: Einziehung der sichergestellten und beschlagnahmten Vermögenswerte von total CHF 132.31 (CHF 106.61, CHF 19.40, EUR 5.10, TYR 2.80) als unrechtmässiger Vermögensvorteil; - Ziff. 7: Verurteilung des Beschuldigten zur Bezahlung einer Ersatzforderung in Höhe von CHF 75'000.00; - Ziff. 8 Entschädigung des amtlichen Verteidigers des Beschuldigten, soweit deren Höhe betreffend.
Ebenso rechtskräftig ist die Verfahrenseinstellung hinsichtlich des Vorhalts der Widerhandlung gegen das Bundesgesetz betreffend die Lotterien und die gewerbsmässigen Wetten im Sinne von Art. 42 LG (Übertretung) gemäss AKS Ziff. 5 (vgl. hierzu den Beschluss des Amtsgerichts von Bucheggberg-Wasseramt vom 18. Dezember 2020 [BW AS 234] sowie Urteilsseite [US] 2).
12. Obwohl nicht explizit von einer Partei angefochten, bilden auch folgende Punkte Gegenstand des Berufungsverfahrens:
- Dispositivziff. 3 lit. d [recte lit. b]: bedingt vollziehbare Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je CHF 30.00 bei einer Probezeit von drei Jahren. Ziff. 2 von Art. 305bis StGB sieht im Falle einer Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe eine Verbindungsgeldstrafe vor. Berufungsgegenstand bildet «die Bemessung der Strafe» (vgl. Art. 399 Abs. 4 lit. b StPO) als Ganzes. Die Verbindungsgeldstrafe ist Teil davon und deren angemessene Höhe lässt sich nicht losgelöst von der Freiheitsstrafe bestimmen. Sie ist mit anderen Worten nicht einer Teilrechtskraft zugänglich.
- Dispositivziff. 4: Anrechenbare Untersuchungshaft / Ersatzmassnahmen: Das Gericht rechnet die Untersuchungshaft, die der Täter während des Verfahrens ausgestanden hat, auf die Strafe an. Ein Tag Haft entspricht einem Tag Untersuchungshaft (Art. 51 StGB). Bildet die Bemessung der Strafe an sich Gegenstand der Berufung (s. oben), bildet auch die Anrechnung der Untersuchungshaft bzw. die anstelle der Untersuchungshaft angeordneten Ersatzmassnahmen einen Teil davon.
- Dispositivziff. 8, soweit den Rückforderungsanspruch des Staates betreffend (vgl. hierzu Art. 428 Abs. 3 StPO).
13. Der Mittäter F.___ wurde in einem separat geführten abgekürzten Verfahren (STA.2016.3463 / BWSAG.2019.6) bereits mit rechtskräftigem Urteil vom 29. August 2019 wegen Verbrechen gegen das altrechtliche Spielbankengesetz (SBG), gewerbs- und bandenmässiger Geldwäscherei, versuchter schwerer Körperverletzung, mehrfacher versuchter Nötigung sowie wegen vollendeter Nötigung zum Nachteil von C.___ und weiterer Delikte zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten, einer Geldstrafe von 100 Tages-sätzen sowie einer Busse verurteilt und für die Dauer von sechs Jahren des Landes verwiesen (OGer AS 036 ff.). Gegen den Mittäter H.___ (Schweizer Staatsbürger) wurden in einem ebenfalls separat geführten abgekürzten Verfahren (STA.2016.3603 / BWSAG.2019.8) mit rechtskräftigem Urteil vom 4. Dezember 2020 wegen Verbrechen gegen das altrechtliche Spielbankengesetz (SBG), gewerbs- und bandenmässiger Geldwäscherei und weiterer Delikte eine bedingt vollziehbare Freiheitsstrafe von 22 Monaten sowie eine bedingt vollziehbare Geldstrafe von 40 Tagessätzen und eine Busse ausgefällt (OGer AS 042 ff.).
14. Mit Verfügung vom 14. April 2022 stellte das Obergericht fest, dass das Amtsgericht von Bucheggberg-Wasseramt mit Urteil vom 18. Dezember 2020 den Beschuldigten für die Dauer von fünf Jahren des Landes verwiesen hat (Dispositivziffer 5), es aber hinsichtlich der Vollzugsfrage der Ausschreibung der Landesverweisung im Schengener Informationssystem (SIS) nichts festgehalten hat (OGer AS 026, Ziff. 1). Die Parteien wurden darauf hingewiesen, dass das Berufungsgericht auch über die Frage der Ausschreibung im SIS befinden werde, wenn eine Landesverweisung ausgefällt werden sollte und von einer Nichtbehandlung dieser Frage vor erster Instanz auszugehen sei (Ziff. 2).
15. Die Hauptverhandlung vor Obergericht im Berufungsverfahren fand am 17. Mai 2022 statt. Im Rahmen der Vorbemerkungen wurden die Parteien in Anwendung von Art. 344 StPO darauf hingewiesen, dass sich das Gericht vorbehält, den in Ziffer 4 der Anklageschrift vom 20. April 2020 zur Anklage gebrachten Sachverhalt (angebliche Förderung des rechtswidrigen Aufenthalts sowie Förderung der Erwerbstätigkeit ohne Bewilligung in Bereicherungsabsicht i.S.v. Art. 116 Abs. 1 lit. a und b AIG i.V.m. Art. 116 Abs. 3 lit. a AIG) als mögliche Beschäftigung ohne Bewilligung i.S.v. Art. 117 Abs. 1 AIG und damit rechtlich anders zu würdigen. Die Parteien konnten im Verfahren diesbezüglich das rechtliche Gehör wahrnehmen und dazu Stellung nehmen.
16. Im Rahmen der mündlichen Hauptverhandlung vor Obergericht vom 17. Mai 2022 stellte der Verteidiger vorfrageweise vorsorglich den Beweisantrag, es sei der Sohn des Beschuldigten, B.___, im Zusammenhang mit einer potentiellen Landesverweisung des Vaters zu befragen. Dies für den Fall, dass das Gericht den Rückweisungsantrag im Zusammenhang mit der Landesverweisung abweisen sollte. Die Staatsanwaltschaft beantragte die Abweisung des Antrags. Da das rechtliche Gehör zu den Gründen der Landesverweisung bereits vor der Vorinstanz gewährt worden sei, wäre ein allfälliger Antrag auf Rückweisung, welcher nota bene noch nicht explizit gestellt worden sei, abzuweisen. Durch die Befragung des Sohnes seien keine neuen Erkenntnisse hinsichtlich der Landesverweisung zu erwarten. Nach erfolgter Beratung unter Ausschluss der Parteien weist das Gericht den Beweisantrag der Verteidigung ab:
Das Gericht ist in der Lage, sich gestützt auf die bereits gemachten Angaben des Beschuldigten ein genügendes Bild über die vorliegenden Verhältnisse der unbestritten bestehenden Vater-Sohn-Beziehung zu machen. Da keine weiteren Erkenntnisse zu erwarten sind, wird von einer Befragung des Sohnes abgesehen.
In Bezug auf die Landesverweisung legte die Vorinstanz in ihren Erwägungen folgenden Irrtum offen (US 058): Sie habe erst nach der Urteilseröffnung erkannt, dass die qualifizierte Widerhandlung gegen das AIG (teilweise Vorhalte Ziff. 4 AKS) vor Inkrafttreten von Art. 66a StGB begangen worden sei. In der Folge prüfte die Vorinstanz ausschliesslich die fakultative Landesverweisung (vgl. US 058 – 060). Es ist zwar festzustellen, dass die Vorinstanz bei Ausfällung der Landesverweisung die Arten der Landesverweisung durcheinandergebracht und damit grundsätzlich ein falsches Vorgehen gewählt hat (Dispositiv obligatorische LV, Erwägungen fakultative LV). Entgegen der Auffassung der Verteidigung ist damit jedoch noch kein wesentlicher Verfahrensmangel begründet, welcher eine Rückweisung an die Vorinstanz rechtfertigen würde. Die Vorinstanz hat im Rahmen ihrer Urteilsbegründung die öffentlichen wie privaten Interessen für gegen eine potentielle Landesverweisung detailliert und ausführlich gegeneinander abgewogen. Am Ergebnis hätte sich nichts geändert, selbst wenn die Vorinstanz in ihren Erwägungen an der einmal getroffenen (falschen) Feststellung der obligatorischen Landesverweisung geblieben wäre. Das Berufungsgericht gelangt in Anwendung des geltenden Rechts und unter Berücksichtigung der bereits rechtskräftigen Schuldsprüche so anders zur Prüfung der fakultativen Landesverweisung. Entsprechend ist der erst im Rahmen des Parteivortrags und bloss eventualiter gestellte Rückweisungsantrag der Verteidigung abzuweisen.
II. Rechtskräftige Schuldsprüche
1. Gewerbs- und bandenmässiges Verbrechen gegen das Geldspielgesetz im Sinne von Art. 130 Abs. 1 lit. a und b i.V.m. Abs. 2 BGS (AKS Ziff. 1)
Der Beschuldigte hat sich der qualifizierten Widerhandlung gegen das Geldspielgesetz im Sinne von Art. 130 Abs. 1 lit. a i.V.m. Abs. 2 BGS (gewerbs- und bandmässige Tatbegehung) schuldig gemacht, indem er im Zeitraum von 1. September 2013 bis 8. August 2017 in [Ort 1] und [Ort 2] sowie weiteren Orten in der Schweiz (vgl. hierzu im Einzelnen die Auflistung gemäss Anhang II zur AKS) in mittäterschaftlichem Zusammenwirken mit dem Geschäftsleiter der Organisation, F.___, H.___ sowie weiteren Mitarbeitern der Organisation rund um F.___, insbesondere G.___, I.___, K.___, L.___, M.___, N.___, O.___, P.___, Q.___ sowie weiteren in Anhang I zur AKS namentlich aufgeführten Personen Spielbankenspiele Grossspiele durchgeführt, organisiert und zur Verfügung gestellt hat, ohne im Besitz der hierfür erforderlichen Konzessionen Bewilligungen zu sein. Die Organisation um F.___ betrieb ein Casinosystem, das schweizweit über 90 Lokale umfasste und mit sämtlichen notwendigen Organisationseinheiten wie Techniksupport, Rechnungswesen, Kundendienst / Aussendienstmitarbeiter und Rechtsabteilung ausgestattet war. Die massgeblichen Tatbeiträge des Beschuldigten bestanden darin, dass er (teilweise unter Einbezug weiterer beteiligter Personen): - Lokale anwarb und mit den jeweiligen Betreibern die Konditionen aushandelte; - für die Installation der entsprechenden illegalen Glückspielgeräte sorgte; - illegale Spielautomaten von den Lokalen in das Lager/die Werkstatt in […], […] resp. […] sowie vom Lager/von der Werkstatt in […], […] resp. […] zu den beteiligten Lokalen transportierte bzw. transportieren liess und - dort Reparaturen vornahm resp. vornehmen liess; - einfachere Wartungen resp. Reparaturen der illegalen Glückspielgeräte direkt vor Ort vornahm resp. vornehmen liess; - Abrechnungen an den illegalen Glückspielgeräten vornahm resp. vornehmen liess; - das Bargeld beim Lokalbetreiber entgegen nahm resp. von beteiligten Personen wie z.B. R.___, O.___, N.___, P.___ entgegennehmen liess; - das so erhaltene Bargeld transportierte resp. transportieren liess; - das auf diese Weise erlangte Bargeld mit H.___ und F.___ aufteilte und den Anteil, der F.___ zustand, diesem resp. G.___ resp. R.___ übergab resp. übergeben liess; - hierfür bei den von ihm angeworbenen Lokalen mindestens 10 % resp.12,5 % des Bruttogewinnes erhielt: 50 % bzw. 60 % des Gewinns blieben beim Lokalbetreiber, die restlichen 50 % resp. 40 % wurden wie folgt aufgeteilt: 25 % resp. 20 % gingen an F.___, und je 12,5 % bzw. 10 % an A.___ und H.___.
Der Beschuldigte war folglich massgeblich in die Organisation von F.___ eingebunden und hatte als dessen Hauptpartner entsprechende Entscheidungsbefugnisse inne, insbesondere verfügte er über Zugangsdaten und Passwörter für die jeweiligen Automaten, um selber Abrechnungen vornehmen zu können. Weiter war er auch direkt am Bruttospielertrag der illegalen Glückspielgeräte beteiligt, dies während der gesamten Deliktsdauer im Umfang von mindestens CHF 625'000.00 bis CHF 830'000.00 (ausgehend von einem von der Organisation generierten Bruttospielertrag in der Grössenordnung von gesamthaft ca. CHF 20 Mio.), wodurch er einen namhaften Beitrag an die Finanzierung seines Lebensunterhaltes erzielte.
Aufgrund der aufgewendeten Zeit, Mittel und Finanzen übte der Beschuldigte mit seinen Mittätern die deliktische Tätigkeit nach der Art eines Berufs aus und er hatte sich darauf eingerichtet, durch die Durchführung, die Organisation und das zur Verfügung stellen von Spielbankenspielen und Grossspielen ohne Konzession resp. Bewilligung seine Einkünfte zu erzielen und damit seine Lebenskosten zu decken. Er handelte folglich gewerbsmässig. Ebenso handelten der Beschuldigte und seine Mittäter als Bande, weil sie sich mit dem ausdrücklich geäusserten Willen, zumindest aber konkludent zusammenschlossen, um in der Schweiz, ohne im Besitz der dafür nötigen Konzession Bewilligung zu sein, Spielbankenspiele Grossspiele durchzuführen, zu organisieren und zur Verfügung zu stellen, wobei den Beteiligten unterschiedliche, klar zugewiesene Aufgaben bzw. Aufgabenbereiche (vgl. hierzu Anhang II zur AKS mit folgenden Haupt- bzw. teilweise Doppelfunktionen: Geschäftsleiter, Hauptpartner/Geldeinzieher, Buchhaltung/Finanzverwaltung, Partner/Geldeinzieher, Geldeinzieher, Aussendienstmitarbeiter/Geldeinzieher, Aussendienstmitarbeiter, Techniker sowie gar eine Rechtsdienststelle) und Entscheidungskompetenzen zukamen und ein fester, hierarchisch gegliederter Zusammenschluss mit einer deutlichen Organisationsstruktur bestand, was eindeutig über die blosse Mittäterschaft hinaus ging.
2. Geldwäscherei (schwerer Fall) im Sinne von Art. 305bis Ziff. 1 i.V.m. Ziff. 2 lit. b und c StGB
Begangen ab dem 1. September 2013 bis am 8. August 2017, indem er in [Ort 2], [Ort 1], und weitere sowie eventuell anderswo in der Schweiz, indem F.___ und seine Mittäter sowie Gehilfen folgende Handlungen mit Geldern vornahmen, im Wissen um deren verbrecherische Herkunft: - Abholung von Bargeldern bei Lokalbetreibern; - Barverbrauch im Inland; - Überweisungen ins Ausland; - Einzahlungen auf Firmenkonten und Barabhebungen; - Einzahlungen auf Firmenkonten und Begleichung von Unkosten; F.___ hat sich mit seinen Mitbeteiligten – A.___, H.___, Q.___, S.___, G.___, R.___, L.___, K.___, O.___, N.___, T.___ sowie eventuell weiteren Personen – ausdrücklich, mindestens aber konkludent zusammengefunden, um während mehreren Jahren gemeinsam mit gleichwertigen, arbeitsteiligen Tatbeiträgen die aus dem illegalen Glückspiel stammenden Gelder der Einziehung und Auffindung zu entziehen (bandenmässige Tatbegehung). Ebenso erzielten F.___ und seine Mittäter sowie Gehilfen einen grossen Umsatz und sicherten sich einen erheblichen Gewinn von mindestens CHF 10'000'000.00. Sie entzogen somit unter Einsatz grosser personeller Ressourcen wie auch unter Aufwendung von erheblicher Zeit in der Art eines Berufes und somit gewerbsmässig illegal erwirtschaftete Gelder der Einziehung und Auffindung und generierten damit einen grossen Umsatz wie auch einen erheblichen Gewinn.
Der Beschuldigte beteiligte sich in massgeblicher Weise an dieser qualifizierten Geldwäscherei, indem er: - das Bargeld beim Lokalbetreiber entgegennahm resp. von beteiligten Personen (wie z.B. R.___, O.___, N.___, P.___) entgegennehmen liess; - das so erhaltene Bargeld transportierte resp. von beteiligten Personen (wie z.B. R.___, O.___, N.___, P.___) transportieren liess; das auf diese Weise erlangte Bargeld mit H.___ und F.___ aufteilte und den Anteil, der F.___ zustand, diesem resp. G.___ resp. R.___ übergab resp. übergeben liess, welcher die Gelder dann gemäss den obenstehenden Ausführungen verwendete; - hierfür bei den von ihm angeworbenen Lokalen mindestens 10% resp. 12.5% des Bruttogewinns erhielt; - so generierte Bargelder zur Gewährung von Darlehen an Lokalbetreiber verwendete; - so generierte Bargelder zur anteilsmässigen Bezahlung der Löhne von O.___ in der Zeit von ca. Januar 2016 bis November 2016 in der Höhe von insgesamt CHF 4'000.00 pro Monat und N.___ in der Zeit von ca. November 2016 bis 8. August 2017 in der Höhe von insgesamt CHF 3'500.00 bis CHF 4'000.00 pro Monat verwendete; - so generierte Bargelder im Jahr 2016 – zu einem nicht näher definierbaren Zeitpunkt zwischen Juni 2016 und Dezember 2016, mutmasslich im Juni 2016 – für die Anzahlung von CHF 50'000.00 an den beabsichtigten Erwerb der Liegenschaft in […] investierte; - so generierte Bargelder für die Mietzinszahlungen von mindestens CHF 3'500.00 pro Monat zwischen Juli 2016 und mutmasslich Juli 2017 für die Liegenschaft in […] verwendete; - so generierte Bargelder in der Zeit von Mai 2016 bis ca. Juli 2016 für die Mietzinszahlungen von CHF 7'000.00 pro Monat für das Lokal «[Gaststätte1]» in [Ort 1] verwendete; - so generierte Bargelder im Umfang von mindestens CHF 80'000.00 in zwei Landkäufe in der Türkei investierte, indem er das Geld in Form von Bargeld in die Türkei transportierte resp. transportieren liess; - so generierte Bargelder im Umfang von CHF 50'000.00 in die Gründung einer Firma in der Türkei, ein Projekt, das er mit U.___ und V.___ verfolgte, das aber später scheiterte, investierte; - so generierte Bargelder für die Zahlung der Leasingraten von Fahrzeugen, die er auf Drittpersonen einlöste, verwendete; - so generierte Bargelder für weitere Zwecke ins Ausland transportierte, wie auch wiederum für eigene Luxusgüter (Ferien, Ausgang, Zahlung von Prostituierten) einsetzte.
III. AKS Ziff. 3: Nötigung zum Nachteil von C.___
1. Sachverhalt
1.1. Vorhalt
Der dem Beschuldigten zur Last gelegte Tatvorwurf lautet gemäss AKS Ziff. 3 wie folgt:
« Vorbemerkungen zur Mittäterschaft mit F.___ und H.___ Die Mittäterschaft von F.___, A.___ und H.___ ergibt sich aufgrund der äquivalenten Tatbeiträge, insbesondere aufgrund der zumindest konkludent erfolgten gemeinsamen Entschlussfassung sowie der gleichwertigen, wechselseitigen und arbeitsteiligen Rollenverteilung bei der Durchführung, wobei der jeweilige Tatbeitrag nach den Umständen des konkreten Falles für die Ausführung des Deliktes so wesentlich war, dass sie mit ihm steht fällt, weshalb im Ergebnis alle Beteiligten als Hauptbeteiligte dastehen.
Tatvorwurf begangen zwischen dem 13. Juli 2016 und dem 4. August 2016, in […], im Restaurant «[…]» sowie eventuell anderswo zum Nachteil von C.___, indem F.___ in mittäterschaftlichem Zusammenwirken mit A.___ und H.___ vorsätzlich und in Ausnutzung der kulturellen Stellung als Leader einer Asiret durch Androhung ernstlicher Nachteile den Geschädigten zur Zahlung von CHF 16'000.00 veranlassen wollte und der Geschädigte ihm schliesslich sein Lokal übergab. Konkret indem er folgende Handlungen vornahm resp. vornehmen liess:
Im Lokal «[…]» in […]handelt es sich ebenfalls um ein Lokal, welches in das illegale Casinosystem (vgl. [AKS] Ziff. 1 vorab) eingebunden war. C.___ soll dabei an den illegalen Glückspielautomaten Manipulationen vorgenommen haben, so dass ein Minus von CHF 16'000.00 entstanden sein soll. In der Folge forderte F.___ am 4. August 2016, ca. 14:47 Uhr, den Beschuldigten auf, bei C.___ vorbeizugehen, die CHF 16'000.00 einzufordern sowie diesem das Lokal abzunehmen. Dazu sollte er tun, «was nötig ist». In der Folge begaben sich der Beschuldigte und H.___ am 4. August 2016 um ca. 16:45 Uhr gemeinsam in das Lokal in […], um beim Geschädigten unter Androhung ernstlicher Nachteile die CHF 16'000.00 wie auch die Schlüssel für das Restaurant einzufordern. Da der Geschädigte das Geld nicht aufbringen konnte, informierte der Beschuldigte wiederum F.___, worauf dieser wiederum darauf drängte, dass der Geschädigte ihm das Geld bringen müsse. Am 4. August 2016, 17:34 Uhr, rief F.___ wiederum den Beschuldigten an und teilte ihm mit, dass «dieser Schakal» die «16’000» bringen solle, er komme auch «dorthin» und werde «ihm das notwendige zei…» resp. «mit ihm das notwendige reden». In der Folge erschien F.___ ebenfalls in […], begab sich in das Restaurant «[…]» und drohte dem Geschädigten, der die Manipulationen zunächst bestritt, mit ernstlichen Nachteilen insbesondere der Anwendung von Gewalt resp. der Ächtung durch die Asiret, was einem gesellschaftlichen Ausschluss gleichkäme. Da der Geschädigte das geforderte Geld nicht übergeben konnte, übergab er schliesslich die Schlüssel zum Lokal «[…]» in […] an F.___ resp. die Mitbeteiligten. In der Folge übergab F.___ das Lokal an einen anderen Betreiber.»
1.2. Allgemeines zur Beweiswürdigung
Gemäss der in Art. 32 Abs. 1 BV und Art. 6 Ziff. 2 EMRK sowie in Art. 10 Abs. 3 StPO verankerten Maxime «in dubio pro reo» ist bis zum Nachweis der Schuld zu vermuten, dass die einer Straftat angeklagte Person unschuldig ist: Es gilt demnach die Unschuldsvermutung. Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung (BGE 120 Ia 36 ff., BGE 127 I 40 f.) betrifft der Grundsatz der Unschuldsvermutung sowohl die Verteilung der Beweislast als auch die Würdigung der Beweise. Als Beweislastregel bedeutet die Maxime, dass es Sache des Staates ist, die Schuld des Angeklagten zu beweisen und nicht dieser seine Unschuld nachweisen muss. Als Beweiswürdigungsregel ist der Grundsatz «in dubio pro reo» verletzt, wenn sich der Strafrichter von der Existenz eines für den Beschuldigten ungünstigen Sachverhaltes überzeugt erklärt, obschon bei objektiver Betrachtung Zweifel bestehen, dass sich der Sachverhalt so verwirklicht hat. Dabei sind bloss abstrakte und theoretische Zweifel nicht massgebend, da solche immer möglich sind. Obwohl für die Urteilsfindung die materielle Wahrheit wegleitend ist, kann absolute Gewissheit bzw. Wahrheit nicht verlangt werden, da diese der menschlichen Erkenntnis bei ihrer Unvollkommenheit überhaupt verschlossen ist. Mit Zweifeln ist deshalb nicht die entfernteste Möglichkeit des Andersseins gemeint. Erforderlich sind vielmehr erhebliche und schlechthin nicht zu unterdrückende Zweifel, die sich nach der objektiven Sachlage aufdrängen. Bei mehreren möglichen Sachverhaltsversionen hat der Richter auf die für den Beschuldigten günstigste abzustellen. Eine Verurteilung darf somit nur erfolgen, wenn die Schuld des Verdächtigten mit hinreichender Sicherheit erwiesen ist, d.h. wenn Beweise dafür vorliegen, dass der Täter mit seinem Verhalten objektiv und subjektiv den ihm vorgeworfenen Sachverhalt verwirklicht hat. Voraussetzung dafür ist, dass der Richter einerseits persönlich von der Tatschuld überzeugt ist und andererseits die Beweise die Schuld des Verdächtigen in einer vernünftige Zweifel ausschliessenden Weise stützen. Der Richter hat demzufolge nach seiner persönlichen Überzeugung aufgrund gewissenhafter Prüfung der vorliegenden Beweise darüber zu entscheiden, ob er eine Tatsache für bewiesen hält nicht (BGE 115 IV 286).
Das Gericht folgt bei seiner Beweisführung dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung (Art. 10 Abs. 2 StPO): Es würdigt die Beweise frei nach seiner aus dem gesamten Verfahren gewonnenen Überzeugung und ist damit bei der Wahrheitsfindung nicht an die Standpunkte und Beweisführungen der Prozessparteien gebunden. Je nach der Art des Beweismittels lassen sich diese grundsätzlich in persönliche (Personen, welche die von ihnen wahrgenommenen Tatsachen bekannt geben, namentlich Aussagen von Zeugen, Auskunftspersonen, Angeschuldigten in Einvernahmen) und sachliche (Augenschein und Beweisobjekte, namentlich Urkunden) unterteilen. Zu den verschiedenen Beweismitteln ist anzuführen, dass der Grundsatz der freien Beweiswürdigung eine Rangordnung verbietet. Insbesondere sind die Aussagen von Zeugen und Angeschuldigten voll gültige Beweismittel mit derselben Beweiseignung. Bei der Würdigung der Beweise ist weniger die Form, sondern vielmehr der Gesamteindruck (d.h. die Art und Weise der Bekundung sowie die Überzeugungskraft) massgebend.
1.3. Beweismittel und Beweiswürdigung
1.3.1. Telefonkontrollen
Es wurde eine Vielzahl von Telefongesprächen unter Einhaltung der prozessualen Vorgaben (vgl. hierzu pag. 3.2. / 001 ff.) in Echtzeit geheim überwacht und aufgezeichnet. Von Relevanz sind für die Beweiswürdigung die folgenden abgehörten Gesprächsinhalte, in chronologischer Reihenfolge (überwachte Hauptnummer des Beschuldigten: […]): - Telefongespräch vom 20. Juli 2016, um 19:15 Uhr (Beilage 1 zur Einvernahme vom 22.3.2018, pag. 10.1. / 174): Der Beschuldigte teilt seinem Gesprächspartner C.___ mit, F.___ habe ihn (den Beschuldigten) angerufen und er solle O.___ zu ihm schicken. C.___ «habe ein anvertrautes Dings zum abgeben.» Dieser antwortet, er werde es bis in 2 bis 3 Tagen organisieren. Auf die Frage des Beschuldigten, ob er das nicht gleich machen könne, denn F.___ habe eine Zahlung zu machen, fragt C.___, ob ihm F.___ etwas mehr Zeit geben könne, er werde bis zum 1. des Monats 8'000 bis 9'000 organisieren. Ebenso macht C.___ deutlich, wie sehr er sich darum bemühte, zu Geld zu kommen: Er habe bereits ein paar Stellen angefragt und er werde es schon noch auftreiben. Er habe sogar einen Kredit beantragt und er wolle auch das abgeben. Der Beschuldigte erklärt sich damit einverstanden.
- Telefongespräch des Beschuldigten vom 4. August 2016 um 14:47 Uhr (Beilage 2 zur Einvernahme vom 22.3.2018, pag. 10.1. / 173) mit dem Gesprächspartner mit der Nummer […], die F.___ zugeordnet werden kann: Dieser eröffnet dem Beschuldigten zu Beginn des Gespräches: «C.___, C.___, der von […], er hat eine Manipulation gemacht. (…) 16000 hat er dings gemacht, die 16'000 wirst du vorbereiten, hab ich gesagt, dann nehmt ihr ihm auch die Schlüssel weg. (…) auch wenn niemand da ist, ruft den J.___.» Hierauf unterbricht der Beschuldigte F.___ und sagt: «Nein, nein, wir können selber jemanden reinstellen, ich kümmere mich darum.» Darauf F.___: «Du nimmst die Schlüssel und machst, was nötig ist. ok?» Der Beschuldigte: «Sollen wir gehen?», F.___: «Ja.» und weiter «Nehmt von ihm das Geld. (…). Dem Ehrenlosen überlassen wir es nicht.» «Er schuldet uns noch was, der Ehrenlose. 20'000 hat er gegeben, ich habe ihm 30'000 gegeben.»
- Telefongespräch vom 4. August 2016 um 14:48 Uhr (pag. 3.2.1. / 270 bzw. Beilage zur Einvernahme von C.___ vom 22.8.2017, pag. 10.2.21. / 025): Der Beschuldigte teilt H.___ mit, dass er gerade im Spital sei und einen neuen Verband bekomme, danach werde er zu ihm kommen und dann müssten sie nach […] fahren. Als H.___ sich nach dem Grund erkundigt, erklärt ihm der Beschuldigte, C.___ habe Manipulationen gemacht, 16 Papiere (gemäss der übersetzenden Person: 1 Papier = CHF 1'000.00). F.___ habe ihm gesagt, dass er dieses Geld vorbereiten solle und man das Geld abholen komme. F.___ habe dem Beschuldigten auch gesagt, man solle die Schlüssel von C.___ nehmen. H.___ ist einverstanden und wartet auf den Beschuldigten.
- Telefongespräch vom 4. August 2016 um 17:18 Uhr (pag. 3.2.1. / 278): Der Beschuldigte fordert X.___ auf, nach […] zu kommen, womit X.___, der im Zeitpunkt des Anrufes noch zuhause ist, einverstanden ist. Der Beschuldigte fügt hinzu, dass er sich beeilen solle.
- Telefongespräch vom 4. August 2016 um 17:23 Uhr (pag. 3.2.1. / 280 bzw. Beilage 3 zur Einvernahme vom 22.3.2018, pag. 10.1. / 172): Der Beschuldigte teilt F.___ mit, er habe jetzt X.___ angerufen. X.___ komme hierher und diesem werde er die Schlüssel geben. Der Beschuldigte teilt F.___ mit, «er» (gemäss der übersetzenden Person möglicherweise C.___) sage, er habe ein Grundstück und er habe sich auch noch für einen Kredit angemeldet, worauf der Beschuldigte von F.___ unterbrochen wird mit den Worten «Nein, nein, er muss das Geld, Geld was drinnen ist, vorbereiten, ich komme jetzt dorthin. Er wird jetzt das Geld, was drinnen ist, mir bringen.» Der Beschuldigte ergänzt, er und H.___ seien hier («sitzen»), er [C.___] sei auch da. X.___ sei am Kommen. F.___ teilt mit, er komme von Solothurn dorthin.
- Telefongespräch vom 4. August 2016 um 17:34 Uhr (pag. 3.2.1. / 281): F.___ orientiert den Beschuldigten, dass es 30 – 40 Minuten daure, bis er ankomme. «Dieser Schakal soll die 16'000.00 bringen. Sag ihm, dass ich es gesagt habe. Ich habe es ihm schon mal gesagt.» Antwort des Beschuldigten: «Ok, in Ordnung», worauf F.___ erwidert: «Er soll es nicht machen. Sag du es nur. Sage: ‘er habe gesagt, du sollst es bringen, aber nicht machen.» (…) Ich werde ihm das Notwendige zei… (Anmerkung der übersetzenden Person: F.___ unterbricht sich selber) mit ihm das notwendige reden.»
- Telefongespräch vom 4. August 2016 um 18:26 Uhr (Beilage 4 zur Einvernahme vom 22.3.2018, pag. 10.1. / 171): Der Beschuldigte erklärt gegenüber Y.___, er beschäftige sich mit Bastarden. (Auf die Nachfrage seines Geschäftspartners, was passiert sei:) In […] habe jemand mit Eseln [unstrittig Codewort für Geldspiele] gespielt und so auf Null gesetzt.
1.3.2. Aussagen von C.___
C.___ wurde im Verfahren gegen F.___ am 22. August 2017 als Auskunftsperson polizeilich befragt (pag. 10.2.21. / 001 – 020) und gab zusammengefasst zu Protokoll, Z.___ lüge, wenn er behaupte, er (C.___) sei im Zeitpunkt der Polizeikontrolle vom 14. Oktober 2016 für das Lokal verantwortlich gewesen. Die Miete für das […] habe Z.___ bezahlt, so viel er wisse, gehöre diesem das Lokal und mit den Gerätschaften/Maschinen habe er (C.___) nichts zu tun gehabt. Er habe in diesem Lokal während der Ferienzeit im Juli 2016 nur für vier fünf Tage ausgeholfen und sich danach zurückgezogen. Solange er dort gewesen sei, habe niemand etwas gewonnen und er habe auch niemandem Geld gegeben. Man müsse Z.___ fragen. Er selber habe dort Tee gekocht und lediglich das Geld für die Getränke einkassiert. Finanzielle Schwierigkeiten im Zusammenhang mit dem [...] bestritt C.___. Nachdem ihm das abgehörte Telefongespräch vom 20. Juli 2016 um 19:15 Uhr zwischen der vom Beschuldigten verwendeten Rufnummer und der von C.___ verwendeten Rufnummer abgespielt worden war, antwortete er auf die Frage, wer F.___ sei: «Ich schwöre, ich weiss es nicht.» Nach nochmaligem Abspielen desselben Gespräches und auf den Vorhalt, er habe Schulden bei F.___ gehabt, führte C.___ aus, sein Vater habe in der Türkei ein grosses (finanzielles) Problem gehabt. Dieser habe sich für seinen Onkel verbürgt. Er habe aus diesem Grund CHF 5'000.00 CHF 6'000.00 benötigt und ohne seine Hilfe hätte sein Vater das Land verloren. Dieses Geld sei ihm im Laden in [...] vom Beschuldigten gegeben worden. F.___ sei nicht gekommen, diesen kenne er nicht. Vielleicht sei es dessen Geld gewesen. Es könne sein, dass F.___ der Chef von ihnen sei, aber er wisse es nicht. (Kurz darauf:) F.___ sei der Oberste von ihnen. Das hätten sie ihm aber damals nicht gesagt. (Auf Frage:) Nein, seine Schulden stünden ganz sicher nicht im Zusammenhang mit den Glücksspielautomaten und/oder Wettstationen im [...]. Er habe die Schulden letztlich begleichen können und wegen der Schulden sei es «ganz sicher» nicht zu Problemen mit F.___ gekommen. Er habe mit niemandem Probleme gehabt. Der Name F.___ sei schon vorgekommen, aber sie hätten nie persönlich miteinander zu tun gehabt. Auf Vorhalt des überwachten Telefongespräches vom 4. August 2016 um 14:47 Uhr (vgl. vorstehende Wiedergabe): Es gebe viele C.___s in [...]. Da werde von 30'000 und Maschinen gesprochen, doch das habe nichts mit ihm zu tun. Er verstehe das nicht. Was sei eine Manipulation? Den Vorhalt, er habe gemäss der Interpretation der Polizei Glücksspielautomaten manipuliert, um weniger Gewinn auszuweisen, und er habe auf diese Weise F.___ CHF 16'000.00 vorenthalten wollen, wies C.___ von sich. Auf die Anschlussfrage, ob es wegen der Manipulationen zu Repressalien von Seiten F.___ gekommen sei: Nein, er habe nichts gehört gesehen. Wenn es mit ihm (C.___) zu tun gehabt und es Streit gegeben hätte, wäre er zur Polizei gegangen. (Auf Vorhalt des abgehörten Telefongesprächs vom 4.8.2016 zwischen C.___ und dem Beschuldigten:) An diesem Nachmittag seien zwar A.___ und H.___ gekommen, doch sie hätten sich nicht mit ihm abgegeben. Er habe ihnen Tee gegeben. Dann sei Z.___ gekommen und sie hätten mit Z.___ geredet, während er den Schlüssel abgegeben habe und gegangen sei. Er (C.___) habe damals gesagt, es gebe für ihn nichts mehr zu tun. Danach habe er gehört, dass X.___ dort sei und diesen Laden betreibe. Er selber habe den Laden am 5., 6., 7. 8. August [2016] verlassen. Er habe den Männern die Zahlung gemacht. (Auf die Nachfrage, bei welchen Männern er das gemacht habe:) Dem A.___ habe er das Geld gegeben und dieser habe es bestimmt dem F.___ gegeben. (Auf die Frage, ob gegen ihn aufgrund der nicht getilgten Schulden Gewalt angewendet worden sei:) Nein, ihm sei überhaupt nichts passiert. Er sei auch nicht weiter bedrängt worden. Sie hätten ihm keine Probleme bereitet. Als C.___ im Rahmen dieser Befragung schliesslich die Fotomappe «Aktion […]» vorgelegt wurde, wollte dieser die abgebildete Person mit der Nr. 1 (F.___) nicht kennen (pag. 10.2.21. / 031).
1.3.3. Aussagen des Beschuldigten
In der staatsanwaltschaftlichen Einvernahme vom 22. März 2018 nahm der Beschuldigte Stellung, indem er zusammengefasst (in freier Rede und vor Abspielen der überwachten Telefongespräche) Folgendes zu Protokoll gab (pag. 10.1. / 155 ff.): Das Lokal «[...]» in [...] sei von einem «O.___», dessen Nachname er nicht kenne, betrieben worden. Sie hätten dort Maschinen (Glückspiel und Wetten) reingestellt. Später habe dieser «O.___» selber zu spielen begonnen, habe ihnen keine Zahlungen mehr geleistet und sei verschwunden. So sei das Lokal an C.___ weitergeben worden, der es dann auch betrieben habe. Später habe er (der Beschuldigte) erfahren, dass C.___ wegen seiner Familie Probleme in der Türkei gehabt habe wegen Grundstücken Feldern. F.___ («F.___», F.___) habe ihm deswegen CHF 30'000.00 ausgeliehen. Nach einem zweiwöchigen Aufenthalt in der Türkei, um die Probleme zu lösen, habe C.___ sie angerufen und mitgeteilt, dass die Glückspielmaschine «15’000» im Minus sei, was aber nach ihrer Einschätzung nicht möglich gewesen sei. Hierauf sei I.___ der Techniker von F.___, in das Lokal «[...]» gegangen und habe bei der Kontrolle der Maschine festgestellt, dass diese manipuliert worden sei. F.___ sei deswegen verständlicherweise sehr wütend geworden. Er (F.___) habe C.___ Folgendes gesagt: «Ich habe Dir CHF 30'000.00 gegeben, damit Du Deine Probleme lösen kannst und dazu habe ich Dir das Lokal gegeben, damit du Geld verdienen kannst. Warum betrügst Du mich?». F.___ sei einfach wütend gewesen, habe aber C.___ nicht bedroht. F.___ habe in der Folge nicht mehr mit C.___ zusammenarbeiten wollen. (Auf die Frage, wie sich die Wut von F.___ geäussert habe:) Es sei in einer Zeit passiert, als F.___ ebenfalls in einen finanziellen Engpass geraten sei und trotzdem sei dieser C.___ behilflich gewesen. Dass F.___ dann ausgerechnet von ihm betrogen werden sollte, «het ihn möge». F.___ habe verständlicherweise die CHF 30'000.00 wieder zurückhaben wollen. Ob das C.___ auch zurückbezahlt habe, wisse er nicht. Die CHF 30'000.00 hätten nichts mit dem Geschäft zu tun gehabt. Das sei etwas Privates zwischen F.___ und C.___ gewesen. Wenn es etwas Geschäftliches gewesen wäre, so wären H.___ und er (Beschuldigter) auch daran beteiligt gewesen, dem sei aber nicht so gewesen. (Befragt nach der Bedeutung einer Asiret:) Was Asiret wörtlich bedeute, wisse er nicht, es sei wie ein «Volksstammbaum». (Auf entsprechende Frage:) Er wisse nicht, ob F.___ ein Leader einer Asiret sei, glaube es aber nicht. (Auf die Frage, was es bedeute, wenn man Leader einer Asiret sei:) Der Leader regiere über alles. Nach dem Abspielen der abgehörten Telefongespräche vom 20. Juli 2017, 19:15 Uhr, und vom 4. August 2016, 14:47 Uhr, bestätigte der Beschuldigte, dass es hierbei um das Geld gehe, welches F.___ C.___ gegeben habe, wobei C.___ CHF 20'000.00 schon (zurück)gegeben habe und damit noch CHF 10'000.00 (zurück) zu bezahlen gewesen seien. CHF 6'000.00 seien von den Abrechnungen, denn es sei längere Zeit nicht richtig abgerechnet worden. Von dort habe C.___ noch CHF 6'000.00 Schulden gehabt. Deshalb habe F.___ im Gespräch erwähnt, dass C.___ ihm noch CHF 16'000.00 geben müsse. In [...] seien sie drei Partner gewesen, also F.___, H.___ und er (Beschuldigter). Für die Maschinen, die dort gestanden seien, seien sie alle drei verantwortlich gewesen. Als sie von C.___ das Geld nicht bekommen hätten, hätten sie (die Partner) nicht mehr mit diesem zusammenarbeiten wollen. Die genommenen Schlüssel hätten sie Z.___ gegeben (pag. 10.1. / 155 - 160).
In der Schlusseinvernahme vom 25. Juli 2019 (pag. 10.1. / 186 ff.) bestätigte der Beschuldigte erneut, wie F.___ wütend geworden sei, nachdem I.___ die Manipulation am Glückspielgerät festgestellt habe. C.___ habe F.___ übers Ohr gehauen. Es stimme aber nicht, dass er (der Beschuldigte) und H.___ C.___ bedroht unter Druck gesetzt hätten. Ganz im Gegenteil, sie seien ihm behilflich gewesen. Sie hätten den C.___ sogar darauf aufmerksam gemacht, dass er die Wahrheit sagen solle und dann F.___, der ein guter Mensch sei, ihm auch nichts (an)tun werde. Als F.___ dann im Lokal gewesen sei, habe C.___ schliesslich die Wahrheit erzählt und seinen Fehler zugegeben. F.___ habe gesagt, er solle seine Schulden zurückzahlen und sein Lokal verlassen. Das sei alles gewesen. Das Lokal habe F.___ und nicht C.___ gehört.
Vor erster Instanz (BW AS 165 ff.) bestätigte der Beschuldigte, dass F.___ C.___ «wüst» gesagt habe und ebenso, dass C.___ in seiner Anwesenheit und der Anwesenheit von F.___ den Schlüssel zum Lokal abgegeben habe. Trotz der Schlüsselabgabe, führte der Beschuldigte in derselben Einvernahme aus, habe C.___ das Lokal aber nicht abgeben müssen (BW AS 174). Er habe es weiterbetrieben. Der F.___ habe ihm einen neuen Partner gebracht und weil sich C.___ mit dem neuen Partner nicht verstanden habe, sei dieser dann selber gegangen. (Auf Vorhalt der rechtskräftigen Verurteilung von F.___ wegen Nötigung im Zusammenhang mit diesem Vorhalt:) Das könne sein. Der F.___ sei ein bekannter Mensch hier in der Schweiz. C.___ habe auch Angst vor ihm gehabt. Auf die Frage, ob C.___ auch vor ihm Angst gehabt habe: Nein, das habe er nicht gehabt. Er (A.___) habe niemanden genötigt in der Schweiz.
Anlässlich der Verhandlung vor Obergericht vom 17. Mai 2021 führt der Beschuldigte zusammengefasst aus, die Angelegenheit sei das private Problem zwischen F.___ und C.___ gewesen. Sie hätten sich untereinander Geld gegeben, und das sei ein Problem gewesen zwischen den beiden. Es treffe zu, dass sie (gemeint sind der Beschuldigte und H.___) an jenem Abend in diese Bar gegangen seien. Sie hätten gemerkt, dass ein Spielautomat im Minus sei, und sie hätten das kontrollieren wollen. Ein Techniker sei auch gekommen. Er (der Beschuldigte) habe es einfach nicht richtig gefunden, was er (C.___) gemacht habe. Er (C.___) habe das Geld von F.___ bekommen und habe trotzdem noch den Apparat manipuliert; das sei nicht richtig. Betreffend den Schlüssel habe es einfach geheissen, man müsse den Schlüssel nehmen, und das hätten sie auch so gemacht. Es habe nicht nur C.___ Angst vor F.___, auch er (der Beschuldigte) habe Angst. Das sei einer, der von der Terrororganisation PKK gekommen sei, er sei in den Bergen gewesen während den Kämpfen. Er sei ganz hoch oben drin. Deshalb habe jeder Angst vor F.___.
1.3.4. Aussagen von F.___
In der polizeilichen Einvernahme vom 29. August 2017 nahm F.___ (als Beschuldigter in dem gegen ihn selber geführten Strafverfahren) erstmals Stellung zu diesem Vorhalt (pag. 10.2.5. / 106), indem er ausführte, mit C.___ hätten sie einmal Probleme gehabt, weil der türkische Staat das Grundstück der Familie habe beschlagnahmen wollen. C.___ habe Hilfe von ihm (F.___) gewollt und er habe ihm vor einem Jahr ein Darlehen von CHF 20.000.00 gegeben, wovon C.___ dann in der Türkei CHF 5'000.00 zurückbezahlt habe. Die Frage, ob C.___ auch Schulden im Zusammenhang mit dem [...] bei ihm gehabt habe, verneinte F.___ ausdrücklich. «Zwischen ihm und mir liefen keine Geschäfte» (pag. 10.2.5. / 110). Nachdem ihm einzelne aufgezeichnete Telefongespräche abgespielt worden waren, räumte F.___ ein, dass C.___ Maschinen, die er bei ihnen gekauft habe, manipuliert habe; dieser habe mit den Einstellungen gespielt. Wenn sich das rumspreche, kaufe ja niemand mehr ein bei ihm. Mit dem [...] in [...] habe das aber nicht zu tun. (Nach dem Abspielen diverser weiterer Telefongespräche:) Ja, er sei am 4. August 2016 zu C.___ nach [...] gefahren, er habe mit C.___ geredet und dieser habe sich bei ihm entschuldigt. C.___ habe gesagt, dass er sich falsch verhalten habe und er (F.___) sei wieder gegangen. Sonst sei nichts ge-/besprochen worden (pag. 10.2.5. / 112). (Auf Frage:) Ja, es treffe zu, dass noch CHF 10'000.00 offen gewesen seien. Das betreffe das Land in der Türkei. (Ob es stimme, dass C.___ ihn aufgrund der Manipulation um CHF 16'000 gebracht habe:) Auf diese Sache antworte er nicht. Er wolle niemanden beschuldigen und ja, er wolle auch sich selber nicht belasten. (Auf Frage:) Nein, er habe während seiner Visite im [...] C.___ nicht geschlagen und ihm keine Ohrfeige verpasst. Man könne Herr C.___ persönlich fragen, dieser sei wieder aus der Türkei zurück. (Ob er sich ungerecht behandelt fühle:) Ja, in den meisten Punkten. Dem C.___ habe er CHF 30'000.00 gegeben, weil dieser in Not gewesen sei und nicht für das Lokal. Er suche grundsätzlich die Schuld bei sich. (Wenn er die Schuld bei sich suche, wo habe er Fehler gemacht?) Er hätte dem C.___ nicht helfen sollen. Er habe ihm auch keinen «Chlapf» gegeben, der befragende Polizist könne gerne C.___ selber fragen (pag. 10.2.5./ 469). Eine ähnliche Version gab F.___ in der Folge auch in der polizeilichen Einvernahme vom 29. November 2017 (pag. 10.2.5. / 514 ff.) sowie in der staatsanwaltschaftlichen Einvernahme vom 20. Dezember 2017 (im Hinblick auf ein abgekürztes Verfahren) zu Protokoll: Er (F.___) sei zu C.___ gegangen und habe diesen aufgefordert, ihn nicht anzulügen und die Wahrheit zu sagen. C.___ habe ihm dann ganz ehrlich gesagt, dass er kein Geld habe. Er (F.___) habe mit ihm sogar einen Kaffee getrunken. Sie hätten sich die Hand gegeben und er sei wieder gegangen (pag. 10.2.5. / 520). C.___ habe seinen Fehler zugegeben und gesagt: «Onkel, ich habe einen Fehler gemacht.» C.___ habe ihm mitgeteilt, wer die Manipulation gemacht habe und dieser habe sich auch entschuldigt. (Auf den Hinweis, wonach es einige Personen gebe, die Angst vor ihm [F.___] hätten, was er dazu sage:) Das habe damit zu tun, dass er im Recht sei. Er habe es [wohl das Geld] zu Gute. Er sei nicht einer, der mit Gewalt Probleme löse. Bei ihm seien das nur leere Worte (pag. 10.2.5. / 609). In der Einvernahme vom 20. Dezember 2017 (im Hinblick auf ein abgekürztes Verfahren) räumte F.___ erstmals ein, man habe C.___ die Schlüssel für das Lokal in [...] weggenommen, führte aber sogleich relativierend hinzu, C.___ sei dort nur der Betreiber gewesen, offiziell habe es auf den Namen von Z.___ gelautet, sie hätten es aber gemietet (pag. 10.2.5. / 611). (Auf die Frage, wie es gelaufen sei, als das Lokal von C.___ bewirtschaftet worden sei:) Nicht schlecht, aber später habe dieser auf den Maschinen Manipulationen gemacht und darauf sei er (F.___) wütend geworden. (In Bezug auf den drohenden Verlust von Grundstücken in der Türkei:) C.___ habe ihm auch erklärt, dass es grosse Probleme innerhalb ihrer Asiret gebe, wenn der Staat Grundstücke in ihrem Gebiet beschlagnahme. Wenn so etwas passiere, sei dies eine grosse Scham für eine Familie. Obwohl er selber in einem finanziellen Engpass gewesen sei, habe er ihm CHF 30'000.00 gegeben, damit er die Grundstücke habe retten können. Da er sie trotz so viel Hilfe hintergangen habe, hätten sie entschieden, ihm den Schlüssel vom Lokal wegzunehmen. Wenn Manipulationen an den Maschinen festgestellt würden, dann gehe er in der Regel persönlich vorbei. Es seien schlussendlich seine Maschinen gewesen.
In der staatsanwaltschaftlichen Einvernahme vom 19. März 2018 (pag. 10.2.5. / 868 ff., im Hinblick auf ein abgekürztes Verfahren) wurde F.___ der Entwurf einer detaillierten Eröffnungsverfügung vorgelegt, auf deren Grundlage die Fragen gestellt wurden. Mit dem Vorwurf – der rechtlich gemäss der damaligen Entwurfsversion noch unter den Tatbestand der Erpressung subsumiert wurde (vgl. pag. 10.2.5. / 899) – sei er nicht einverstanden. Erstens habe er dieser Person nie eine Ohrfeige gegeben und zweitens habe das Lokal so so ihnen gehört, d.h. ihm (F.___), H.___ und A.___. Er sei böse auf C.___ gewesen. Während er (F.___) ihm CHF 30'000.00 gegeben habe, wovon immer noch CHF 15'000.00 offen seien, und er ihm zudem das Lokal gegeben habe, damit dieser dort habe arbeiten und Geld verdienen können, habe C.___ ihn im Gegenzug «bschisse» wollen. Das sei einfach nicht korrekt und wenn man es anschaue und so bewerte, sollte C.___ bestraft werden und nicht er. Wiederum führte er aus, dass C.___ am Ende die Schlüssel des Lokals abgegeben habe. Auf die Frage, welchen Einfluss es auf C.___ habe, dass er (F.___) der Leader einer Asiret sei. Grundsätzlich zähle sein Wort als Leader einer Asiret etwas. (Befragt nach der Wirkung auf Dritte:) Natürlich habe sein Wort eine gewisse Wichtigkeit und wirke auch. (Auf die Frage, ob C.___ die Sache mit der Asiret wisse, pag. 10.2.5./ 874 f.): Das wisse er nicht, aber C.___ kenne seine Vergangenheit und deswegen begegne dieser ihm mit Respekt. In der Folge eröffnete die fallführende Staatsanwältin dem Beschuldigten, sie werde den Vorhalt entsprechend umformulieren und zwar so, dass er (F.___) unter Ausnutzung seiner Stellung als Leader einer Asiret entsprechend Druck auf C.___ habe erzeugen und diesen so zur Rückgabe des Schlüssels habe bewegen können (pag. 10.2.5. / 875).
F.___ hat den Vorhalt, wie er in AKS Ziff. 4 bzw. wie er (mit identischem Wortlaut) in der in seinem Verfahren (STA.2016.3463) ergangenen Anklageschrift vom 14. Mai 2019 im Ziff. 4.1. umschrieben ist, ausdrücklich anerkannt. Er ist mit Urteil vom 29. August 2019 (BWSAG.2019.6) im abgekürzten Verfahren rechtskräftig der Nötigung zum Nachteil von C.___ schuldig gesprochen worden (OGer AS 036 ff.).
1.3.5. Aussagen von H.___
Gegen H.___ wurde, wie bereits in der Prozessgeschichte dargestellt, ein separates Strafverfahren unter der Nummer STA.2016.3603 geführt. Die beigezogenen polizeilichen Einvernahmen mit dem Beschuldigten H.___ finden sich unter pag. 10.2.6. / 001 – 074 (sechs Einvernahmen). Der Vorfall vom 4. August 2016 wurde in keiner dieser beigezogenen Befragungen aufgegriffen. Eine Nötigung wurde denn auch ihm gegenüber nicht zur Anklage gebracht (vgl. Anklageschrift im abgekürzten Verfahren vom 12.8.2020, Akten OGer AS 047 ff.).
1.3.6. Aussagen von I.___
I.___ hatte in der Organisation rund um F.___ die Funktion des Chef-Technikers inne. Er wurde in einem separaten Strafverfahren unter der Nummer STA.2017.2268 sehr ausführlich (15 Einvernahmen, Aktenumfang: 664 Seiten, pag. 10.2.13./ 001 ff.) zur Sache befragt. Anlässlich der Befragung vom 6. Oktober 2017 wurde das Thema Manipulationen von Glücksspielgeräten vertieft. Dazu führte er aus: Ja, das habe es geben. (Auf die Anschlussfrage, was mit den Lokalbetreibern passiert sei, wenn solche Manipulationen von den Personen, welche die Abrechnungen gemacht hätten, entdeckt worden seien:) Das wisse er nicht. F.___ habe meistens mit diesen Lokalbetreibern gesprochen und man habe es regeln können. In der Folge wird ausführlich auf den Fall W.___ eingegangen, der zur rechtskräftigen Verurteilung von F.___ wegen versuchter Nötigung führte: Gestützt auf ein abgehörtes Telefongespräch konnte nachgewiesen werden, dass sich F.___ gegenüber W.___ wie folgt äusserte (vgl. Beilage 4, pag. 10.2.13. / 360): «Ich – falls das Geld nicht da ist – werde (ich) dich erschiessen mein Sohn! Ich werde dich mitten auf deiner Stirn erschiessen.» Auf die Frage, ob er [I.___] miterlebt habe, dass F.___ mit anderen Kunden bezüglich des Geldes auch so wütend und drohend gewesen sei: So sehr habe er das noch nie erlebt. (Auf die Anschlussfrage, ob es vorgekommen sei, dass F.___ wütend auf Kunden gewesen sei:) Ja, auf so Männer wie W.___ einer sei, sei F.___ öfters auch wütend geworden. Konkretisierende Angaben zu weiteren Fällen wollte I.___ nicht machen und der Vorfall betreffend C.___ wurde, soweit ersichtlich, nicht thematisiert.
1.4. Beweiswürdigung und Beweisergebnis 1.4.1. Die Aussagen von C.___ lassen Folgendes deutlich erkennen: 1.) Jegliche Verstrickung in das Geschäft mit illegalem Glücksspiel wies er von sich. Er habe in diesem Lokal nur Tee serviert und für die Getränke das Geld einkassiert. 2.) Eine persönliche Verbindung mit F.___ wies er ebenfalls vehement von sich. Er wollte diesen auf Vorlage eines Fotos nicht kennen. Eine persönliche Begegnung gar einen Konflikt mit «F.___» schloss er kategorisch aus. Beide dieser Kernaussagen von C.___ lassen sich widerlegen und sind offenkundig von der Absicht getragen, weder sich noch F.___ und den Beschuldigten in irgendeiner Weise zu belasten.
1.4.2. Hinsichtlich des [...] in [...] räumte der Beschuldigte schon früh im Strafverfahren ein, dass es sich hierbei um eines jener Lokale gehandelt habe, welches in das illegale Geldspiel-Netz eingebunden gewesen sei. Er und H.___ hätten als Geldeintreiber für dieses Lokal fungiert. Er belastete sich mit dieser Aussage ganz erheblich selber und diverse weitere Mitglieder der Organisation rund um F.___, so insbesondere der Chef-Techniker I.___, bestätigten dies. Selbst F.___, der anfänglich noch eine geschäftliche Beziehung mit C.___ ausschloss («zwischen ihm und mir liefen keine Geschäfte»), liess unter Vorhalt der inhaltlich eindeutigen Telefongespräche diese Verteidigungsstrategie schon bald wieder fallen. Er räumte in der Folge ein, dass es zwei wesentliche Verknüpfungen gab, die beweismässig als erstellt betrachtet werden können: - Zum einen lieh F.___ C.___ einen Geldbetrag, weil sich dessen Vater (als Bürge des Onkels von C.___) in grossen finanziellen Schwierigkeiten befand. Es drohte der Familie von C.___ der Verlust von Grundstücken in der Türkei (staatliche Beschlagnahme), was in der Asiret einer grossen Schmach gleichgekommen wäre. Um diese Gefahr abzuwenden, lieh F.___ C.___ Geld. C.___ räumte ein, dass dieses finanzielle Problem bestand und er, um dieses zu lösen, Geld vom Beschuldigten bekommen habe, und selbst er stellte die Verknüpfung mit «F.___» her, indem er ausführte, es habe sich dabei vielleicht um das Geld von «F.___» gehandelt. Es könne sein, dass F.___ der Chef von ihnen sei. Es ist gestützt auf die Aussagen von F.___ und des Beschuldigten sowie gestützt auf die abgehörten Telefongespräche davon auszugehen, dass die Darlehenssumme CHF 30‘000.00 und nicht, wie dies von C.___ behauptete wurde, bloss CHF 5’000.00 CHF 6'000.00 ausmachte. Aus dem aufgezeichneten Telefongespräch vom 20. Juli 2016 erschliesst sich weiter, dass C.___ diesen Betrag noch nicht vollständig gegenüber seinem Gläubiger beglichen hatte, denn der Beschuldigte gab C.___ telefonisch zu verstehen, er habe gegenüber F.___ «ein anvertrautes Dings» zum Abgeben. Hierauf signalisierte C.___ seine Bereitschaft, «es zu organisieren» und stellte ihm bereits eine Teilsumme von CHF 8'000.00 bis CHF 9'000.00 in Aussicht.
- Erstellt ist ebenfalls, dass C.___ zumindest für die vorliegend interessierende Phase im Juli/August 2016 das Lokal «[...]» in [...] betrieb (dies nach den glaubhaften Aussagen des Beschuldigten als Nachfolger von «O.___») und damit in die Organisation eingebunden war. Die in den Lokalen erwirtschafteten Gewinne mit den Spielautomaten wurden, wie dies der Beschuldigte mehrfach eingestand, einerseits zwischen F.___ (in der Regel 20 % bis 25 %) und seinen engsten Partnern H.___ und dem Beschuldigten (in der Regel je 10 % bis 12,5 %) sowie andererseits den jeweiligen Lokalbetreibern (50 % - 60 %) aufgeteilt.
1.4.3. Auch die weiteren Vorkommnisse, welche den Geschäftszweig des illegalen Glücksspiels betrafen, sind angesichts der vielen abgehörten Telefongespräche und der im Wesentlichen übereinstimmenden Angaben des Beschuldigten und F.___ erstellt: Anfangs August 2016 stand für die Führungsriege der Organisation fest, dass C.___ eines der Glücksspielgeräte in dem von ihm betriebenen Lokal manipuliert haben musste (vgl. das vorstehend wiedergegebene Telefongespräch vom 4.8.2016 um 14:47 Uhr). Diese Manipulation veranlasste F.___, den Beschuldigten anzuweisen, bei C.___ vorbeizugehen, um CHF 16‘000.00 einzufordern (das Geld zu nehmen), diesem die Schlüssel abzunehmen und er solle tun, «was nötig ist». Es ist – wiederum gestützt auf die Echtzeitüberwachung – bewiesen, dass der Beschuldigte in der Folge H.___ ankündigte, er werde ihn bald (im Anschluss an seinen Spitalbesuch) abholen kommen, damit man gemeinsam nach [...] fahren könne. Als Grund dieser geplanten Visite teilte er diesem mit: «C.___ hat Manipulationen gemacht, 16 Papiere (gemäss der übersetzenden Person: 1 Papier = CHF 1'000.00).»
1.4.4. Es steht somit fest, dass der gegenüber C.___ geforderte Betrag CHF 16’000.00 ausmachte. Angesichts der teilweise unterschiedlichen Angaben bleibt unklar, ob es sich hierbei ausschliesslich um den Betrag handelte, den die Organisation rund um F.___ von C.___ beanspruchte, weil ihm eine Manipulation eines Automaten angelastet wurde (darauf deutet die Aussage des Beschuldigten hin, wonach ihr Chef-Techniker einen Minusbetrag von CHF 15'000.00 und damit annähernd CHF 16'000.00 festgestellt habe), ob es sich um eine Summe handelte, die sich einerseits aus der noch offenen Darlehensschuld von CHF 10'000.00 (F.___: 20'000.00 habe C.___ bereits gegeben) und andererseits aus einem geschuldeten Betrag von CHF 6'000.00 aufgrund der Gerätemanipulation zusammensetzte. Unzweifelhaft ist (vgl. hierzu ausführlich nachfolgende Ziff. 1.4.6.), dass die C.___ angelastete Gerätemanipulation und der damit einhergehende entgangene Gewinn für die Organisation rund um F.___ den Beschuldigten veranlassten, C.___ im [...] aufzusuchen.
1.4.5. Aufgrund der überwachten Kommunikation erstellt und vom Beschuldigten auch ausdrücklich eingeräumt ist im Weiteren, dass dieser, wie zuvor vereinbart, zusammen mit H.___ schliesslich das Lokal in [...] betrat und der Beschuldigte seinem Anführer F.___ in der Folge (Telefongespräch um 17:23 Uhr) rapportierte, dass C.___ ein Grundstück sowie eine Kreditanmeldung erwähnt habe, womit feststand, dass dieser nicht in der Lage war, den geforderten Betrag von CHF 16'000.00 vor Ort auszuhändigen. Hierauf erklärte F.___ die Angelegenheit zur Chefsache und kündigte sein Eintreffen vor Ort an. Seine Absichten umschrieb F.___ gegenüber dem Beschuldigten im Rahmen eines kurz darauf (17:34 Uhr) erfolgten Telefongespräches mit den Worten, er werde «ihm das notwendige zei…» resp. (sich selbst korrigierend) «mit ihm das notwendige reden.»
1.4.6. Bestritten wird vom Beschuldigten, dass es anlässlich dieses Treffens mit C.___ zu einem einschüchternden bzw. drohenden Verhalten kam. Hierauf ist nachfolgend vertieft einzugehen, wobei vorab auf Folgendes hinzuweisen ist:
Die Anklageschrift fixiert und umgrenzt das Prozessthema. Zu prüfen ist einzig der zur Anklage gebrachte Lebenssachverhalt. Die Staatsanwaltschaft hat sich entschieden, die Anwendung von Gewalt nicht zum Gegenstand der Anklage zu machen, dies erschliesst sich unmissverständlich aus den Ausführungen unter vorstehender Ziff. III.1.3.4. in fine. Eine C.___ erteilte Ohrfeige wird den beiden Mittätern A.___ und F.___ nicht vorgeworfen und ist folglich nicht Prüfungsgegenstand.
Der Beschuldigte behauptet, C.___ sei in keiner Weise unter Druck gesetzt worden, ganz im Gegenteil, sie (der Beschuldigte und H.___) seien ihm sogar behilflich gewesen und hätten ihn darauf aufmerksam gemacht, dass F.___ ein guter Mensch sei und dieser, wenn er (C.___) die Wahrheit sage, ihm auch nichts antun werde.
Diese Sachverhaltsversion ist auf folgenden Gründen gänzlich unglaubhaft und deshalb zu verwerfen:
- Ein solcher Ablauf steht ganz offenkundig in Diskrepanz zu der unmittelbar vor, während und nach der Visite bei C.___ dokumentierten Wortwahl des Beschuldigten und F.___: F.___ bezeichnete den Beschuldigten mehrfach als «Ehrenlosen» und betitelte ihn auch als «Schakal». Der Beschuldigte bezeichnete gegenüber seinem Verwandten Y.___ am Abend des 4. August 2016 (mithin unmittelbar nach der Visite bei C.___) Menschen, die Spielgeräte manipulierten (in codierter Sprache: an Esel spielten und diese auf Null setzten), als «Bastarde» und brachte mit diesem Schimpfwort zum Ausdruck, wie sehr er solche Menschen verachtete.
- Die festgestellte Geräte-Manipulation von C.___ betraf nicht allein F.___, wie es der Beschuldigte darzustellen versucht, und war insbesondere keine Privatangelegenheit zwischen F.___ und C.___, sondern betraf auch direkt und massgeblich die eigenen geschäftlichen Belange des Beschuldigten, da er an dem Gewinn aus dem illegalen Glücksspiel dieser Automaten jeweils mit einer festen Quote beteiligt war. Sollte das Vorgehen von C.___ Schule machen, d.h. bei anderen Lokalbetreibern zur Anwendung gelangen, hätte dies seine eigenen Einnahmen geschmälert und letztlich das gesamte Geschäftsmodell gefährdet. Der Beschuldigte hatte somit ein grosses Eigeninteresse daran, das Geld, welches durch die Manipulation F.___, H.___ und ihm (A.___) entging, wieder zu erlangen, sowie daran, C.___ aus seiner Position als Lokalbetreiber heraus zu drängen. C.___ war für den Beschuldigten seit dem Zeitpunkt, als die Gerätemanipulation aufflog, d.h. seit dem 4. August 2016, nicht bloss der Darlehensschuldner von F.___, sondern auch und vorrangig ein Betrüger.
- Der Beschuldigte selbst schilderte, was die Erkenntnis über die von C.___ begangene Gerätemanipulation bei ihm auslöste. Er habe nicht richtig gefunden, was C.___ gemacht habe: Zuerst bekomme er Geld von F.___, dann manipuliere er dennoch den Apparat. Weiter führte der Beschuldigte aus, was die Manipulation bei F.___ auslöste: Es war nicht bloss Ärger, sondern die weitaus heftigere und deutlich schwerer zu beherrschende Emotion der Wut. Der Beschuldigte führte aus, F.___ sei (verständlicherweise) wütend geworden. Auch F.___ selber verwies auf seine Wut, und darauf, wie sehr er sich von C.___ hintergangen gefühlt habe, zumal er ihm wenige Wochen zuvor trotz eines angeblich eigenen finanziellen Engpasses ein Darlehen gewährt und ihm den Betrieb des Lokals «[...]» ermöglicht gehabt habe. Auf die Frage, von wem er sich in der Vergangenheit ungerechnet behandelt gefühlt habe, nannte er explizit C.___. Und auf die Frage, wo er Fehler gemachte habe, nannte F.___ bezeichnenderweise nicht eigene strafrechtliche Verfehlungen, sondern die Tatsache, dass er dem C.___ geholfen habe und nach seinem Bewertungsmassstab eigentlich dieser und nicht er bestraft werden müsste.
- In dieser von Wut gekennzeichneten Verfassung vereinbarte F.___ mit dem Beschuldigten nicht nur, dass C.___ das Geld und die Schlüssel zu nehmen seien, sondern der Beschuldigte wurde von F.___ auch angewiesen, das zu tun, «was nötig ist». Sowohl F.___ als auch der Beschuldigte wussten, dass sie das von C.___ durch die Manipulation am Spielgerät zurückbehaltene Geld nicht auf legale Art und Weise einfordern konnten, weil es aus dem illegalen Geschäftszweig des Geldspiels herrührte. Damit stellte sich zwangsläufig die Frage, auf welche andere Weise man erreichen konnte, dass C.___ die von ihnen geforderte Summe übergab und die Geschäftstätigkeit als Lokalbetreiber aufgab. Welche Praktiken im System «F.___» zur Anwendung gelangten, wenn Lokalbetreiber Geräte manipulierten wenn Geschäftspartner die Schulden im Zusammenhang mit dem illegalen Geldspiel nicht bzw. nicht rechtzeitig beglichen, ist im Zusammenhang mit anderen abgehörten Telefongesprächen dokumentiert: So eröffnete F.___ W.___ am 13. Januar 2017 am Telefon Folgendes (vgl. Beilage 4, pag. 10.2.13. / 360): «Ich – falls das Geld nicht da ist – werde dich erschiessen mein Sohn! Ich werde dich mitten auf deiner Stirn erschiessen.» Am 4. November 2016 konnte zudem zwischen F.___ und dem Beschuldigten ein aussagekräftiges Gespräch aufgezeichnet werden. F.___ gab dem Beschuldigten in Bezug auf AA.___ folgende Anweisung (pag. 10.1. / 168): «Er wird unser Geld ganz bestimmt geben. Falls er [AA.___] es nicht geben sollte, werde ich ihn schlagen. Ganz bestimmt! Sag ihm das genau so. Ich werde ihn ganz böse schlagen.»
All diese Erkenntnisse lassen nur den Schluss zu, dass die Aussage, «das Nötige zu tun» für deren Empfänger (den Beschuldigten) als Aufforderung zu werten ist, den «Ehrenlosen» (= C.___) einzuschüchtern und ihm ernstliche Nachteile anzudrohen. Der Beschuldigte erklärte sein Einverständnis mit diesem Plan («Ok, in Ordnung.»). Es kann deshalb als erstellt gelten, dass sich der Beschuldigte, wie zuvor mit F.___ vereinbart, gegenüber C.___ drohend verhielt und sich explizit auf F.___, den Anführer, berief, mit welchem er ja auch vor Ort (d.h. im Lokal «[...]» in [...]) – und damit in Anwesenheit von C.___ – ständig in telefonischem Kontakt stand, bevor dieser selbst vor Ort kam. Dabei wusste der Beschuldigte, wie er selbst aussagte, dass C.___ nicht bloss Respekt, sondern Angst vor F.___ hatte. F.___ selber sagte, C.___ habe «seine Vergangenheit» gekannt. Zu dieser Vergangenheit zählt, dass F.___ PKK-Aktivist war, in kurdischen Kampfeinheiten diente und zeitweise gar als Leibwächter des PKK-Führers Öcalan im Einsatz gewesen sein soll (pag. 2.1.1. / 022, s. auch die Angaben des Beschuldigten anlässlich der Berufungsverhandlung). «Abi» gilt als Ehrenbezeichnung für Respektpersonen und «F.___ Abi» war der Spitz- bzw. Kampfname von F.___ in der PKK (so die polizeilichen Erkenntnisse gemäss Bericht vom 27.1.2017, pag. 3.1.6. / 010). Zu dieser Vergangenheit zählt ebenso, dass F.___ in der Schweiz wegen mehrfacher Vergehen gegen das Waffengesetz, mehrerer Körperverletzungsdelikte und wegen bandenmässigen Raubes vorbestraft ist (vgl. beigezogene Akten STA.2016.3463: pag. 5.1.1.4. / 035, USB-Stick). Im Bericht des Bundesamtes für Polizei (Bundeskriminalpolizei) vom 31. Januar 2016 wird in Bezug auf F.___ zudem auf Einträge (im Polizeiindex) wegen mehrfacher Erpressung in den Jahren 1994 und 2000 und wegen einer vorsätzlichen Tötung verwiesen (pag. 3.1.7. / 007). Hinzu kommt, dass F.___ im Tatzeitpunkt das unangefochtene Oberhaupt des gesamten Clans, sog. Leader einer Asiret (Stammesgruppe), war und er in dieser Funktion (so umschrieb es der Beschuldigte) über alles regierte.
Als schliesslich F.___ selber ebenfalls vor Ort erschien, am Telefon gegenüber dem Beschuldigten angekündigt mit den Worten, er werde ihm [C.___] das Notwendige zei…», erhöhte dies den zuvor vom Beschuldigten bereits aufgebauten Druck auf C.___ zusätzlich und entscheidend. Von F.___ ist zugestanden, dass es in der Folge zur Androhung von Gewalt und auch zur Androhung einer Ächtung durch die Asiret kam (vgl. dessen rechtskräftige Verurteilung). Er distanzierte sich damit von seinen äusserst unglaubhaften Aussagen, die er noch zu Beginn des Verfahrens gemacht hatte. Mit Blick auf die dargelegten Umstände sind diese in Aussicht gestellten Nachteile zum Beweisergebnis zu erheben, wobei hier vor allem an implizite Drohungen auch an entsprechende Andeutungen zu denken ist, konnten sich doch sowohl der Beschuldigte als auch F.___ sicher sein, dass aufgrund ihrer Machtstellung in der Organisation auch diese Form der Drohung ihre Wirkung nicht verfehlen würde. Als erstellt kann ebenfalls gelten, dass C.___ die Schlüssel des Lokals schliesslich wegen der vom Beschuldigten und von F.___ gemeinsam erzeugten Einschüchterung und wegen der angedrohten Nachteile übergab und damit die Tätigkeit als Lokalbetreiber aufgab. Die vom Beschuldigten vor erster Instanz gemachte Aussage, C.___ habe – trotz der (von ihm anerkannten) Schlüsselabgabe – weiterhin als Lokalbetreiber gewirkt, ist unglaubhaft und als Schutzbehauptung zu werten. Sie widerspricht den Aussagen von F.___ und auch seinen eigenen früheren Aussagen und ist durch die überwachten Telefongespräche widerlegt. Zudem wurde der vorgesehene neue Lokalbetreiber noch am selben Abend ebenfalls vor Ort bestellt (vgl. Telefonkontrollen).
Dass C.___ jegliche Art der Einschüchterung und Drohung kategorisch bestritt, vermag dieses Beweisergebnis nicht in Zweifel zu ziehen. Aus der polizeilichen Strafanzeige geht hervor, dass viele der befragten Personen, welche der Organisation angehörten, zu Protokoll gaben, Angst vor F.___ und seinen engsten Vertrauten zu haben. Sie führten aus, Repressalien zu befürchten, wenn sie gegen die «Organisation» bzw. gegen F.___ aussagen würden, und berichteten von ihren grossen Sorgen um ihre Familienangehörigen. Es kann in diesem Zusammenhang insbesondere auf die Einvernahmen von G.___, N.___, R.___, BB.___ verwiesen werden bzw. auf die Wiedergabe der Kernaussagen dieser Personen in der Strafanzeige vom 28. August 2018 (pag. 2.2.1. / 022 – 025). Auch der Beschuldigte führte anlässlich der obergerichtlichen Hauptverhandlung unmissverständlich aus, nicht nur C.___, sondern auch er selber habe Angst vor F.___. All diese Aussagen lassen keine Zweifel, dass F.___ in der Schweiz nicht nur ein Imperium mit illegalem Geldspiel, sondern ebenso ein System der Angst und Einschüchterung etabliert hatte. In dieses Bild passt, dass F.___ mehrfach und demonstrativ die befragenden Polizisten aufforderte, ihn ruhig mit den betreffenden Personen zu konfrontieren. Es war diese Angst vor Repressalien, die auch C.___ dazu bewog, jede Belastung von F.___ und dem Beschuldigten, der in der Clanhierarchie gleich auf der nachfolgenden Stufe folgte, zu unterlassen. Selbst Tatsachen, die offensichtlich erstellt sind, wurden vom Geschädigten negiert. Ebenso war es diese Angst vor Repressalien, die den Beschuldigten dazu veranlasste, den Auftrag von F.___, alles zu tun, um die Schlüssel von C.___ zu holen, ohne zu zögern umzusetzen.
2. Rechtliche Würdigung
2.1. Allgemeine Ausführungen
2.1.1. Nötigung
Wer jemanden durch Gewalt Androhung ernstlicher Nachteile durch andere Beschränkung seiner Handlungsfähigkeit nötigt, etwas zu tun, zu unterlassen zu dulden, wird gestützt auf Art. 181 StGB mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren Geldstrafe bestraft.
Nötigung ist die rechtswidrige Verletzung der Freiheit von Willensbildung
In subjektiver Hinsicht ist Vorsatz bzw. zumindest Eventualvorsatz erforderlich.
Die Erfüllung der Tatbestandsmerkmale von Art. 181 StGB indiziert noch nicht die Rechtswidrigkeit. Die weite Umschreibung des Nötigungstatbestands von Art. 181 StGB hat zur Folge, dass nicht jedes tatbestandsmässige Verhalten bei Fehlen von Rechtfertigungsgründen auch rechtswidrig ist. Vielmehr ist eine besondere, über die üblichen Rechtfertigungsgründe hinaus vorzunehmende Rechtswidrigkeitsprüfung erforderlich (BGE 115 IV 207 E. 2cc). Eine Nötigung ist unrechtmässig, wenn das Mittel der Zweck unerlaubt ist, wenn das Mittel zum angestrebten Zweck nicht im richtigen Verhältnis steht wenn die Verknüpfung zwischen einem an sich zulässigen Mittel und einem erlaubten Zweck rechtsmissbräuchlich sittenwidrig ist (BGE 134 IV 216 E. 4.1. mit Hinweis auf BGE 129 IV 6 E. 3.4.; BGE 119 IV 301 E. 2b; BGE 108 IV 165 E. 3., je m.w.Verw.). Zulässig ist grundsätzlich der Zweck, Schulden einzutreiben (BGE 69 IV 172), wobei die Relation zwischen Mittel und Zweck rechtswidrig sein kann.
2.1.2. Mittäterschaft
In Bezug auf die allgemeinen Grundsätze zur Mittäterschaft kann auf die umfassenden und zutreffenden Ausführungen der Vorinstanz unter Ziff. IV.1. auf US 29 f. verwiesen werden.
2.2. Subsumtion
Gemäss dem Beweisergebnis handelte es sich um eine im Vorfeld gemeinsam geplante und koordinierte Aktion, bei welcher F.___ und der Beschuldigte arbeitsteilig vorgingen. Die Vorgaben und Anweisungen gingen vom Anführer F.___ aus, der Beschuldigte erklärte sich damit einverstanden. Der Beschuldigte war an diesem Vorhaben (Eintreiben der Forderung von CHF 16'000.00, Schlüsselübergabe, dies unter Androhung ernstlicher Nachteile) nicht in einer bloss untergeordneten Funktion, sondern massgeblich beteiligt. So war ursprünglich geplant, dass der Beschuldigte allein vor Ort den gemeinsam vereinbarten Plan in die Tat umsetzen würde. Vor Ort hielt der Beschuldigte dann F.___ telefonisch ständig auf dem Laufenden über die neusten Entwicklungen. Nachdem feststand, dass C.___ das Geld nicht parat hatte, geriet F.___ so in Rage, dass er selber ebenfalls den Tatort aufsuchte. Dort wirkten sie gemeinsam auf den Beschuldigten ein und erzwangen die Schlüsselübergabe. Dementsprechend wirkte der Beschuldigte mittäterschaftlich mit F.___ zusammen. Ihm sind somit auch die Tatbeiträge seines Mittäters zuzurechnen. Gemäss dem Beweisergebnis schüchterten sowohl der Beschuldigte als auch F.___ C.___ massiv ein. Sie drohten diesem mit dem Ausschluss aus der von F.___ geführten Asiret, was dessen soziale Ächtung und gesellschaftliche Isolation bedeutet hätte. Zudem zeigte F.___, vor dessen Gewaltbereitschaft sich C.___ fürchtete und dessen berühmt-berüchtigte Vergangenheit als PKK-Aktivist und -kämpfer ihm bekannt war, seine heftige Wut. Ebenso wurde C.___ implizit mit der Anwendung von Gewalt gedroht, sollte er sich dem Vorhaben von F.___ und dem Beschuldigten nicht beugen. Damit bedienten sie sich eines unerlaubten Nötigungsmittels.
Mit der Behauptung des Beschuldigten bzw. F.___s, das Lokal habe ohnehin nicht C.___ gehört, lässt sich in rechtlicher Hinsicht nichts zu ihren Gunsten ableiten. Die Rechtswidrigkeit ergibt sich vorliegend bereits aus den Tatmitteln. Zudem erweist sich der von ihnen verfolgte Zweck (sofortige Lokalübergabe ohne Einhaltung der Modalitäten für die Kündigung und Ausweisung und ohne Regelung der gegenseitigen Ansprüche) ebenfalls als rechtswidrig.
Das gemeinsame Auftreten von F.___ und dem Beschuldigten war geeignet, C.___ in seiner Entscheidungsfreiheit einzuschränken sowie ihn zur Übergabe des Lokals zu bestimmen. Die Bedrohung brachte C.___ denn auch in so starke Bedrängnis, dass dieser keine andere Möglichkeit mehr sah, als das Lokal an F.___ und den Beschuldigten abzutreten. Die Tatmittel waren somit kausal für dessen Handlung.
In subjektiver Hinsicht wollten sowohl F.___ wie auch der Beschuldigte C.___ durch ihr nötigendes Verhalten dazu bewegen, das Lokal an diese abzutreten. Die beiden Mittäter habe bewusst zusammen eine Drohkulisse aufgebaut und dieser den nötigenden Charakter gegeben. Einziger Zweck des Besuchs war die Unterwerfung von C.___ unter den Willen der Mittäter. Der subjektive Tatbestand ist folglich erfüllt.
Der Beschuldigte ist deshalb der Nötigung, begangen am 4. August 2016, in mittäterschaftlichem Zusammenwirken mit F.___, schuldig zu sprechen.
IV. AKS Ziff. 4: Förderung des rechtswidrigen Aufenthalts sowie Förderung der Erwerbstätigkeit ohne Bewilligung im Sinne von Art. 116 Abs. 1 lit. a und b, teilweise i.V.m. Abs. 3 lit. a AIG
1. Vorbemerkung betreffend Prüfungsgegenstand
Die Vorinstanz hielt hinsichtlich der in AKS Ziff. 4 umschriebenen Widerhandlungen gegen das AIG im Sinne einer Vorbemerkung fest (US 21), der allgemeine Vorhalt, der Beschuldigte habe nicht bekannte Servicemitarbeiterinnen gemeinsam mit nicht genauer umschriebenen weiteren Personen in die Schweiz holen, in mit Glücksspielen ausgestattete Lokale verbringen und sie dort arbeiten lassen bzw. er habe sie an die jeweiligen nicht genannten Lokalbetreiber vermittelt, sei offensichtlich wenig präzise und wertete dies als nicht ausreichende Tatumschreibung, die – so die daraus zu ziehende Folgerung – von vornherein keinen Schuldspruch zulasse (impliziter Freispruch). In der Folge beschränkte sich die Vorinstanz auf die Prüfung jener in den Lemmata 1 bis 7 von AKS Ziff. 4 aufgeführten Fälle, welche aus Sicht der Vorinstanz in zeitlich, örtlicher und sachlicher Hinsicht ausreichend konkretisiert waren und vor dem Anklagegrundsatz standhielten. Mangels Beweisen wurde schliesslich der Beschuldigte in Bezug auf vier Teilvorhalte (Lemmata 2, 3, 6 und 7 von AKS Ziff. 4) explizit freigesprochen. Prüfungsgegenstand bilden folglich noch die Teilvorhalte gemäss Lemmata 1, 4 und 5 von AKS Ziff. 4.
2. Vorhalt
Der Vorhalt gemäss AKS Ziff. 4 lautet wie folgt:
«begangen zwischen mindestens Mai 2016 und Anfang August 2017 in […], [Ort 2], [Ort 1], […] sowie eventuell anderswo in der Schweiz, indem der Beschuldigte in Zusammenwirken mit weiteren Personen junge, aus Osteuropa stammende Frauen in die Schweiz holen, in die von ihm mit illegalen Glückspielautomaten (vgl. [AKS] Ziff. 1) und illegalen Wettspielstationen (vgl. [AKS] Ziff. 6) ausgestatteten Lokale verbringen und sie dort als Servicemitarbeiterinnen ohne Arbeitsbewilligung zu einem Lohn von CHF 800.00 bis CHF 1'500.00 pro Monat bei einer Arbeitszeit von 10 bis 13 Stunden pro Tag während mindestens sechs Tagen in der Woche arbeiten liess resp. sie an die jeweiligen Lokalbetreiber vermittelte. Dadurch förderte er den rechtswidrigen Aufenthalt und verschaffte ihnen eine Erwerbstätigkeit ohne die dazu erforderliche Bewilligung. Durch die Handlungen konnten in den Lokalen mehr Gäste betreut und damit auch mehr Personen, die an den illegalen Geräten spielten resp. Wetten platzierten, gewonnen und somit der Gewinn massgeblich gesteigert werden. Weiter hat er sich in seinen eigenen Lokalen in [Ort 1 ] während Mai 2016 und Juli 2016 sowie in [Ort 2] während Januar 2017 und mindestens März 2017) die ordentlichen Kosten für inländisches Servicepersonal, welches gemäss GAV mit mindestens CHF 3'407.00 pro Monat (Stand für das Jahr 2016) resp. CHF 3'417.00 pro Monat (Stand für das Jahr 2017) bei kürzeren Arbeitszeiten zu entlöhnen wären, gespart. So wurden unter anderem
- zwei namentlich nicht näher identifizierbare Frauen aus Mazedonien während mehreren Tagen zwischen Mai 2016 und ca. Ende Juli 2016, in [Ort 1], im Lokal ‘[Gaststätte 1]; - (…) - (…) - D.___, zwischen mindestens dem 20. Januar 2017 und dem 26. Januar 2017, in [Ort 2], im Lokal «[Gaststätte 2]»; - E.___, zwischen mindestens dem 20. Januar 2017 und dem 26. Januar 2017 [im Januar 2017], in [Ort 2], im Lokal «[Gaststätte 2]»;
zu diesem Zwecke in die Schweiz gebracht und in den Lokalen angestellt resp. den Lokalen vermittelt.»
3. Beweismittel
3.1. Sachliche Beweismittel
3.1.1. Telefonkontrollen
- Telefongespräch vom 25. Januar 2017 (pag. 10.1. / 252, Beilage zur Einvernahme vom 25.7.2019): CC.___, der Bruder des Beschuldigten, kontaktierte am 25. Januar 2017 um 22:15 Uhr – mithin genau zu jenem Zeitpunkt, als die Polizeikontrolle des Lokals «[Gaststätte 2]» zu Ende ging (vgl. Durchsuchungsprotokoll in pag. 5.1.1.3. / 013) – den Beschuldigten und äussert seine Sorge in Bezug «auf die Frauen drinnen». «Hoffentlich gebe es da keine Probleme so.» Im Verlauf des weiteren Gesprächs teilt der Beschuldigte seinem Bruder mit, dass alles, was auf dem Tisch gewesen sei, beschlagnahmt worden sei. Aber ihn gehe das nichts an. «Auf seinen Namen laute überhaupt nichts.» Ebenso teilt er seinem Bruder mit, dass er beim […] sei und darauf warte, dass sie [im Kontext mit der Durchsuchung: Die Polizisten] fortgingen.
- Telefongespräch vom 25. Januar 2017, 22:54 Uhr (pag. 10.1. / 253, Beilage 9 zur Schlusseinvernahme vom 25.7.2019): Der Beschuldigte kontaktiert DD.___ und teilt diesem nach der Begrüssung mit, er sei ein unheilvoller Mann, und hält fest, dass man die Gelder vom Tisch genommen habe, das habe EE.___ so gesagt. Ebenso erkundigt er sich bei seinem Gesprächspartner, was sie gesagt hätten. DD.___ antwortet, er und die anderen hätten «nicht richtig gesprochen». Man habe gesagt, verboten, nicht spielen lassen. Der Beschuldigte entgegnet, man hätte doch sagen sollen, man würde zum Vergnügen spielen. Das gehe diese doch nichts an. Hierauf meint sein Gesprächspartner, man habe die [Bar]Gelder gesehen. Dann erkundigt sich der Beschuldigte, ob wegen der Mädchen etwas passiert sei, worauf DD.___ antwortet, nein, nein, diese würden morgen zur Polizei gehen. Der Beschuldigte: «Was denn dabei sei, die eine sei die Geliebte von ihm (A.___), die andere von DD.___.»
- Im darauffolgenden Telefongespräch, welches 40 Minuten später stattfand, teilt DD.___ dem Beschuldigten mit, die Eine müsse um 10:00 Uhr und die Andere um 12:00 Uhr dorthin gehen, worauf der Beschuldigte erklärt, er wolle die Lage vorher noch besprechen (pag. 10.1. / 254).
- Am darauf folgenden Tag (26.1.2017) teilt der Beschuldigte seinem Gesprächspartner DD.___ um 9:27 Uhr mit, er werde nun doch nicht selber kommen, dies auf Anraten seines Anwaltes (der Anwalt habe gesagt, dass es nicht gut sei, wenn er selber hingehe). EE.___ werde das andere Mädchen hinbringen (pag. 3.2.1. / 207).
- Um 9:28 Uhr weist der Beschuldigte dementsprechend EE.___ an, seine Putzarbeiten bei […] (dem Bruder des Beschuldigten) zu unterbrechen und für 5 Minuten nach […] zu fahren, um ein Mädchen zu begleiten. Er solle sich als Freund des Mädchens ausgeben. Das andere Mädchen werde DD.___ bringen. Das Mädchen müsse um 10:00 Uhr dort sein (pag. 10.1. / 255 bzw. pag. 3.2.1. / 207).
- Telefongespräch vom 26.1.2017, 18:30 Uhr (pag. 10.1. / 256): Der Beschuldigte kontaktiert die Nummer […], deren Abonnentin FF.___ ist. Eine (gemäss der übersetzenden Person) vermutlich serbisch sprechende Person «B» übergibt nach der Begrüssung an FF.___, welche ihm eröffnet, dass «B» heute gehen wolle. Es wird thematisiert, wie lange «B» gearbeitet habe, «B» sagt im Hintergrund: 2 Tage. Eine weitere Person, welche im TK-Protokoll als «D» bezeichnet wird, übernimmt und es wird vereinbart, «D» solle «B» CHF 100.00 geben.
3.1.2. Dokumente betreffend Restaurant «[Gaststätte 2]»
Die Betriebsbewilligung des Restaurants «[Gaststätte 2]» lautete bis Ende Januar 2017 – formell – auf GG.___ (Tochter von […]) und erlosch mit Wirkung ab 31. Januar 2017 (pag. 10.2.39. / 049). Mit Wirkung ab 2. Februar 2017 lautete die Betriebsbewilligung auf HH.___ (pag. 10.2.39. / 050). Im Rahmen der polizeilichen Kontrolle vom 25. Januar 2017 konnte GG.___ nicht angetroffen werden. Auch HH.___ war nicht anwesend anlässlich einer weiteren Polizeikontrolle, welche am 28. Februar 2017 im Restaurant «[Gaststätte 2]» durchgeführt wurde (pag. 2.1.1. / 017). Dafür war der Beschuldigte vor Ort als verantwortliche Person anzutreffen, was einen Strafbefehl gegen ihn wegen Ausübung einer Tätigkeit ohne Bewilligung (Patentanmassung) nach sich zog (vgl. beigezogene Migrationsakten, AS 109). Die Betriebsbewilligung wurde für eine gastwirtschaftliche Tätigkeit im Sinne von § 9 Abs. 1 WAG ausgestellt für eine Gaststube, Säli und eine Aussenwirtschaft. Das Restaurant verfügte demnach nicht über eine Beherbergungsbewilligung (pag. 10.2.39. / 049).
Die Durchsuchung des Restaurants «[Gaststätte 2]» fand am 25. Januar 2017 zwischen 20:30 Uhr und 22:15 Uhr statt (vgl. Durchsuchungsprotokoll in pag. 5.1.1.3. / 013). In der polizeilichen Strafanzeige vom 21. Februar 2017 (pag. 5.1.1.3./028) wird festgehalten, in der Wohnung würden zwei weibliche Personen beherbergt, dies obwohl kein Patent für einen Beherbergungsbetrieb vorgelegen habe und auch kein Gästeregister geführt werde.
Anlässlich der Durchsuchung der Wohnräumlichkeiten von A.___ in […] konnte u.a. ein Arbeitsvertrag für Kadermitarbeiter für das Restaurant «[Gaststätte 2]» sichergestellt werden (Ordner HD-Nr. 1.1.). Der Vertrag, datierend vom 31. Januar 2017, lautet auf den Beschuldigten, welcher ab dem 1. Februar 2017 das Restaurant «[Gaststätte 2]» als Geschäftsführer leiten sollte. Nicht ersichtlich ist, wer den Vertrag ausstellte (pag. 2.1.1. / 033 und pag. 12.2.1. / 009 f.).
3.2. Aussagen des Beschuldigten
In der polizeilichen Einvernahme vom 6. Februar 2018 nahm der Beschuldigte erstmals Stellung zum Vorhalt der Förderung des illegalen Aufenthaltes (pag. 10.1. / 040 ff.). Er bestätigte, dass in Lokalen mit Glücks- und Wettspielen mehr illegal als legal angestellte Frauen arbeiteten, und fügte hinzu, aufgrund der Fragestellungen könne man meinen, dass er der Manager dieser Frauen sei, aber er habe dieses Wissen nur, weil er oft in diesen Lokalen sei. (Befragt nach den Vorteilen illegal angestellter Frauen:) Jemand, der eine Schweizerische Aufenthaltsbewilligung Arbeitsbewilligung habe, der arbeite nicht 12 bis 13 Stunden für diesen Lohn. (Was für einen Lohn er meine:) CHF 800.00 bis CHF 1'500.00 im Durchschnitt. (Auf Frage:) Diese Frauen kämen in die Schweiz, weil sie in ihren Heimatländern viel weniger verdienen würden.
In der Folge widmete sich die Befragung nicht mehr dem Servicepersonal in den Lokalen mit illegalem Glücksspiel, sondern spezifisch der vom Beschuldigten geführten Bar an der […] in [Ort 1] («Gaststätte 1»). Hierzu gab der Beschuldigte wie folgt Auskunft (pag. 10.1. / 045 ff): Er habe dieses Lokal zusammen mit II.___ für die Dauer von ca. zwei bis drei Monaten im Sommer vom Besitzer (Herr […]) gemietet. Es habe nicht länger als drei Monate gedauert, denn das Lokal habe keine Einnahmen gebracht und sie hätten nur Ausgaben gehabt. II.___ sei nur einen Monat beteiligt gewesen und danach ausgetreten. Es habe sich um ein öffentliches Lokal gehandelt, in welchem man habe Musik machen können. Ebenso hätten Gruppen, beispielsweise Rumänen, dort Musikfeste organisieren können, diese seien frei gewesen in der Organisation und hätten einfach die Getränke bezahlen müssen. Die Gäste hätten Musik hören und etwas trinken können. (Auf die Frage, ob er Personal gehabt habe:) Es sei eine Frau dort angestellt gewesen und dann habe er noch seine Freundin (Geliebte) gehabt, die dort angestellt gewesen sei und sein Bruder habe dort auch ab und zu ausgeholfen. (Auf Frage:) Den Namen der Geliebten wisse er nun nicht mehr, es sei eine kurze Beziehung gewesen, deshalb könne er sich nicht mehr erinnern. Bei der anderen Frau habe es sich um eine Aushilfskraft vom Lokal nebenan gehandelt. Sie sei nur manchmal aushelfen gekommen. (Ob er sicher sei, dass er nur diese beiden Frauen gehabt habe, welche im Lokal gearbeitet hätten:) Ab und zu sei eine Frau noch zum Schnuppern gekommen. (Auf die Frage, unter welchen Bedingungen das Personal bei ihm gearbeitet habe:) Man könne diese nicht als Angestellte benennen, das seien seine Freundinnen gewesen, so etwas wie Partner, und die «Schnupperfrauen» seien ja keine Angestellten gewesen. (Auf Frage:) Nein, die beiden seien nicht angemeldet gewesen. Sie hätten serviert und hinter der Bar gearbeitet. Es sei ein Helfen gewesen, nur für kurze Zeit. Sie hätten keine Aufenthaltsbewilligung gehabt. Es habe sich um Mazedonierinnen gehandelt. (Auf die Frage, wo die Frauen gewohnt hätten, pag. 10.1. / 047): Entweder hätten sie oberhalb vom Lokal von [...] gewohnt in [...], dort gebe es einen Türken, einen Bekannten von ihm namens S.___, er habe diesem S.___ monatlich Miete bezahlt für diese Zimmer in [...], es habe sich um die [Lokalität] gehandelt, die zwischenzeitlich abgerissen worden sei. Das sei alles sehr unkompliziert gewesen, er habe das so mündlich mit S.___ abgemacht. (Auf die Frage, ob die beiden Freundinnen auch dort gewohnt hätten:) Ja, er rede vor allem über diese beiden Frauen. Die hätten hauptsächlich dort gelebt. (Auf die Frage, ob man sagen könne, dass die beiden unter anderem auch Geld und Lebensunterhalt bekommen hätten dafür, dass diese ihm behilflich gewesen seien:) Ja (pag. 10.1. / 049). (Auf den Vorhalt, dass in diesem Zusammenhang unterschiedliche Vorstellungen bestünden, was legal sei:) Ob er nochmals seine Überlegungen kundtun könne, die er sich diesbezüglich gemacht habe: Er habe die Bar ja nicht aufgemacht mit der Idee, dass er Leute anstelle und Geld verdiene. Es sei für ihn vielmehr ein Hobby gewesen, welches er nach drei Monaten habe aufgeben müssen. Er habe sie zu sich genommen und ihnen den Unterhalt finanziert und im Gegenzug hätten sie ihm ab und zu geholfen zu servieren und seien hinter der Bar gestanden. Das sei ein Handeln im Goodwill gewesen. Wenn sie bei ihm angestellt gewesen wären, wäre es für ihn unter dem Strich günstiger gekommen. So hätten sie für ihn vielmehr gekostet, weil er ihnen alles bezahlt habe, vom Telefon bis Makeup. Er habe nur helfen wollen. (Auf die Frage, ob er sich darum gekümmert habe bzw. ob er überprüft habe, ob seine Angestellten in der Schweiz wirklich hätten arbeiten dürfen:) Das sei für ihn unwichtig gewesen. Er habe sich nie damit auseinandergesetzt.
(Auf die Frage, wie es mit dem Restaurant [Gaststätte 2] aussehe, ob er dieses ebenfalls für eine gewisse Zeit geführt habe:) Er sei während zwei Monaten dort der Geschäftsführer gewesen und bevor er danach gefragt werde, wolle er Folgendes sagen: Die Mitarbeiter, die dort gearbeitet hätten, seien alle offiziell angestellt gewesen, «also mit Papier» (pag. 10.1. / 050). Es sei ein normales Restaurant gewesen. Er selber sei dort offiziell angestellt gewesen, sogar mit einem Arbeitsvertrag. Ob er sich an den Vorfall erinnere, bei dem zwei Frauen im Restaurant «[Gaststätte 2]» bei einer Polizeikontrolle (25.1.2017) aufgegriffen worden seien: Er sei nicht zuständig gewesen und wisse auch nichts von diesem Vorfall (pag. 10.1. / 051).
In der staatsanwaltschaftlichen Schlusseinvernahme vom 25. Juli 2019 führte der Beschuldigte aus, er habe das Einkommen dieser Servicefrauen, nämlich CHF 800.00 bis CHF 1'500.00 pro Monat, gewusst, weil er von diesen nach dem Verdienst gefragt worden sei. Diese Frage habe er an die Lokalführer weitergeleitet und deshalb habe er es gewusst. Er sei oft in diesen Lokalen gewesen, denn er habe dort die Maschinen [Glückspielautomaten] gehabt, deshalb habe er auch deren Arbeitszeiten (10 bis 13 Stunden pro Tag während 6 Tagen die Woche) gewusst (pag. 10.1. / 206). Gewisse Frauen hätten sich als Touristinnen gegenüber der Polizei ausgegeben. (Auf die Frage, wie man auf diese Idee gekommen sei:) Wer gebe schon freiwillig zu, dass man illegal arbeite? Das sei situationsbedingt gewesen. Wenn die Frau hinter der Theke gewesen sei, sei sie die Freundin gewesen, wenn sie am Tisch gesessen sei, sei es die Touristin gewesen. In der Folge wurde näher auf das von ihm in [Ort 1] geführte Lokal und die dort praktizierten Arbeitsbedingungen eingegangen (pag. 10.1. / 207): Der Beschuldigte bestätigte seine am 6. Februar 2018 zu Protokoll gegebene Aussage, wonach dort eine Frau und noch seine Freundin (Geliebte) angestellt gewesen seien und sein Bruder auch ab und zu ausgeholfen habe. (Auf die Frage, in welcher Zeitspanne diese Frauen in seinem Lokal für ihn in [Ort 1] gearbeitet hätten:) So wie er sich erinnere, sei dies für ungefähr drei Monate gewesen. Er komme auf diese Dauer, weil er dieses Lokal nur drei Monate betrieben habe. Wenn das Lokal in diesen drei Monaten offen gewesen sei, seien diese Frauen zwischen 9 und 10 Uhr [abends] gekommen und am Morgen um 4 Uhr seien sie fertig gewesen. Sie seien mehrheitlich hinter der Bar gestanden. (Was er den Frauen bezahlt habe:) Er habe ihnen nichts bezahlt. Sie hätten keinen Lohn von ihm bekommen. Er habe sie reichlich beschenkt mit Essen und Parfums und so weiter. Mit einer dieser beiden Frauen sei er ja auch zusammen gewesen.
In Bezug auf das 2. Lokal (Restaurant «[Gaststätte 2]» in [Ort 2]) gab der Beschuldigte Folgendes zu Protokoll: Dieses Lokal habe dem F.___ und einem Kollegen namens DD.___ gehört. F.___ und DD.___ hätten das Lokal einer Person namens [...] verkaufen wollen, doch dieser habe das Geld dafür nicht zusammengebracht. Darum habe der F.___ ihn gebeten, sich eine Zeit lang darum zu kümmern. Er habe während ca. zwei Monaten dort offiziell gearbeitet, bevor dann der DD.___ das Lokal übernommen habe. (Auf die Frage, wann er dafür verantwortlich gewesen sei:) Das sei im April 2016 2017 gewesen. Er wisse es gar nicht mehr. Aber in der Zeit, als er dort verantwortlich gewesen sei, sei nichts Illegales gewesen. (Auf den Vorhalt, wonach er gemäss den Angaben von DD.___ ab Januar 2017 dort verantwortlich gewesen sein solle:) Er sei vermutlich vom Februar bis April verantwortlich gewesen. Er sei sich aber nicht sicher. (Nach der Rückübersetzung:) Ja, es könne sein, dass der DD.___ richtige Angaben gemacht habe. (Auf Frage:) Im «[Gaststätte 2]» seien Essen und Getränke angeboten worden und sonst nichts. Es sei kein Hotel gewesen, es habe aber hinten drin Zimmer gehabt, dort habe eine Frau namens FF.___ gearbeitet und sie habe auch in einem dieser Zimmer gelebt. (Auf Frage:) In der Zeit, als er selber das «[Gaststätte 2]» geführt habe, sei er auch mehrheitlich dort (vor Ort) gewesen. Geöffnet hätten sie jeweils erst am Mittag. Er habe das Restaurant aber nicht übernommen. Er sei dort angestellt gewesen. Neben FF.___ habe auch noch einer namens HH.___ dort gearbeitet. Dieser habe das Patent gehabt und sei ab und zu vorbeigekommen. Der Mietvertrag sei über F.___ gelaufen. (Und Servicefrauen?) Nein. Dort sei nichts gewesen, das illegal gewesen sei. (Auf Vorlage der beiden Fotos von E.___ und D.___:) Das sage ihm nichts. (Auf Vorlage eines weiteren Fotos von D.___:) Ihr Gesicht sei ihm nicht fremd, aber (verbal: schüttelt den Kopf). Ob diese Frauen je für ihn gearbeitet hätten: Nein, aber er wisse, worum es gehe. Ein paar Tage, bevor er begonnen habe, dort zu arbeiten, habe er gehört, dass dort zwei junge Frauen erwischt worden seien. Dann sei das Lokal noch beim DD.___ gewesen. (Auf den Hinweis, wonach am 25. Januar 2017 im «[Gaststätte 2]» in [Ort 2] eine Kontrolle stattgefunden habe und unter anderem dabei diese beiden Frauen hätten angetroffen werden können:) Eben genau. Dann sei es doch richtig. Er habe am 1. Februar dort mit der Arbeit begonnen und nach zwei Monaten wieder aufgehört. Er habe gehört, dass ein paar Tage vor seinem Arbeitsanfang dort so etwas passiert sei (pag. 10.1. / 211). D.___ habe ausgesagt, sie sei am 19. Januar 2017 angekommen. Was er dazu sage: Ja, aber er habe am 1. Februar 2017 dort mit der Arbeit begonnen. Auf die Frage, ob er irgendetwas damit zu tun gehabt habe, dass die Frauen dort gearbeitet hätten, stellte der Beschuldigte folgende Gegenfrage: Wie solle das etwas mit ihm zu tun gehabt haben, wenn er doch die Frauen nicht einmal kenne? (In der Folge wird dem Beschuldigten das Protokoll des abgehörten Telefongespräches vom 22. Januar 2017 (22:15 Uhr) zwischen ihm und seinem Bruder vorgelegt:) Sein Bruder habe sich Sorgen gemacht, dass es Probleme wegen der Frauen gebe. (Auf die Frage, warum darüber gesprochen worden sei:) Es gehe immer um den Januar. Weil er am 1. Februar dort übernommen habe, könne es schon sein, dass sich sein Bruder Sorgen gemacht habe, dass es dort Probleme gebe und er wolle ja nicht einen Problemort übernehmen. Auf Vorhalt der weiteren TK-Protokolle, welche vorstehend wiedergeben wurden, beruft sich der Beschuldigte darauf, sich wirklich nicht mehr daran erinnern zu können bzw. darauf, dass er damit gar nichts zu tun gehabt habe, da damals alles über den DD.___ gelaufen sei, man also diese Fragen DD.___ stellen müsse (pag. 10.1. / 214 ff.).
Anlässlich der Befragung des Beschuldigten vor erster Instanz wurden diese beiden Teilvorhalte nicht erneut thematisiert.
Anlässlich der Hauptverhandlung vor Obergericht vom 17. Mai 2022 gab der Beschuldigte bezüglich der Bar [Gaststätte1] (betr. zwei unbekannte mazedonische Frauen) zu Protokoll, man habe der Staatsanwaltschaft und der Polizei bereits gesagt, dass der Betreiber der Bar nicht er, sondern ein Millionär gewesen sei. Es sei bekannt, dass er (A.___) nie einen Laden betrieben habe, um Geld zu verdienen, und er habe auch noch nie jemanden arbeiten lassen. Das Geld, das er an jenen Tagen verdient habe, habe er immer gerade wieder ausgegeben. Er sei immer in den Ausgang; er sei von einer Bar in die andere Bar in die Sauna gegangen. Er habe natürlich auch Freundinnen gehabt, die dort gewesen seien. Wenn man ihn heute fragen würde, wie die geheissen hätten, könne er nicht einmal Namen sagen, weil er so viele verschiedene Frauen gehabt habe. Aber wie er schon früher gesagt habe, sei es nie sein Wunsch gewesen, Geld zu verdienen, er habe einfach an jenem Tag gelebt mit seinem Geld, er habe das Geld ausgegeben und das Leben genossen. Er habe nie gedacht «Ich will jetzt Personal sparen und zwei Frauen anstellen»; das habe er nicht gemacht. (Auf Frage, ob er seine bisherige Aussage bestätige, wonach er in der Zeit zwischen Mai 2016 bis ca. Ende Juli 2016 Geschäftsführer der [Gaststätte 1] gewesen sei:) Er sei Untermieter dort gewesen, und er habe auch den Vertrag unterschrieben. Und die Miete habe auch jeweils er dem Vermieter übergeben. (Auf Frage, wie oft die Frauen in der Bar zum Einsatz gekommen seien:) Es seien nicht nur die zwei Frauen hinter der Bar gewesen, sondern sein Bruder sei auch hinter der Bar gewesen. Auch die anderen Freundinnen Freunde. In der Zeit, die erwähnt worden sei (Mai 2016 bis Juli 2016), sei er drei Monate in der Türkei gewesen, da sei sein Bruder da gewesen. Er (A.___) sei mit diesen Frauen auch im Ausgang in den Ferien gewesen, er habe ihnen zum Beispiel auch schon die Ferien bezahlt. Aber nicht, weil sie hinter der Bar geholfen hätten, er habe niemanden arbeiten lassen. (Auf Nachfrage:) Es seien mehrheitlich Frauen gewesen, mit denen er irgendwelche Beziehungen gehabt habe, und da habe er ihnen zum Beispiel auch Taschengeld geschickt, als sie nicht in der Schweiz gewesen seien. Oder eben irgendwelche Sachen bezahlt. Aber nicht, weil sie für ihn gearbeitet hätten, sondern weil sie eine Beziehung gehabt hätten. (Auf Frage, dass er bereits ausgesagt habe, dass er die Lebenshaltungskosten übernommen habe:) Das betreffe nicht die [Gaststätte1] [Ort 1], sondern das betreffe vermutlich eine Aussage von ihm über eine andere Bar. Es sei ja um mehrere Bars mehrere Orte gegangen, und dort hätten immer wieder andere Frauen gearbeitet. Es sei vielleicht um den Verdienst die Geldausgaben dieser Frauen gegangen, aber nicht um die [Gaststätte 1] [Ort 1]. (Auf Frage nach [...]:) Er wisse nicht genau, was die Frauen gemeint hätten, aber es stimme: Weil er verheiratet gewesen sei, habe er dort auch ein Zimmer gemietet und das Geld S.___ gegeben. Er habe Freundinnen gehabt und habe mit diesen ab und zu dort übernachtet. Er habe das Geld aber selber S.___ gegeben, nicht die Freundinnen. (Auf Nachfrage der Verteidigung hinsichtlich Charakter des Lokals:) Es sei ein Hobby gewesen, ein Vergnügen. Anstatt das Geld draussen auszugeben, habe er es in den eigenen Räumlichkeiten ausgegeben. Es habe keine festen Öffnungszeiten gehabt. Er habe aufgemacht, wann er gewollt habe, und geschlossen, wann er gewollt habe.
Betreffend das zweite Lokal in «[Gaststätte 2]» (betr. D.___ und E.___) führte der Beschuldigte aus, in dieser Zeit (20. – 26. Januar 2017) sei er nicht vor Ort gewesen. Er sei Ende Februar 2017 vor Ort gewesen, und dannzumal sei das Restaurant von zwei Personen geführt worden: DD.___ – er wisse den Nachnamen nicht – und F.___. Sie hätten das Restaurant zusammen betrieben. Sie seien dann aber nicht mehr gut ausgekommen, und man habe das Restaurant verkaufen wollen. Es hätte einen Käufer gegeben, aber der habe es schlussendlich doch nicht gekauft, weil es noch offene Rechnungen gegeben habe. Schlussendlich sei er zwischen einem bis zwei Monate vor Ort gewesen. Er habe gesagt: «Ok, ich schaue für einen zwei Monate für Euch.» Aber es habe nie Kontrollen so gegeben, er habe auch nie Frauen dort arbeiten lassen. (Auf Frage, weswegen er sich bezüglich der Polizeikontrolle vom 25.1.17 dafür interessiert habe, wie die Kontrolle verlaufen sei und ob es wegen der Mädchen Probleme gegeben habe:) Es sei wahrscheinlich schon richtig, er habe wohl schon gefragt, was gegangen sei. Es sei aber nicht nur dieses Lokal gewesen, auch wenn andere Lokale Polizeikontrollen gehabt hätten, habe er angerufen und gefragt, was gewesen sei, das sei ja normal. (Auf Frage, weswegen er die beiden Frauen als Freundinnen von DD.___ und EE.___ habe ausgeben wollen:) Er könne sich nicht an dieses Telefongespräch erinnern. Aber er könne sich erinnern, dass eine der Frauen die Freundin von F.___ gewesen sei. (Auf Frage, weswegen sich FF.___ bei ihm nach den Modalitäten der Bezahlung für eine der Frauen erkundigt habe:) Das stimme wegen des Telefongesprächs. Aber man habe immer über eine Übernahme ab Februar gesprochen. Die Übergabe sei erst Ende Februar gewesen, weil vorher das Patent noch über die Tochter von DD.___ gelaufen sei.
3.3. Befragungen von E.___ und D.___
Die beiden Frauen, welche anlässlich der Polizeikontrolle vom 25. Januar 2017 um 20:25 Uhr an einem Tisch betroffen werden konnten, wurden am 26. Januar 2017 von 10:05 Uhr bis 11:48 Uhr bzw. von 13:06 Uhr bis 14:15 Uhr als Auskunftspersonen polizeilich befragt (pag. 5.1.1.3. / 015 ff.; pag. 5.1.1.3. / 026 ff.). Beide gaben eine in den Grundzügen vergleichbare Sachverhaltsversion zu Protokoll mit den folgenden Kernelementen: Sie hätten in der Schweiz Ferien gemacht und seien demnach als Touristinnen im «[Gaststätte 2]». Sie seien nicht der Arbeit wegen in die Schweiz gekommen. E.___ schilderte, dass unmittelbar vor dem Aufenthalt im «[Gaststätte 2]» ihre Liebesbeziehung in die Brüche gegangen sei, während D.___ ausführte, dass sie mit einem Mann aus […], den sie in […] kennengelernt habe, am Busbahnhof in […] verabredet gewesen sei und dann von diesem nicht abgeholt, sondern sitzengelassen worden sei. Beide gaben an, auf der Suche nach einer günstigen Unterkunft und einer günstigen Verpflegung gewesen zu sein und diesbezüglich Passanten angesprochen zu haben. Das Restaurant «[Gaststätte 2]» sei ihnen empfohlen worden. E.___ gab zu Protokoll, sie logiere nun seit zwei Tagen im «[Gaststätte 2]». D.___ führte aus, sie habe am 19. Januar 2017 im «[Gaststätte 2]» eingecheckt, sei also nun ca. eine Woche dort. Beide machten keine Angaben zu den Verantwortlichen Abläufen in diesem Lokal.
3.4. Befragung von DD.___
DD.___ wurde im Strafverfahren gegen F.___ am 16. Oktober 2017 polizeilich befragt und gab zu diesem Themenkomplex folgendes an (pag. 10.2.39. / 001 ff.): Er bestätigte, das Restaurant «[Gaststätte 2]» vom 1. Januar 2014 bis 1. Januar 2017 gemietet zu haben. Aufgrund finanzieller Probleme, er habe gegen Schluss des Mietverhältnisses Mühe gehabt, die Mietzinse zu bezahlen, sei der Mietvertrag frühzeitig aufgelöst worden und durch den Mietvertrag der [Gesellschaft A], ersetzt worden. Hinter dieser Firma stecke F.___. Er habe ab Mietvertragsübernahme von F.___ per 1. Januar 2017 – so seine ursprüngliche Behauptung – nichts mehr mit dem Lokal zu tun gehabt, ausser als Gast. (Auf Frage:) Nein, auch ausgeholfen habe er nicht (pag. 10.2.39. / 010). (Angesprochen auf die anlässlich der Polizeikontrolle vom 25. Januar 2017 angetroffenen serbischen Frauen:) Die eine Frau sei einen Tag vor der Kontrolle gekommen und habe ihm gesagt, Krach mit dem Freund gehabt zu haben. Die andere Frau sei seit einer Woche bei ihm gewesen und habe einfach ein Zimmer gemietet. Eine Arbeitstätigkeit der beiden Frauen im «[Gaststätte 2]» verneinte er mehrfach (pag. 10.2.39. / 034 und 035). Auf den Vorhalt, dass anlässlich der Polizeikontrolle vom 25. Januar 2017 der Eindruck entstanden sei, er habe dort nach wie vor die Verantwortung getragen: Bis anfangs April habe er auch noch dort im «[Gaststätte 2]» gewohnt. Er wisse nicht mehr, wie lang er schlussendlich noch dort gearbeitet habe. Auf die Frage, wie lange er das Lokal noch geführt habe, nachdem F.___ den Mietvertrag per 1. Januar 2017 übernommen habe: Geführt sei das falsche Wort. (Was er ursprünglich gänzlich ausschloss, räumte er nun ein:) Er habe dort einfach noch ausgeholfen, wenn zum Beispiel der Geschäftsführer kurz weggegangen sei. (Auf die Frage, wie der Geschäftsführer heisse:) A.___ (pag. 10.2.39. / 029). Bei ihm habe es sich um die verantwortliche Person gehandelt.
3.5. Befragung von FF.___
FF.___ wurde am 30. Oktober 2017 als Auskunftsperson befragt und gab zum Themenkomplex Restaurant «[Gaststätte 2]» Folgendes zu Protokoll (pag. 10.2.41. / 001 ff.:). Sie habe von 2013 bis 2015 im Restaurant «[Gaststätte 2]» gearbeitet, damals sei DD.___ ihr Chef gewesen. Schliesslich habe sie noch ein halbes Jahr (vom Oktober 2016 bis April 2017) dort im Stundenlohn gearbeitet. (Auf Frage nach dem Geschäftsführer:) Die ersten drei Monate sei es DD.___ gewesen und danach A.___, «dieser Glatzkopf» (pag. 10.2.41. / 004 sowie 007). (Auf die Frage, ob im Restaurant «[Gaststätte 2]» jemals junges Servicepersonal aus dem Ausland zu einem sehr tiefen Lohn angestellt worden sei:) Zu ihrer Zeit, als sie dort gewesen sei, sei das nicht so gewesen. Als die Polizei einmal eine Razzia gemacht habe, seien zwei Mädchen da gewesen. Die hätten dort nur geschlafen und seien wieder gegangen. Auf Vorhalt des überwachten Telefongespräches mit dem Beschuldigten vom 26. Januar 2017, 18:30 Uhr, dessen Wortlaut gemäss TK-Protokoll unter vorstehender Ziff. IV.3.1.1. wiedergegeben wurde, räumt FF.___ ein, sie habe einer Frau CHF 100.00 geben müssen. Sie habe aber nicht gesehen, dass die Frau dort gearbeitet habe. 4. Konkrete Beweiswürdigung
4.1. Lokal «[Gaststätte 1]»: Zwei nicht näher identifizierbare Frauen aus Mazedonien
In Bezug auf die beiden nicht näher identifizierbaren Frauen aus Mazedonien ist der Beschuldigte auf seinen eigenen Aussagen zu behaften. Als Beweisergebnis ist festzuhalten, dass der Beschuldigte unbestrittenermassen für eine Dauer von drei Monaten im Lokal «[Gaststätte 1]» in [Ort 1] die Funktion eines Geschäftsführers innehatte und er dort zwei Frauen eine Erwerbstätigkeit ausüben liess, indem diese – wiederum nach den Schilderungen des Beschuldigten – die Gäste bedienten und hinter der Bar arbeiteten. Eine einzelne Arbeitsschicht soll (wiederum nach den Angaben des Beschuldigten) von (abends) 9:00/10:00 Uhr bis (morgens) 04:00 Uhr gedauert haben. In Bezug auf die Frage, wie oft die Frauen im Einsatz waren, behauptete der Beschuldigte immer wieder, dass dies – wenn überhaupt – nur vereinzelt der Fall gewesen sei. Die Frauen hätten bloss ausgeholfen und die Bar habe er als Hobby betrieben. Er wendete sich zum Teil auch gegen den Begriff der Anstellung, womit er offenkundig darauf abzielte, die Arbeitsleistung der beiden Frauen als möglichst unbedeutend, wenn nicht gar marginal darzustellen. Neben den Aussagen des Beschuldigten bestehen keinerlei weiteren Beweismittel, die ein klareres Bild über die Häufigkeit der Arbeitseinsätze dieser beiden Frauen geben. Wenn die Vorinstanz – zu Lasten des Beschuldigten – in diesem Zusammenhang eine regelmässige Arbeit dieser beiden Frauen für die Dauer von drei Monaten zum Beweisergebnis erhebt, so fehlt hierfür der erforderliche Nachweis. Das Musik- und Kulturlokal «[Gaststätte 1]» war nach dem Untersuchungsergebnis der Staatsanwaltschaft nicht in das illegale Casinosystem eingebunden und war ein geschäftlicher Nebenzweig des Beschuldigten, der hauptberuflich für das Spielbanken-Imperium von F.___ Lokale anwarb, mit den Lokalbetreibern die Konditionen aushandelte und sie mit illegalen Spielautomaten belieferte. Die beweisrechtlichen Schwierigkeiten, die vorliegend zu Tage treten, weil keine Aussagen von Belastungszeuginnen und keine sachlichen Beweismittel vorliegen, haben denn auch dazu geführt, dass die Anklagebehörde bloss eine Arbeitstätigkeit «während mehreren Tagen zwischen Mai 2016 und ca. Ende Juli 2016» angeklagt hat. Mangels anderer Beweise muss auch hier auf die Aussagen des Beschuldigten abgestellt werden, wonach die beiden Frauen über eine Zeitspanne von drei Monaten an vereinzelten Tagen, mithin sporadisch, im Service bzw. an der Bar des vom Beschuldigten geführten Lokals arbeiteten. Wiederum gemäss den Aussagen des Beschuldigten übernahm dieser die Kosten der Beherbergung (die beiden Frauen hätten oberhalb vom Lokal von [...] bzw. in Zimmern in [...] gewohnt, er habe dafür die Miete bezahlt) und kam auch für die Verpflegungskosten sowie für die weiteren Lebenshaltungskosten auf, einen Lohn zahlte er ihnen hingegen nicht aus.
4.2. Lokal «[Gaststätte 2]»: D.___ und E.___
D.___ und E.___ machten im Rahmen ihrer Befragung unglaubhafte Aussagen. Ihre Schilderungen wirken konstruiert und alles andere als lebensnah. Dass beiden Frauen für einen Ferienaufenthalt in der Schweiz von unterschiedlichen Passanten dieselbe, in der Peripherie gelegene Lokalität empfohlen worden sein soll, die über keine Beherbergungsbewilligung (vgl. die eingeholte Verfügung des Amtes für Wirtschaft und Arbeit) verfügte, ist abwegig. Ebenso fällt auf, wie stark sich die beiden von ihnen zu Protokoll gegebenen Schilderungen ähneln, gerade auch mit Blick auf die ungewöhnlichen Elemente (Wahl der Ferienunterkunft, Beziehungs-/Kontaktabbruch des Freundes bzw. des Kollegen) und die auffälligen «Leerstellen» in Bezug auf ihre Wahrnehmungen zu den Abläufen und Gegebenheiten in ihrer Unterkunft. Ihre Aussagen wirken einstudiert, wie einem vorgegebenen Skript folgend. All diese Aussagen waren von der Absicht getragen, sich sowie die im bzw. für das Lokal «[Gaststätte 2]» tätigen Personen nicht zu belasten.
Zu prüfen bleibt, ob sich der Vorhalt aufgrund der weiteren Beweismittel nachweisen lässt, wobei in einem ersten Schritt zu klären ist, ob sich dem Beschuldigten die Geschäftsführerfunktion zuordnen lässt. Gemäss den aktenkundigen Betriebsbewilligungen war GG.___ bis und mit Ende Januar 2017 und HH.___ mit Wirkung ab 2.Februar 2017 Patentinhaber für dieses Lokal. Im Rahmen der polizeilichen Kontrolle vom 25. Januar 2017 konnte GG.___ nicht angetroffen werden. Auch HH.___ war nicht anwesend anlässlich einer weiteren Polizeikontrolle, welche am 28. Februar 2017 im Restaurant «[Gaststätte 2]» durchgeführt wurde (pag. 2.1.1. / 017). Anhand der durchgeführten Observationen und der Echtzeitüberwachungen konnte ausgeschlossen werden, dass diese beiden Personen in die geschäftlichen Belange des Lokals «[Gaststätte 2]» näher involviert waren. Sie traten nur rein formell gegen aussen in Erscheinung, hatten aber faktisch keinen Einfluss auf die geschäftlichen Belange. Die zur Anwendung gebrachte Praxis umschrieb H.___ in der Einvernahme vom 22. Februar 2017 wie folgt (pag. 10.2.6. / Frage 17): Man habe Personen, die über ein entsprechendes Patent verfügt hätten, mit CHF 500.00 bis CHF 600.00 bezahlt und vorgeschoben. Dies, um die tatsächlichen Akteure besser zu tarnen. Passend zu diesen geschäftlichen Gepflogenheiten äusserte sich der Beschuldigte im Zeitpunkt, als die Durchsuchung des Restaurants zu Ende ging, wie folgt gegenüber seinem Bruder: Auf seinen Namen laute überhaupt nichts. Der Beschuldigte und DD.___ wiesen sich in ihren Befragungen gegenseitig die Verantwortung für die geschäftlichen Belange im «[Gaststätte 2]» zu. Dabei fällt auf, dass der Beschuldigte zu Beginn der Einvernahme noch ausführte, sich nicht mehr erinnern zu können, ab wann genau er die Funktion des Geschäftsführers im Lokal «[Gaststätte 2]» innehatte und gar einräumte, die Angaben hierzu von DD.___ könnten zutreffen. Je konkreter die Vorwürfe jedoch wurden und je mehr er sich mit belastendem Beweismaterial (insb. mit abgehörten Telefongesprächen) konfrontiert sah, desto sicherer war er sich. Er ging zur Behauptung über, in keine geschäftlichen Entscheidungen vor dem 1. Februar 2017 involviert gewesen zu sein und verwies wiederholt auf DD.___. Dass dies nicht der Wahrheit entsprach, belegen die überwachten Telefongespräche. Diese lassen keine Zweifel an den hierarchischen Verhältnissen und daran, dass im Zeitpunkt der durchgeführten Polizeikontrolle vom 25. Januar 2017 der Beschuldigte die geschäftlichen Belange des Lokals «[Gaststätte 2]» bereits lenkte. Er war es, der von der Polizeikontrolle in Kenntnis gesetzt wurde, als diese noch im Gang war (vgl. Telefonat mit […] vom 25.1.2017 um 21.25 Uhr, pag. 3.2.1. / 202 und 21:40 Uhr, pag. 3.2.1. / 203) und sich dann von DD.___, den er als unheilvollen Mann betitelte, die Einzelheiten dieser Kontrolle und die gegenüber der Polizei gemachten Aussagen rapportierten liess (vgl. Telefonat mit DD.___ vom 25.1.2017 um 22:54 Uhr, pag. 3.2.1. / 205). In der Folge erteilte er DD.___ und EE.___ klare Anweisungen, nämlich die «beiden Mädchen» zur polizeilichen Einvernahme zu begleiten und sich als deren Freunde auszugeben, während er sich selber nach der Konsultation seines Anwaltes dazu entschloss, im Hintergrund zu bleiben (vgl. Telefonate mit DD.___ am 25.1.17 um 22:54 Uhr, pag. 3.2.1. / 205; um 23:34 Uhr, pag. 3.2.1. / 206; am 26.1.17 um 9:27 Uhr, pag. 3.2.1. / 207 und das Telefonat mit EE.___ vom 26.1.17 um 9:28 Uhr, pag. 3.2.1. / 208). Dass es sich bei den beiden «Mädchen» um D.___ und E.___ handeln musste, ist aufgrund ihrer aktenkundigen Einvernahmen am Vormittag bzw. Mittag des darauffolgenden Tages erwiesen. Die vom Beschuldigten unmittelbar nach der Polizeikontrolle eingeholte Erkundigung, ob es «wegen der Mädchen» Probleme gegeben habe, sowie die hierauf von ihm die Wege geleitete Inszenierung, DD.___ und EE.___ als vermeintliche Freunde der «beiden Mädchen» in Erscheinung treten zu lassen, lassen nur einen Schluss zu: Es ging hier mit Sicherheit nicht um einen touristischen Aufenthalt dieser beiden Frauen, sondern es ging dem Beschuldigten darum, die (bereits erfolgte bzw. beabsichtigte) geschäftliche Einbindung dieser beiden Frauen in das Lokal «[Gaststätte 2]» zu tarnen. Letztlich wurde hier in die Tat umgesetzt, was der Beschuldigte – im Kontext mit den Betreibern von Lokalen mit illegalem Glücksspiel – bereits in der Schlusseinvernahme erörterte (pag. 10.1. / 206): «Wenn sie [die illegal arbeitende Frau] hinter der Theke war, war sie die Freundin, und wenn sie am Tisch sass, war sie die Touristin». Dass zumindest eine dieser beiden Frauen mit serbischen Wurzeln bereits ihre Arbeitstätigkeit für den Beschuldigten aufgenommen hatte, belegt das überwachte Telefongespräch vom 26. Januar 2017 (pag. 10.1. / 256) zwischen dem Beschuldigten und FF.___, bei welchem thematisiert wird, dass eine (gemäss Dolmetscherin vermutlich serbisch sprechende) Person gehen wolle, und bei welchem explizit deren Arbeitsdauer von zwei Tagen erwähnt und eine Entschädigung von CHF 100.00 vereinbart wird FF.___ bestätigte in ihrer Einvernahme vom 30. Oktober 2017, diesen Betrag einer Frau ausgehändigt zu haben; ihre Bemerkung, das habe nichts mit einer Arbeitstätigkeit zu tun gehabt, muss als Schutzbehauptung qualifiziert werden. Als Beweisergebnis kann somit festgehalten werden, dass der Beschuldigte in der Funktion des Geschäftsführers sowohl D.___ als auch E.___ im «[Gaststätte 2]» unterbrachte. Gestützt auf den Beginn dieser Beherbergung ist auf die Angaben der befragten Frauen abzustellen: E.___ führte in ihrer Befragung vom 26. Januar 2017 aus, sie sei vor zwei Tagen, demnach am 24. Januar 2017, angekommen, D.___ gab am 26. Januar 2017 an, sie habe am 19. Januar 2017 eingecheckt und sei also seit ca. einer Woche dort. Aus einem am 20. Januar 2017 überwachten Telefongespräch geht zudem hervor, wie FF.___ dem Beschuldigten rapportiert, «[...]» habe mit D.___ Probleme gehabt (pag. 10.1. / 251). Hier ist mit der Anklageschrift auf den 20. Januar 2017 abzustellen. Zumindest hinsichtlich der letztgenannten Frau ist anhand der Telefonkontrolle bewiesen, dass sie im Lokal «[Gaststätte 2]» bereits gearbeitet hat, während in Bezug auf E.___ dieser Nachweis nicht erbracht werden kann. Im Rahmen der Polizeikontrolle vom 25. Januar 2017 fand man noch ihr Gepäck draussen im Gang des Lokals. Im bereits zitierten Telefongespräch zwischen dem Beschuldigten und FF.___, welches die Arbeitsdauer und Entschädigung thematisiert, ist nur von einer Frau die Rede. Es muss davon ausgegangen werden, dass ihr Arbeitsbeginn im «[Gaststätte 2]», allenfalls auch ihre Vermittlung in ein anderes Lokal, damals unmittelbar bevorstand, aber noch nicht begonnen hat.
5. Rechtliche Würdigung
5.1. Allgemeine Ausführungen zu Art. 116 und Art. 117 AIG
5.1.1. Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr Geldstrafe wird u.a. bestraft, wer im In- Ausland einer Ausländerin einem Ausländer die rechtswidrige Ein- Ausreise den rechtswidrigen Aufenthalt in der Schweiz erleichtert vorbereiten hilft (Art. 116 Abs. 1 lit. a AIG) sowie wer Ausländerinnen Ausländern eine Erwerbstätigkeit in der Schweiz ohne die dazu erforderliche Bewilligung verschafft (Art. 116 Abs. 1 lit. b AIG). Die Bestimmungen hatten im vorgehaltenen Tatzeitraum (2016 und 2017) gemäss altem Recht den exakt gleichen Wortlaut und sahen die gleiche Sanktion vor (vgl. Art. 116 Abs. 1 lit. a und b des Bundesgesetzes über die Ausländerinnen und Ausländer, AuG, in der Fassung vom 1.10.2015 bzw. 1.1.2016). Es werden deshalb im Sinne der Anklageschrift und der Einfachheit halber ausschliesslich die neurechtlichen Bestimmungen zitiert. Es handelt sich bei dieser Bestimmung um die verselbständigte Gehilfenschaft zum Tatbestand von Art. 115 AIG. Art. 25 StGB findet somit keine Anwendung. Die Gehilfenhandlung muss insofern «kausal» für die Haupttat sein, als sie deren Erfolgschancen erhöht. Sogenannte «neutrale», «sozialadäquate» Handlungen sind nicht strafbar. Die Entscheidung, was als straflose Alltagshandlung ausgeschlossen werden kann und was nicht, ist jedoch schwierig, weil der Haupttäter sich beim Delikt des rechtswidrigen Aufenthalts andauernd illegal verhält, so dass jeder Kontakt mit ihm ein Erleichtern sein könnte, aber gleichzeitig meistens «alltäglich» und «sozialadäquat» sein dürfte. Das Bundesgericht legt den Tatbestand restriktiv aus. Es sollen demnach nur jene Handlungen bestraft werden, die den Behörden den Erlass Vollzug von Verfügungen gegen den Ausländer erschweren die Möglichkeit des Zugriffs auf die Person einschränken. Der Tatbestand weist Ähnlichkeiten zur Begünstigung auf. Wie bei der Begünstigung soll auch hier verlangt werden, dass die Handlung eine erhebliche zeitliche und inhaltliche Erschwernis für die Behörden bedeutet. Diese Einschränkung rechtfertigt sich auch durch die Strafdrohung, die entgegen den üblichen Regeln der Gehilfenschaft gleich hoch ist wie diejenige der Haupttat; dementsprechend müssen die Tathandlungen ein gewisses Mass an strafrechtlichem Unrecht erreichen. Ebenso scheidet eine Tathandlung aus, wenn die Polizei vom Aufenthaltsort des Ausländers Kenntnis hat (Luzia Vetterli/Gabriella D'Addario Di Paolo in: Martina Caroni/Thomas Gächter/Daniela Thurnherr [Hrsg.], Stämpflis Handkommentar zum Bundesgesetz über die Ausländerinnen und Ausländer, Bern 2010, nachfolgend zitiert: «SHK –AuG», Art. 116 AuG N 4, 8, 9).
5.1.2. Als tatbestandsmässig im Sinne von Art. 116 Abs. 1 lit. a AIG gilt das Vermieten von Wohnraum an illegal anwesende Ausländer deren Beherbergung, weil eine Unterkunft dazu dient, sich dem Zugriff der Behörden zu entziehen. Wer einen rechtswidrig im Lande weilenden Ausländer beherbergt, erschwert die behördliche Intervention jedoch nur dann, wenn die Beherbergung von einer gewissen Dauer ist (vgl. BGE 130 IV 77 E. 2.3 S. 80 f.; Urteil des Bundesgerichts 6B_128/2009 vom 17.7.2009 E. 2.2. mit Hinweisen; Urteil des Bundesgerichts 6B_426/2014 vom 18.9.2014). Das Beherbergen während drei Monaten qualifizierte das Bundesgericht als tatbestandmässig (BGE 130 IV 77 E. 2.3.2 S. 80 f.). Im Urteil 6B_128/2009 vom 17. Juli 2009 hielt das Bundesgericht in E. 2.2. ausdrücklich fest, dass das Überlassen von Wohnraum für nur einige Tage nicht ausreiche, denn ein solches Verhalten eigne sich nicht, die behördliche Intervention zu erschweren. Im konkreten Fall beherbergte der Beschuldigte ausländische Personen während einer Periode von zwei Monaten und einer Woche bloss gelegentlich, nämlich acht bis neun Mal während maximal zwei Tagen, weshalb es am Element der Dauerhaftigkeit fehlte. In der Lehre wird postuliert, dass in zeitlicher Hinsicht jedenfalls eher mehrere Wochen als mehrere Tage vorliegen müssen (Luzia Vetterli/ Gabriella D’Addario Di Paola, SHK-AuG», Art. 116 AuG N 12). Erleichtert werden muss der rechtswidrige Aufenthalt.
5.1.3. Bei der Tathandlung des Verschaffens einer Erwerbstätigkeit ohne Bewilligung nach Art. 116 Abs. 1 lit. b AIG handelt es sich um die verselbständigte Gehilfenschaft zu Art. 115 Abs. 1 lit. c AIG. Der Arbeitgeber selber macht sich nur nach Art. 117 AIG strafbar (Luzia Vetterli / Gabriella D'Addario Di Paolo, SHK-AuG, Art. 116 AuG N 15 sowie zur Konkurrenzlehre: N 27). Gemäss Art. 117 AIG wird der Arbeitgeber bestraft, der ausländische Arbeitnehmerinnen Arbeitnehmer beschäftigt, obwohl diese in der Schweiz nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit berechtigt sind. Es handelt sich hierbei um einen Spezialfall der Förderung des rechtswidrigen Aufenthalts (Luzia Vetterli/Gabriella D’Addario Di Paola, SHK-AuG, Art. 117 AuG N 1). Beherbergt und beschäftigt der Arbeitgeber die ausländische Person gleichzeitig, so besteht echte Konkurrenz zwischen Art. 116 AuG und Art. 117 AuG (Luzia Vetterli/Gabriella D’Addario Di Paola, SHK-AuG, Art. 117 AuG N 15). Das Bundesgericht folgt einem weiten Arbeitgeberbegriff: Der Tatbestand ist nicht auf Arbeitsverträge im Sinne des Zivilrechts beschränkt, insbesondere muss der Arbeitgeber gegenüber dem Ausländer nicht weisungsbefugt sein (vgl. Urteil des Bundesgerichts 6S.222/2004 vom 20.8.2004, E. 2.). Arbeitgeber im Sinne der ausländerrechtlichen Bestimmung ist vielmehr, wer jemanden eine Erwerbstätigkeit ausüben lässt. Als Erwerbstätigkeit gilt gemäss der Legaldefinition in Art. 11 Abs. 2 AIG jede üblicherweise gegen Entgelt ausgeübte unselbständige selbständige Tätigkeit, selbst wenn sie unentgeltlich erfolgt.
5.1.4. Nach Art. 116 AuG ist nur die vorsätzliche Tatbegehung strafbar. Verlangt ist Wissen und Willen bezüglich der Förderungshandlung und Kenntnis der Haupttat, also der illegalen Ein- Ausreise, des illegalen Aufenthalts der Schwarzarbeit. Eventualvorsatz genügt (Luzia Vetterli/Gabriella D'Addario Di Paolo, SHK-AuG, Art. 116 AuG N 17). Die Beschäftigung von Ausländerinnen und Ausländern ohne Bewilligung erfasst demgegenüber auch die fahrlässige Tatbegehung (vgl. Abs. 3 von Art. 117 AuG). Art. 116 AuG und Art. 117 AuG (als Vorsatzdelikt) sehen die gleiche Strafandrohung vor.
5.1.5 Die Strafe für das qualifizierte Handeln gemäss Abs. 3 von Art. 116 AIG ist im Vergleich zum Grunddelikt deutlich erhöht (bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe). Die Absicht, sich unrechtmässig zu bereichern, erfasst jede wirtschaftliche Besserstellung (Luzia Vetterli/Gabriella D'Addario Di Paolo, SHK-AuG, Art. 116 AuG N 22). Aufgrund der im Vergleich zu Abs. 1 massiv höheren Strafdrohung drängt sich eine einschränkende Auslegung auf. Die Bestrafung wegen qualifizierter Tatbegehung kommt erst in Frage, wenn überhöhte Miet- Darlehenszinse verlangt werden Wohnungen vermietet werden, die sonst leer stünden (Urteil des Bundesgerichts 6S.615/1998 vom 18.8.2020, E. 3d). Es spielt hier das spezifische Ausnützen der Notlage der ausländischen Personen eine Rolle (Luzia Vetterli/Gabriella D'Addario Di Paolo, SHK-AuG, Art. 116 AuG N 22).
5.2. Subsumtion
5.2.1. Tathandlungen in der «[Gaststätte 1]»
In Bezug auf die beiden namentlich nicht näher identifizierbaren Frauen aus Mazedonien ist gestützt auf das unter vorstehender Ziffer IV.4.1 wiedergegebene Beweisergebnis in objektiver Hinsicht von einem Anstellungsverhältnis auszugehen. Der Beschuldigte beschäftigte als Geschäftsführer der [Gaststätte 1] und damit in der Funktion als Arbeitgeber die beiden Frauen während mehrerer Tage im Zeitraum von Mai 2016 bis ca. Ende Juli 2016. Ihre Arbeitsleistung umfasste das Servieren und die Arbeit hinter der Bar im Lokal. Darin liegt zweifellos eine Erwerbstätigkeit nach Art. 11 Abs. 2 AIG. Dass die Gegenleistung des Arbeitgebers nicht in Form von Lohnzahlungen bestand, ist mit Blick auf die Legaldefinition nicht massgebend. Der Begriff ist nach der Intention des Gesetzgebers weit gefasst, um Umgehungsgeschäften nicht nicht Tür und Tor zu öffnen (vgl. BBl 2002 3608). Keine Erwerbstätigkeit im Sinne des Ausländerrechts liegt einzig vor, wenn diese ehrenamtlich aus reiner Gefälligkeit erfolgt (Luzia Vetterli/Gabriella D'Addario Di Paolo, SHK-AuG, Art. 115 AIG N 31), was vorliegend zu verneinen ist.
Bei beiden Frauen handelte es sich um (nord)mazedonische Staatsangehörige, die gemäss den Angaben des Beschuldigten über keine Aufenthaltsbewilligung verfügten. Aufgrund dieser Ausgangslage wäre für die Ausübung der Erwerbstätigkeit – unabhängig von deren konkreter Dauer (vgl. hierzu https://www.sem.admin.ch/ sem/de/home/publiservice/weisungen-kreisschreiben/visa/liste1_staatsangehoerigkeit/s.html, zuletzt besucht am 6.5.2022: selbst wenn diese weniger als 8 Tage innerhalb des Kalenderjahrs dauert) – zwingend ein Visum erforderlich gewesen. Ein solches wurde jedoch nie eingeholt. Ihnen fehlte folglich die erforderliche Bewilligung. Sie übten eine nicht bewilligte Erwerbstätigkeit nach Art. 115 Abs. 1 lit. c AIG aus und der Beschuldigte seinerseits beschäftigte demnach ausländische Arbeitnehmerinnen, obwohl diese in der Schweiz nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit berechtigt waren. Damit erfüllt er den objektiven Tatbestand von Art. 117 AIG. Art. 116 Abs. 1 lit. b AIG ist demgegenüber auf Tatkonstellationen zugeschnitten, bei welchen Drittpersonen die Ausübung einer nicht bewilligten Erwerbstätigkeit (im Sinne der Gehilfenschaft) fördern. Insbesondere können darunter vermittelnde Tätigkeit fallen, wie diese auch in AKS Ziff. 4 genannt werden (der Beschuldigte habe Servicemitarbeiterinnen ohne Arbeitsbewilligung an Betreiber von mit illegalen Glücksspielautomaten ausgestattete Lokale vermittelt). In der vorliegenden Konstellation ging es nicht um eine solche Vermittlungstätigkeit, sondern um ein Anstellungsverhältnis, welches vom Wortlaut der Anklageschrift ebenfalls abgedeckt wird (vgl. die Wendung «in den Lokalen angestellt»). In einer solchen Konstellation geht Art. 117 AIG als lex specialis Art. 116 Abs. 1 lit. b AIG vor (vgl. hierzu auch die Erläuterungen unter vorstehender Ziff. IV.5.1.3).
Der Beschuldigte wusste gemäss seinen eigenen Angaben um die mazedonische Herkunft der Frauen. Ebenso wusste er, dass die Frauen hier nicht angemeldet waren und über keine Aufenthaltsbewilligung verfügten. Als in der Schweiz wohnhafter türkischer Staatsangehöriger war sich der Beschuldigte auch im Klaren darüber, dass die Ausübung einer Erwerbstätigkeit für Ausländer stark reglementiert und der Eintritt in den Schweizer Arbeitsmarkt gerade für Drittstaatenangehörige an diverse Voraussetzungen geknüpft war. Es bestanden für den Beschuldigten folglich keinerlei Anhaltspunkte, die für eine Arbeitsberechtigung der beiden Frauen sprachen. Wer sich bei dieser Ausgangslage sich nicht um die konkreten Voraussetzungen schert und keinerlei Abklärungen trifft (vgl. hierzu sein Zitat in pag. 10.1. / 049: «Es war für mich unwichtig, ich habe mich nie damit auseinandergesetzt»), handelt zumindest eventualvorsätzlich. Damit ist auch der subjektive Tatbestand von Art. 117 AIG erfüllt.
Die Vorinstanz hat ebenso die Tatbestandsvariante nach Art. 116 Abs. 1 lit. a AIG (Erleichtern bzw. Förderung des illegalen Aufenthaltes) im Zusammenhang mit den beiden Frauen aus Mazedonien bejaht, indes wird dieser Vorhalt nicht von der Anklageschrift erfasst. Die dem Beschuldigten vorgehaltenen Tathandlungen decken in Bezug auf die aufgeführten Frauen in den vier namentlich genannten Lokalitäten (Lemmata 1 bis 7 von AKS Ziff. 4) das Verbringen in die Schweiz, die Anstellung in den Lokalen resp. die Vermittlung an die genannten Lokale ab. In Bezug auf die Unterbringung lassen sich der Anklage keine konkretisierenden Angaben entnehmen. Ein Sachverhalt, welcher umschreibt, mit welchen Tathandlungen der Beschuldigte den beiden nordmazedonischen Frauen den illegalen Aufenthalt erleichtert haben solle, ist nicht auszumachen. Die Anstellung allein ist bereits von Art. 117 AIG erfasst und kommt unter dem Titel der Erleichterung des illegalen Aufenthaltes nicht zum Tragen. Ein diesbezüglicher Schuldspruch hat demzufolge zu unterbleiben.
Die Vorinstanz hat hinsichtlich der beiden mazedonischen Frauen das qualifizierende Merkmal der unrechtmässigen Bereicherungsabsicht bejaht (vgl. US 45 f.). Der Beschuldigte wendet sich dagegen, indem er geltend macht, er habe diesen beiden Frauen «vom Telefon bis Makeup» alles bezahlt, und gar die Behauptung aufstellt, all dies habe letztlich mehr ausgemacht, als wenn er sie vertraglich angestellt und bezahlt hätte. Das ist wenig glaubhaft, insbesondere wenn man sich vergegenwärtigt, wie unverhohlen der Beschuldigte darüber berichtete, unter welch misslichen Rahmenbedingungen (fehlende Ruhetage und Ruhezeiten) und zu welchen Dumpinglöhnen die Frauen in den Lokalen mit illegalem Wett- und Glücksspiel der Arbeit als Servicedamen nachgingen. Ebenso räumte er ein, dass nur Frauen aus armen Herkunftsländern und ohne jegliche Aussicht auf einen legalen Aufenthaltsstatus und eine legale Erwerbstätigkeit in der Schweiz sich überhaupt auf ein solches Arbeitsverhältnis in diesen Lokalen einliessen (vgl. hierzu pag. 10.1. / 042). Dass nun in dem von ihm selber geführten Lokal ganz andere Regeln gegolten haben sollten, scheint wenig wahrscheinlich, ändert aber nichts daran, dass der Staat für eine Bereicherungsabsicht den Beweis erbringen muss und eine blosse Wahrscheinlichkeit nicht ausreicht. Wenn – wie vorliegend – der Beschuldigte eine solche Bereicherungsabsicht bestreitet, kann ein Nachweis nur gelingen, wenn sich der Schluss auf diese innere bzw. subjektive Absicht anhand der erstellten äusseren Umstände aufdrängt. Vorliegend scheitert dieser Nachweis, weil kein den Beschuldigten belastendes Material (Aussagen von Belastungszeugen, Arbeitseinsatzpläne, nähere Angaben zu den Unterkünften) vorliegt. Bereits äusserst vage blieb, wie oft die beiden Frauen für das vom Beschuldigten geführte Lokal arbeiteten. Hier darf entgegen der Vorinstanz nicht zu Lasten des Beschuldigten von einer regelmässigen Arbeitsverrichtung über einen Zeitraum von drei Monaten ausgegangen werden. Zugleich lässt sich die Behauptung des Beschuldigten, wonach er sämtliche Lebenshaltungskosten (Miete, Verpflegung etc.) der beiden Frauen während der besagten Zeitspanne übernommen habe, nicht widerlegen. Eine vom Beschuldigten angestrebte Ausnutzung der Arbeitsleistung dieser Frauen und damit eine von ihm beabsichtigte Bereicherung lässt sich unter diesen Umständen nicht rechtsgenüglich beweisen. Damit fällt eine Verurteilung im Sinne der qualifizierten Norm (allenfalls schwerer Fall von Art. 117 AIG) ausser Betracht.
5.2.2. Tathandlungen im Restaurant «[Gaststätte 2]»
Gemäss dem Beweisergebnis ist gestützt auf die eigenen Angaben von E.___ und D.___ davon auszugehen, dass Erstere seit dem 24. Januar 2017 und Letztere seit dem 20.Januar 2017 im Lokal «[Gaststätte 2]» logierte. Der zur Anklage gebrachte Tatzeitraum endet am 26. Januar 2017. Ob die Förderung des illegalen Aufenthaltes in Bezug auf die beiden serbischen Frauen in der Anklageschrift enthalten bzw. ausreichend konkretisiert wird, braucht hier nicht abschliessend geklärt zu werden, da ohnehin ein Schuldspruch ausser Betracht fällt. Gemäss dem Beweisergebnis kann bei E.___ nicht von einer bereits aufgenommenen Erwerbstätigkeit ausgegangen werden, so dass es bereits an einem rechtswidrigen Aufenthalt fehlt: Bürgerinnen aus Serbien bedurften im Tatzeitpunkt für einen Aufenthalt in der Schweiz von bis zu 90 Tagen kein Visum. In Bezug auf D.___, die bereits die Arbeit aufgenommen hatte, scheitert eine Verurteilung daran, dass ein Überlassen von Wohnraum für nur einige Tage gemäss Rechtsprechung und Lehre die behördliche Intervention nicht in einer Weise erschwert, die als erheblich und damit als tatbestandsmässig bezeichnet werden könnte. Demzufolge ist der Beschuldigte vom Vorwurf der Förderung des rechtswidrigen Aufenthaltes freizusprechen.
Gemäss dem Beweisergebnis war D.___ (im Unterschied zu E.___) bereits als Angestellte im Restaurant «[Gaststätte 2]» als Servicekraft tätig. Deren Arbeitgeber war der Beschuldigte, der für das Lokal in dem zur Anklage gebrachten Zeitraum die Funktion des Geschäftsführers innehatte. Als serbische Staatsangehörige bedurfte D.___ bei der Aufnahme der Erwerbstätigkeit (ungeachtet von deren Dauer) eines Visums, welches nicht vorlag. Sie übte somit ihre Erwerbstätigkeit ohne die erforderliche Arbeitsbewilligung aus. Der Beschuldigte beschäftigte als Geschäftsführer eine ausländische Arbeitnehmerin, obwohl diese in der Schweiz nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit berechtigt war. Damit ist der objektive Tatbestand von Art. 117 Abs. 1 AIG erfüllt. Der Beschuldigte wusste auch um die erforderliche, vorliegend aber fehlende Arbeitsbewilligung von D.___ und liess sie trotzdem in dem von ihm geführten Lokal als Serviceangestellte arbeiten. Damit ist auch der Vorsatz gegeben.
5.3. Zusammengefasst ist der Beschuldigte in Bezug auf zwei namentlich nicht näher identifizierbare Frauen aus Mazedonien sowie in Bezug auf D.___ der Beschäftigung von Ausländerinnen ohne Bewilligung im Sinne von Art. 117 Abs. 1 AIG schuldig zu sprechen.
V. Strafzumessung
1. Allgemeine Grundsätze
1.1. Gemäss Art. 47 Abs. 1 StGB misst das Gericht die Strafe nach dem Verschulden des Täters zu. Es berücksichtigt das Vorleben, die persönlichen Verhältnisse sowie die Wirkung der Strafe auf das Leben des Täters. Die Bewertung des Verschuldens wird in Art. 47 Abs. 2 StGB dahingehend präzisiert, dass dieses nach der Schwere der Verletzung Gefährdung des betroffenen Rechtsguts, nach der Verwerflichkeit des Handelns, den Beweggründen und Zielen des Täters sowie danach bestimmt wird, wie weit der Täter nach den inneren und äusseren Umständen in der Lage war, die Gefährdung Verletzung zu vermeiden.
1.2. Nach Art. 50 StGB hat der Richter die für die Zumessung der Strafe erheblichen Umstände und deren Gewichtung festzuhalten. Diese Bestimmung entspricht der Rechtsprechung des Bundesgerichts zum alten Recht, wonach der Richter die Überlegungen, die er bei der Bemessung der Strafe vorgenommen hat, in den Grundzügen wiedergeben muss, so dass die Strafzumessung nachvollziehbar ist. Besonders hohe Anforderungen an die Begründung der Strafzumessung werden unter anderem gestellt, wenn die ausgesprochene Strafe ungewöhnlich hoch auffallend milde ist (BGE 134 IV 17 E. 2.1 S. 20, mit Hinweisen).
1.3 Die tat- und täterangemessene Strafe ist grundsätzlich innerhalb des ordentlichen Strafrahmens der (schwersten) anzuwendenden Strafbestimmung festzusetzen. Dieser wird durch Strafschärfungs- Strafmilderungsgründe nicht automatisch erweitert, worauf innerhalb dieses neuen Rahmens die Strafe nach den üblichen Zumessungskriterien festzusetzen wäre. Vielmehr ist der ordentliche Strafrahmen nur zu verlassen, wenn aussergewöhnliche Umstände vorliegen und die für die betreffende Tat angedrohte Strafe im konkreten Fall zu hart bzw. zu milde erscheint (BGE 136 IV 55 E. 5.8 S. 63, mit Hinweisen).
1.4. Hat der Täter durch eine mehrere Handlungen die Voraussetzungen für mehrere gleichartige Strafen erfüllt, so verurteilt ihn das Gericht zu der Strafe der schwersten Straftat und erhöht sie angemessen. Es darf jedoch das Höchstmass der angedrohten Strafe nicht um mehr als die Hälfte erhöhen. Dabei ist es an das gesetzliche Höchstmass der Strafart gebunden (Art. 49 Abs. 1 StGB). Es ist aber methodisch nicht korrekt, den ordentlichen Strafrahmen aufgrund von mehreren Taten in Anwendung von Art. 49 Abs. 1 StGB automatisch zu erweitern (Urteil des Bundesgerichts 6B_853/2014 vom 9.2.2015 E. 4.2.). Die tat- und täterangemessene Strafe ist grundsätzlich innerhalb des ordentlichen Strafrahmens der schwersten anzuwendenden Strafbestimmung festzusetzen. Dieser wird durch Strafschärfungs- Strafmilderungsgründe nicht automatisch erweitert. Vielmehr ist der ordentliche Strafrahmen nur zu verlassen, wenn aussergewöhnliche Umstände vorliegen und die für die betreffende Tat angedrohte Strafe im konkreten Fall zu hart bzw. zu milde erscheint (BGE 136 IV 55 E. 5.8.). Liegen solche Umstände nicht vor, ist der erhöhte Rahmen auch nicht als theoretische Möglichkeit bei der Strafzumessung zu erwähnen.
Bei der Bildung der Gesamtstrafe gemäss Art. 49 Abs. 1 StGB ist nach der Rechtsprechung vorab der Strafrahmen für die schwerste Straftat zu bestimmen und alsdann die Einsatzstrafe für die schwerste Tat innerhalb dieses Strafrahmens festzusetzen. Schliesslich ist die Einsatzstrafe unter Einbezug der anderen Straftaten in Anwendung des Asperationsprinzips angemessen zu erhöhen. Zunächst hat das Gericht für jede der Straftaten die Art der Strafe zu bestimmen. Art. 49 Abs. 1 StGB ist nur anwendbar, wenn diese Strafen gleichartig sind. Geldstrafe und Freiheitsstrafe sind keine gleichartigen Strafen. Das Gericht ist an das Höchstmass jeder Strafart gebunden (bei Geldstrafen bis Ende 2017: 360 TS, ab 1.1.18 180 TS).
1.5.1. Gemäss Art. 42 Abs. 1 StGB schiebt das Gericht den Vollzug einer Geldstrafe einer Freiheitsstrafe von höchstens zwei Jahren in der Regel auf, wenn eine unbedingte Strafe nicht notwendig erscheint, um den Täter von der Begehung weiterer Verbrechen Vergehen abzuhalten. Die Anforderungen an die Prognose der Legalbewährung für den Strafaufschub liegen nach neuem Recht etwas tiefer. Während nach früherem Recht eine günstige Prognose erforderlich war, genügt nunmehr das Fehlen einer ungünstigen Prognose. Der Strafaufschub ist nach neuem Recht die Regel, von der grundsätzlich nur bei ungünstiger Prognose abgewichen werden darf (Urteil des Bundesgerichts 6B_214/2007 vom 13.11.2007 E. 5.3.2.). Relevante Faktoren für die Einschätzung des Rückfallrisikos sind etwa die strafrechtliche Vorbelastung, die Sozialisationsbiographie und das Arbeitsverhalten, das Bestehen sozialer Bindungen Hinweise auf Suchtgefährdungen (BGE 134 I 1 E. 4.2.1. S. 5).
1.5.2. Auch bei der Ausfällung einer teilbedingten Strafe ist Grundvoraussetzung das Bestehen einer begründeten Aussicht auf Bewährung. Die subjektiven Voraussetzungen von Art. 42 StGB gelten somit auch für die Anwendung von Art. 43 StGB. Beim Institut des teilbedingten Strafvollzuges ist der Strafzweck der Spezialprävention in den Vordergrund zu stellen. Art. 43 StGB hat die Bedeutung, dass die Warnwirkung des Teilaufschubes angesichts des gleichzeitig angeordneten Teilvollzuges für die Zukunft eine weitaus bessere Prognose erlaubt (vgl. zum Ganzen Entscheid BGE 134 IV 1 E. 5.5.2. S. 15).
2. Konkrete Strafzumessung
2.1. Wahl der Sanktionsart
Vorweg ist festzuhalten, dass die Delikte mit einer Gesamtfreiheitsstrafe zu sanktionieren sind. In Bezug auf das Hauptdelikt der qualifizierten Widerhandlung gegen das Geldspielgesetz von Art. 130 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 BGS kann bereits vorweggenommen werden, dass sich das Strafmass in einem Bereich bewegt, der ohnehin keine weniger eingriffsintensive Sanktionsart zulässt. Doch auch dort, wo die Höhe der schuldangemessenen Einzelstrafe grundsätzlich eine Geldstrafe erlauben würde, ist eine solche mit Blick auf spezialpräventive Gesichtspunkte nicht auszufällen: Der Beschuldigte ist in der Vergangenheit bereits mit einer Vielzahl von Geldstrafen sanktioniert worden (darunter auch diverse unbedingt vollziehbare Geldstrafen), ohne dass diese den ihn von der Delinquenz abhalten konnten. Ebenso sei ergänzt, dass auch die Verteidigung eine Gesamtfreiheitsstrafe beantragt.
2.2. Einsatzstrafe für das schwerste Delikt
Die Einsatzstrafe ist nach dem schwersten Delikt zu bestimmen. Massgebendes Kriterium hierfür ist die abstrakte Strafandrohung. Die qualifizierte Widerhandlung gegen das Geldspielgesetz (Art. 130 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 BGS) sieht als Sanktion eine Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren eine Geldstrafe nicht unter 180 Tagessätzen vor. Der schwere Fall der Geldwäscherei wird gemäss Art. 305bis Abs. 2 StGB mit einer Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren mit einer Geldstrafe sanktioniert. Mit der Freiheitsstrafe wird eine Geldstrafe bis zu 500 Tagessätzen verbunden. Mit Blick auf das untere Ende des Strafrahmens erweist sich das Verbrechen gegen das Geldspielgesetz als das schwerste Delikt und es ist demnach in einem ersten Schritt mit Blick auf die massgebenden Tatkomponenten hierfür die Einsatzstrafe zu bestimmen.
Vorab wird in Bezug auf die Art und Weise der Tatausführung auf die Darstellung unter Ziff. II.1. verwiesen, welche sowohl die Funktionsweise der gesamten Organisation rund um F.___ als auch die spezifischen Tatbeiträge des Beschuldigten ausführlich erörtert. Dem Beschuldigten ist anzulasten, dass er in mittäterschaftlichem Zusammenwirken mit dem Drahtzieher F.___, H.___ sowie weiteren Mitarbeitern der Organisation über mehrere Jahre Spielbankenspiele Grossspiele durchgeführt, organisiert und zur Verfügung gestellt hat, ohne im Besitz der hierfür erforderlichen Bewilligungen gewesen zu sein. Dabei sind folgende Aspekte hervorzuheben: Das errichtete illegale Casino-System erstreckte sich über das gesamte Schweizer Mittelland und bildete ein Imperium mit insgesamt mindestens 80, teilweise sogar über 90 Lokalen. Die Organisation, welche die Kriterien der Bande erfüllte, war professionell und stark hierarchisch strukturiert, wobei der Beschuldigte innerhalb der Bande als ranghohes Mitglied in Erscheinung trat. Unangefochten an der Spitze der Organisation befand sich F.___. Bereits auf der nächstfolgenden Hierarchiestufe als Hauptpartner und engster Vertrauter von F.___ figurierte der Beschuldigte zusammen mit H.___. Die von der Verteidigung vor Obergericht vorgebrachte Behauptung (vgl. Plädoyernotizen S. 11), der Beschuldigte habe sich hierarchisch unterhalb von H.___ befunden, findet keine Stütze im Beweisergebnis. Insbesondere ist an den Verteilschlüssel zu erinnern, wonach beide zu gleichen Teilen vom illegal erwirtschafteten Bruttogewinn profitierten (Anteil von total je 10 % bis 12,5 %). Diese gleichen Quoten stellen ein starkes Indiz für dieselbe Hierarchiestufe dar. Hinzu kommt, dass sich auch der Beschuldigte selbst nicht unter H.___ eingeordnet hat. So berichtete er immer wieder von den Schulden der Lokalbetreiber bei der «Firma» und auf Nachfrage gab er zu Protokoll, zur Firma zählten F.___, H.___ und er selber (vgl. pag. 10.1. / 162). Hervorzuheben ist schliesslich die Dauer der deliktischen Tätigkeit. Der Beschuldigte beteiligte sich während rund vier Jahren massgeblich an diesem illegalen Netzwerk und trieb dessen Expansion voran, indem er in dieser Zeit eine beachtliche Anzahl von mindestens 30 Spiellokalen selber akquirierte.
Zu berücksichtigen gilt weiter, dass neben dem Qualifikationsgrund der Bandenmässigkeit auch der Qualifikationsgrund der Gewerbsmässigkeit gegeben ist: Der Beschuldigte war am Bruttospielertrag der illegalen Glückspielgeräte im Umfang von mindestens CHF 625'000.00 bis CHF 830'000.00 (ausgehend von einem von der Organisation generierten Bruttospielertrag in einer Grössenordnung von ungefähr CHF 20'000'000.00) beteiligt und übte die deliktische Tätigkeit im Sinne eines Berufes aus. Einer legalen beruflichen Tätigkeit auch nur Nebentätigkeit ging er während der gesamten Deliktsdauer nicht nach. Dieser weitere Qualifikationsgrund, der von einer hohen kriminellen Energie zeugt, muss sich innerhalb des (bereits erweiterten) Strafrahmens straferhöhend auswirken. In Bezug auf die subjektive Tatschwere ist festzuhalten, dass er mit direktem Vorsatz handelte, was aber tatbestandsimmanent ist und sich nicht zu seinen Lasten auswirken darf. Der Delinquenz lagen rein egoistische und damit verwerfliche Motive zu Grunde. Er zog aus dem Suchtverhalten Dritter ganz erheblichen persönlichen finanziellen Profit und führte einen ausgesprochen luxuriösen Lebensstil, während er sich zugleich von der Sozialbehörde die Alimente für seinen Sohn aus erster Ehe bevorschussen liess (vgl. pag. 12.2.1. / 021 f.). Unter Berücksichtigung all dieser Faktoren ist das Tatverschulden als mittelschwer zu qualifizieren und die Einsatzstrafe ist bei einem Strafrahmen, der sich von minimal 180 Strafeinheiten (bzw. von sechs Monaten) bis maximal fünf Jahren (bzw. 60 Monaten) erstreckt, im unteren Teil des mittleren Drittels (24 Monate - 42 Monate) bei 30 Monaten festzusetzen.
2.3. Asperation für die weitere Delinquenz
2.3.1. Schwerer Fall der Geldwäscherei
In Bezug auf die einzelnen Tathandlungen ist auf die ausführliche Darstellung unter vorstehender Ziff. II.2. zu verweisen. Mit der Staatsanwaltschaft ist davon auszugehen, dass hier kein komplexes Konstrukt zur Verschleierung der Mittel mit deliktischer Herkunft zum Tragen kam. Dafür hat sich dieses Konstrukt als effizient erwiesen. Es konnten nur Kleinstsummen vom Staat eingezogen werden. Auch hier ist (leicht) straferhöhend zu gewichten, dass wiederum zwei Qualifikationsgründe (Bandenmässigkeit und Gewerbsmässigkeit) vorlagen. Zu berücksichtigen gilt zu seinen Gunsten, dass der Beschuldigte sein eigener Geldwäscher war («Eigengeldwäsche»), mithin ein sehr enger Konnex zwischen der Vortat und der Geldwäscherei bestand. Er handelte direktvorsätzlich. Vor dem Hintergrund, dass hier ausschliesslich andere schwere Fälle die massgebende Vergleichsgrösse bilden, ist das Tatverschulden als leicht zu qualifizieren und die schuldangemessene Strafe hierfür macht 300 Strafeinheiten aus, wobei hievon in Anwendung von Art. 305bis Abs. 2 StGB 50 Tagessätze als Geldstrafe auszufällen sind und in Bezug auf die verbleibenden 250 Strafeinheiten eine Asperation um vier Monate zu erfolgen hat.
2.3.2. Nötigung
Der Strafrahmen gemäss Art. 181 StGB reicht von einer Geldstrafe bis zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren. Der Beschuldigte agierte in Mittäterschaft mit F.___, wobei Letzterer klar die bestimmende Figur war und Anweisungen an den Beschuldigten erteilte. Der Beschuldigte wandte keine Gewalt als Nötigungsmittel an. Der in Mittäterschaft ausgeübte Druck (Androhung von Gewalt, Androhung des Ausschlusses aus der Asiret) hatte auf das Opfer einen nötigenden Charakter. Der Tatausführung war nicht mit einem grossen Aufwand zeitintensiven Vorkehrungen verbunden, jedoch kann auch nicht behauptet werden, die Aktion sei spontan entstanden. Letztlich wurde sie innert kurzer Zeit (innert eines Tages) umgesetzt und das Vorgehen war vergleichsweise einfach. Der Beschuldigte handelte mit direktem Vorsatz. Mit Blick auf das gesamte Tatspektrum ist von einem sehr leichten bis leichten Tatverschulden am Ende des untersten Drittels des ersten Strafdrittels auszugehen. Angemessen erweisen sich vier Monate, asperiert zwei Monate.
2.3.3. Widerhandlung gegen das AIG
Zu berücksichtigen ist, dass bei D.___ von einer Beschäftigung im Umfang von lediglich zwei Tagen ausgegangen werden kann, während die beiden mazedonischen Frauen über drei Monate in der Schweiz weilten, doch auch hier gilt: Effektiv gearbeitet haben die Frauen während dieser Zeitspanne nur sporadisch, an vereinzelten Tagen. Vor diesem Hintergrund ist das Tatverschulden des Beschuldigten als sehr leicht zu qualifizieren. Ausgehend von einem Strafrahmen, der maximal ein Jahr Freiheitsstrafe beträgt, ist von einem Monat auszugehen, asperiert einem halben Monat.
2.4. Zwischenfazit
Damit resultiert – vor Berücksichtigung der Täterkomponenten – eine Freiheitsstrafe von 36 ½ Monaten und eine Geldstrafe von 50 Tagessätzen.
3. Täterkomponente
In Bezug auf das Vorleben kann auf die ausführliche Darstellung im erstinstanzlichen Urteil verwiesen werden (vgl. Ziff. 2.3., US 52 f.). Es ergeben sich aus den biographischen Angaben keine Anhaltspunkte für eine schwierige Kindheit Jugend, die eine Strafminderung rechtfertigen würden.
Zu seinen Lasten sind die Vorstrafen zu veranschlagen, wobei relativierend einzuräumen ist, dass diese nicht einschlägig sind und zwischenzeitlich sechs zw. acht Jahre zurückliegen. Derzeit gehen aus dem Strafregister folgende zwei Einträge hervor:
- Urteil der Staatsanwaltschaft Rheinfelden-Laufenburg vom 24. Juni 2014: Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu CHF 60.00 und Busse von CHF 260.00 wegen Verletzung der Verkehrsregeln und Fahren in fahrunfähigem Zustand;
- Urteil der Staatsanwaltschaft des Kantons Solothurn vom 25. Januar 2016: Geldstrafe von 10 Tagessätzen zu CHF 30.00 wegen Überlassens eines Motorfahrzeugs an einen Führer ohne erforderlichen Ausweis;
Es rechtfertigt sich bei der Freiheitsstrafe eine leichte Straferhöhung um einen Monat.
In Bezug auf das Nachtatverhalten ist strafmindernd zu berücksichtigen, dass der Beschuldigte in Bezug auf die Hauptanklagepunkte (Verbrechen gegen das Geldspielgesetz, Geldwäscherei, schwerer Fall) geständig und sehr kooperativ war. Die Ermittlungen im Bereich des illegalen Glücksspiels wurden dadurch in massgeblicher Weise erleichtert. Dies rechtfertigt eine Strafminderung (hinsichtlich beider Sanktionen) im Umfang von 20 %, im Ergebnis sind 7 ½ Monate bei der Freiheitsstrafe bzw. 10 Tagessätze bei der Geldstrafe in Abzug zu bringen.
Positiv lautet auch der von der Bewährungshilfe verfasste Bericht vom 9. Oktober 2018 über den Verlauf der Zusammenarbeit (pag. 12.3.1.1. / 096): Der Beschuldigte verhielt sich während des Vollzuges der Ersatzmassnahmen vorbildlich. Er habe, so die Ausführungen im Bericht, in den vergangenen sechs Monaten viel Eigeninitiative gezeigt, um seine anfangs 2018 äusserst desolate soziale Situation zu regeln und zu stabilisieren. Per 11. Juni 2018 habe er eine Arbeit als Chauffeur gefunden und es sei ihm zusammen mit seiner Ehefrau gelungen, seit anfangs Juli 2018 den Lebensunterhalt wieder selbständig zu bestreiten und sich von der Sozialhilfe abzulösen. Gemäss einer aktuellen Auskunft des Sozialdienstes Wasseramt vom 3. Mai 2022 bezog der Beschuldigte seit seinem Zuzug (1.4.2019, vorher wohnhaft in [...]) keine Sozialhilfeleistungen (OGer AS 070). Seit der vorliegend beurteilten Delinquenz, die nun bereits 4 ¾ Jahre zurückliegt, trat der Beschuldigte nicht mehr mit eintragungspflichtigen Delikten in Erscheinung. Aktenkundig ist aber eine Übertretung wegen Fahrens in angetrunkenem Zustand (Busse von CHF 800.00), begangen am 24. September 2019, mithin während des laufenden Verfahrens (beigezogene Migrationsakten, AS 209), so dass nicht von einem uneingeschränkten Wohlverhalten gesprochen werden kann. Insgesamt ist dieser Punkt demnach neutral zu werten.
In Bezug auf die aktuellen persönlichen Verhältnisse ist Folgendes bekannt: Die in familiärer Hinsicht erhoffte Stabilisierung nach seiner Entlassung aus der Haft (unter Auflagen) ist ausgeblieben: Er ist gerichtlich von seiner Ehefrau getrennt. Seine beiden Söhne ([…] geboren 2006, aus erster Ehe; […], geb. 2016, aus der zweiten Ehe) leben jeweils bei ihren Müttern. Er sieht sie im Rahmen seines Besuchsrechts mindestens jedes zweite Wochenende, mutmasslich öfter. Bekannt ist auch, dass die finanzielle Situation des Beschuldigten nach wie vor als desolat bezeichnet werden muss und es ihm bislang nicht gelang, seine hohe Verschuldung in den Griff zu bekommen: Aus dem aktuellen Betreibungsregisterauszug vom 3. Mai 2022 gehen 25 nicht getilgte Verlustscheine aus Pfändungen im Gesamtbetrag von CHF 83'996.10 hervor und allein seit Ende Januar 2022 wurden bereits wieder drei neue Betreibungen im Gesamtbetrag von CHF 4'021.50 eingeleitet. Die berufliche Situation des Beschuldigten ist fragwürdig: Einerseits reichte er einen Arbeitsvertrag zu den Akten, gemäss welchem er zu 70 % mit einem Lohn von CHF 2'600.00 fest angestellt sein soll, wobei seine Arbeiten «Kommissionieren, Redressieren, Verschleissen und Ausliefern der Ware mit Einhaltung der Vorgaben der Endkunden» umfassen soll (OGer AS 095 ff.); andererseits führte er anlässlich der Hauptverhandlung vor Obergericht aus, er arbeite nur stundenweise, wobei er putze und beim Auf- Abladen helfe (EV S. 9). Eigentlich benötige die Firma keine Arbeitskräfte, sie hätten ihn nur angestellt, um ihm finanziell zu helfen (EV S. 11). Hinsichtlich seines Alkoholkonsums und seiner psychischen Verfassung führte der Beschuldigte aus, es gehe ihm gar nicht gut. Er benötige eigentlich Hilfe eines Psychiaters brauche eine psychiatrische Behandlung, könne diese aber nicht in Anspruch nehmen, weil er keine Krankenkassenbeiträge bezahle. Andererseits ist er der Ansicht, dass er – obwohl er jeden Abend ein bisschen trinke – kein Alkoholiker sei (EV S. 10). Die persönlichen Verhältnisse des Beschuldigten sind damit insgesamt als eher kritisch einzustufen, insgesamt aber gerade noch als neutral zu werten.
Im Rahmen des sog. Sanktionenpakets ist zu berücksichtigen, dass der Beschuldigte, wie sich aus den nachfolgenden Ausführungen ergibt (vgl. Ziff. VI.), für vier Jahre des Landes verwiesen wird. Diese Massnahme hat in erster Linie pönalen Charakter. Aus Sicht des Betroffenen handelt es sich hierbei um die eigentliche Strafe. Dies ist deshalb im Rahmen des Sanktionenpakets bei der Hauptsanktion leicht strafmindernd (im Umfang von zwei Monaten) zu berücksichtigen.
4. Konkretes Strafmass
Unter Berücksichtigung aller Tat- und Täterkomponenten resultieren demnach gemäss obenstehenden Ausführungen eine Freiheitsstrafe von 28 Monaten sowie eine Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je CHF 30.00.
Entgegen der Argumentation der Verteidigung vermag der Beschuldigte nichts zu seinen Gunsten aus der tieferen Freiheitsstrafe von 22 Monaten gegen den Mittäter H.___ abzuleiten, zumal diese Strafe in einem abgekürzten Verfahren ausgefällt wurde, in welchem andere Grundsätze gelten. Hat das Sachgericht – wie vorliegend – mehrere Mittäter nicht im gleichen Verfahren zu beurteilen, so ist selbst ein (allfälliges) Missverhältnis verschiedener Strafen als Ausfluss der Autonomie des Gerichts hinzunehmen, solange die in Frage stehende Strafe als solche angemessen ist. Ein Anspruch auf «Gleichbehandlung im Unrecht» besteht grundsätzlich nicht (BGE 135 IV 191 E. 3.3. sowie die Urteile des Bundesgerichts 6B_628/2015 E. 2.3.2. und 6B_687/2016 E. 1.4.2. in fine).
5. Strafvollzug
5.1. Anordnung des teilbedingten Strafvollzugs
Gemäss vorstehenden Ausführungen in Ziff. V.1.5.1. und Ziff. V.1.5.2. und gemäss Art 43 Abs. 1 StGB kann das Gericht den Vollzug einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr und höchstens drei Jahren teilweise aufschieben, wenn dies notwendig ist, um dem Verschulden des Täters genügend Rechnung zu tragen. Auch bei der Ausfällung einer teilbedingten Strafe ist Grundvoraussetzung das Bestehen einer begründeten Aussicht auf Bewährung. Die subjektiven Voraussetzungen von Art. 42 StGB gelten somit auch für die Anwendung von Art. 43 StGB.
Der Beschuldigte ist seit einiger Zeit (4 ¾ Jahren) nicht mehr mit eintragungspflichtigen Delikten in Erscheinung getreten. Zudem ist es ihm gelungen, sich aufgrund einer Veränderung seiner persönlichen Verhältnisse von der Sozialhilfe zu lösen. Eine Schlechtprognose, welche für einen vollständig unbedingten Vollzug sprechen würde, ist nicht erstellt. Vorliegend erscheint unter Würdigung sämtlicher Umstände vielmehr angemessen, für die auszufällende Freiheitsstrafe von 28 Monaten insgesamt einen bedingten Vollzug für 18 Monate zu gewähren, dies bei einer Probezeit von zwei Jahren. Eine Teilstrafe von 10 Monaten ist zu vollziehen.
5.2. Anrechnung der Untersuchungshaft und der Ersatzmassnahmen
In Anwendung von Art. 51 StGB ist A.___ an den unbedingt vollziehbaren Teil seiner Freiheitsstrafe die ausgestandene Untersuchungshaft von 91 Tagen anzurechnen.
Auf die nichtstationären Ersatzmassnahmen nach Art. 237 StPO (Meldepflichten, Pass- und Schriftensperren, Eingrenzungen und sonstige Weisungen) lässt sich keine direkte Anrechnung vornehmen. Ihre Dauer ist aber ebenfalls auf die Freiheitsstrafe anzurechnen, sofern die persönliche Freiheit tatsächlich beschränkt wurde. Von Bedeutung ist hierfür im Wesentlichen, mit welchem Zeit- und Kostenaufwand die Massnahme für den Betroffenen verbunden war. Dem Richter steht in der Frage, ob und in welchem Umfang anzurechnen ist, ein erheblicher Ermessenspielraum zu (Christoph Mettler/Nicolas Spichtin, in: Basler Kommentar zum Strafgesetzbuch und Jugendstrafgesetzbuch, 4. Auflage 2019, Art. 51 N 26 und N 39, m.w.Verw.).
Zur Begründung des vorliegend anzuwendenden Anrechnungsschlüssels ist vollumfänglich auf die Ausführungen der Vorinstanz in ihrem Urteil vom 18. Dezember 2020 (E. 2.5., US 55 f.). zu verweisen. Der Beschuldigt wurde am 4. April 2018 unter Anordnung einer Wohnsitzpflicht, einer Meldepflicht, der Hinterlegung seiner Reisedokumente sowie unter Anordnung der Bewährungshilfe aus der Untersuchungshaft entlassen, wobei sich die durch die auferlegten Ersatzmassnahmen erlittenen Einschränkungen der persönlichen Freiheit im geringen Bereich bewegen. Eine Anrechnung der Ersatzmassnahmen von ca. 1/6 der 183 Tage dauernden Ersatzmassnahmen, ausmachend 30 Tage, erscheint als verhältnismässig.
VI. Landesverweisung
1.1. Vorbemerkung
Keine vom Beschuldigten begangene Straftat stellt eine Katalogtat für die sog. obligatorische Landesverweisung nach Art. 66a Abs. 1 StGB dar. Zu prüfen ist vorliegend ausschliesslich die nicht obligatorische Landesverweisung nach Art. 66abis StGB, dies vor dem Hintergrund folgender Delikte:
- qualifizierte Widerhandlung gegen das Geldspielgesetz sowie - Geldwäscherei (schwerer Fall), beides Verbrechen, begangen in der Zeit vom 1. September 2013 bis 8. August 2017, womit ein Teil dieser gewerbs- und bandenmässigen Handelns in die Zeit nach dem 1. Oktober 2016 (Inkrafttreten der Bestimmung von Art. 66abis StGB) fiel. - Beschäftigung von Ausländerinnen und Ausländern ohne Bewilligung, Vergehen, begangen in der Zeit zwischen dem 20. und 26. Januar 2017.
Die weiteren Delikte beging der Beschuldigte vor Inkrafttreten von Art. 66abis StGB. Diese stellen folglich keine Anlasstaten dar. Sie sind aber nachfolgend im Rahmen der Interessenabwägung miteinzubeziehen.
1.2. Allgemeine Ausführungen zur fakultativen Landesverweisung
Das Gericht kann einen Ausländer für drei bis 15 Jahre des Landes verweisen, wenn er wegen eines Verbrechens Vergehens, das nicht von Art. 66a StGB erfasst wird, zu einer Strafe verurteilt gegen ihn eine Massnahme nach den Artikeln 59 bis 61 64 angeordnet wird (Art. 66abis StGB). Die Bestimmung zielt insbesondere auf Kriminaltouristen (Bertossa in: Trechsel/Pieth, StGB Praxiskommentar, 3. Auflage, N 1 zu Art. 66abis). Abzuwägen sind dabei auch in dieser Frage die privaten Interessen des Beschuldigten und die betroffenen öffentlichen Interessen, wobei gemäss Busslinger/Übersax die im Heimatland schlechteren Resozialisierungschancen bei der fakultativen Landesverweisung stärker zu gewichten seien. Zurbrügg/Hruschka führen im Basler Kommentar (4. Auflage, 2019, N 6 ff. zu Art. 66abis StGB) aus, eine fakultative Landesverweisung dürfe nur dann angeordnet werden, wenn diese verhältnismässig sei und insbesondere als notwendig erscheine. Dies ist nur dann der Fall, wenn die öffentlichen Interessen an einer Landesverweisung aus Gründen der Sicherstellung der öffentlichen Ordnung die privaten Interessen des Betroffenen am Verbleib in der Schweiz überwiegen. Dies dürfte bei in der Schweiz aufenthaltsberechtigten Personen nur selten der Fall sein, führen doch die Delikte, die üblicherweise mit hohen Freiheitsstrafen bestraft werden und bei welchen dementsprechend ein grosses öffentliches Interesse an der Landesverweisung des Täters besteht, praktisch ausnahmslos zu einer obligatorischen Landesverweisung gemäss Art. 66a StGB (Matthias Zurbrügg/Constantin Hruschka in: BSK StGB I, Art. 66abis StGB N 6). Die Anordnung der nicht obligatorischen Landesverweisung nach Art. 66abis StGB setzt jedoch nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung – entgegen der teilweise in der Lehre vertretenen Auffassung (vgl. insbesondere BSK StGB I, Art. 66abis StGB N 7) – keine Mindeststrafe voraus (ausführlich hierzu 6B_607/2018 vom 10.10.2018 E. 1.1 und E. 1.3; Urteil des Bundesgerichts 6B_770/2018 vom 24.9.2018 E. 1.1. sowie Urteil des Bundesgerichts 6B_528/2020 vom 13.8.2020 E. 3.3).
Bei der Prüfung der Verhältnismässigkeit sind den öffentlichen Interessen die privaten Interessen der betroffenen Person und ihrer Familie gegenüberzustellen. Dabei sind – im Lichte der Schwere der begangenen Tat – der Grad der Integration der Person, die Dauer des Aufenthalts in der Schweiz sowie die Wirkung der Massnahme auf die Familie der betroffenen Person zu beachten.
2. Konkrete Würdigung
2.1. In Bezug auf die Anlassdelikte muss als schwerstes Delikt die qualifizierte Widerhandlung gegen das Geldspielgesetz hervorgehoben werden. Der Beschuldigte handelte gewerbs- und bandenmässig. Von besonders hoher krimineller Energie zeugte der ausgesprochen lange Tatzeitraum von 4 Jahren, wovon etwas weniger als ein Jahr in die Zeit nach Inkrafttreten von Art. 66abis StGB fiel. Während dieser Zeit arbeitete der Beschuldigte ausschliesslich für ein kriminelles Netzwerk, welches illegales Geldspiel organisierte und durchführte. Er ging keiner legalen Arbeitstätigkeit nach. Die Tat ist als Verbrechen eingestuft und in Bezug auf ihre Schwere und Intensität ohne weiteres mit den Delikten aus dem Deliktkatalog nach Art. 66a StGB für die obligatorische Landesverweisung vergleichbar. Der durch die Straftat illegal erlangte Profit gründet bei diesem Geschäftsmodell zu einem grossen Teil auf der Suchterkrankung und Suchtproblematik der Spieler. Der Schutz der öffentlichen Gesundheit und Sicherheit wurde durch das professionell organisierte illegale Geldspiel ohne jegliche flankierende Schutzmassnahmen ganz erheblich gefährdet.
In Bezug auf das konkrete Tatverschulden des Beschuldigten, der in der Hierarchie der Organisation gleich unterhalb des Chefs anzusiedeln war, kann vollumfänglich auf die ausführliche Darstellung unter vorstehender Ziff. V.2.2. verwiesen werden. Das Tatverschulden wurde – im Quervergleich mit ebenfalls qualifizierten Widerhandlungen – als nicht mehr leicht, sondern als mittelschwer eingestuft. Die ausgefällte Einsatzstrafe für dieses Delikt liegt mit 30 Monaten denn auch deutlich über einem Jahr.
Die Geldwäscherei wiegt demgegenüber weniger schwer und hat vorliegend den Charakter einer Nachtat zum Verbrechen gegen das Geldspielgesetz. Auch diese Tat fällt aber in die höchste Straftatkategorie der Verbrechen, weil der Beschuldigte gewerbs- und bandenmässig handelte und somit ein schwerer Fall vorlag.
2.2. Die Prüfung der öffentlichen Interessen erschöpft sich nicht in einer isolierten Betrachtung der Anlassdelikte. Einzubeziehen sind auch die ebenfalls im vorliegenden Verfahren beurteilte Nötigung zum Nachteil von C.___, wobei das konkrete Tatverschulden hier sehr leicht bis leicht wiegt, sowie die Vorstrafen des Beschuldigten. Das Gericht darf auch die vor dem Inkrafttreten von Art. 66a bzw. Art. 66a bis StGB begangenen Straftaten berücksichtigen (Urteil des Bundesgerichts 6B_651/2018 vom 17.10.2018 E. 8.3.3.). Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung ist es auch zulässig, aus dem Strafregister entfernte Verurteilungen zu berücksichtigen; gelöschte Straftaten seien in der Gesamtbetrachtung zu berücksichtigen (Urteil des Bundesgerichts 6B_188/2021 vom 23.6.2021 E. 2.2.1., mit dem weiteren Hinweis auf das Urteil des Bundesgerichts 6B_1044/2019 vom 17.2.2020 E. 2.6.).
Im Strafregister sind aktuell zwei Vorstrafen (zwei SVG-Vergehen) verzeichnet, es kann hierzu auf die Auflistung unter vorstehender Ziff. V.3. verwiesen werden. Negativ zu veranschlagen ist zudem die Vielzahl der weiteren vom Beschuldigten begangenen Delikte. Relativierend kann festgehalten werden, dass diese nun bereits längere Zeit zurückliegen und keines dieser Einzeldelikte besonders schwer wiegt. Sie sind aber in ihrer Summe gleichwohl aussagekräftig und (in einem negativen Sinne) eindrücklich, weil sie dokumentieren, wie gleichgültig und rücksichtslos der Beschuldigte dem hiesigen Normen- und letztlich auch Wertesystem gegenübersteht. Aus den Migrationsakten gehen folgende Strafen hervor (Akten Migrationsamt, AS 30, 96, 101):
- Urteil des Bezirksamt Aarau vom 11. April 2000: Gefängnisstrafe von 10 Tagen, bedingt vollziehbar, wegen rechtswidriger Einreise, begangen am 30. Januar 1999; - Urteil des Gerichtskreises VIII Bern-Laupen vom 7. März 2002: Busse von CHF 1’800.00 wegen grober Verletzung der Verkehrsregeln, begangen am 6. Dezember 2001; - Urteil des Préfecture de Rolle vom 25. August 2004: Busse von CHF 700.00 wegen grober Verletzung der Verkehrsregeln, bedingt vollziehbar, begangen am 16. Juli 2004; - Urteil des Untersuchungsrichteramtes II, Emmental-Oberaargau, Burgdorf vom 19. März 2007: Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu CHF 70.00 wegen grober Verletzung der Verkehrsregeln, begangen am 20. Januar 2007; - Urteil der Staatsanwaltschaft Rheinfelden-Laufenburg vom 24. Juni 2014: Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu CHF 60.00 sowie Busse von CHF 260.00 wegen Verletzung der Verkehrsregeln und Fahren in fahrunfähigem Zustand; - Strafbefehl vom 3. Juni 2015: Busse von CHF 100.00 wegen Verwenden eines Telefons ohne Freisprecheinrichtung während der Fahrt, begangen am 18. März 2015; - Strafbefehl vom 25. Januar 2016: Geldstrafe von 10 Tagessätzen zu je CHF 30.00 wegen Überlassen eines Motorfahrzeuges an einen Führer ohne erforderlichen Führerausweis, begangen am 3. November 2015;
In jüngerer Vergangenheit trat der Beschuldigte nur noch mit folgenden Übertretungen in Erscheinung (vgl. Migrationsakten, AS 109, 113, 209):
- Strafbefehl vom 16. März 2017: Busse von CHF 200.00 wegen Ausübung einer Tätigkeit ohne Bewilligung (Patentanmassung), begangen am 28.2.2017; - Strafbefehl vom 22. August 2017: Busse von CHF 250.00 wegen Ausübung einer Tätigkeit ohne Bewilligung (Patentanmassung), begangen am 22.8.2017, wobei es um die Betriebsführung im selben Lokal («[Gaststätte 2]» in [Ort 2]) wie bereits fünf Monate zuvor ging; - Strafbefehl vom 22. Oktober 2019: Busse von CHF 800.00 wegen Fahrens in angetrunkenem Zustand, begangen am 24. September 2019.
2.3. In Bezug auf die Integration des Beschuldigten lassen sich die Erkenntnisse wie folgt zusammenfassen:
Der Beschuldigte wurde am 5. Februar 1975 in […], Türkei, geboren. Am 30. Januar 1999 reiste er erstmals in die Schweiz ein. Im Rahmen seiner Befragung im vorliegenden Strafverfahren räumte der Beschuldigte ein, dass seiner Einreise wirtschaftliche Motive zu Grunde lagen (pag. 10.1. / 044). Mit Entscheid vom 26. März 1999 wurden denn auch die Flüchtlingseigenschaft verneint, sein Asylgesuch abgelehnt und seine Wegweisung aus der Schweiz verfügt (BW AS 32 ff.). Am 30. Juni 1999 reiste der Beschuldigte schliesslich aus der Schweiz aus. Im Rahmen des Familiennachzugs kam er schliesslich am 18. Mai 2001, d.h. im Alter von 26 Jahren, erneut in der Schweiz, um bei seiner ersten Ehefrau zu verbleiben. Er liess sich im Kanton Bern nieder, wo ihm schliesslich eine Niederlassungsbewilligung erteilt wurde. Anfangs 2011 wurde ihm der beantragte Wechsel in den Kanton Solothurn bewilligt (Migrationsakten, AS 34). Der Beschuldigte ist somit weder in der Schweiz geboren noch hier aufgewachsen. Die prägenden Jahre seines Lebens verbrachte er nicht hier, sondern in seinem Heimatstaat Türkei.
Sein Aufenthalt hier in der Schweiz dauert nun schon 21 Jahre an, was unbestritten eine lange Zeitspanne darstellt, letztlich aber eine rein quantitative Angabe ist, die nichts über den tatsächlich erreichten Grad der Integration auszusagen vermag. In Bezug auf den Beschuldigten muss diesbezüglich ein negatives Fazit gezogen und die Integration als gescheitert betrachtet werden. Das zeigt sich mit aller Deutlichkeit in Bezug auf seine Delinquenz (vgl. hierzu die Auflistung unter Ziff. VI.2.1. und 2.2.). Bereits vor den im vorliegenden Fall beurteilten Taten, die den Zeitraum von September 2013 bis Anfangs August 2017 erfassen, erfüllte er die Anforderungen nicht, welche die Schweiz als Gastland an einen hier niedergelassenen Ausländer stellt: Mit Verfügung vom 21. Januar 2011 (Bewilligung des Kantonswechsels) wurde deshalb ihm gegenüber unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, was man von ihm erwarte: Er habe sich um eine Vollzeitstelle zu bemühen, seinen Lebensunterhalt eigenständig zu bestreiten und seine Schulden abzubauen. Ebenso müsse er sich künftig klaglos verhalten. Ihm wurde auch angekündigt, dass sein Aufenthaltsrecht bei Sozialhilfebezug, Straffälligkeit und fortgesetzter Schuldenwirtschaft überprüft werde (Migrationsakten, AS 33). Was hierauf ab September 2013 folgte, war der Einstieg in ein Leben als Berufskrimineller.
Trotz der festgestellten langen Aufenthaltsdauer versteht und spricht der Beschuldigte die Landessprache nur sehr schlecht. Für die Einvernahmen musste er bis auf die Einvernahme vor Amtsgericht stets auf die Unterstützung einer Dolmetscherin zurückgreifen. Er hat sich nicht aktiv darum bemüht, seine Sprachkenntnisse – die Schlüsselkompetenz jeder erfolgreichen Integration – zu verbessern. In sozialer Hinsicht sind keine Kontakte zu Schweizerinnen und Schweizern bekannt. Der Beschuldigte lebt zwar hier, seine Bezugs- und Kontaktpersonen sind aber dem türkischen bzw. kurdischen Kulturkreis zuzurechnen. Gerade auch in der Zeit von September 2013 bis August 2017 war er berufsmässig in eine türkische bzw. kurdische Organisation eingebunden, die sich kriminellen Zielen verschrieb und deren Mitglieder verwandtschaftlich eng miteinander verbunden waren und überwiegend aus derselben Region stammten. Das Leben und die Tätigkeit in dieser Bande hatte Züge einer Parallelgesellschaft.
Die Integration ist zudem auch in wirtschaftlicher und finanzieller Hinsicht nicht gelungen. Der Beschuldigte ist nicht in der Lage, ein schuldenfreies Leben zu führen. Seine finanzielle Situation ist gänzlich aus dem Lot, was ein Blick ins Betreibungsregister zeigt. Der Beschuldigte ist seit Jahren hoch verschuldet. Aus dem aktuellen Betreibungsregisterauszug vom 3. Mai 2022 gehen 25 nicht getilgte Verlustscheine aus Pfändungen im Gesamtbetrag von CHF 83'996.10 hervor und im Jahr 2022 wurden drei neue Betreibungen im Gesamtbetrag von CHF 4'021.50 eingeleitet. Dabei fällt auf, dass er vor allem dem Gemeinwesen gegenüber seinen Verpflichtungen nicht nachgekommen ist (z.B. unterlassene Rückzahlung von bevorschussten Kinderalimenten, Steuerschulden gegenüber dem Kanton, Abgaben zu Gunsten der Wohnsitzgemeinde). Des Weiteren beglich er die Kosten der Krankenversicherung regelmässig nicht, wie er auch anlässlich der mündlichen Hauptverhandlung vor Obergericht ausdrücklich bestätigte. Sozialhilfe bezog der Beschuldigte für eine beschränkte Zeitdauer im Jahre 2018. Wie sich aus dem Bericht über den Verlauf der Zusammenarbeit mit der Bewährungshilfe vom 9. Oktober 2018 (pag. 12.3.1.1. / 096 f.) erschliesst, gelang es dem Beschuldigten und seiner Ehefrau, sich im Juli 2018 wieder von der Sozialhilfe abzulösen und auch aktuell bezieht der Beschuldigte keine Sozialhilfeleistungen (vgl. Bericht des Sozialdienstes Wasseramt vom 2.5.2022, OGer AS 070). Dennoch ist festzustellen, dass der Beschuldigte selbst bei vorhandenem Verdient nicht gewillt ist, die gegen ihn gestellten Forderungen zu bezahlen. Bereits vorstehend erwähnt wurde, dass der Beschuldigte einen ausgesprochen luxuriösen Lebensstil führte, während er sich zugleich von der Sozialbehörde die Alimente für seinen Sohn aus erster Ehe bevorschussen liess (vgl. pag. 12.2.1. / 021 f.).
In beruflicher Hinsicht gelang es dem Beschuldigten bislang nicht, längerfristig Fuss zu fassen (häufige Stellenwechsel, lediglich Teilzeitpensen, fehlende Kontinuität). Auch im jetzigen Zeitpunkt ist keine feste berufliche Anstellung erkennbar; der von ihm zu den Akten gegebene Arbeitsvertrag bzw. die darin verschriftliche angebliche Anstellung wurde von ihm selbst anlässlich der Hauptverhandlung vor Obergericht relativiert (vgl. hierzu Ziff. V.3. [zu den aktuellen persönlichen Verhältnissen]).
2.4. Demgegenüber kann festgehalten werden, dass die Chancen des Beschuldigten, sich bei einer Wegweisung aus der Schweiz in der Türkei zu resozialisieren, nicht nur intakt, sondern gut sind. Er ist in der Türkei aufgewachsen und Türkisch ist seine Muttersprache. In seinem Heimatland hat er – auch wenn dieser drogenabhängig sein mag – einen Bruder sowie diverse Bekannte sowie entfernte Verwandte. Auch während seines Aufenthaltes in der Schweiz hielt er sich immer wieder für familiäre, aber auch geschäftliche Angelegenheiten (Kauf von Immobilien, eigenes, letztlich gescheitertes Firmenprojekte mit den Mitteln, welche aus den Verbrechen stammten) in seinem Heimatland auf. Hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang auch, dass sich der Beschuldigte für etwa ein halbes Jahr in die Türkei abgesetzt hatte, um seiner Verhaftung zu entgehen, bevor er sich dann anfangs Januar 2019 den Behörden stellte. Auch nach der Haftentlassung reiste der Beschuldigte mehrfach in die Türkei, u.a. um seiner Tante nach dem Tod seines Onkels beizustehen, da diese sonst alleine sei (Migrationsakten, AS 222), was zeigt, dass der Kontakt mit Familienmitgliedern in der Türkei nach wie vor eng ist. Die Angaben des Beschuldigten anlässlich der Hauptverhandlung vor Obergericht, er habe in der Türkei keine Verwandten mehr, sind zumindest in Zweifel zu ziehen.
In der Türkei besitzt der Beschuldigte zudem ein – wenn auch noch nicht erschlossenes – Grundstück. Es ist zweifellos eine nach wie vor bestehende enge Verbundenheit des Beschuldigten mit der Türkei auszumachen.
Eine besonders positive Entwicklung, die durch die Landesverweisung zunichtegemacht würde, ist beim Beschuldigten nicht erkennbar.
2.5. Ein privates Interesse an einem Verbleib in der Schweiz lässt sich in Bezug auf seine in der Schweiz wohnhaften Söhne und (zweitrangig) auch in Bezug auf seine Geschwister ausmachen. Von seiner zweiten Ehefrau ist er seit September 2019 gerichtlich getrennt. Der Beschuldige ist Vater von zwei Söhnen im Alter von 16 und 6 Jahren. Während beim älteren Sohn bereits der Übertritt ins Erwachsenenalter und die Volljährigkeit bevorsteht, befindet sich der jüngere Sohn noch im Primarschulalter und die Bezugsfunktion als Vater ist hier wesentlich gewichtiger. Hauptbezugspersonen für beide Kinder sind die jeweiligen Mütter, der Beschuldigte steht gemäss seinen eigenen Angaben und den Ausführungen der 1. und 2. Ehefrau in regelmässigem Kontakt zu beiden Söhnen und verbringt mindestens jedes zweite Wochenende mit ihnen. Es ist damit kein Erziehungsmodell, welches den Vater gleich intensiv in die Betreuung der Kinder einbezieht. Auch wenn der Beschuldigte ausführt, er sehe seine Söhne mehrmals pro Woche, liegt die Hauptverantwortung der Erziehung unweigerlich bei der jeweiligen Mutter der Kinder. Eine Landesverweisung würde die Kontaktmöglichkeiten des Beschuldigten zu seinen Kindern aber massiv einschränken. Wohl wäre ein Kontakt über das Telefon über Skype noch möglich, würde aber die persönlichen Kontakte während der Dauer der Landesverweisung nicht annähernd ersetzen. Das Interesse des Beschuldigten, die Entwicklung gerade seines jüngeren Sohnes vor Ort begleiten und seine Vaterrolle wahrnehmen zu können, ist erheblich.
2.6. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass der Beschuldigte in den letzten Jahren mit zwei Verbrechen und einer Vielzahl von Vergehen deliktisch in Erscheinung getreten ist und er mit einer hohen kriminellen Energie aufgefallen ist. Während einer überdurchschnittlich langen Deliktsdauer (September 2013 bis August 2017) ist er gewerbs- und berufsmässig der Delinquenz nachgegangen. Er ist nicht in der Schweiz integriert. Er konnte sich nicht längerfristig beruflich etablieren (viele Stellenwechsel, tiefe Arbeitspensen), kam immer wieder mit dem Gesetz in Konflikt und häufte Schulden in erheblicher Höhe an. Auch wenn einzuräumen ist, dass er sich (im Rahmen seiner Besuchswochenenden) um seine Kinder kümmert und er mit Blick auf die Vater-Kind-Beziehung ein erhebliches Interesse an einem Verbleib in der Schweiz hat, sind die öffentlichen Interessen an seiner Landesverweisung deutlich gewichtiger. Er ist deshalb in Anwendung von Art. 66abis StGB des Landes zu verweisen.
2.8. Angesichts der hohen kriminellen Energie, die in seinen Taten zum Ausdruck kam, ist die Dauer der Landesverweisung nicht auf das gesetzliche Minimum von drei Jahren, sondern leicht höher auf vier Jahre festzusetzen.
3. SIS-Ausschreibung
3.1. Vorbemerkung
Mit Verfügung vom 14. April 2022 stellte das Obergericht fest, dass das Amtsgericht von Bucheggberg-Wasseramt mit Urteil vom 18. Dezember 2020 den Beschuldigten für die Dauer von fünf Jahren des Landes verwiesen hat (Dispositivziffer 5), es aber hinsichtlich der Vollzugsfrage der Ausschreibung der Landesverweisung im Schengener Informationssystem (SIS) nichts festgehalten hat (OGer AS 026, Ziff. 1). Die Parteien wurden darauf hingewiesen, dass das Berufungsgericht auch über die Frage der Ausschreibung im SIS befinden werde, wenn eine Landesverweisung ausgefällt werden sollte und von einer Nichtbehandlung dieser Frage vor erster Instanz auszugehen sei (Ziff. 2).
Die Vorinstanz hat weder im Dispositiv noch in ihren Erwägungen Ausführungen zur potentiellen Ausschreibung der Landesverweisung des Beschuldigten im Schengener Informationssystem getätigt. Die gesamten Umstände lassen damit nicht auf ein qualifiziertes Schweigen, sondern auf eine Nichtbehandlung durch die erste Instanz schliessen. Das Obergericht hat über die Ausschreibung zu befinden. Lediglich der Vollständigkeit halber sei darauf hingewiesen, dass – da die Vorinstanz die Frage nicht behandelt und nicht nur qualifiziert geschwiegen hat – überdies auch bei einer Anordnung der Ausschreibung nicht von einer Verletzung der reformatio in peius auszugehen ist (vgl. BGE 146 IV 172 E. 3.3.).
3.2. Rechtliches
Gemäss Art. 20 ff. der Verordnung (EG) Nr. 1987/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 über die Einrichtung, den Betrieb und die Nutzung des Schengener Informationssystems der zweiten Generation (SIS-II-Verordnung, BBl 2007 8627) kann ein Drittstaatsangehöriger zur Einreise- und Aufenthaltsverweigerung im Schengener Informationssystem ausgeschrieben werden. Art. 24 Abs. 2 lit. a SIS-II-Verordnung setzt weder eine Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr voraus noch verlangt die Bestimmung einen Schuldspruch wegen einer Straftat, die mit einer Mindestfreiheitsstrafe von einem Jahr bedroht ist. Insoweit genügt, wenn der entsprechende Straftatbestand eine Freiheitsstrafe im Höchstmass von einem Jahr mehr vorsieht. Indes ist im Sinne einer kumulativen Voraussetzung stets zu prüfen, ob von der betroffenen Person eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit Ordnung ausgeht (Art. 24 Abs. 2 SIS-II-Verordnung). An die Annahme einer solchen Gefahr sind keine allzu hohen Anforderungen zu stellen. Nicht verlangt wird, dass das individuelle Verhalten der betroffenen Person eine tatsächliche, gegenwärtige und hinreichend schwere Gefährdung darstellt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt (BGE 147 IV 340 Regeste m.Verw.a. E. 4.4. – E. 4.8.).
3.3. Subsumtion
Gemäss vorstehender Strafzumessung hat der Beschuldigte neben der auszusprechenden Geldstrafe auch eine Freiheitsstrafe von deutlich über einem Jahr zu vergegenwärtigen. Gemäss den bereits gemachten Ausführungen ist beim Beschuldigten insbesondere mit Blick auf die qualifizierte Widerhandlung gegen das BGS von einer Gefahr der öffentlichen Sicherheit auszugehen (vgl. hierzu ausführlich Ziff. V.2.2.). Beim Beschuldigten liegt schwere «Clan»-Kriminalität vor, welche jenseits von Bagatelldelikten zu liegen kommt. Ermessensspielraum, von der bundesgerichtlichen Rechtsprechung abzuweichen, besteht vor diesem Hintergrund kaum. Die Landesverweisung ist deshalb im Schengener Informationssystem (SIS) auszuschreiben. Die Ausschreibung gilt dabei auch für allfällige Alias-Namen von A.___.
VII. Kosten- und Entschädigungsfolgen
1. Bei diesem Verfahrensausgang ist der Kostenentscheid der ersten Instanz nicht zu bestätigen. Zu berücksichtigen gilt, dass der Beschuldigte bereits erstinstanzlich von diversen AIG-Delikten rechtskräftig freigesprochen worden ist und nun, soweit E.___ betreffend (Teilgehalt gemäss Ziff. 4 AKS), ein weiterer Freispruch hinzukommt. Zudem wurden im Untersuchungsstadium Verfahrenskosten generiert für die gegen den Beschuldigten eröffneten Strafuntersuchungen wegen Drohung zum Nachteil von JJ.___ und wegen Menschenhandels, wobei beide Vorhalte schliesslich nicht zur Anklage gebracht wurden. Es rechtfertigt sich daher, 30 % der entstandenen Verfahrenskosten von total CHF 63'435.00 (beinhaltend eine Urteilsgebühr von CHF 7'000.00), ausmachend CHF 19'030.20, zu Lasten des Staates zu nehmen. Die übrigen Verfahrenskosten im Umfang von 70 %, ausmachend CHF 44'404.50, sind dem Beschuldigten aufzuerlegen.
2. Dem Beschuldigten ist hinsichtlich einer zur Anklage gebrachten und von der ersten Instanz anerkannten Widerhandlung gegen das AIG (E.___) mit seiner Berufung vollständig durchgedrungen. Hinsichtlich eines weiteren Teilvorhaltes (zwei namentlich nicht näher identifizierbare Frauen aus Mazedonien, einfache Widerhandlung anstelle einer qualifizierten) hat der Beschuldigte zumindest teilweise obsiegt. Schliesslich liegt die Dauer der Landesverweisung tiefer als noch vor erster Instanz. Dennoch hat der Beschuldigte nicht vollständig obsiegt. Das Strafmass liegt leicht höher als noch vor der ersten Instanz; zudem wird die Landesverweisung im Schengener Informationssystem ausgeschrieben. Mit Blick auf die gesamten Umstände rechtfertigt es sich deshalb, die Kosten des Berufungsverfahrens, welche von Amtes wegen auf CHF 7'150.00 festgesetzt werden, zu 10 % dem Staat aufzuerlegen. Die übrigen Verfahrenskosten im Umfang von 90 %, ausmachend CHF 6'435.00 sind dem Beschuldigten aufzuerlegen.
3. Der amtliche Verteidiger des Beschuldigten, Advokat Marco Albrecht, macht in seiner Honorarnote für das Berufungsverfahren einen Aufwand von 31.5 Stunden und Auslagen in Höhe von CHF 356.80 geltend. Die von der Verteidigung anlässlich der Hauptverhandlung eingereichte Kostennote weist den Aufwand nicht sehr detailliert aus. Es gilt demnach festzuhalten was folgt:
- Das geltend gemachte Studium des Urteils der ersten Instanz (1.5 Stunden) erscheint angemessen und ist zu genehmigen. Ebenso die geltend gemachten Besprechungen mit dem Klienten (2.5 Stunden). Mit Blick auf die zur Beurteilung stehende Landesverweisung ebenfalls nicht zu beanstanden sind die geltend gemachten Telefonate und E-Mails mit den Verwandten (1 Stunde). - Vor die Vorbereitung der Hauptverhandlung werden insgesamt 19 Stunden Aufwand, verteilt über drei Arbeitstage, geltend gemacht. Vor dem Hintergrund, dass sich die Verhandlung vor Obergericht auf gewisse Teilvorhalte der Anklageschrift beschränkte, wobei diese bereits Gegenstand vor der ersten Instanz bildeten, erscheint dieser Aufwand als insgesamt zu hoch. Eine Vorbereitungszeit von 15 Stunden erscheint angemessen. Der geltend gemachte Aufwand ist entsprechend um 4 Stunden zu kürzen. - Für die Verhandlung vor Obergericht am 17. Mai 2022 sind (inkl. An- und Rückweise) 5 Stunden (statt nur wie geltend gemacht 4.5 Stunden) zu verrechnen. - Die geltend gemachte Urteilseröffnung vom 18. Mai 2022 (3 Stunden) ist entfallen. Diese Position ist entsprechend zu streichen. Daraus ergibt sich zusammengefasst eine Kürzung des Aufwandes um 6.5 Stunden. Die angegebenen Auslagen von CHF 356.80 sind nicht im Detail nachgewiesen, erscheinen insgesamt aber als angemessen. Die Entschädigung setzt sich damit insgesamt wie folgt zusammen:
Zusammengefasst ist damit die Entschädigung der amtlichen Verteidigung von A.___, Advokat Marco Albrecht, für das Berufungsverfahren auf CHF 5'230.80 festzusetzen. Sie ist vom Staat zu bezahlen. Vorbehalten bleibt der Rückforderungsanspruch des Staates während 10 Jahren im Umfang von CHF 4'707.70 (= 9/10 von CHF 5'230.80), sobald es die wirtschaftlichen Verhältnisse des Beschuldigten erlauben.
Demnach wird in Anwendung von aArt. 34 StGB, aArt. 42 Abs. 1 StGB, Art. 43 StGB, Art. 44 StGB, Art. 47 StGB, Art. 49 Abs. 1 StGB, Art. 51 StGB, Art. 66abis StGB, Art. 70 StGB, Art. 71 StGB, Art. 181 StGB, Art. 305bis Ziff. 2 lit. b und c StGB, Art. 135 StPO, Art. 335 ff. StPO, Art. 398 ff. StPO, Art. 416 ff. StPO, Art. 130 Abs. 2 BGS,
1. Gemäss rechtskräftiger Ziffer 1 des Urteils des Amtsgerichts Bucheggberg- 2. A.___ wird der Widerhandlung gegen das Ausländer- und Integrationsgesetz soweit E.___ betreffend, angeblich begangen in der Zeit vom 20. Januar 2017 bis am 26. Januar 2017 (teilweise Vorhalte Ziff. 4 AKS), freigesprochen. 3. Gemäss teilweise rechtskräftiger Ziffer 2 des erstinstanzlichen Urteils hat sich A.___ schuldig gemacht der a. Geldwäscherei, begangen in der Zeit von ca. 1. September 2013 bis am 8. August 2017 (schwerer Fall, Verbrechen, Vorhalte Ziff. 2 AKS, erstinstanzliches Urteil Ziff. 2 lit. b); b. Widerhandlung gegen das Geldspielgesetz, begangen in der Zeit von ca. 1. September 2013 bis am 8. August 2017 (gewerbs- und bandenmässige Begehung, Verbrechen, Vorhalte Ziff. 1 AKS, erstinstanzliches Urteil Ziff. 2 lit. c). 4. A.___ hat sich schuldig gemacht der a. Nötigung, begangen am 4. August 2016 (Vorhalt Ziff. 3 AKS); b. mehrfachen Widerhandlung gegen das Ausländer- und Integrations- 5. A.___ wird verurteilt zu: a. einer Freiheitsstrafe von 28 Monaten, unter Gewährung des bedingten Vollzugs für 18 Monate bei einer Probezeit von 2 Jahren, womit eine Teilstrafe von 10 Monaten zu vollziehen ist; b. einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je CHF 30.00, unter Gewährung des bedingten Vollzugs bei einer Probezeit von 2 Jahren. 6. An den unbedingt vollziehbaren Teil der Freiheitsstrafe gemäss Ziff. 5 lit. a hiervor werden A.___ die ausgestandene Haft sowie die angeordneten Ersatzmassnahmen wie folgt angerechnet: a. 91 Tage Haft; b. 30 Tage für die Ersatzmassnahmen (ca. 1/6 der Dauer der Ersatzmassnahmen vom 4.4.2018 bis 4.10.2018). 7. A.___ wird für die Dauer von 4 Jahren des Landes verwiesen. 8. Die Landesverweisung wird im Schengener Informationssystem (SIS) ausgeschrieben. Die Ausschreibung gilt auch für allfällige Alias-Namen von A.___. 9. Gemäss rechtskräftiger Ziffer 6 des erstinstanzlichen Urteils werden die im Verfahren gegen A.___ sichergestellten und beschlagnahmten Vermögenswerte von CHF 106.61, CHF 19.40 und EUR 5.10 (umgerechnet CHF 5.80) sowie TRY 2.80 (umgerechnet CHF 0.50) als unrechtmässiger Vermögensvorteil eingezogen und verfallen dem Staat (Beschlagnahmungen eingezahlt bei der Zentralen Gerichtskasse Solothurn). 10. Gemäss rechtskräftiger Ziffer 7 des erstinstanzlichen Urteils wird A.___ verurteilt, dem Staat als Ersatzforderung den Betrag von CHF 75'000.00 zu bezahlen. 11. Gemäss teilweise rechtskräftiger Ziffer 8 des erstinstanzlichen Urteils wurde die Entschädigung des amtlichen Verteidigers von A.___, Rechtsanwalt Marco Albrecht, im erstinstanzlichen Verfahren auf CHF 29'073.40 (143 Stunden zu CHF 180.00 pro Stunde, inkl. Auslagen von CHF 1'254.80 sowie MwSt. zu 7.7 % von CHF 2'078.60) festgesetzt und zufolge amtlicher Verteidigung vom Staat bezahlt. Vorbehalten bleibt der Rückforderungsanspruch des Staates während 10 Jahren im Umfang von CHF 20'351.40 (= 7/10 von CHF 29'073.40) sobald es die wirtschaftlichen Verhältnisse des Beschuldigten erlauben. 12. Die Entschädigung der amtlichen Verteidigung von A.___, Rechtsanwalt Marco Albrecht, wird für das Berufungsverfahren auf CHF 5'230.80 (Honorar CHF 4‘500.00, Auslagen CHF 356.80, zzgl. MwSt. CHF 374.00) festgesetzt und ist vom Staat zu bezahlen. Vorbehalten bleibt der Rückforderungsanspruch des Staates während 10 Jahren im Umfang von CHF 4'707.70 (= 9/10 von CHF 5'230.80), sobald es die wirtschaftlichen Verhältnisse des Beschuldigten erlauben. 13. A.___ hat die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens in Höhe von CHF 63'435.00 (beinhaltend eine Urteilsgebühr von CHF 7'000.00) im Umfang von 7/10, ausmachend CHF 44'404.50, zu bezahlen. Die anderen 3/10, ausmachend CHF 19'030.50, gehen zu Lasten des Staates. 14. A.___ hat die Kosten des Berufungsverfahrens in Höhe von CHF 7'150.00 (beinhaltend eine Urteilsgebühr von CHF 7'000.00) im Umfang von 9/10, ausmachend CHF 6'435.00, zu bezahlen. 1/10, ausmachend CHF 715.00, geht zu Lasten des Staates. Rechtsmittel: Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen seit Erhalt des begründeten Urteils beim Bundesgericht Beschwerde in Strafsachen eingereicht werden (Adresse: 1000 Lausanne 14). Die Frist beginnt am Tag nach dem Empfang des begründeten Urteils zu laufen und wird durch rechtzeitige Aufgabe bei der Post gewahrt. Die Frist ist nicht erstreckbar. Die Beschwerdeschrift hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift des Beschwerdeführers seines Vertreters zu enthalten. Für die weiteren Voraussetzungen sind die Art. 78 ff. und 90 ff. des Bundesgerichtsgesetzes massgeblich. Gegen den Entscheid betreffend Entschädigung der amtlichen Verteidigung (Art. 135 Abs. 3 lit. b StPO) kann innert 10 Tagen seit Erhalt des begründeten Urteils beim Bundesstrafgericht Beschwerde eingereicht werden (Adresse: Postfach 2720, 6501 Bellinzona). Im Namen der Strafkammer des Obergerichts Der Präsident Die Gerichtsschreiberin von Felten Schenker
Der vorliegende Entscheid wurde vom Bundesgericht mit Urteil 7B_276/2022 vom 9. November 2023 bestätigt.
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