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Urteil Versicherungsgericht (SG)

Kopfdaten
Kanton:SG
Fallnummer:UV 2017/100
Instanz:Versicherungsgericht
Abteilung:UV - Unfallversicherung
Versicherungsgericht Entscheid UV 2017/100 vom 11.02.2019 (SG)
Datum:11.02.2019
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:Entscheid Art. 11 Abs. 1 UVG. Die Anspruchsvoraussetzungen für die Übernahme der Kosten eines Elektrorollstuhls durch den Unfallversicherer waren zum Zeitpunkt des Einspracheentscheids nicht erfüllt. Abweisung der Beschwerde (Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 11. Februar 2019, UV 2017/100).
Schlagwörter: Beschwerde; Elektrorollstuhl; Beschwerdeführer; Suva-act; Selbständig; Bewege; Bewegen; Einsprache; Elektrorollstuhls; Rollstuhl; Bericht; Station; Einspracheentscheid; Hilfsmittel; Anspruch; Beschwerdegegnerin; Recht; Zweckmässig; Unfallversicherung; Pflegezentrum; Zweck; Urteil; Schweizer; Deutlich; Zeitpunkt; Fortbewegen; Antrieb; Verfügung; Bewegen
Rechtsnorm: Art. 11 UVG ;
Referenz BGE:141 V 34;
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
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Entscheid
Entscheid vom 11. Februar 2019

Besetzung

Präsident Joachim Huber, Versicherungsrichterinnen Christiane Gallati Schneider und Miriam Lendfers; Gerichtsschreiber Markus Lorenzi

Geschäftsnr.

UV 2017/100

Parteien

  1. ,

    Beschwerdeführer,

    vertreten durch Rechtsanwalt Thomas Wehrlin, Weissberg Advokatur Notariat,

    Plänkestrasse 32, Postfach 93, 2501 Biel/Bienne,

    gegen

    Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (Suva), Fluhmattstrasse 1, Postfach 4358, 6002 Luzern,

    Beschwerdegegnerin,

    Gegenstand

    Hilfsmittel

    Sachverhalt

    A.

    1. A. (nachfolgend: Versicherter) war als Bewohner und Hilfsarbeiter bei der B. in C. durch die Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (Suva) obligatorisch gegen die Folgen von Unfällen versichert, als er am 20. August 2015 auf einem Korridor stürzte und sich eine mehrfragmentäre Fraktur C3/C4 zuzog, welche zu einer sensomotorisch kompletten Tetraplegie führte (Suva-act. 1, 13-3, 37, 72-1).

    2. Nach der notfallmässigen Versorgung im Kantonsspital Winterthur (Suva-act. 44) hielt sich der Versicherte vom 21. August 2015 bis 27. April 2016 im Schweizer Paraplegiezentrum (SPZ) in Nottwil auf (Suva-act. 72). Danach trat er ins Pflegezentrum D. ein (Suva-act. 71). Von Juni bis September 2016 wurde er zudem aufgrund

      diverser gesundheitlicher Probleme zeitweise stationär im Spital E. , im Kantonsspital St. Gallen und im SPZ behandelt (Suva-act. 178-1). In den Austrittsberichten des SPZ vom 27. April und 2. September 2016 wurde beim Versicherten nebst vielen somatischen Befunden in psychiatrischer Hinsicht eine äthyltoxische Demenz mit deutlichen Orientierungsstörungen und kognitiv-mnestischen Defiziten und eine Urteils- und Handlungsunfähigkeit für alle Bereiche einschliesslich des Wohnens bei Status nach Äthyl- und Cannabisabusus diagnostiziert (Suva-act.

      72-1 f., 148-1 f.).

    3. Mit Verfügung der Suva vom 7. November 2016 wurde dem Versicherten ab 1. Dezember 2016 eine Invalidenrente von Fr. 354.75 aufgrund eines 100%-igen Invaliditätsgrades und eines versicherten Jahresverdienstes von Fr. 5'321.--, eine monatliche Hilflosenentschädigung für eine Hilflosigkeit schweren Grades von Fr. 2'436.--, ein monatlicher Beitrag an die Hauspflege in der Höhe von Fr. 6'368.-- sowie eine 100%-ige Integritätsentschädigung von Fr. 126'000.-- zugesprochen (Suva-act. 193). Diese Verfügung blieb unangefochten.

B.

    1. Am 7. Januar 2016 hatte das SPZ eine ergotherapeutische Rollstuhlverordnung (Spezialrollstuhl Quickie Iris) erlassen (Suva-act. 60) und eine Offerte über Fr. 13'475.55 eingereicht (Suva-act. 59). Am 28. Januar 2016 hatte das SPZ eine weitere Verordnung (Elektrorollstuhl Permobil M400) erstellt und eine Offerte dazu über Fr. 39'046.80 vorgelegt (Suva-act. 55). Zur selbständigen Fortbewegung sei ein Elektrorollstuhl notwendig. Das Bedienen des Elektrorollstuhls sei im klinischen Setting im Innenbereich unter Supervision möglich. Im Aussenbereich werde der Versicherte begleitet werden. An Tagen mit vermehrten Spasmen sei das sichere Fahren des Elektrorollstuhls nicht gewährleistet. Der Versicherte könne aber selbständig Positionsänderungen (Modusfunktion) vornehmen, um Schmerzen entgegenzuwirken. Der Elektrorollstuhl ermögliche dem Versicherten nach Austritt ins Heim eine gewisse Mobilität, welche massgeblich die Lebensqualität positiv beeinflusse (Suva-act. 54).

    2. Die Offerten waren der Schweizerischen Arbeitsgemeinschaft Hilfsmittelberatung für Behinderte und Betagte (SAHB) zur Prüfung der Einfachheit und Zweckmässigkeit überwiesen worden (Suva-act. 76). Mit Bericht vom 20. Juni 2016 hatte die SAHB eine

      Kostenbeteiligung von Fr. 13'157.85 an den Rollstuhl Quickie Iris empfohlen. Falls die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt seien, werde eine Kostenbeteiligung von Fr. 36'675.50 zzgl. Fr. 1'842.05 an den Elektrorollstuhl Permobil M400 empfohlen (Suva- act. 101).

    3. Am 3. Oktober 2016 hatte die Suva Dr. med. F. , Fachärztin für Neurologie FMH, Kreisärztin, um eine Stellungnahme bezüglich Indikation eines Elektrorollstuhls ersucht (Suva-act. 166). Mit Bericht vom 12. Oktober 2016 war diese zum Schluss gekommen, dass es aufgrund des Gesundheitszustands des Versicherten nicht zweckmässig und sinnvoll sei, diesen mit einem Elektrorollstuhl auszustatten. Sinnvoll sei ein Rollstuhl, der durch die notwendige Begleitperson gut zu handhaben sei, womit die Mobilität des Versicherten erhalten bleibe (Suva-act. 178).

    4. Mit Verfügung vom 13. Dezember 2016 lehnte die Suva es ab, für den Elektrorollstuhl Kostengutsprache zu erteilen. Dieser sei nicht sinnvoll und zweckmässig (Suva-act. 207).

C.

    1. Gegen die Verfügung vom 13. Dezember 2016 liess der gesetzliche Vertreter des Versicherten am 29. Januar 2017 (vorsorglich) Einsprache erheben. Es werde weiterhin Kostengutsprache für den Elektrorollstuhl beantragt. Der Versicherte könne den Rollstuhl bedienen (Suva-act. 219). Am 31. August 2017 liess der Versicherte nach mehrfacher Fristverlängerung und Mandatierung eines Rechtsvertreters, Rechtsanwalt MLaw Thomas Wehrlin, Biel, an der Einsprache festhalten und begründet beantragen, dass die Kosten für den Elektrorollstuhl zu übernehmen seien. Nach einer kurzen Eingewöhnungsphase, während der der Versicherte namentlich die ungewohnte Steuerung per Kinn habe erlernen müssen, bewege er sich inner- und ausserhalb des

      Pflegeheims nur noch im Elektrorollstuhl. Er steuere den Rollstuhl selbständig und sicher. Insgesamt sei der Elektrorollstuhl sinnvoll und zweckmässig (Suva-act. 253).

    2. Mit Einspracheentscheid vom 23. Oktober 2017 wies die Suva die Einsprache ab. Der Versicherte könne sich trotz eines Elektrorollstuhls mit vertretbarem Unfallrisiko nicht ohne Dritthilfe fortbewegen, was einen Anspruch auf einen Elektrorollstuhl ausschliesse. Allenfalls könne davon ausgegangen werden, dass ein Elektrorollstuhl es dem Versicherten ermögliche, sich in einem sehr beschränkten Umkreis ohne Dritthilfe zu bewegen. Der damit verbundene Nutzen wäre aber im Verhältnis zu den Kosten sehr gering, sodass ein Elektrorollstuhl nicht als einfach und zweckmässig gelten könne (Suva-act. 258).

D.

    1. Gegen diesen Einspracheentscheid liess der Versicherte (nachfolgend: Beschwerdeführer) am 22. November 2017 durch seinen Rechtsanwalt Beschwerde erheben. Er beantragte darin, dass der Einspracheentscheid vom 23. Oktober 2017 aufzuheben und die Suva (nachfolgend: Beschwerdegegnerin) zu verpflichten sei, die Kosten für den Elektrorollstuhl von Fr. 39'046.80 gemäss Offerte der Firma G. vom

      19. Januar 2016 vollumfänglich zu übernehmen, unter Kosten- und Entschädigungsfolge (act. G 1).

    2. Die Beschwerdegegnerin beantragte mit Beschwerdeantwort vom 5. Januar 2018 die Abweisung der Beschwerde und Bestätigung des Einspracheentscheids vom 23. Oktober 2017 (act. G 3).

    3. Mit Replik vom 20. April 2018 liess der Beschwerdeführer unverändert an seinen Anträgen und deren Begründungen festhalten. Der Beschwerdeführer werde das Pflegezentrum D. , das nicht auf seine Bedürfnisse zugeschnitten sei, demnächst verlassen und ins H. umziehen. Dort werde es dem Beschwerdeführer offenstehen, sich jederzeit ausserhalb der Einrichtung zu bewegen (act. G 9).

    4. Die Beschwerdegegnerin reichte am 22. Mai 2018 eine kurze Stellungnahme ein. Auf eine umfassende Duplik verzichtete sie (act. G 11).

    5. Auf die Begründungen in den einzelnen Rechtsschriften sowie die Ausführungen in den medizinischen Akten wird, soweit entscheidnotwendig, in den nachfolgenden Erwägungen eingegangen.

Erwägungen

1.

Am 1. Januar 2017 sind die aufgrund der 1. UVG-Revision geänderten Bestimmungen des Bundesgesetzes über die Unfallversicherung (UVG; SR 832.20) und der dazugehörenden Verordnung über die Unfallversicherung (UVV; SR 832.202) in Kraft getreten. Nachdem vorliegend Bestimmungen zur Anwendung gelangen, die mit der Revision keine Änderung erfahren haben, erübrigt sich eine intertemporalrechtliche Beurteilung.

2.

Zu prüfen ist, ob die Beschwerdegegnerin für die Kosten eines Elektrorollstuhls aufzukommen hat.

    1. Gemäss Art. 11 Abs. 1 UVG hat der Versicherte Anspruch auf die Hilfsmittel, die (unfallbedingte) körperliche Schädigungen oder Funktionsausfälle ausgleichen. Der Bundesrat erstellt die Liste dieser Hilfsmittel (vgl. dazu auch Art. 19 UVV, wonach diese Kompetenz und der Erlass von Bestimmungen über die Abgabe von Hilfsmitteln dem Eidgenössischen Departement des Inneren [EDI] übertragen wird, wovon mit der Verordnung über die Abgabe von Hilfsmitteln durch die Unfallversicherung [HVUV; SR 832.205.12] Gebrauch gemacht wurde). Der Anspruch erstreckt sich auf die notwendigen und dem Gesundheitsschaden angepassten Hilfsmittel in einfacher und zweckmässiger Ausführung, das erforderliche Zubehör und die Anpassungen, die

      wegen des Gesundheitsschadens nötig sind. Ausstattung und Anzahl der Hilfsmittel müssen den Anforderungen des privaten sowie des beruflichen Lebens entsprechen (Art. 1 Abs. 2 HVUV; vgl. auch Art. 11 Abs. 2 UVG). Die Kriterien der Einfachheit und Zweckmässigkeit, die das Verhältnismässigkeitsprinzip konkretisieren, setzen zum einen voraus, dass die fragliche Leistung geeignet ist, den gesetzlichen Zweck zu erreichen, und dass diese dazu notwendig und erforderlich erscheint. Zum anderen verlangen sie, dass zwischen den Kosten des Hilfsmittels und seinem Nutzen ein vernünftiges Verhältnis besteht, wobei sämtliche tatsächlichen und rechtlichen Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen sind (BGE 141 V 34 E. 3.2.1; Urteil des Bundesgerichts vom 10. Juli 2015, 8C_279/2014, E. 7.1, je mit Hinweisen).

    2. Die Liste im Anhang zur HVUV führt Fahrstühle ohne motorischen Antrieb (Ziff. 9.01) und Fahrstühle mit elektromotorischem Antrieb, sofern gehunfähige Versicherte infolge von Lähmungen oder anderen Gebrechen der oberen Extremitäten einen gewöhnlichen Fahrstuhl nicht bedienen und sich nur dank elektromotorischem Antrieb selbständig fortbewegen können (Ziff. 9.02), auf. Zu prüfen ist im Folgenden, ob die angeführten Anspruchsvoraussetzungen in Bezug auf den beantragten Elektrorollstuhl zum Zeitpunkt des Einspracheentscheids (23. Oktober 2017) gegeben waren. Diesbezüglich sind die im Recht liegenden Dokumente und (medizinischen) Berichte zu würdigen.

2.3

      1. Nach der Arztvisite im SPZ vom 3. Februar 2016 wurde festgehalten, eine vermehrte Spastik verhindere aktuell, dass der Beschwerdeführer den Elektrorollstuhl benützen könne (Suva-act. 47).

      2. Am 11. April 2016 teilte Dr. med. I. , Chefarzt Paraplegie des SPZ,

        Rehabilitationsmedizin, Facharzt Physikalische Medizin und Rehabilitation, mit, dass

        der Beschwerdeführer das Handling mit dem Elektrorollstuhl beherrsche. Die Spastik habe sich verbessert (Suva-act. 71).

      3. Im Bericht der Ergotherapie des SPZ vom 6. Mai 2016 wurde erwähnt, dass die Handhabung des Elektrorollstuhls im Innenbereich selbständig durch den Beschwerdeführer erfolge. Je nach Tagesform / Spasmen sei die Bedienung im klinischen Alltag nicht möglich. Im Aussenbereich sei der Versicherte im Klinikalltag immer in Begleitung. Den Elektrorollstuhl habe er auf der Station allein bedient, auf dem restlichen Gelände unter Supervision bzw. bei Bedarf mit Unterstützung (Suva- act. 82-3).

      4. J. , Stationsleiter des Pflegezentrums D. , wo der Beschwerdeführer seit

        27. April 2016 und über den Zeitpunkt des Einspracheentscheid hinaus lebte, führte mit Schreiben vom 31. August 2016 aus, dass sich der Beschwerdeführer ausschliesslich auf der Station in seinem Elektrorollstuhl allein bewege. Wenn er die Station verlasse, sei immer ein Mitarbeiter bei ihm. Er könne durch die integrierte und sichere Bedieneinheit der Kinnsteuerung den Rollstuhl selbständig und allein fortbewegen. Es bestehe keine Unfallgefahr. Das selbständige Fortbewegen auf der Station spare Pflegepersonal ein und steigere die Lebensqualität des Beschwerdeführers in erheblichem Masse. Der Handrollstuhl werde nur noch benutzt, wenn der Elektrorollstuhl in der Wartung sei (act. G 1.7).

      5. Im Bericht der Suva, welcher nach einem am 30. September 2016 durchgeführten Gespräch mit der stellvertretenden Stationsleiterin des Pflegezentrums D. (K. ) erstellt wurde, wurde angegeben, dass der Beschwerdeführer im Pflegeheim mehrheitlich in seinem konventionellen Rollstuhl "Quickie Iris" sei. Der Beschwerdeführer sei in der Station für Demenzkranke stationiert, weshalb der Elektrorollstuhl nach Ansicht von K. für die übrigen Mitbewohner, aber auch für den Beschwerdeführer selbst ein Risiko darstelle. Ausserdem sei der Radius, auf dem er

        sich selbständig bewegen könne, sehr klein. Den Lift könne der Beschwerdeführer auch mit dem Elektrorollstuhl nicht selbständig betätigen. Auch die selbständigen Positionswechsel, welche der Elektrorollstuhl als Vorteil mit sich bringen würde, könne der Beschwerdeführer nicht selbständig vornehmen. Im Aussenbereich könne und dürfe er nicht selbständig fahren. Dies sei klar zu gefährlich. Wenn man draussen mit ihm unterwegs sei, sei immer eine Begleitperson dabei. Der Beschwerdeführer brauche praktisch eine 24-Stunden-Überwachung (Suva-act. 165).

      6. Dr. F. führte mit Bericht vom 12. Oktober 2016 aus, dass der Beschwerdeführer, welchem nicht nur eine sensomotorische komplette Tetraplegie, sondern weiterhin auch eine äthyltoxische Demenz mit deutlichen Orientierungsstörungen und kognitiv-mnestischen Defiziten mit Urteils- und Handlungsunfähigkeit diagnostiziert wurde, ohne Aufsicht keinen Elektrorollstuhl bedienen könne. Ohne Aufsicht resp. Begleitung bestehe eine erhöhte Unfallgefahr, was bedeute, dass sich der Bewegungsradius durch einen Elektrorollstuhl ohne eine Begleitperson nicht vergrössere. Schlussfolgernd erscheine es ihr nicht zweckmässig und sinnvoll, den Beschwerdeführer überhaupt mit einem Elektrorollstuhl auszustatten. Sinnvoll sei ein Rollstuhl, der durch die notwendige Begleitperson gut zu handhaben sei, womit die Mobilität des Beschwerdeführers erhalten bleibe (Suva-act. 178).

      7. J. trug mit Bericht vom 19. Februar 2018 erneut vor, dass für den Beschwerdeführer, die Bewohner und das Personal durch den Elektrorollstuhl keine Unfallgefahr bestehe. Dieser sei für ihn ein sehr grosser Gewinn. Er sei auf der Station unabhängig vom Personal und gewinne an Selbständigkeit und Autonomie. Dies sei auch sehr wichtig für seine persönliche Stimmung (act. G 9.2).

      8. Mit Bericht vom 12. April 2018 führte K. von L. , die mit der Suche nach einem passenden Wohnort für den Beschwerdeführer betraut war, aus, dass der Beschwerdeführer das ihm bekannte System des Elektrorollstuhls einwandfrei und

ohne allfällige Anzeichen von Unsicherheiten sowohl in Innenräumen als auch im öffentlichen Raum sowie in Bezug auf Transfers in und aus Fahrzeugen (Rollstuhltaxi, behindertengerechte Einstiegsmöglichkeiten in Zügen) bediene. Der Beschwerdeführer werde künftig im H. wohnen. Dort werde die Selbstbestimmung und somit die Selbständigkeit der Bewohner aktiv gefördert und im Rahmen der jeweiligen Möglichkeiten ausgeschöpft. Dies werde es dem Beschwerdeführer erlauben, sich jederzeit frei zu entscheiden, ob und in welcher Form er sich ausserhalb der Einrichtung bewegen möchte. Die Finanzierung eines entsprechend leistungsfähigen Rollstuhls zu verneinen, erachte sie als Fehler und mittel- bis langfristig auch als teurer. Ihre Einschätzung basiere auf mehrfachen Treffen mit dem Beschwerdeführer und ihren dadurch gewonnenen Eindrücken seiner Mobilität in Innen- und Aussenräumen (act. G 9.1).

    1. Die vorgenannte Aktenlage zeigt auf, dass sich der Beschwerdeführer nach verständlichen anfänglichen gesundheitlichen und funktionellen Schwierigkeiten immer besser an den Elektrorollstuhl gewöhnt hat und ein Fortbewegen auf seiner Station / Etage im Pflegezentrum D. selbständig erfolgen konnte. Daran ändern auch zwei dokumentierte kleinere Zwischenfälle nichts (Suva-act. 255-2, 31). Es sind keine Gründe ersichtlich, die Berichte der behandelnden Ärzte und Betreuer in Frage zu stellen. Verständlich ist auch, dass in der Situation des Beschwerdeführers jegliche noch so kleine Möglichkeit zu selbstbestimmtem Handeln die Lebensqualität steigern und das psychische Befinden verbessern kann. Ein Anspruch auf Kostentragung durch die Beschwerdegegnerin im Zeitpunkt des Einspracheentscheids ergibt sich dadurch indes noch nicht. Diesbezüglich ist von Relevanz, dass sämtlichen Berichten zu entnehmen ist, dass der Beschwerdeführer einzig auf seiner Station in der Lage war, sich selbständig fortzubewegen. Weder konnte er ohne Hilfestellung den Lift betätigen, um in andere Etagen, Ess- oder Aufenthaltsräume zu gelangen, noch konnte und durfte er sich aufgrund seines Gesundheitszustandes, wobei diesbezüglich auch die deutlichen Orientierungsstörungen und kognitiv-mnestischen Defizite mit Urteils- und Handlungsunfähigkeit ins Gewicht fielen, ohne persönliche Betreuung ins Freie begeben und sich dort selbständig fortbewegen. Gestützt auf das Gesagte war der Beschwerdeführer damit zwar nur mit einem Elektrorollstuhl in der Lage, sich

      selbständig fortzubewegen, womit diese Bedingung nach Ziff. 9.02 des Anhanges zur HVUV erfüllt war; der Umfang der sich daraus ergebenden Selbständigkeit war indes zum damaligen Zeitpunkt nur gering, und bei der Abwägung von Kosten und Nutzen sprechen die im Vergleich zu einem Rollstuhl ohne Antrieb deutlich höheren Kosten des Elektrorollstuhls gegen die Kostenübernahme durch die Beschwerdegegnerin. Während die Zweckmässigkeit des Elektrorollstuhls trotz anderslautenden Beurteilungen von Dr. F. grundsätzlich als gegeben hätte angesehen werden können, war die Voraussetzung der Einfachheit bei den gegebenen Umständen nicht erfüllt.

    2. Sollte sich die Situation seit dem Einspracheentscheid vom 23. Oktober 2017 in dem Sinne verändern bzw. bereits verändert haben, dass der Beschwerdeführer aufgrund seines Gesundheitszustands und allenfalls auch bei veränderter Wohnsituation, wie es K. in ihrem Bericht angedeutet hat, in der Lage ist, sich in grösserem Umfang selbständig und gegebenenfalls ohne durchgehende Betreuung fortzubewegen, ist es ihm unbenommen, erneut einen Antrag auf Kostentragung des zur Diskussion stehenden Elektrorollstuhls zu stellen. In einem solchen Fall müsste die Beschwerdegegnerin die Anspruchsvoraussetzungen erneut, nötigenfalls vor Ort, überprüfen, allenfalls auch unter Beizug eines Arztes, welcher seinerseits in Würdigung sämtlicher gesundheitlicher Beeinträchtigungen die medizinische Indikation eines Elektrorollstuhls zu beurteilen hätte.

3.

Im Sinne der vorstehenden Erwägungen ist der Einspracheentscheid vom 23. Oktober 2017 nicht zu beanstanden und die dagegen erhobene Beschwerde abzuweisen. Gerichtskosten sind keine zu erheben (Art. 61 lit. a des Bundesgesetzes über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts [ATSG; SR 830.1]). Ausgangsgemäss hat der Beschwerdeführer keinen Anspruch auf eine Parteientschädigung.

Entscheid

im Zirkulationsverfahren gemäss Art. 39 VRP

1.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.

Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

Quelle: https://www.sg.ch/recht/gerichte/rechtsprechung.html
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