E-MailWeiterleiten
LinkedInLinkedIn

Urteil Versicherungsgericht (SG)

Kopfdaten
Kanton:SG
Fallnummer:UV 2006/16
Instanz:Versicherungsgericht
Abteilung:UV - Unfallversicherung
Versicherungsgericht Entscheid UV 2006/16 vom 19.02.2008 (SG)
Datum:19.02.2008
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:Entscheid Art. 18 UVG, Art. 11 UVV: Anerkennung der Unfallkausalität durch die Beschwerdegegnerin im Verfahren. Rückweisung zur Prüfung des Rentenanspruchs. Kostenüberwälzung für das von der leistungsansprechenden Person in Auftrag gegebene medizinische Gutachten (Entscheid des Versicherungsgerichts vom 19. Februar 2008, UV 2006/16).
Schlagwörter: Beschwerde; Linke; Handgelenk; Linken; Unfall; Beschwerden; Beschwerdeführerin; Beschwerdegegnerin; Abklärung; Gutachten; Nacken; Beurteilung; Swica; Rechte; Bericht; Medas; Abklärungen; Partei; Rechten; Rente; Sturz; ärztlich; Handgelenks; Degenerativ; Schmerzen; Stehende; Unfälle; Arbeitsunfähigkeit; Arbeitsfähigkeit; Unfalls
Rechtsnorm: Art. 4 ATSG ; Art. 45 ATSG ; Art. 62 ATSG ; Art. 82 ATSG ;
Referenz BGE:122 V 278; 130 V 445;
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:Ueli Kieser; Ueli Kieser;
Entscheid
Präsident Martin Rutishauser, Versicherungsrichter Joachim Huber und Versicherungsrichterin Karin Huber-Studerus; Gerichtsschreiberin Susanne Bertschler

Entscheid vom 19. Februar 2008

in Sachen K. ,

Beschwerdeführerin,

vertreten durch Rechtsanwältin lic. iur. Irja Zuber, c/o procap, Schweizerischer

Invaliden-Verband, Froburgstrasse 4, Postfach, 4601 Olten,

gegen

SWICA Versicherungen, Römerstrasse 37, Postfach, 8401 Winterthur,

Beschwerdegegnerin, betreffend

Invalidenrente Sachverhalt: A.

Die 1950 geborene K. war als Wirtin des A. tätig und als Selbständigerwerbende bei der Swica Versicherungen AG, Winterthur, gegen die Folgen von Berufs- und Nichtberufsunfällen versichert, als sie sich am 1. September 1994 bei einem Sturz auf einer Treppe am rechten Handgelenk eine Navikularfraktur zuzog. Gemäss Dr. med.

  1. war sie deswegen ab 20. Januar 1995 zu 100% und ab 17. Mai 1996 zu 50% arbeitsunfähig. Nachdem die Beschwerden im rechten Handgelenk weiter anhielten, jedoch nach einem weiteren Sturz im Dezember 1996 auch Beschwerden im linken Knie ärztlich behandelt werden mussten und die Arbeitsfähigkeit wegen der Knieverletzung eingeschränkt war, liess die Swica am 27. April 1998 von Dr. med.

  2. , Facharzt für Plastische- und Wiederherstellungschirurgie, speziell Handchirurgie, ein Gutachten erstellen. Im Arztbericht vom 10. September 1998 wies Dr. A. darauf hin, die Versicherte habe sich in den letzten Jahren bei verschiedensten Bagatellunfällen Traumatisierungen der meisten Gelenke zugezogen. Die Aufzählung der krankheits- und unfallbedingten Untersuchungen würde zu weit führen. Wichtig erscheine die Traumatisierung des Vorderarms mit persistierenden Beschwerden im Handgelenk. Er riet zu einer persönlichen Abklärung der Situation vor Ort (act. G 9.2/30). Diese wurde einerseits am 6. Oktober 1998 im Auftrag der Swica (act. G 9.2/38) und anderseits am 29. März 1999 durch die IV-Stelle des Kantons St. Gallen vorgenommen, welche darüber den Abklärungsbericht für Selbständigerwerbende vom

27. April 1999 verfasste (act. G 9.2/47). Dr. A. berichtete am 7. Juli 1999 hinsichtlich der Handverletzung von einem unveränderten, sehr variablen Verlauf. Nach Angaben der Versicherten sei an einen Gebrauch der Hand nicht zu denken, weil immer wieder Schmerzen auftreten würden. Nachdem die Swica für die vertraglichen Leistungen (Heilkosten und Taggelder) aufgekommen war, sprach sie der Versicherten mit Verfügung vom 19. April 2000 für die Folgen des Unfalls vom 1. September 1994 ab 1. Januar 2000 eine Rente für eine Erwerbsunfähigkeit von 50% und eine Entschädigung für einen Integritätsschaden von 30% zu (act. G 9.2/56). Diese Verfügung ist unangefochten in Rechtskraft erwachsen.

B.

Am 8. Januar 2001 erlitt die Versicherte einen Sturz, bei dem sie auf die linke Körperseite fiel. Dabei zog sie sich gemäss Arztbericht von Dr. A. vom 15. März 2001 eine Distorsion des linken Handgelenks ohne knöcherne Verletzung zu. Dr. A. attestierte bis 15. März 2001 eine vollständige und danach die bereits vorbestehende Arbeitsunfähigkeit von 50%. Die Swica erbrachte bis 15. März 2001 die vertraglichen Leistungen und betrachtete den Fall danach als abgeschlossen (act. G 9.3).

C.

Am 9. Juli 2001 erlitt die Versicherte als Fahrzeuglenkerin in Lugano einen Auffahrunfall. Während sie an einer Ampel wartete, fuhr ein Fahrzeug auf das Heck ihres Fahrzeugs auf. Sofort nach dem Unfall verspürte sie Kopfweh und starke Schmerzen an Nacken, Armen und Rücken. Dr. A. berichtete am 13. Juli 2001 von massiver Übelkeit und leichtem Schwindel ohne Bewusstlosigkeit. Abklärungen der nach dem Unfall auch im Bereich der linken Hüfte und dem Oberschenkel auftretenden Schmerzen ergaben keine Hinweise auf unfallbedingte Läsionen. Gemäss Unfallschein war die Versicherte ab 19. April 2002 in Folge dieses Unfalls wieder im üblichen Rahmen arbeitsfähig (act.

G 9.4/11). D.

    1. Im Bericht vom 25. April 2003 erwähnte Dr. med. C. , Orthopädie am Rosenberg, einen Sturz nach hinten im Jahr 2000 und den Auffahrunfall im Juli 2001 und diagnostizierte ein (posttraumatisches) Verspannungssyndrom paravertebral thorakal linksbetont mit Ausstrahlungen im Sinn eines Zervikobrachialsyndroms links, degenerative Entwicklungen (mit fraglicher zusätzlich posttraumatischer Komponente) im karpalen bzw. radiokarpalen Bereich links und einen Status nach diversen Traumatisierungen in den Jahren 2000 und 2001 auch im Brust-, Lenden- und Halswirbelbereich sowie im Hüftbereich. Die bisher durchgeführten Physiotherapien hätten keinen Erfolg gebracht. Auch die Einnahme von Analgetika sei ohne grossen Effekt geblieben. Es wurden weitere fachärztliche Abklärungen empfohlen (act. G 9.4/12 und /21). Ab 11. Juni 2003 stand die Versicherte wegen der in Folge des Unfalls

      vom 9. Juli 2001 aufgetretenen bis in den linken Arm ausstrahlenden Nacken- und Kreuzschmerzen bei Dr. D. , Chiropraktor, in Behandlung (act. G 9.4/13). Die Schmerzen im linken Handgelenk wurden durch Dr. med. E. , Orthopädie am Rosenberg, am 22. Mai 2003 mittels Infiltration zu lindern versucht (act. G 9.4/20).

    2. Eine rheumatologische Abklärung durch Dr. med. F. , Ärztehaus L. , ergab gemäss Bericht vom 31. Juli 2003 als Diagnosen eine aktivierte Polyarthrose, eine Fehlhaltung der LWS, muskuläre Insuffizienz der Bauch- und Rückenmuskulatur, statische Probleme im Bereich der Füsse (Senk-/Spreizfüsse, Hallux valgus beidseits), eine arterielle Hypertonie und Adipositas. Die Versicherte klagte vor allem über Schmerzen im Bereich der Finger- und Zehengelenke beidseits sowie über belastungsabhängige Schmerzen in den Knie- und Hüftgelenken. Dr. F. empfahl medikamentöse Behandlungen und eine Gewichtsreduktion (act. G 9.4/38).

    3. Am 8. und 16. November 2004 wurde die Versicherte durch die Medizinische Abklärungsstelle Ostschweiz, St. Gallen (nachfolgend: Medas), interdisziplinär begutachtet. Im Gutachten vom 9. Februar 2005 attestierten die Gutachter Dr. med. G. , Facharzt für Innere Medizin speziell Rheumatologie und Dr. med. H. , Facharzt für Neurologie, Allgemeine Medizin sowie Psychiatrie und Psychotherapie, im Sinn einer Gesamtbeurteilung der gesundheitlichen Situation eine Arbeitsfähigkeit als Wirtin im eigenen Betrieb mit vorwiegend organisatorischen Aufgaben ganztags mit einer Leistungseinschränkung von 50%. Die Tätigkeit als Wirtin mit weitgehend organisatorischen Aufgaben sei als ideal zu bezeichnen. Für diese Tätigkeiten würden die zervikobrachialen Beschwerden keine zusätzliche Verminderung der Arbeitsfähigkeit bedeuten. Die Einschränkung durch die rechte Hand sei schon durch die bestehende Rente berücksichtigt. Die Beschwerden der linken Hand- und Nackenregion seien mit überwiegender Wahrscheinlichkeit degenerativ bedingt und nicht geeignet, die vorbestehende Arbeitsunfähigkeit als Wirtin im eigenen Betrieb zu verstärken. Bezüglich der Beschwerden in der linken Nackenregion und im linken

Handgelenk sei der Auffahrunfall vom Juli 2001 eine mögliche Ursache der geäusserten Beschwerden. Als weitere mögliche Ursache dokumentiert sei in den Akten ein Sturz durch Ausrutschen auf Schnee auf die linke Seite mit Distorsion des linken Handgelenks am 8. Januar 2001. Eine Handgelenksdistorsion ohne knöcherne Frakturen, wie sie bei der Versicherten seit dem Sturz auf die linke Seite am 8. Januar

2001 diskutiert werde, heile nach spätestens 12 Wochen aus. Hier sei der Status quo sine spätestens drei Monate nach dem Unfall erreicht gewesen (act. 9.4/36).

E.

    1. Mit Schreiben vom 1. März 2005 gewährte die Swica der Versicherten das rechtliche Gehör zu den Ergebnissen der medizinischen Abklärungen betreffend die Rückfallmeldung zum Unfall vom 9. Juli 2001. Unter Hinweis auf 14 zwischen 1991 und 2003 erlittene Unfälle führte die Swica aus, gemäss dem Gutachten vom 9. Februar 2005 sei der Unfall vom 1. September 1994 mit überwiegender Wahrscheinlichkeit Ursache für die Beschwerden im rechten Handgelenk. Dafür erbringe sie bereits die laufende Rente für eine Erwerbsunfähigkeit von 50%. Die Beschwerden in der linken Nackenregion und im linken Handgelenk seien gemäss dem Gutachten nur möglicherweise auf das Ereignis vom 9. Juli 2001 zurückzuführen. Bezüglich der beim Sturz vom 8. Januar 2001 erlittenen Verletzungen sei der Status quo sine gemäss der Beurteilung der Gutachter erreicht. Es seien vorwiegend degenerative, also krankheitsbedingte Veränderungen in den Gelenken festgestellt worden. Ein Rückfall könne somit nicht anerkannt werden (act. G 9.1/1).

    2. Die Versicherte nahm am 8. April 2005 Stellung. Aufgrund der geschwächten linken Körperseite sei der Bewegungsapparat auf der rechten Seite stärker beansprucht. Die erhöhten Abnützungserscheinungen der Gelenke und der Muskulatur seien auf die einseitige Belastung zurückzuführen. Sollte der Unfall im Jahr 2001 tatsächlich keine Auswirkungen auf die Rücken-/Nackenregion, die linke Schulter, den linken Becken-/ Ober-schenkelbereich und das linke Handgelenk haben, handle es sich also um Spätfolgen des Unfalls vom 1. September 1994. Mit den Ausführungen im Schreiben vom 1. März 2005 sei sie nicht einverstanden.

F.

    1. Mit Verfügung vom 17. Juni 2005 lehnte die Swica die Anerkennung eines Rückfalls zum Unfall vom 9. Juli 2001 ab. Die Rente für die Folgen des Unfalls vom 1. September 1994 am rechten Handgelenk werde weiter ausgerichtet. In der dagegen gerichteten Einsprache vom 6. Juli/28. September 2005 beantragte die Versicherte unter Hinweis

      auf die Schreiben von Dr. F. vom 26. September 2005 und 31. Juli 2003 (act

      G 9.4/38) sowie den Bericht von Prof. Dr. med. I. , Chefarzt der Klinik für Hand-, Plastische- und Wiederherstellungschirurgie, vom 10. Juni 2005 (act. G 9.4/37) eine Erhöhung der Rente.

    2. Hinsichtlich des Zustands der rechten Hand wurde von Prof. I. im Bericht vom

      10. Juni 2005 zur Beschwerdelinderung eine mediokarpale Arthrodese empfohlen. Wegen identischer Verschleissveränderungen im linken Handgelenk sei auch hier die gleiche Massnahme zu befürworten. Die Versicherte wolle noch zuwarten (act. G 9.4/37).

    3. Die Swica wies die Einsprache mit Entscheid vom 12. Dezember 2005 ab. Streitig sei, ob die Beschwerden der Versicherten am Nacken und im linken Handgelenk in einem natürlichen Kausalzusammenhang mit einem der Unfälle vom 1. September 1994 und vom 9. Juli 2001 stehe. Dr. F. habe eine entzündliche Polyarthrose bei der Versicherten festgestellt. Diese sei krankheits- und nicht unfallbedingt. Zudem seien die Behandlungen der Beschwerden im Handgelenk und im Nacken innert kurzer Zeit nach den Unfällen beendet worden. Bereits im Jahr 2001 habe Dr. A. keine Unfallfolgen mehr feststellen können. Angesichts der deutlich krankhaften Veränderungen im linken Handgelenk sei eine Unfallarthrose nicht wahrscheinlich. Zwei Jahre nach dem Unfall würden die wieder aufgetretenen Nackenbeschwerden von Seiten der Beschwerdeführerin als unfallkausal bezeichnet. Auch an der HWS würden indessen erhebliche degenerative Veränderungen vorliegen, die nicht unfallkausal seien. Es sei auf das Gutachten der Medas abzustellen. Die ab April 2003 geklagten Beschwerden im linken Handgelenk und im Nacken seien nicht durch einen der versicherten Unfälle verursacht worden. Eine Leistungspflicht dafür bestehe nicht.

G.

Dagegen richtet sich die von Rechtsanwältin lic. iur. Irja Zuber, Olten, für die Betroffene eingereichte Beschwerde vom 9. März/28. April 2006 mit dem Antrag auf Zusprache einer höheren Invalidenrente und einer Integritätsentschädigung. Bezüglich der Ursachen der Beschwerden am linken Handgelenk würden unterschiedliche ärztliche Berichte vorliegen. Während die Gutachter der Medas keine Unfallursache erkannt

hätten, würden Dr. F. und Prof. I. von Unfallfolgen ausgehen. Die Beschwerdeführerin habe deshalb eine weitere Meinung bei Dr. med. J. , Spezialarzt für Chirurgie, eingeholt. Dr. J. habe aufgrund der Akten und nach eigenen Untersuchungen im Bericht vom 12. April 2006 (act. G 5.1) festgestellt, dass die Unfälle vom 8. Januar 2001 und 9. Juli 2001 als ursächlich für die gesundheitlichen Probleme an der linken Hand anzusehen seien. Er habe unter Berücksichtigung der bestehenden Arbeitsunfähigkeit wegen der rechten Hand von 50%, eine Arbeitsunfähigkeit von insgesamt 70 bis 75% in der Tätigkeit als Wirtin angegeben und deren Beginn auf Januar 2003 festgesetzt. Da der Gutachter der Medas Facharzt für innere Medizin und Rheumatologie und nicht Traumatologe sei, habe dieser die schwer erkennbare Diagnose einer SLAC-Wrist Stadium II im linken Handgelenk wohl nicht richtig erkannt. Der Beschwerdeführerin stehe somit eine Rente entsprechend der Arbeitsunfähigkeit von 75% zu. Ihr seien zudem die Kosten für die Begutachtung zu ersetzen.

H.

In der Beschwerdeantwort vom 27. Juli 2006 beantragt die Beschwerdegegnerin Abweisung der Beschwerde. Bei der Beurteilung der Arbeitsfähigkeit und der Ursachen der geklagten Beschwerden sei auf das Gutachten der Medas vom 9. Februar 2005 abzustellen. Bei dem diesem Gutachten widersprechenden Bericht von Dr. J. handle es sich offensichtlich um ein Parteigutachten, welchem weniger Gewicht zukomme als dem Gutachten der Medas. Die bestehenden, nur teilweise objektivierbaren Handbeschwerden seien nicht geeignet, die bereits auf 50% reduzierte Arbeitsfähigkeit zusätzlich herabzusetzen. Es sei davon auszugehen, dass die Beschwerdeführerin neben den unbestrittenen degenerativen Veränderungen im Nackenbereich und in den Fingern (Arthrosen) auch am linken Handgelenk degenerative Veränderungen aufweise.

I.

Die Beschwerdeführerin hält replicando an ihren Anträgen fest. Der Einwand der Beschwerdegegnerin, auch im Bereich des linken Handgelenks handle es sich um degenerative Veränderung, sei eine Behauptung, die sich mit ärztlichen Einschätzungen nicht beweisen lasse. Untauglich sei auch der Vorhalt, der ärztlichen

Beurteilung von Dr. J. komme geringerer Beweiswert zu, weil es sich um ein Parteigutachten handle. Seine Einschätzung stimme mit den Diagnosen der Spezialärzte Dr. E. und Prof. I. überein. Bei den Gutachtern der Medas habe es sich nicht um Spezialärzte des vorliegend interessierenden Bereichs gehandelt. Zu verweisen sei auch auf die Beurteilung von Dr. med. K. , Leitender Arzt der Handchirurgie der Schulthess Klinik, vom 31. Mai 2006. Die von der Beurteilung durch die Medas abweichenden ärztlichen Meinungen seien erdrückend. Es könne daran nicht festgehalten werden. Der Beschwerdeführerin seien manuelle Tätigkeiten wegen der Schmerzen nicht mehr zumutbar.

J.

Die Beschwerdegegnerin hat auf die Einreichung einer Duplik verzichtet. Beide Parteien haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.

K.

Mit Schreiben des Gerichts vom 13. Juni 2007 wurde Dr. J. darauf hingewiesen, dass sich die von ihm im Bericht vom 12. April 2006 unterstellte Sachverhaltsannahme nicht mit dem echtzeitlichen Akten decke und er wurde aufgefordert, zu verschiedenen konkreten Fragen des Gerichts Stellung zu nehmen. Dieser Aufforderung ist Dr. J. am 3. Juli 2007 nachgekommen (act. G 19). Im Wesentlichen und unter Verweis auf seine Beurteilung vom 12. April 2006 legt er dar, dass die Beschwerden im linken Handgelenk auf den Unfall vom Januar 2001 zurückzuführen seien. Verletzungen des scapholunären Bandes, Scaphoidfrakturen und aseptische Knochennekrosen würden häufig übersehen oder als Prellung des Handgelenks oder als Sehnenscheidenentzündung fehlgedeutet. Die länger dauernde Arbeitsunfähigkeit nach der Handgelenksdistorsion sowie das allmähliche Verschwinden der Beschwerden seien ebenfalls typisch. Die Folgen der im akuten Stadium nicht sichtbaren Verletzung würden aber später wieder auftreten, wie es auch vorliegend geschehen sei.

L.

Die Beschwerdeführerin verzichtete am 11. Juli 2007 auf weitere Ausführungen. In der Stellungnahme vom 17. September 2007 anerkannte die Beschwerdegegnerin

aufgrund der Ausführungen von Dr. J. , dass die Beschwerden im linken Handgelenk auf einen Unfall zurückzuführen seien. Sie wies aber darauf hin, dass die Beschwerdeführerin gemäss dem Auszug aus dem individuellen Konto in ihrer Geschäftstätigkeit durch die Handgelenksbeschwerden nicht zusätzlich eingeschränkt gewesen sei. Ohne Erwerbseinbusse resultiere jedoch keine Invalidität. Die Angelegenheit sei daher an sie zurückzuweisen, damit sie die Rentenfrage eingehend prüfen könne.

M.

Mit Schreiben vom 11. Dezember 2007 hielt die Beschwerdeführerin an der Beschwerde fest. Die Beschwerdegegnerin habe im Schreiben vom 17. September 2007 zwar anerkannt, dass die Beschwerden im linken Handgelenk Unfallfolgen seien. Sie bringe allerdings vor, es habe deswegen keine Erwerbseinbusse festgestellt werden können. Die Beschwerdeführerin sei Selbstständigerwerbende und führe das A. . Mangels einer umfassenden Buchhaltung werde der Betriebsgewinn und somit ihr Einkommen aus dem Betrieb nicht allein aufgrund effektiver Einnahmen und Ausgaben berechnet. Zudem seien darin auch steuerliche Ermessenszuschläge enthalten. Der Arbeitsausfall sei im Betrieb auf verschiedene Weise durch zusätzliche Personaleinsätze kompensiert worden. Nachdem bereits seit 1994 nur noch ein teilweiser Einsatz der Beschwerdeführerin möglich gewesen sei, seien ihr nun auch diese Arbeiten nicht mehr möglich. Während selbst reine Überwachungsarbeiten nur sinnvoll seien, wenn bei Bedarf eingegriffen werden könne, sei sie auch bei Betreuungsaufgaben eingeschränkt, weil sie den Gästen nicht mehr bei der Garderobe behilflich sein könne und ihnen nicht mehr den Stuhl hinschieben könne. Die in der Beschwerde beantragte Rückweisung zur Vornahme weiterer Abklärungen werde hiermit erneuert.

Erwägungen: 1.

Am 1. Januar 2003 sind das Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG; SR 830.1) und die zugehörige Verordnung (ATSV; SR

830.11) in Kraft getreten. Vorliegend stellt sich die Frage, ob als Folge der beiden Unfälle vom 8. Januar und 9. Juli 2001 Beschwerden im linken Handgelenk vorhanden sind, welche die Arbeitsfähigkeit der Beschwerdegegnerin zusätzlich einschränken. Der Rückfall wird ab April 2003 geltend gemacht. Der Einsprache-Entscheid erging am 12. Dezember 2006. Vor dem Inkrafttreten des ATSG wurden für die vorliegend fraglichen Unfälle aus dem Jahr 2001 keine Dauerleistungen rechtskräftig festgesetzt. Nachdem die in Art. 82 Abs. 1 ATSG niedergelegte Übergangsregelung für bereits zugesprochene Dauerleistungen somit vorliegend keine Anwendung findet, ist das seit

1. Januar 2003 geltende Recht anwendbar. Dies ist aber insofern nicht von Bedeutung als das ATSG in Bezug auf den Unfallbegriff keine materielle Änderung bewirkt hat (Art. 4 ATSG; Urteil des Eidgenössischen Versicherungsgerichts vom 30. September 2004 i/ S R. [U 252/04]; vgl. auch BGE 130 V 445). Auch bezüglich des unfallversicherungsrechtlichen Begriffs des natürlichen und adäquaten Kausalzusammenhangs und dessen Bedeutung als eine Voraussetzung für die Leistungspflicht nach dem Bundesgesetz über die Unfallversicherung (UVG; SR 832.20) hat das ATSG zu keinen Änderungen geführt (Urteil des Eidgenössischen Versicherungsgericht vom 5. November 2004 i/S C., E. 2 mit Hinweisen [U 106/04]). Die formellen Bestimmungen - das heisst Art. 27 bis Art. 62 ATSG - sind sofort in Kraft getreten (Ueli Kieser, ATSG-Kommentar, Art. 82 Rz. 8). Für die Unfallverletzung am rechten Handgelenk bezieht die Beschwerdeführerin seit 1. Januar 2000 eine Rente der Beschwerdegegnerin für einen Erwerbsunfähigkeitsgrad von 50% (act. G 9.2).

2.

Nachdem die Beschwerdegegnerin die Beschwerden im linken Handgelenk der Beschwerdeführerin aufgrund der ergänzenden Begründung von Dr. J. im Verlauf des vorliegenden Verfahrens als Unfallfolge anerkannt hat, stellt sich die Frage, in welchem Ausmass die Beschwerdeführerin deshalb in ihrer Leistungsfähigkeit als selbständige Wirtin (zusätzlich) eingeschränkt ist. Zur Beurteilung dieser Frage beantragen beide Parteien die Rückweisung der Angelegenheit an die Beschwerdegegnerin. Da die Beschwerdegegnerin zum Ausmass der Erwerbsunfähigkeit bisher nicht Stellung genommen hat, ist diesem Antrag ohne weiteres zu folgen.

3.

    1. Im Sinn der vorstehenden Erwägungen ist die Beschwerde unter Aufhebung des Einsprache-Entscheids vom 12. Dezember 2005 teilweise gutzuheissen. Die Angelegenheit ist an die Beschwerdegegnerin zurückzuweisen, damit sie im Hinblick auf die beantragte Invalidenrente zusätzliche Abklärungen im Sinn der Erwägungen durchführe und darüber entscheide. Gerichtskosten sind keine zu erheben (Art. 66 lit. a ATSG). Hingegen steht der durch Rechtsanwältin Irja Zuber, procap, Schweizerischer Invaliden-Verband, vertretenen (BGE 122 V 278) und teilweise obsiegenden Beschwerdeführerin (die Rückweisung der Sache an die Vorinstanz gilt als Obsiegen; SVR 1999 IV Nr. 10 S. 28 Erw. 3) eine Parteientschädigung nach Ermessen des Gerichts zu (Art. 61 lit. g ATSG i.V.m. Art. 98 ff. VRP). Ausgehend von der Bedeutung der Streitsache und der Schwierigkeit des Prozesses ist diese mangels detaillierter Kostennote, wie in vergleichbaren derartigen Fällen vor dem angerufenen Gericht üblich, auf Fr. 3'500.-- (einschliesslich Barauslagen und Mehrwertsteuer) festzusetzen.

    2. Unter dem Titel Parteientschädigung sind der obsiegenden Partei auch die notwendigen Expertenkosten zu ersetzen. Die Beschwerdeführerin verlangt die Vergütung der noch durch eine entsprechende Rechnung auszuweisenden Kosten für die von ihr selbst veranlasste medizinische Begutachtung durch Dr. J. (Gutachten vom 12. April 2006). Art. 45 Abs. 1 ATSG legt zum einen fest, dass unter bestimmten Voraussetzungen eine Übernahme der Kosten einer Massnahme auch erfolgt, wenn diese nicht durch den Versicherungsträger angeordnet wurde. Dazu muss die in Frage stehende Massnahme zur Beurteilung des Anspruchs unerlässlich gewesen sein, das heisst dieselbe Massnahme wäre im Rahmen der Untersuchungspflicht der Verwaltung ebenfalls anzuordnen gewesen. Nicht verlangt ist indessen, dass mit der Massnahme neue, von den bisherigen Resultaten abweichende Ergebnisse gewonnen werden; vielmehr reicht es aus, wenn die so gewonnenen Ergebnisse für die Abklärung verwendbar sind. Zum andern hat gemäss Art. 45 Abs. 1 ATSG eine Kostenübernahme auch zu erfolgen, wenn die Massnahme Bestandteil nachträglich zugesprochener Leistungen bildet (Ueli Kieser, ATSG Kommentar, Art. 45 Rz 12; BVR 2004 S. 283). Vorliegend hatte die Beschwerdegegnerin bereits verschiedene Berichte über fachärztliche Abklärungen in den Akten. Dazu hat sie auch eine interdisziplinäre Begutachtung bei der Medas erstellen lassen. Auch wenn sich ein zusätzliches Gutachten aus ihrer Sicht zur Beurteilung des Leistungsanspruchs nicht als notwendig aufdrängte, hat sich dennoch gezeigt, dass das fragliche Gutachten das Gericht zu

zusätzlichen Abklärungen und die Beschwerdegegnerin letztlich zu einer anderen medizinischen Beurteilung veranlasste. Demgemäss hat die Beschwerdegegnerin der Beschwerdeführerin die Kosten der Begutachtung durch Dr. J. zu vergüten.

Demgemäss hat das Versicherungsgericht

im Zirkulationsverfahren gemäss Art. 53 GerG entschieden:

1. In teilweiser Gutheissung der Beschwerde wird der Einsprache-Entscheid vom

12. Dezember 2005

aufgehoben und die Angelegenheit zu weiteren Abklärungen im Sinn der

Erwägungen an die

Beschwerdegegnerin zurückgewiesen.

  1. Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

  2. Die Beschwerdegegnerin hat der Beschwerdeführerin eine Parteientschädigung

    von auschal Fr. 3'500.--

    zu bezahlen.

  3. Die Beschwerdegegnerin hat der Beschwerdeführerin die Kosten für die

Begutachtung durch Dr. J.

(Gutachten vom 12. April 2006) zu vergüten.

Quelle: https://www.sg.ch/recht/gerichte/rechtsprechung.html
Wollen Sie werbefrei und mehr Einträge sehen? Hier geht es zur Registrierung.

Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

Hier geht es zurück zur Suchmaschine.

SWISSRIGHTS verwendet Cookies, um Inhalte und Anzeigen zu personalisieren, Funktionen für soziale Medien anbieten zu können und die Zugriffe auf der Website analysieren zu können. Weitere Informationen finden Sie hier: Datenschutz