E-MailWeiterleiten
LinkedInLinkedIn

Urteil Versicherungsgericht (SG - KV 2017/3)

Zusammenfassung des Urteils KV 2017/3: Versicherungsgericht

Die Beschwerdeführerin, eine Versicherte der CSS Kranken-Versicherung AG, beantragte die Kostenübernahme für eine Abdominalplastik aufgrund einer doppelten Fettschürze nach einer Gewichtsreduktion. Die CSS lehnte die Kostenübernahme ab, da der vertrauensärztliche Dienst keinen Krankheitswert der Fettschürzen feststellte. Die Beschwerdeführerin hatte eine komplexe psychiatrische Vorgeschichte, einschliesslich einer posttraumatischen Belastungsstörung und einer depressiven Störung. Die Frage der Zweckmässigkeit der Abdominalplastik war strittig, da die psychischen Probleme nicht eindeutig auf die Fettschürzen zurückzuführen waren. Letztendlich wurde entschieden, dass die CSS nicht verpflichtet war, die Kosten für die Abdominalplastik zu übernehmen, da der angestrebte Heilerfolg fraglich war. Die Beschwerde wurde abgewiesen, und es wurden keine Gerichtskosten erhoben.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts KV 2017/3

Kanton:SG
Fallnummer:KV 2017/3
Instanz:Versicherungsgericht
Abteilung:KV - Krankenversicherung
Versicherungsgericht Entscheid KV 2017/3 vom 10.09.2018 (SG)
Datum:10.09.2018
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:Entscheid Art. 1a KVG, Art. 25 KVG, Art. 32 KVG, Art. 3 ATSG: Verneinung der Leistungspflicht des Krankenversicherers in Bezug auf eine Abdominalplastik bei doppelter Fettschürze und psychischen Beeinträchtigungen der Versicherten. Verneinung der Zweckmässigkeit und Wirtschaftlichkeit der Abdominalplastik in Bezug auf die Behandlung der psychischen Beeinträchtigungen (Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 10. September 2018, KV 2017/3).
Schlagwörter: Krankheit; Abdominalplastik; Fettschürze; Behandlung; Fettschürzen; Recht; Beeinträchtigung; Krankheitswert; Symptome; Leistung; Stellungnahme; Beschwerden; Erwägung; Anpassungsstörung; Wahrscheinlichkeit; Mangel; Diagnose; Störung; Kostenübernahme; Symptomatik
Rechtsnorm: Art. 25 KVG ;Art. 32 KVG ;Art. 44 ATSG ;Art. 56 KVG ;Art. 57 KVG ;
Referenz BGE:117 V 264; 121 V 210; 121 V 213; 121 V 366; 122 V 158; 125 V 352; 127 V 146; 129 V 222; 130 V 303; 135 V 471;
Kommentar:
-, ATSG- 3. Aufl. Zürich, Basel, Genf , Art. 43 ATSG, 2015

Entscheid des Verwaltungsgerichts KV 2017/3

Entscheid vom 10. September 2018

Besetzung

Versicherungsrichterin Christiane Gallati Schneider (Vorsitz), Versicherungsrichter Joachim Huber und Versicherungsrichterin Miriam Lendfers; Gerichtsschreiber Daniel Furrer

Geschäftsnr. KV 2017/3

Parteien

  1. ,

    Beschwerdeführerin,

    vertreten durch Fürsprecher Marco Büchel, LL.M., K & B Rechtsanwälte, Freudenbergstrasse 24, Postfach 213, 9240 Uzwil,

    gegen

    CSS Kranken-Versicherung AG,

    Recht & Compliance, Tribschenstrasse 21, Postfach 2568, 6002 Luzern,

    Beschwerdegegnerin,

    Gegenstand

    Kostenübernahme (Abdominalplastik) Sachverhalt

    A.

    1. A. (nachfolgend: Versicherte) ist bei der CSS Kranken-Versicherung AG (nachfolgend: CSS) im Rahmen der obligatorischen Krankenpflegeversicherung versichert. Aufgrund einer Gewichtsreduktion von 92 auf 52/53 kg hat sich bei der Versicherten im Abdominalbereich eine doppelte Fettschürze (überschüssige Haut) gebildet. Mit Schreiben vom 22. Dezember 2015 richtete ihr Hausarzt Dr. med. B. , Praktischer Arzt FMH, ein Gesuch an die CSS, die Kosten einer operativen Entfernung der Fettschürzen zu übernehmen. Die Versicherte könne wegen kognitiver Defizite die Zusammenhänge der Folgen der Gewichtsreduktion und einer Grenzziehung zum inzwischen erreichten Untergewicht nicht voll überblicken. Sie leide unter der jetzigen Figur, weshalb er sie aus therapeutischen Gründen einem Chirurgen vorstellen wolle (act. G 3.5-5.1 f., vgl. auch G 3.5-5.5 f.).

    2. Mit Schreiben vom 8. Januar 2016 ersuchte die CSS Dr. B. um weitere Angaben zum Versicherungsfall (act. G 3.5-5.3). Solche lieferte Dr. med. C. , plastische, rekonstruktive und ästhetische Chirurgie FMH, am 28. Januar 2016. Zusätzlich reichte er eine Fotodokumentation ein (act. G 3.5-5.4 f.). Die CSS liess die

      neuen Akten durch ihren vertrauensärztlichen Dienst prüfen. Dieser betrachtete einen Krankheitswert der subjektiven und funktionellen Beeinträchtigungen der Versicherten als nicht ausgewiesen (act. G 3.5-5.6 f.). Darauf lehnte die CSS mit Schreiben vom 8. Februar 2016 die Beteiligung an den Kosten einer Abdominalplastik ab (act. G 3.5-5.9).

    3. Mit E-Mail vom 15. Februar 2016 widersprach Dr. B. . Bei der Versicherten liege eine Krankheit vor. Er ersuchte sinngemäss um Überprüfung der Leistungsablehnung (act. G 3.5-5.10). Die CSS liess den Versicherungsfall nochmals durch Dr. med. D. , Facharzt Allgemeine Innere Medizin FMH, vertrauensärztlicher Dienst der CSS, prüfen. Dieser erklärte mit Schreiben vom 17. Februar 2016, dass in der bisherigen Korrespondenz keine anderen Symptome mit Krankheitswert erwähnt worden seien ausser der Befindlichkeit und der Beeinträchtigung durch das äussere Erscheinungsbild. Zur Beurteilung, ob die psychische Beeinträchtigung mit überwiegender Wahrscheinlichkeit durch die doppelte Fettschürze verursacht sei, und zur Prognose, dass sie durch einen chirurgischen Eingriff behoben werden könnte, müsste ein fachärztlicher psychiatrischer Bericht vorliegen. Ohne neue medizinische Angaben und im Sinne der Gleichbehandlung aller Versicherten könne keine positive Empfehlung zur Kostenübernahme einer Abdominalplastik abgegeben werden (act. G 3.5-5.13). Die CSS hielt daraufhin mit Schreiben vom 18. Februar 2016 an ihrer Ablehnung fest (act. G 3.5-5.15).

    4. Dr. B. entgegnete darauf am 19. Februar 2016, es stimme nicht, dass er in der bisherigen Korrespondenz keine anderen Symptome mit Krankheitswert ausser der Befindlichkeit und der Beeinträchtigung durch das äussere Erscheinungsbild erwähnt habe. Er verwies auf seine Ausführungen im Schreiben vom 22. Dezember 2015 und machte verschiedene Ergänzungen. So führte er insbesondere eine Verängstigung der Versicherten aufgrund eines sexuellen Übergriffs im Jahr 2002 an (act. G 3.5-5.16).

    5. In einer Neubeurteilung vom 25. Februar 2016 verneinte Dr. D. gegenüber Dr. B. erneut das Vorliegen funktioneller Einschränkungen körperlicher Beschwerden und mithin den Krankheitswert der Hautfaltenbildung. Im Weiteren verneinte er ein nachgewiesenes psychisches Leiden mit Krankheitswert, welches mit überwiegender Wahrscheinlichkeit auf den ästhetischen Mangel zurückzuführen sei, und durch einen Korrektureingriff mit guten Aussichten wesentlich gebessert werden

      könnte. Er werde der CSS weiterhin die Ablehnung des Kostengutsprachegesuchs empfehlen (act. G 3.5-5.18). Gestützt auf die vertrauensärztliche Empfehlung hielt die CSS mit Schreiben vom 26. Februar 2016 an ihrem Entscheid, die Kostenübernahme einer Abdominalplastik abzulehnen, fest (act. G 3.5-5.20).

    6. Mit Schreiben vom 28. April 2016 informierte med. pract. E. , Assistenzärztin am Ambulatorium der Psychiatrischen Klinik F. , Dr. D. darüber, dass die Versicherte von 2008 bis 2014 mit der Diagnose Angst und depressive Reaktion gemischt (ICD-10: F43.22) im Ambulatorium in Behandlung gewesen sei. Nach zwei stabilen Jahren mit Remission der depressiven und Angstsymtomatik hätten vor drei Monaten die depressiven Symptome erneut begonnen. Med. pract. E. gab an, dass sie die Durchführung einer Abdominalplastik zur Verhinderung einer weiteren Verschlechterung der depressiven Symptomatik für sinnvoll erachte (act. G 3.5-5.21). Dr. D. teilte der Leiterin des Ambulatoriums der Psychiatrischen Klinik F. med. pract. G. darauf am 11. Mai 2016 mit, dass zur Beurteilung des Kostengutsprachegesuchs eine fachärztlich-psychiatrische Zweitmeinung eingeholt werde (act. G 3.5-5.23).

    7. Dr. D. beauftragte daraufhin Dr. med. H. , Ärztin für Psychiatrie, Vertrauensärztin, Zertifizierte Gutachterin SIM, mit einer psychiatrischen Zweitmeinung betreffend Indikation einer Abdominalplastik. Diese untersuchte die Versicherte am 23. Mai 2016. In der Stellungnahme vom 24. Mai 2016 kam sie zum Schluss, es sei nicht überwiegend wahrscheinlich, dass sich mit der vorgesehenen Operation die psychische Situation der Versicherten nachhaltig stabilisieren werde (act. G 3.5-5.25).

    8. Dr. D. nahm von der psychiatrischen Zweitmeinung Kenntnis (act. G 3.5-5.26) und teilte med. pract. G. mit Schreiben vom 31. Mai 2016 mit, dass er der CSS aufgrund der eigenen früheren Beurteilungen und der jetzt erfolgten Bestätigung durch Dr. H. weiterhin die Ablehnung des Kostengutsprachegesuchs für eine Abdominalplastik empfehlen werde (act. G 3.5-5.27). Mit Schreiben vom 1. Juni 2016 folgte die CSS dieser Empfehlung und informierte med. pract. G. darüber, dass sie an ihren Entscheiden vom 8., 18., und 26. Februar 2016 festhalte und die Kostenübernahme für eine Abdominalplastik weiterhin ablehne (act. G 3.5-5.29).

    9. Mit Schreiben vom 11. Oktober 2016 reichte Rechtsanwalt M. Büchel, Fachanwalt SAV Haftpflicht- und Versicherungsrecht, Oberuzwil, als Rechtsvertreter der Versicherten der CSS eine fachärztliche Stellungnahme von Dr. I. , Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie FMH, vom 1. Oktober 2016 ein (act. G 3.5-5.35; siehe auch act. G 3.5-5.36) und ersuchte um nochmalige Überprüfung des Versicherungsfalls bzw. um Bewilligung des Gesuchs um Kostenübernahme einer Abdominalplastik. Sollte das Gesuch nicht bewilligt werden, werde um Zustellung einer anfechtbaren Verfügung ersucht (act. G 3.5-5.34).

    10. Mit Schreiben vom 7. November 2016 äusserte Dr. med. J. , Facharzt Allgemeine Innere Medizin FMH, Vertrauensärztlicher Dienst der CSS, Rechtsanwalt Büchel seine Ansicht, dass die Stellungnahme von Dr. I. nicht geeignet sei, die bisherige vertrauensärztliche Einschätzung zu relativieren (act. G 3.5-5.41). Er werde der CSS empfehlen, an der Ablehnung der Kostengutsprache festzuhalten (act. G

3.5-5.41). Am 10. November 2016 erliess die CSS eine entsprechende Verfügung (act. G 3.5-5.43).

B.

Die gegen diese Verfügung von Rechtsanwalt Büchel am 5. Dezember 2016 für die Versicherte erhobene Einsprache (act. G 3.2) wurde mit Einspracheentscheid vom 19. Januar 2017 abgewiesen (act. G 3.4). Mit der Einsprache hatte Rechtsanwalt Büchel eine weitere Stellungnahme von Dr. I. vom 11. November 2016 eingereicht (act. G 3.2-2.1).

C.

    1. Mit Eingabe vom 17. Februar 2017 liess die Versicherte (nachfolgend: Beschwerdeführerin) durch ihren Rechtsvertreter gegen den Einspracheentscheid vom

      19. Januar 2017 Beschwerde erheben mit den Anträgen, die Verfügung vom 10. November 2016 sowie der angefochtene Einspracheentscheid seien aufzuheben und die CSS (nachfolgend: Beschwerdegegnerin) sei zu verpflichten, der Beschwerdeführerin Kostengutsprache für die operative Entfernung der Fettschürzen

      zu erteilen. Eventualiter sei ein gerichtliches Obergutachten einzuholen, unter Kosten- und Entschädigungsfolge (act. G 1).

    2. Mit Beschwerdeantwort vom 22. März 2017 beantragte die Beschwerdegegnerin Abweisung der Beschwerde (act. G 3).

    3. Mit Replik vom 8. Mai 2017 hielt der Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin unverändert an den Beschwerdeanträgen fest (act. G 5) und reichte eine E-Mail von med. pract. G. vom 19. März 2017 ein, worin diese erklärte, dass sie die Beschwerdeführerin seit dem 6. März 2017 behandle (act. G 5.1).

    4. Mit Schreiben vom 6. Juni 2017 verzichtete die Beschwerdegegnerin auf die Einreichung einer Duplik und verwies auf ihre Ausführungen in der Beschwerdeantwort (act. G 7).

Erwägungen

1.

Im vorliegenden Fall ist streitig und zu prüfen, ob die Beschwerdegegnerin im Falle der Beschwerdeführerin im Rahmen der obligatorischen Krankenpflegeversicherung die Kosten einer Abdominalplastik zu übernehmen hat.

2.

    1. Nach Art. 25 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die Krankenversicherung (KVG; SR 832.10) übernimmt die obligatorische Krankenpflegeversicherung die Kosten für die Leistungen, die der Diagnose Behandlung einer Krankheit und ihrer Folgen dienen. Art. 25 Abs. 2 KVG enthält einen Katalog von Leistungen, die unter die Übernahmepflicht der Krankenversicherer fallen. Als Pflichtleistungen aufgeführt sind unter anderen die von einem Arzt einer Ärztin ambulant, stationär in einem Pflegeheim durchgeführten Untersuchungen, Behandlungen und Pflegemassnahmen (lit. a Ziff. 1) sowie der Aufenthalt in der allgemeinen Abteilung eines Spitals (lit. e).

    2. Die Übernahmepflicht des Krankenversicherers wird durch Art. 32 Abs. 1 KVG begrenzt. Danach sind nur jene Leistungen zu vergüten, welche wirksam, zweckmässig und wirtschaftlich sind, wobei die Wirksamkeit nach wissenschaftlichen Methoden nachgewiesen sein muss. Der Leistungserbringer muss sich in seinen Leistungen auf das Mass beschränken, das im Interesse der Versicherten liegt und für den Behandlungszweck erforderlich ist (Art. 56 Abs. 1 KVG).

    3. Krankheit ist gemäss Art. 3 Abs. 1 des Bundesgesetzes über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG; SR 830.1) jede Beeinträchtigung der körperlichen, geistigen psychischen Gesundheit, die nicht Folge eines Unfalles ist und die eine medizinische Untersuchung Behandlung erfordert eine Arbeitsunfähigkeit zur Folge hat. Die gesundheitliche Störung wird durch ein pathologisches Geschehen verursacht hat – anders ausgedrückt – eine medizinische Grundlage. Das subjektive “Sichkrankfühlen“ erfüllt für sich allein den Krankheitsbegriff im Rechtssinn noch nicht. Die Störung Beeinträchtigung der Gesundheit muss so gewichtig sein, dass eine medizinische Behandlung doch Untersuchung nötig ist. Die Behandlungsnotwendigkeit das Vorliegen einer Arbeitsunfähigkeit muss objektiv durch den Arzt die Ärztin festgestellt werden. Das Sozialversicherungsrecht verlangt somit eine durch Medizinalpersonen objektivierbare und festgestellte Beeinträchtigung der Gesundheit, damit eine Leistung beansprucht werden kann (THOMAS LOCHER/THOMAS GÄCHTER, Grundriss des Sozialversicherungsrechts, 4. Aufl. Bern/Zürich 2014, S. 72 f.). Die Trennlinie zur Nichtkrankheit wird in der Rechtsprechung vielfach mit dem Begriff des Krankheitswerts gezogen. Die gesundheitliche Beeinträchtigung muss ein gewisses Mindestmass erreichen, d.h. eine gewisse Schwere aufweisen, um Krankheitswert zu erlangen bzw. das Krankheitskriterium der Behandlungsbedürftigkeit zu erfüllen (GEBHARD EUGSTER, Bundesgesetz über die Krankenversicherung, Rechtsprechung des Bundesgerichts zum Sozialversicherungsrecht [nachfolgend: EUGSTER I], Zürich/ Basel/Genf 2010, Art. 1a Rz 6 mit Hinweisen).

    4. Ein ausschliesslich ästhetischer Mangel zählt nicht zu dem durch das KVG versicherten (Krankheits-)Risiko. Kosmetische Behandlungen zur Behebung von Abweichungen von der Ideal- Normalform äusserer Erscheinung zielen in der Regel nicht auf die Heilung, Linderung Verhinderung pathologischer Zustände

      auf die Erhaltung der Gesundheit ab. Natürliche Schönheitsfehler, die im Rahmen der natürlichen körperlichen Entwicklung entstehen, wie etwa unschöne Nasen, abstehende Ohren, körperliche Übergrössen, Muttermale gutartiger Natur, Gesichtsfalten, Schlupflider, Tränensäcke, Haarausfall nicht dem vermeintlichen Schönheitsideal entsprechende Brüste haben keinen Krankheitscharakter, soweit damit keine erheblichen Funktionsstörungen verbunden konkret davon zu erwarten sind. Unter bestimmten Voraussetzungen hat der Krankenversicherer aber die Kosten der operativen Behandlung sekundärer krankheits- und unfallbedingter Beeinträchtigungen, namentlich äusserliche Verunstaltungen vor allem an sichtbaren und ästhetisch speziell empfindlichen Körperteilen - besonders im Gesicht -, zu übernehmen. Dies wenn die äusserliche Verunstaltung ein gewisses Ausmass erreicht und sich durch eine kosmetische Operation beheben lässt, der Versicherer auch für die primären Unfall- Krankheitsfolgen leistungspflichtig war und die durchgeführte kosmetische Operation sich in allgemein üblichen Grenzen sowie im Rahmen der Wirtschaftlichkeit hält. Soweit ein ästhetischer Mangel Beschwerden mit Krankheitswert im Rechtssinne verursacht, stellt die medizinische Behandlung dieser krankhaften Folgeerscheinungen durch operative Behebung des ästhetischen Mangels als der eigentlichen Krankheitsursache ebenfalls eine Pflichtleistung der Krankenkasse dar. Voraussetzung ist, dass die Beschwerden erheblich sind und andere, vor allem ästhetische Motive genügend zurückdrängen. Auch leichtere ästhetische Einbussen können somit Anlass zu einer Krankheitsbehandlung geben, sofern sie Beschwerden Funktionseinbussen mit deutlichem Krankheitswert verursachen. Dies gilt etwa für Narben, die namhafte Schmerzen bewirken die Beweglichkeit erheblich einschränken. Die dargelegten Grundsätze gelten auch in Bezug auf die operative Entfernung von Hautfalten bzw. Straffung einer ptotischen Brust nach einer Gewichtsreduktion (Urteil des Bundesgerichts [bis 31. Dezember 2006: Eidgenössisches Versicherungsgericht, EVG] vom 17. Januar 2006, K 135/04, E. 1; GEBHARD EUGSTER, Schweizerisches Bundesverwaltungsrecht [SBVR], Basel 2016, Krankenversicherung [nachfolgend: EUGSTER II], Rz 303 ff.; RKUV 1985 Nr. K 638 S. 197). Von einer Krankheitsbehandlung ist in diesem Fall auszugehen, wenn die Hautfalten bzw. die Mammaptose körperliche psychische Beschwerden mit Krankheitswert verursachen und Ziel des Eingriffs die Behebung dieser krankhaften

      Begleitumstände als der eigentlichen Krankheitsursache ist (vgl. dazu RKUV 1994 Nr. K 931 S. 57 E. 2b mit Hinweisen).

    5. Der Sozialversicherungsprozess ist vom Untersuchungsgrundsatz beherrscht. Danach hat die Verwaltung und im Beschwerdefall das Gericht von Amtes wegen für die richtige und vollständige Abklärung des rechtserheblichen Sachverhalts zu sorgen. Dieser Grundsatz wird ergänzt durch die Mitwirkungspflicht der Parteien (UELI KIESER, ATSG-Kommentar, 3. Aufl. Zürich/Basel/Genf 2015, Art. 43 N 13; BGE 122 V 158 E. 1a, BGE 121 V 210 E. 6c). Der Untersuchungsgrundsatz schliesst die Beweislast im Sinn einer Beweisführungslast begriffsnotwendig aus. Im Sozialversicherungsrecht tragen mithin die Parteien in der Regel eine Beweislast nur insofern, als im Fall der Beweislosigkeit der Entscheid zu Ungunsten jener Partei ausfällt, die aus dem unbewiesen gebliebenen Sachverhalt Rechte ableiten wollte; bei einer leistungsaufhebenden Tatfrage liegt die Beweislast somit beim Versicherer, bei einer leistungsbegründenden Tatfrage bei der versicherten Person. Diese Beweisregel greift allerdings erst Platz, wenn es sich als unmöglich erweist, im Rahmen des Untersuchungsgrundsatzes auf Grund einer Beweiswürdigung einen Sachverhalt zu ermitteln, der zumindest die Wahrscheinlichkeit (vgl. Erwägung 2.6) für sich hat, der Wirklichkeit zu entsprechen (BGE 117 V 264 E. 3b mit Hinweisen).

    6. Im Sozialversicherungsrecht gilt, sofern das Gesetz nichts Abweichendes vorsieht, der Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit. Dieser ist nicht erfüllt, wenn ein bestimmter Sachverhalt bloss möglich ist (BGE 129 V 222 E. 4.3.1 mit Hinweisen; LOCHER/GÄCHTER, a.a.O., § 70 N. 58).

    7. Um die sich im Zusammenhang mit der Vergütung der Kosten einer Fettschürzenentfernung durch die obligatorische Krankenpflegeversicherung stellenden Fragen beantworten zu können, ist die Krankenversicherung auf Unterlagen angewiesen, die vorab von Ärztinnen und Ärzten zur Verfügung zu stellen sind. Dabei ist es deren Aufgabe, aufgrund von Anamnese, Befund und Diagnose die Notwendigkeit der Behandlung an sich sowie die in Betracht fallenden therapeutischen Möglichkeiten zu bezeichnen (vgl. Urteil des EVG vom 5. Juni 2003, K 46/02, E. 4.3.2).

    8. Das Bundesrecht schreibt nicht vor, wie die einzelnen Beweismittel zu würdigen sind. Für das gesamte Verwaltungs- und Verwaltungsgerichtsverfahren gilt der Grundsatz der freien Beweiswürdigung. Danach haben Versicherungsträger und Versicherungsgericht die Beweise frei, d.h. ohne Bindung an förmliche Beweisregeln, sowie umfassend und pflichtgemäss zu würdigen. Dabei ist für den Beweiswert grundsätzlich weder die Herkunft eines Beweismittels noch die Bezeichnung der eingereichten in Auftrag gegebenen Stellungnahme als Bericht Gutachten, sondern dessen Inhalt ausschlaggebend (KIESER, a.a.O., Art. 43 N 52; FRITZ GYGI, Bundesverwaltungsrechtspflege, 2. Aufl. Bern 1983, S. 278). Gerade die Krankenversicherungen ihre Verbände sind gemäss Art. 57 Abs. 1 KVG sogar verpflichtet, nach Rücksprache mit den kantonalen Ärztegesellschaften Vertrauensärzte bzw. Vertrauensärztinnen zu bestellen. Diese wiederum haben die Krankenversicherungen gemäss Art. 57 Abs. 4 und 5 KVG in medizinischen Fachfragen zu beraten und insbesondere die Voraussetzungen der Leistungspflichten zu überprüfen. Sie sind in ihrem Urteil unabhängig und weder die Krankenversicherung noch die Leistungserbringer können ihnen Weisungen erteilen. Die Berichte und Gutachten ständiger Vertrauensärzte haben in beweisrechtlicher Hinsicht denn auch grundsätzlich den gleichen Stellenwert wie die verwaltungsinternen Arztberichte und Gutachten der UVG-Versicherer (vgl. EUGSTER II, a.a.O., N 246 ff.). Diesen Berichten kommt allerdings nicht derselbe Beweiswert zu wie einem im Verfahren nach Art. 44 ATSG eingeholten Gutachten externer Fachpersonen gar wie einem Gerichtsgutachten. Sie sind aber soweit zu berücksichtigen, als keine Zweifel an der Richtigkeit ihrer Schlussfolgerungen bestehen (BGE 135 V 471 E. 4.7). Hinsichtlich des Beweiswerts eines jeden Arztberichtes ist letztlich aber entscheidend, ob der Bericht für die streitigen Belange umfassend ist, auf allseitigen Untersuchungen beruht, auch die geklagten Beschwerden berücksichtigt, in Kenntnis der Vorakten bzw. der Anamnese abgegeben worden ist, in der Darlegung der medizinischen Zusammenhänge und in der Beurteilung der medizinischen Situation einleuchtet und ob die Schlussfolgerungen der Fachperson begründet sind (BGE 125 V 352 Erw. 3a und 122 V 160 E. 1c mit weiteren Hinweisen; ALFRED BÜHLER, Versicherungsinterne Gutachten und Privatgutachten in: Rechtsfragen der medizinischen Begutachtung in der Sozialversicherung, St. Gallen 1997, S. 179 ff.).

3.

    1. Bezüglich der Pflicht der Beschwerdegegnerin zur Kostenübernahme für die Abdominalplastik ist zunächst zu prüfen, ob die Fettschürzen der Beschwerdeführerin mit dem Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit (vgl. Erwägung 2.6) zu krankhaften Folgeerscheinungen - körperlichen Beschwerden Funktionseinbussen mit deutlichem Krankheitswert einer krankheitswertigen Beeinträchtigung des psychischen Wohlbefindens - geführt haben (vgl. Erwägung 2.4).

    2. Typische körperliche Beschwerden, wie sie bei einer Fettschürze auftreten können

- Intertrigo (Wundreiben), Rückenschmerzen -, werden in den medizinischen Akten keine genannt und auch von beschwerdeführender Seite nicht vorgebracht. Entsprechend hielt Dr. D. in seiner Empfehlung vom 17. Februar 2016 fest, in den Kostengutsprachegesuchen würden keine funktionellen Einschränkungen Hautirritationen erwähnt. Solche seien auch auf dem Bildmaterial nicht erkennbar (act. G 3.5-5.11; vgl. auch act. G 3.5-5.5). Damit erübrigt sich auch die Frage nach der Erheblichkeit bzw. dem Krankheitswert somatischer Beschwerden (vgl. Erwägung 2.3). Eine somatische krankheitswertige Bedeutung der Fettschürzen ist also vorliegend nicht anzunehmen.

3.3

      1. Hinsichtlich der psychischen Situation der Beschwerdeführerin ist unbestritten, dass bei ihr von einem komplexen psychiatrischen Vorzustand auszugehen ist. Aufgrund eines Geburtsgebrechens leidet sie unter einer Intelligenzminderung und Entwicklungsstörung. Sie bezieht eine IV-Rente und arbeitet in der Tagesstätte K. . Anamnestisch ist ausserdem eine sexuelle Belästigung im Jahr 2002 aktenkundig. Während die Beschwerdeführerin laut Dr. H. in der

        psychiatrischen Zweitmeinung vom 24. Mai 2016 (act. G 3.5-5.25) infolge der sexuellen Belästigung eine ängstlich depressive Symptomatik entwickelte, trat laut Dr. I. eine posttraumatische Belastungsstörung (PTBS, ICD-10: F43.1) mit relevanter komorbider depressiver Störung auf (act. G 3.5-5.35). Gemäss Arztbericht von med. pract. G. vom 28. April 2016 befand sich die Beschwerdeführerin von 2008 bis 2014 im Ambulatorium der Psychiatrischen Klinik F. mit der Diagnose Angst und depressive Reaktion gemischt (ICD-10: F43.22) in Behandlung (act. G 3.5-5.21). Laut fachärztlicher Stellungnahme von Dr. I. vom 1. Oktober 2016 ist die seinerzeit relevante

        komorbide depressive Störung im Jahr 2014 vollständig abgeklungen. In der Zeit bis 2015 habe nach Angaben der Beschwerdeführerin und ihrer Eltern keine depressive sowie posttraumatische Symptomatik mehr bestanden. Erst etwa im Sommer 2015 seien erneute depressive Symptome aufgetreten. Eine weitere psychiatrische Behandlung der Beschwerdeführerin ist nach Abschluss derjenigen im Ambulatorium der Psychiatrischen Klinik F. erst wieder ab 6. März 2017 aktenkundig (act. G

        3.5-5.1).

      2. Nachfolgend ist zu prüfen, inwieweit (auch) die Fettschürzen verantwortlich für krankheitswertige psychische Beschwerden der Beschwerdeführerin sind. Die Beschwerdeführerin wurde am 23. Mai 2016 durch Dr. H. psychiatrisch untersucht, welche die Diagnosen Intelligenzminderung, mindestens mittelgradig, Anpassungsstörung (ICD-10: F43.2), Angststörung (ICD-10: F43.2) sowie Angst und depressive Reaktion gemischt (ICD-10: F43.22), Behandlung von 2008-2014, stellte. Im Zusammenhang mit der Anpassungsstörung bestünden depressive Symptome (act. G 3.5-5.25). Dr. I. führte in seiner fachärztlichen Stellungnahme vom 1. Oktober 2016 die Diagnosen Anpassungsstörung mit längerer depressiver Reaktion (ICD-10: F43.2), DD: Mittelgradige depressive Episode (ICD-10: F32.1), Intelligenzminderung (anamnestisch mittelgradig; ICD-10: F71.9) und Status nach posttraumatischer Belastungsstörung (ICD-10: F43.1) an (act. G 3.5-5.35). Als natürlich kausale Folge der Fettschürzen käme die von Dr. I. und Dr. H. übereinstimmend erhobene Diagnose einer Anpassungsstörung mit depressiver Reaktion in Betracht. Dr. I. bejahte in seiner fachärztlichen Stellungnahme vom 1. Oktober 2016 (act. G 3.5-5.35) einen natürlichen Kausalzusammenhang. Nach Angaben der Beschwerdeführerin seien etwa ab Sommer 2015 erneut depressive Symptome aufgetreten. Diese stünden in eindeutigem Zusammenhang mit der körperlichen Situation bzw. der Fettschürzen im Abdominalbereich. Die depressive Symptomatik habe sich seit Sommer 2015 sukzessive und derart gesteigert, dass zwischenzeitlich erneut eine antidepressive Behandlung mit spezifischen Psychopharmaka empfohlen worden sei. An Symptomen bestünden eine gedrückte Stimmung, Desinteresse und Antriebslosigkeit, Resignation, vermehrtes Weinen und eingeengtes Denken ("ich sehe nicht gut aus, ich hasse meinen Körper"), sozialer Rückzug sowie ein deutlich eingeschränktes Selbstwertgefühl. Dr. H. führte in der psychiatrischen Zweitmeinung vom 24. Mai 2016 (act. G 3.5-5.25) aus, die Beschwerdeführerin erlebe die subjektive

"Verunstaltung" als Schock (Formulierung der Eltern) und entwickle eine Anpassungsstörung mit depressiven Symptomen, die aktuell etwa seit vier Monaten anhalte. Auch Dr. H. scheint damit - wie von Dr. J. in seinem Schreiben vom 7. November 2016 festgestellt (act. G 3.5-5.41) - einen Kausalzusammenhang zwischen der psychiatrischen Problematik und den Fettschürzen nicht in Abrede zu stellen. Schliesslich gab med. pract. E. in ihrem Arztbericht vom 28. April 2016 (act. G

3.5-5.21) die Angaben der Beschwerdeführerin, ihrer Eltern und der weiteren beurteilenden Ärzte wieder, wonach die überflüssige Bauchhaut, die nach der starken Gewichtsabnahme entstanden sei, als sehr belastend empfunden wurde und für die depressiven Symptome verantwortlich sei. Sie fügte an, dass dieser Makel einen starken Einfluss auf das Selbstwertgefühl der Beschwerdeführerin zu haben scheine. Angesichts der dargelegten Aktenlage lässt sich zumindest eine Teilursächlichkeit der Fettschürzen für die psychischen Probleme der Beschwerdeführerin nicht mit dem Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit verneinen. Damit ist aber die Frage einer Leistungspflicht für die Abdominalplastik noch nicht beantwortet. Was die weiter zu erfüllende Voraussetzung des Krankheitswerts der Anpassungsstörung bzw. der depressiven Symptomatik betrifft, so lässt es der Hinweis von Dr. H. , dass eine psychiatrische Behandlung der Anpassungsstörung bisher, dass heisst zwischen 2014 (Beendigung der ambulanten Behandlung des psychischen Vorzustandes im Ambulatorium der Psychiatrischen Klinik F. ; act. G 3.5-5.21) und dem Erlass des Einspracheentscheids (zeitliche Grenze der Überprüfungsbefugnis; BGE 121 V 366 E. 1b mit Hinweisen; siehe auch KIESER, a.a.O., N 99 zu Art. 61), nicht stattgefunden habe, als fraglich erscheinen, ob dieser zu bejahen ist. Die Frage, ob eine massgebliche psychische Beeinträchtigung besteht, kann jedoch - wie die nachfolgenden Erwägung 4 zeigt - offengelassen werden.

3.4 Eine Pflicht der Beschwerdegegnerin zur Kostenübernahme für die Abdominalplastik unter dem Gesichtspunkt des ästhetischen Mangels als solchem ist zu verneinen. Ob ein ästhetischer Mangel als entstellend zu bezeichnen ist, beurteilt sich grundsätzlich nach objektiven Kriterien. Dazu gehört die gesellschaftliche Anschauung. Ebenfalls von Bedeutung ist, inwiefern der von der Norm abweichende Zustand aus ästhetischen Gründen sich negativ auf das Erwerbsleben auswirkt. Mit Blick auf das Gebot der Gleichbehandlung der Versicherten (Art. 13 Abs. 2 lit. a KVG und Art. 8 Abs. 1 der Bundesverfassung [SR 101; BV]) ist von einem engen

Begriffsverständnis von "entstellend" auszugehen. Subjektive Faktoren, insbesondere die persönliche Anschauung, haben ausser Acht zu bleiben. Ihnen wird bei der Frage Rechnung getragen, ob der Mangel körperliche psychische Beschwerden mit Krankheitswert verursacht, welche mit der Behebung des Mangels beseitigt werden können (Urteil des EVG vom 17. Januar 2006, K 135/04, E. 3.1.1; BGE 121 V 213 E. 4; RKUV 2004 Nr. KV 285 S. 242 E. 4.1). Der Bauch ist - ähnlich wie die Brust (vgl. zur weiblichen Brust: Urteil des EVG vom 26. August 2004, K 15/04, E. 3.2.2) - für das ästhetische Empfinden zweifellos bedeutsam. Dass der Bauch einen "sichtbaren und ästhetisch speziell empfindlichen Körperteil" darstellt, was die streitige Leistungspflicht in besonderer Weise zu stützen vermöchte (vgl. Erwägung 2.4), wurde indessen in RKUV 1985 Nr. K 638 S. 200 f. E. 2b noch ausdrücklich verneint. Ob aufgrund der seit RKUV 1985 Nr. K 638 S. 197 allenfalls geänderten gesellschaftlichen Sichtweise nunmehr von einer erhöhten ästhetischen Bedeutung des Bauches auszugehen ist nicht, muss aber nicht abschliessend beantwortet werden. Denn selbst bejahendenfalls kann aufgrund der hier gegebenen, auch durch Fotos dokumentierten Verhältnisse (act. G 3.5-5.5) bei objektiver Betrachtungsweise und entsprechend der von Dr. D. in seiner Empfehlung vom 17. Februar 2016 (act. G 3.5-5.11) angeführten augenscheinlich wahrnehmbaren Merkmale - doppelte, jedoch bei weitem nicht ausgeprägt erscheinende Fettschürze; nicht verdeckter Intimbereich; gut sichtbarer Bauchnabel - nicht von einer auffallend entstellten Körperpartie gesprochen werden. Diesbezüglich äussern sich im Übrigen auch der Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin sowie Dr. B. und Dr. I. nicht explizit gegenteilig.

4.

4.1 Selbst wenn die psychische Problematik der Beschwerdeführerin im massgebenden Zeitraum eine Schwere aufgewiesen haben sollte, welcher Krankheitswert zukommt, hätte die Beschwerdegegnerin - wie in Erwägung 3.3.2 angekündigt - ihre Leistungspflicht für den vorgesehenen Eingriff der Abdominalplastik zu Recht verneint. So sind die Voraussetzungen der Kostenübernahme gemäss Art. 32 Abs. 1 KVG (wirksam, zweckmässig, wirtschaftlich) nicht erfüllt. Streitig ist unter den Verfahrensparteien insbesondere die Zweckmässigkeit der Abdominalplastik. Ob die Behandlung einer Krankheit zweckmässig ist, beurteilt sich nach dem diagnostischen therapeutischen Nutzen der Anwendung im Einzelfall, unter Berücksichtigung der

damit verbundenen Risiken, gemessen am angestrebten Heilerfolg der möglichst vollständigen Beseitigung der körperlichen psychischen Beeinträchtigung (BGE 127 V 146 E. 5). Die Zweckmässigkeit einer Leistung ist prognostisch zu beurteilen (RKUV 2000 Nr. KV 138 S. 362 E. 5b in fine; BGE 130 V 303 E. 5.2).

4.2

      1. Wie in Erwägung 3.3.1 dargelegt, ist bei der Beschwerdeführerin von einem psychischen Vorzustand infolge eines sexuellen Missbrauchs auszugehen. Die psychischen Folgen des sexuellen Missbrauchs bilden bei der Beurteilung der Zweckmässigkeit bzw. in Bezug auf den angestrebten Heilerfolg der möglichst vollständigen Beseitigung der gesundheitlichen Beeinträchtigung eine zentrale Rolle in den sich widersprechenden medizinischen Beurteilungen von Dr. I. (act. G 3.5-5.35) und Dr. H. (act. G 3.5-5.25).

      2. Dr. I. sprach sich in der fachärztlichen Stellungnahme vom 1. Oktober 2016 (act. G 3.5-5.35) für die Zweckmässigkeit der Abdominalplastik aus. Zwar ging er wie Dr. H. von einer komplexen psychiatrischen Vorgeschichte im Sinne einer posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) mit relevanter komorbider depressiver Störung aus, deren therapeutische Aufarbeitung sich aufgrund der prämorbid bestehenden mittelgradigen Intelligenzminderung der Beschwerdeführerin prolongiert gestaltet habe. Gleichwohl hielt er fest, dass die Folgen der PTBS und insbesondere die seinerzeit relevante komborbide depressive Störung im Jahr 2014 vollständig abgeklungen seien. In der Zeit bis Sommer 2015 habe keine depressive sowie posttraumatische Symptomatik mehr bestanden. Erst etwa im Sommer 2015 seien erneute depressive Symptome, dieses Mal im Zusammenhang mit den Fettschürzen im Abdominalbereich, aufgetreten. Die Beschwerdegegnerin wies in der Beschwerdeantwort vom 22. März 2017 (act. G 3) zutreffend darauf hin, dass Dr. I. das vollständige Abklingen der PTBS und der damit verbundenen komorbiden depressiven Störung auf die anmanestischen Angaben der Beschwerdeführerin und ihrer Eltern abstütze. Auch die von Dr. I. gemachte Abgrenzung der PTBS von den ab Sommer 2015 erneut aufgetretenen depressiven Symptomen in Form einer Anpassungsstörung aufgrund der Fettschürzen im Abdominalbereich basiert offensichtlich hauptsächlich auf einer subjektiven Einschätzung der

        Beschwerdeführerin und ihrer Eltern, was er in seiner fachärztlichen Stellungnahme vom 11. November 2016 nochmals bestätigte (act. G 3.2-2.1). Eine davon unabhängige objektive medizinische Beurteilung ist seiner fachärztlichen Stellungnahme jedenfalls nicht zu entnehmen.

      3. Die von der Beschwerdegegnerin angeführten übereinstimmenden Symptome der Diagnosen PTBS und Anpassungsstörung (vgl. ICD-10: F43 und ICD-10: F43.2: HORST DILLING/WERNER MOMBOUR/MARTIN H. C. SCHMIT [Hrsg.],

        Weltgesundheitsorganisation, Internationale Klassifikation psychischer Störungen, ICG-10 Kapitel V [F], Klinisch-diagnostische Leitlinien, 10. Aufl. Bern 2015, S. 207 ff.) sowie die nach der psychiatrisch behandelten PTBS relativ kurze Symptomremission bilden sodann eher Hinweise gegen ein von der PTBS unabhängiges Wiederauftreten der depressiven Symptome ab Sommer 2015 und die Annahme, diese bzw. die Anpassungsstörung würden nunmehr ausschliesslich in einem Kausalzusammenhang mit den Bauchfalten stehen. Der Erklärung von Dr. I. in der fachärztlichen Stellungnahme vom 11. November 2016 - wenn im Rahmen eines erneuten belastenden Lebensereignisses eine erneute (reaktive) depressive Symptomatik auftrete, sei diese nicht einem früheren, zwischenzeitlich abgeklungenen Störungsbild

        geschuldet, sondern jenem neuen belastenden Lebensereignis selbst (act. G 3.2-2.1) – leuchtet zwar grundsätzlich ein. Der zeitliche Ablauf des konkreten Falls zusammen mit den vergleichbaren Symptomen, welche die vorliegenden psychischen Diagnosen zeitigen, spricht jedoch gerade gegen eine solche Schlussfolgerung.

      4. Die Aussage von Dr. I. - der Wunsch der Beschwerdeführerin nach Attraktivität weise auf eine erfolgreiche Behandlung der PTBS hin; denn bei ihr habe früher (bis etwa 2014) der Wunsch bestanden, äusserlich unattraktiv zu sein, um nicht erneut Opfer von (männlichem) Missbrauch zu werden - vermag ebenfalls nicht ohne Weiteres zu überzeugen. Das Gewicht der Beschwerdeführerin hat sich innerhalb eines halben Jahres massiv reduziert. Laut Aussage von Dr. B. im Schreiben vom 19. Februar 2016 (act. G 3.5-5.16) hat die Beschwerdeführerin mithilfe von an Bulimie grenzenden Verhaltensweisen die neue kachektische Figur herbeigeführt. Unmittelbar danach folgte eine angeblich neue depressive Symptomatik. Ein Abschluss der psychiatrischen Vorgeschichte erscheint angesichts des dargelegten Sachverhalts zweifelhaft. Die Äusserungen von Dr. B. in seinem Schreiben vom 19. Februar 2016

        (act. G 3.5-5.16) - die Beschwerdeführerin sei auch aufgrund des sexuellen Übergriffs im Jahr 2002 und der heutigen Diskussion über diese Problematik in den Medien zusätzlich und weiterhin verängstigt, weshalb sie schon seit Jahren in der Behandlung einer Psychologin sei; zu dieser seit Jahren bekannten Problematik komme jetzt diejenige der "neuen Figur" und der jetzt "möglichen" Folgen im weiterhin belasteten Umgang mit Männern hinzu - sprechen für diese Schlussfolgerung. Dr. B. nimmt keine klare Abgrenzung zum sexuellen Übergriff und seine Folgen vor und stellt weiter fest, dass insbesondere die vorher bestehende und jetzt weiter unterhaltene psychische Problematik im sexuellen Bereich von einer Operation nicht beeinflusst werde.

      5. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass im konkreten Fall in Bezug auf den angestrebten Heilerfolg der möglichst vollständigen Beseitigung der gesundheitlichen Beeinträchtigung als Richtschnur der Zweckmässigkeitsbeurteilung nicht mit dem Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden kann, dass die psychischen Probleme anstelle einer klar abgrenzbaren Ursache (die Fettschürzen) verschiedene Ursachen haben. Ein vielgestaltiges Ursachenspektrum mit entsprechend verschiedenen Angriffspunkten für eine Verbesserung des Gesundheitszustandes sogar eine vollständige Heilung spricht gegen die Prognose, dass nach der Abdominalplastik die gesundheitliche Beeinträchtigung der Beschwerdeführerin vollständig bzw. anhaltend beseitigt werden kann. Vielmehr lassen sich mit Blick auf die psychische Vorgeschichte Zusammenhänge herstellen, welche sich nicht aufschlüsseln und - wie von Dr. H. überzeugend festgestellt - an einer nachhaltigen Stabilisierung der psychischen Situation durch die beantragte Operation zweifeln lassen.

      6. Der überwiegende Wahrscheinlichkeitsbeweis der Zweckmässigkeit einer Abdominalplastik gelingt Dr. I. in der fachärztlichen Stellungnahme vom 1. Oktober 2016 (act. G 3.5-5.35) auch nicht durch das Aufzeigen der psychischen Bedeutung der Fettschürzen für die Beschwerdeführerin. Dies wohl in dem Sinne, dass wenn den Fettschürzen eine namhafte Auswirkung auf die Psyche zugebilligt wird, sich umgekehrt die Chancen für eine positive Prognose einer Abdominalplastik für die Heilung der psychischen Probleme erhöhen sollten. In der Begründung beschränkt sich Dr. I. jedoch lediglich auf allgemeine zumindest dem konkreten Fall nicht

        gerecht werdende Aussagen. Allein aufgrund ihrer Formulierungen könnte ihnen zwar eine gewisse Bedeutung beigemessen werden. So schildert er, dass die -Jährige nachvollziehbar unter den erheblichen Fettschürzen und der damit einhergehenden Unattraktivität leide. Dies gewinne insbesondere Gewicht vor dem Hintergrund, dass die Betroffene mit dem Ziel der Attraktivitätssteigerung die massive Gewichtsabnahme selbstmotiviert und konsequent durchgeführt habe. Die erheblichen Fettschürzen würden für jeden Menschen und insbesondere für jede Frau eine erhebliche Belastung darstellen. Eine Integration in das Selbstbild, d.h. die Akzeptanz der durch die Fettschürzen hervorgerufenen Verunstaltung des äusseren Erscheinungsbildes, wäre für keinen Menschen (unabhängig vom Intelligenzniveau der betroffenen Person) sinnvoll und nachhaltig möglich. Insbesondere aber für einen Menschen mit eingeschränkten kognitiven Ressourcen sei nicht nachvollziehbar, wieso dieser äusserliche Makel nicht zeitnah und professionell entfernt werde. Die Schilderungen von Dr. I. vermögen jedoch insofern nicht zu überzeugen, als der ästhetische Mangel der Fettschürzen der Beschwerdeführerin gerade nicht als entstellend bezeichnet werden kann und damit objektiv betrachtet auch nicht von Unattraktivität und Makel gesprochen werden kann (vgl. Erwägung 3.4). Zumindest wird also durch die obigen Aussagen von Dr. I. die Prognose der Heilung einer psychischen Beeinträchtigung allein durch die Beseitigung der Fettschürzen nicht verbessert.

      7. In Bezug auf die psychischen Probleme der Beschwerdeführerin ist mithin nicht mit dem Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit nachgewiesen, dass diese durch die Abdominalplastik vollständig anhaltend beseitigt werden können. Die von Dr. H. prognostizierte vorübergehende Verbesserung der psychischen Situation durch die Abdominalplastik vermag nicht zu genügen. Dr. H. bezeichnet die Abdominalplastik schlüssig und überzeugend als einzelne Massnahme, mit welcher eine nachhaltige psychische Stabilisierung nicht zu erreichen sei. Die Zweckmässigkeit gemäss Art. 32 KVG in Bezug auf eine Abdominalplastik ist damit nicht erfüllt. Wie es sich mit den Kriterien der Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit verhält, muss demnach nicht mehr geprüft werden.

4.3 Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die Beschwerdegegnerin ihre Leistungspflicht für den vorgesehenen Eingriff einer Abdominalplastik zu Recht verneint hat.

5.

Im Sinn der vorstehenden Erwägungen ist die Beschwerde unter Bestätigung des angefochtenen Einspracheentscheids vom 19. Januar 2017 (act. G 4) abzuweisen. Gerichtskosten sind keine zu erheben (Art. 61 lit. a ATSG).

Entscheid

im Zirkulationsverfahren gemäss Art. 39 VRP

1.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.

Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

Quelle: https://www.sg.ch/recht/gerichte/rechtsprechung.html
Wollen Sie werbefrei und mehr Einträge sehen? Hier geht es zur Registrierung.

Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

Hier geht es zurück zur Suchmaschine.