E-MailWeiterleiten
LinkedInLinkedIn

Urteil Versicherungsgericht (SG)

Kopfdaten
Kanton:SG
Fallnummer:KV 2009/2
Instanz:Versicherungsgericht
Abteilung:KV - Krankenversicherung
Versicherungsgericht Entscheid KV 2009/2 vom 23.10.2009 (SG)
Datum:23.10.2009
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:Entscheid Art. 42 Abs. 3 KVG; Art. 84 KVG: Der Versicherte muss die Kostenbeteiligungen gemäss Art. 64 Abs. 2 KVG unabhängig davon bezahlen, ob ihm von den Leistungserbringern oder der Versicherung Kopien der Rechnungen zugestellt werden, obwohl er auf solche Anspruch hat. Die Versicherung ist zudem berechtigt, die Rechnungskontrolle an eine Drittunternehmung auszulagern (Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 23. Oktober 2009, KV 2009/2).
Schlagwörter: Beschwerde; Rechnung; Beschwerdeführer; Beschwerdegegnerin; Kostenbeteiligungen; Rechnungen; Betreibung; Krankenversicherung; Leistungserbringer; Leistungsabrechnung; Krankenversicherer; Person; Leistungsabrechnungen; Hende; Rechnungskontrolle; Versicherungsgericht; Organisation; Verfügung; Einsprache; Gericht; Kopie; Aufgabe; Verfahren; Prüfe; Betrag; überprüft; Betreibungskosten; Rechtsöffnung; Würden
Rechtsnorm: Art. 21 KVG ; Art. 42 KVG ; Art. 64 KVG ; Art. 68 KG ; Art. 82 OR ; Art. 84 KVG ;
Referenz BGE:112 V 334; 119 V 331; 125 V 276;
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:-
Entscheid
Präsident Martin Rutishauser, Versicherungsrichterin Christiane Gallati Schneider und

Versicherungsrichter Joachim Huber; Gerichtsschreiberin Miriam Lendfers Entscheid vom 23. Oktober 2009

in Sachen I. ,

Beschwerdeführer, gegen

KPT Krankenkasse AG, Tellstrasse 18, Postfach 8624, 3001 Bern,

Beschwerdegegnerin, betreffend

Forderung

Sachverhalt:

A.

    1. I. ist bei der KPT Krankenkasse AG, Bern, obligatorisch krankenversichert. Am

      1. Oktober 2007 leitete die KPT beim Betreibungsamt die Betreibung für offene Kostenbeteiligungen gemäss Leistungsabrechnungen vom 6. April 2006, 22. Juni 2006

      und 6. Juli 2006 ein. Gegen den Zahlungsbefehl Nr. 72'444 vom 8. Oktober 2007 erhob der Versicherte am 22. November 2007 Rechtsvorschlag (act. G 3.1.4).

    2. Mit Verfügung vom 22. Januar 2008 hielt die KPT fest, der Versicherte schulde ihr Fr. 1'124.25 (inkl. Betreibungskosten und Zinsen). Den Rechtsvorschlag gegen den Zahlungsbefehl Nr. 72'444 im Betrag von Fr. 1'074.05 erkläre sie als aufgehoben. Für die Betreibungskosten sei keine Rechtsöffnung zu erteilen, weil diese von Gesetzes wegen geschuldet seien (act. G 3.1.3).

    3. Gegen diese Verfügung erhob der Versicherte am 22. Februar 2008 Einsprache. Er beantragte deren Aufhebung. Die KPT habe die drei fraglichen Leistungsabrechnungen in der Pflichtwahrnehmung von Art. 42 des Bundesgesetzes über die Krankenversicherung (KVG; SR 832.10) auf deren Korrektheit zu prüfen und zu korrigieren. Die Kostenbeteiligungen seien in dem Sinn neu an den Versicherten zu richten, als sie korrigiert worden seien. Die Kosten inkl. Betreibungskosten habe die KPT selbst zu tragen (act. G 3.1.2). Die KPT hiess die Einsprache mit Entscheid vom

14. Januar 2008 (richtig: 14. Januar 2009) insofern teilweise gut, als dass die in der Verfügung festgestellte Zinsforderung über Fr. 73.20 nicht geschuldet sei. Im Übrigen wies sie die Einsprache ab. Das Dispositiv der angefochtenen Verfügung beruhe nicht auf einer Ermessensbetätigung, sondern auf einer klaren, eindeutigen gesetzlichen Grundlage, von der nicht abgewichen werden dürfe. Dem Versicherten würden seit einiger Zeit stets Kopien der Rechnungen der Leistungserbringer zugestellt. Die Rechnungskontrolle werde durch die KPT vorgenommen. Im Weiteren liege mit Art. 84 KVG eine Rechtsgrundlage vor, die die Krankenkassen berechtige, Personendaten bearbeiten zu lassen. Sämtliche Rechnungen, die den in Rechnung gestellten Kostenbeteiligungen zugrunde lägen, seien von der KPT überprüft worden und hätten keinen Anlass zur Beanstandung gegeben. Eine Rechnung des Kantonsspitals

St. Gallen vom 30. Mai 2005 habe der Vertrauensarzt der KPT auf Anfrage des Versicherten hin zusätzlich zur üblichen Rechnungskontrolle überprüft und sei zum Schluss gekommen, dass die Rechnungsstellung korrekt sei (act. G 1.1).

B.

    1. Gegen diese Verfügung richtet sich die vom Versicherten unzutreffend als

      Einsprache bezeichnete Beschwerde mit dem ebenfalls unzutreffenden Datum

      1. Februar 2008, Postaufgabe am 18. Februar 2009. Er beantragt die Aufhebung der Verfügung. Die Sache sei an die KPT zurückzuweisen mit der Aufforderung, die Leistungsabrechnungen vom 6. April 2006, 22. Juni 2006 und 6. Juli 2006 in der Pflichtwahrnehmung von Art. 42 KVG auf deren Korrektheit zu prüfen und zu korrigieren. Die Beschwerdeführerin (richtig: Beschwerdegegnerin) habe rechts- und sachgenüglich zu beweisen, dass sie die Rechnungen tatsächlich selbst kontrolliert habe und mit welchen Kontrollinstrumenten sie dies vornehme. Die durch das rechts- und pflichtwidrige Verhalten der Beschwerdegegnerin entstandenen Mahn- und Betreibungskosten habe diese selbst zu tragen. Die Beschwerdegegnerin lagere das Rechnungsprüfungsverfahren ohne das Wissen der Versicherungsnehmer und ohne die erforderliche Rechtsgrundlage an eine private Drittfirma aus. Damit unterlaufe sie nicht nur die Pflichtwahrnehmung von Art. 42 Abs. 3 KVG, sondern verletze aufs Massivste auch die Vertrauenspflicht über die Patientendaten und deren Fakten zur Krankengeschichte, indem diese nach aussen dringen würden. Der Beschwerdeführer weist darauf hin, dass ihm (als ….) die Probleme, Schwachstellen und das Schwarzpeterspiel im Gesundheitswesen bestens bekannt seien. Die ECLA-Studie "Rapport Analyses Assurances Maladies Accidents" zeige in erschreckender Deutlichkeit auf, welche Bedeutung die Rechnungskontrolle durch die Versicherer, aber auch die Versicherten habe. Ein Drittel aller Leistungsabrechnungen sei mangelhaft. Die Leistungsabrechnungen würden mit den tatsächlich notwendigen und erforderlichen (wohl erbrachten?) Leistungen nicht übereinstimmen. Dies beweise die Tatsache, dass nach jeder Intervention des Beschwerdeführers die folgenden Leistungsabrechnungen massiv tiefer ausfallen würden. Weiter bemängelt der Beschwerdeführer, dass er die Kopien der Rechnungen der Leistungserbringer nur gegen Intervention und erheblich verspätet erhalte, sodass die Kraft der Wahrnehmung des rechtlichen Gehörs längst verpufft sei. Die Krankenkasse fordere zu viel bezahlte Beträge nie zurück. Schon aus

        grundlegenden Überlegungen sei es nötig, dass die Justiz endlich Rechtssicherheit schaffe und wenn nötig durch das EVG (seit 2008: sozialrechtliche Abteilungen des Bundesgerichts) ein höchstrichterlicher Entscheid gefällt werde, aus dem hervorgehe, welchen Anforderungen an die Praxis die Krankenversicherer und/oder Leistungserbringer in der Pflichterfüllung von Art. 42 Abs. 3 KVG genügen müssten (act. G 1).

    2. Die Beschwerdegegnerin beantragt in der Beschwerdeantwort vom 23. März 2009 die Abweisung der Beschwerde. Sämtliche eingereichten Rechnungen würden eine Rechnungskontrolle durchlaufen. Die eingehenden Rechnungen würden triagiert und anhand von Checklisten überprüft, einige Rechnungen würden darüber hinaus zusätzlich überprüft. Eingehende Spitalrechnungen würden alle "manuell" überprüft. Beim Beschwerdeführer werde dagegen bei sämtlichen Rechnungen eine manuelle

      Kontrolle veranlasst. Man habe dem Beschwerdeführer im Schreiben vom 25. Juli 2007 mitgeteilt, dass sein konsequenter und hartnäckiger Einsatz für wirtschaftliche und zweckmässige Behandlungen sowie für die Eindämmung der Kosten im Gesundheitswesen grundsätzlich geschätzt werde, seine wiederholten Forderungen nach mehrmaligen Rechnungskontrollen jedoch schlussendlich mehr Kosten generieren würden als eingespart werden könnten (act. G 3).

    3. Nachdem der Beschwerdeführer beim Gericht am 28. April 2009 eine Fristerstreckung für die Einreichung der Replik beantragt hatte (act. G 5), teilte ihm der Präsident der zuständigen Gerichtsabteilung mit Schreiben vom 28. April 2009 mit, dass dem Gericht lediglich die Überprüfung der Rechtmässigkeit der dem Beschwerdeführer gegenüber gestellten Forderung möglich sei. In diesem Zusammenhang müsste er geltend machen können, inwiefern die in Rechnung gestellten Kostenbeteiligungen bzw. die zugrunde liegenden Rechnungen nicht den tatsächlich bezogenen Leistungen entsprächen. Soweit er mit der Beschwerde aufsichtsrechtliche Prüfungen oder Massnahmen gegen die Beschwerdegegnerin anstrebe, sei das Versicherungsgericht nicht die richtige Ansprechinstanz (act. G 6).

    4. Der Beschwerdeführer hält in der Replik vom 4. Mai 2009 an seinen Anträgen gemäss Beschwerde fest. Im schweizerischen Dreigewaltensystem sei die Judikative die Kontrollinstanz. Sie prüfe, ob Gesetz und Verordnung korrekt angewendet würden.

      In Bezug auf Art. 42 ff. KVG sei das kantonale Versicherungsgericht örtlich und sachlich zuständig. Die Beschwerdegegnerin verschweige vorsätzlich, dass die Rechnungen gar nicht durch sie selbst, sondern extern abgearbeitet würden. Das automatische System prüfe nicht, ob Leistungen aufgeführt seien, die nicht erbracht bzw. nicht in diesem Umfang erbracht worden seien. Nach Erhalt erneuter Kostenbeteiligungen sei er wieder gehalten gewesen, mit Telefonat vom 20. März 2009 bei der Beschwerdegegnerin betreffend nicht erhaltene Rechnungskopien zu intervenieren. Es sei beschämend, dass die Beschwerdegegnerin wider besseres Wissen versuche, mit ihren Behauptungen die Rechtspflege irrezuführen. Weiter weist der Beschwerdeführer darauf hin, dass die die Beschwerdeantwort unterzeichnende Juristin nicht zeichnungsberechtigt sei und der ebenfalls unterzeichnende Leiter des Rechtsdienstes nur kollektiv zu Zweien. Die Beschwerdeantwort sei demgemäss formal ungenügend eingereicht worden (act. G 7).

    5. Die Beschwerdegegnerin verzichtete am 11. Mai 2009 auf eine weitere Stellungnahme (act. G 9).

    6. Auf weitere Vorbringen der Parteien wird, sofern entscheidwesentlich, im Rahmen

der Erwägungen eingegangen. Erwägungen:

1.

    1. Der Beschwerdeführer hat bereits im Verfahren KV 2002/12 eine Verletzung von Art. 42 Abs. 3 KVG durch seine damalige Krankenversicherung gerügt. Das Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen hat sich mit seiner Kritik, der Versicherer stelle ihm rechtswidrigerweise keine Kopien der Rechnungen der Leistungserbringer zu, im Urteil vom 14. August 2002 ausführlich auseinandergesetzt. Es kam zum Schluss, dass der Beschwerdeführer zwar Anspruch auf eine Kopie der Rechnung des Leistungserbringers habe. Indessen regelten weder Gesetz noch Verordnung eindeutig, ob der Krankenversicherer oder der Leistungserbringer zu deren Abgabe verpflichtet seien. Mangels einer allgemeinen Vorleistungspflicht könnte der Beschwerdeführer aber selbst dann weder Versicherungsprämien noch die ihm verrechneten

      Kostenbeteiligungen unbezahlt lassen, wenn der Versicherer seiner Pflicht, ihm Kopien zu verschaffen, nicht nachgekommen wäre. Ihm sei zwar zuzustimmen, dass die bestehende Situation, in der die versicherte Person sich selbst aktiv um den Erhalt der Rechnungskopien von den Leistungserbringern und damit um die Möglichkeit der Kontrolle bemühen müsse, den Absichten des Gesetzgebers kaum genügen dürfte. Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs liege darin allerdings nicht und das mit Art. 42 Abs. 3 Satz 3 KVG eingeführte Mitwirkungsrecht der versicherten Person werde dadurch nicht vereitelt, sondern nur erschwert (Erw. 6). Auf diese Ausführungen wird verwiesen. Der Beschwerdeführer zog das Urteil KV 2002/12 vom 14. August 2002 ans Eidgenössische Versicherungsgericht weiter. Dieses hielt im Urteil K 99/02 vom

      1. Juni 2003 (auszugsweise veröffentlicht in RKUV 2003 S. 227) fest, soweit die Krankenversicherung im System des Tiers payant ihrer Zahlungspflicht gegenüber dem Leistungserbringer nachgekommen sei, habe sie Anspruch darauf, von der versicherten Person die gesetzlich vorgeschriebenen Kostenbeteiligungen zu erhalten. Dieser Anspruch bestehe unabhängig davon, ob die versicherte Person die ihr zustehende Rechnungskopie – vom Krankenversicherer oder vom Leistungserbringer – erhalten habe, handle es sich dabei doch einzig um ein weiteres Element der Kostenkontrolle, nicht aber um eine Vorleistung im Sinn eines Zug-um-Zug-Geschäfts in Analogie zu Art. 82 OR, deren Unterlassung die Nichtbegleichung der vom Krankenversicherer in Rechnung gestellten Prämien und Kostenbeteiligungen rechtfertigen würde. Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs liege – selbst wenn die Krankenversicherung eine entsprechende Kopieherausgabepflicht treffen würde – nicht vor, hätte der Versicherte die Rechnungskopien doch jedenfalls vom Leistungserbringer verlangen und dadurch sein Mitwirkungsrecht vereinfachter wahrnehmen können (Erw. 3.2). Im vom Beschwerdeführer vor dem Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen gegen seine damalige Krankenversicherung angestrebten Verfahren KV 2003/9 war die Rüge betreffend Rechnungskopien ebenfalls in diesem Sinn behandelt worden (Urteil vom

      15. September 2004).

    2. Der Beschwerdeführer rügt im vorliegenden Verfahren erneut eine Verletzung von Art. 42 Abs. 3 KVG im Zusammenhang mit der von ihm als mangelhaft bezeichneten Rechungszustellung bzw. Rechnungskontrolle durch die Krankenversicherung. Diesbezüglich weist er auf nach seiner Auffassung bestehende Missstände hin, die im System bzw. politisch begründet seien. Beim Verfahren vor dem kantonalen

Versicherungsgericht handelt es sich nicht um ein aufsichtsrechtliches Verfahren. Die Überwachung der Durchführung der Krankenversicherung obliegt gemäss Art. 21 Abs. 1 KVG dem Bundesrat, der sich hierfür gemäss Gesetz und Verordnung des Bundesamts für Gesundheit bedient (vgl. Gebhard Eugster, Krankenversicherung, in: SBVR-XIV, Soziale Sicherheit, 2. Aufl., 2007, S. 471 Rz. 231 ff.). Darauf wurde der

Beschwerdeführer auch im Urteil KV 2008/17 vom 3. Juni 2009 hingewiesen (Erw. 1.3).

Auf die Kritik des Beschwerdeführers ist folglich nicht näher einzugehen.

2.

    1. Der Beschwerdeführer bemängelt, dass die Beschwerdegegnerin ihr Rechnungsprüfungsverfahren an eine private Unternehmung ausgelagert habe. Damit verletze sie die "Vertrauenspflicht" über die Patientendaten und deren Fakten zur Krankengeschichte, indem diese nach aussen dringen würden. Gemäss Art. 84 KVG sind u.a. die mit der Durchführung des KVG betrauten Organe befugt, die Personendaten, einschliesslich besonders schützenswerter Daten und Persönlichkeitsprofile, zu bearbeiten oder bearbeiten zu lassen, die sie benötigen, um die ihnen nach diesem Gesetz übertragenen Aufgaben zu erfüllen. Die Aufzählung der Aufgaben gemäss lit. a bis h dieses Artikels ist nicht abschliessend. Die Durchsetzung der in Art. 64 KVG vorgeschriebenen Kostenbeteiligungen der Versicherten zählt zu den Aufgaben, die den Krankenversicherungen übertragen sind. Die Versicherungen sind somit befugt, die zur Erfüllung dieser Aufgabe nötigen Daten von einem Dritten bearbeiten zu lassen. Freilich gelten die datenschutzrechtlichen Vorgaben auch für diesen Dritten. Weder das KVG noch die dazugehörenden Verordnungen regeln mehr als nur die Grundzüge der Organisation und überlassen es den Krankenversicherern, im Rahmen dieser Grundregelung die ihnen zweckmässig erscheinende Organisation zu wählen. Die Versicherer sollen in der Lage sein, die ihren Bedürfnissen und Gegebenheiten entsprechende Organisation zu wählen. Da das KVG zudem von einer Konkurrenzsituation unter den Krankenversicherern ausgeht, soll es diesen auch zustehen, diejenige Organisationsform zu wählen, die ihnen am zweckmässigsten erscheint; zu starre gesetzliche Vorschriften sollen die Innovationsmöglichkeiten nicht hemmen (Tomas Poledna, Krankenversicherungen und ihre rechtliche Organisation. Im Spannungsfeld von Aufgabenerfüllung und Staatsaufsicht, Zürich 2002, S. 32). Auch wenn die Krankenversicherer also bezüglich ihrer eigenen Organisation über einen

      relativ grossen Spielraum verfügen, so darf die Organisation nicht derart eingerichtet sein, als dass die gesetzlichen Ziele durch sie nicht erreichbar oder gefährdet werden. In diesem Zusammenhang plädiert Poledna dafür, dass die Weiterdelegation der Aufgabe der sozialen Krankenversicherung an Dritte ohne Kontrollmöglichkeiten zu verbieten ist (Poledna, a.a.O., S. 33).

    2. Vorliegend behauptet der Beschwerdeführer, die Prüfung der Rechnungen der Leistungserbringer werde von einer privaten Drittfirma vorgenommen. Die Beschwerdegegnerin bestreitet dies und gibt an, die Rechnungskontrolle selbst vorzunehmen. Wie es sich damit nun verhält, braucht vorliegend jedoch nicht geklärt zu werden. Selbst wenn die Beschwerdegegnerin die Rechnungskontrolle ausgelagert haben sollte, so ist sie dazu gestützt auf Art. 84 KVG grundsätzlich berechtigt. Aus den Akten ergeben sich keinerlei Hinweise darauf, dass bei einer allfälligen Auslagerung keine Kontrollmöglichkeiten seitens der Beschwerdegegnerin mehr bestehen würden oder datenschutzrechtliche Bestimmungen verletzt worden wären; dies wird vom Beschwerdeführer auch nicht behauptet. Entsprechend ist auch diese Rüge des Beschwerdeführers unbeachtlich.

3.

    1. Der Krankenversicherer fällt in seinen Verfügungen und Einspracheentscheiden betreffend ausstehender Prämien und Kostenbeteiligungen nicht bloss einen sozialversicherungsrechtlichen Sachentscheid über die Verpflichtung der versicherten Person zu einer Geldzahlung, sondern kann gleichzeitig auch als Rechtsöffnungsinstanz über die Aufhebung des Rechtsvorschlags befinden ( BGE 119 V 331 f. Erw. 2b mit Hinweisen). Das Sozialversicherungsgericht ist daher verpflichtet, im Rechtsmittelverfahren eine umfassende Kontrolle der geforderten Kostenbeteiligungen vorzunehmen (K 99/02, Erw. 4.2.1). Im Folgenden sind somit die einzelnen Kostenbeteiligungsabrechnungen zu überprüfen.

      1. Der Leistungsabrechnung vom 6. April 2006 liegt eine aktenkundige Arztrechnung vom 15. März 2006 über den Betrag von Fr. 305.85 zugrunde. Zulasten der Jahresfranchise (Art. 64 Abs. 2 lit. a KVG i.V.m. Art. 103 Abs. 1 der Verordnung über die Krankenversicherung [KVV; SR 832.102]) wurden dem Beschwerdeführer

        Fr. 300.-- weiterverrechnet, zulasten des Selbstbehalts Fr. 0.60 (Art. 64 Abs. 2 lit. b KVG; act. G 3.1.6). Die entsprechende Position von Fr. 300.60 wurde folglich korrekt in Betreibung gesetzt.

      2. Die Leistungsabrechnung vom 22. Juni 2006 beruht auf einer aktenkundigen Rechnung des Kantonsspitals St. Gallen vom 30. Mai 2006 über Fr. 3'159.20. Da die Franchise bereits vollumfänglich geleistet war, stellte die

        Beschwerdegegnerin dem Beschwerdeführer lediglich den Selbstbehalt von Fr. 315.90 in Rechnung (act. G 3.1.7). Auch diese Position ist gemäss Zahlungsbefehl vom

        8. Oktober 2007 korrekt in Betreibung gesetzt worden (act. G 3.1.4).

      3. Die Leistungsabrechnungen vom 6. Juli 2006 basieren auf aktenkundigen Rechnungen vom 13. Februar 2006 über den Betrag von Fr. 3'100.-- und vom 31. März 2006 über den Betrag von Fr. 495.--. Für die erste Rechnung wurde dem Beschwerdeführer ein Selbstbehalt von Fr. 310.-- und für die zweite von Fr. 14.55 in Rechnung gestellt bzw. schliesslich in Betreibung gesetzt (act. G 3.1.15). Warum sich der Selbstbehalt bei der zweiten Rechnung auf Fr. 14.55 beschränkte, ist den vorliegenden Akten nicht zu entnehmen. Dies dürfte indessen auf das Erreichen der Grenze des Selbstbehalts gemäss Art. 103 Abs. 2 KVV zurückzuführen sein. Substantiierte Einwendungen gegen diese Position bringt der Beschwerdeführer keine vor.

    2. Die Kostenbeteiligungen stimmen somit mit den Rechnungen überein, und es gibt keine Anhaltspunkte, die auf einen Fehler schliessen liessen. Auch wurde der gesetzliche bzw. vertragliche Höchstbetrag der Kostenbeteiligungen nicht überschritten. Die geforderten Kostenbeteiligungen sind daher nicht zu beanstanden.

    3. Die Beschwerdegegnerin hat den Beschwerdeführer im angefochtenen Einspracheentscheid auch verpflichtet, ihr für die Betreibung zusätzlich Fr. 110.-- (Fr. 60.-- Mahnspesen und Fr. 50.-- Betreibungskosten) zu bezahlen. Gemäss Rechtsprechung (BGE 125 V 276) kann ein Krankenversicherer bei Zahlungsverzug

      Mahngebühren und Umtriebsspesen erheben, sofern die versicherte Person die Kosten schuldhaft verursacht hat und die Entschädigung angemessen ist. Vorausgesetzt wird eine ausdrückliche Rechtsgrundlage in den Versicherungsbedingungen (Gebhard

      Eugster, Krankenversicherung, in Schweizerisches Bundesverwaltungsrecht [SBVR], Band Soziale Sicherheit, Rz 341). Gemäss den im Internet abrufbaren Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) der Beschwerdegegnerin, Ausgabe 1.2004, werden bei Zahlungsverzug Mahnungsspesen und Umtriebsgebühren erhoben (www.kpt.ch/ KPT/Homepage/Produkte/avb/versicherungsbedingungen/kvg/mahnen/). Die Höhe der Mahngebühren ist in den AVB nicht festgelegt. Für die Beurteilung der Angemessenheit ist in solchen Fällen das Äquivalenzprinzip anzuwenden (Eugster, a.a.O., Rz 341, Fn 836). Die geforderte Mahngebühr von Fr. 60.-- ist als angemessen zu betrachten.

    4. Die Kosten der Betreibung sind vom Schuldner von Gesetzes wegen zu bezahlen (Art. 68 SchKG), weshalb dafür keine Rechtsöffnung zu erteilen ist.

    5. Der Beschwerdeführer rügt, die Beschwerdeantwort der Beschwerdegegnerin sei nicht rechtsgenüglich unterzeichnet worden. Darauf ist nicht näher einzugehen, weil zumindest bei Beschwerdeantworten bzw. Dupliken, die keine rechtsgestaltenden Akte darstellen, sondern der Gewährung des rechtlichen Gehörs dienen, keine Formerfordernisse bestehen. Nicht einmal für die Beschwerde selbst nennt Art. 61 lit. b ATSG die Unterzeichnung als Gültigkeitserfordernis (vgl. dazu Ueli Kieser, ATSG- Kommentar, 2. Aufl., 2009, Rz. 48 zu Art. 61). Dass Mitarbeiter des Rechtsdienstes der Beschwerdegegnerin intern zur Erstellung von Rechtsschriften bevollmächtigt sind, ist derart offenkundig, dass sich diesbezügliche weitere Abklärungen erübrigen.

4.

    1. Gemäss den obenstehenden Erwägungen ist die Beschwerde abzuweisen. Der Beschwerdeführer ist zu verpflichten, der Beschwerdegegnerin die Kostenbeteiligungen in Höhe von insgesamt Fr. 941.05 und Mahnspesen von Fr. 60.-- zu bezahlen. Dafür ist definitive Rechtsöffnung zu erteilen.

    2. Obwohl das Gericht bereits wiederholt über ähnlich gelagerte Beschwerden des Beschwerdeführers entschieden hat, ist zumindest für dieses Verfahren nicht von mutwilliger Prozessführung im Sinn der Rechtsprechung (RKUV 1989 S. 387; BGE 112 V 334 Erw. 5a m.w.H.) auszugehen, sodass keine Gerichtskosten zu erheben sind

(Art. 61 lit. a ATSG). Bei allfälligen weiteren derartigen Beschwerden wäre diese Frage

jedoch neu zu überprüfen.

Demgemäss hat das Versicherungsgericht

im Zirkulationsverfahren gemäss Art. 53 GerG entschieden:

  1. Die Beschwerde gegen den Einspracheentscheid vom 14. Januar 2008 wird

    abgewiesen.

  2. Der Beschwerdeführer wird verpflichtet, der Beschwerdegegnerin für ausstehende Kostenbeteiligungen gemäss den Leistungsabrechnungen vom 6. April 2006, 22. Juni 2006 und 6. Juli 2006 und Mahngebühren den Betrag von Fr. 1'001.05 zu bezahlen.

  3. Der Rechtsvorschlag in der Betreibung Nr. 72'444 des Betreibungsamts Altstätten wird aufgehoben und der Beschwerdegegnerin für den Betrag von Fr. 1'001.05 definitive Rechtsöffnung erteilt.

  4. Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

Quelle: https://www.sg.ch/recht/gerichte/rechtsprechung.html
Wollen Sie werbefrei und mehr Einträge sehen? Hier geht es zur Registrierung.

Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

Hier geht es zurück zur Suchmaschine.

SWISSRIGHTS verwendet Cookies, um Inhalte und Anzeigen zu personalisieren, Funktionen für soziale Medien anbieten zu können und die Zugriffe auf der Website analysieren zu können. Weitere Informationen finden Sie hier: Datenschutz