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Urteil Versicherungsgericht (SG)

Kopfdaten
Kanton:SG
Fallnummer:KV 2007/4
Instanz:Versicherungsgericht
Abteilung:KV - Krankenversicherung
Versicherungsgericht Entscheid KV 2007/4 vom 27.09.2007 (SG)
Datum:27.09.2007
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:Entscheid Art. 90 Abs. 3 KVV. Art. 54 Abs. 2 ATSG. Prämienforderung einer Krankenversicherung betreffend einen Zeitraum vor Eröffnung eines Konkursverfahrens, in welchem die Krankenversicherung die Forderung nicht eingegeben hat (Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 27. September 2007, KV 2007/4)
Schlagwörter: Beschwerde; Beschwerdeführer; Beschwerdegegnerin; Zahlung; Prämie; Prämien; Bezahlt; Konkurs; Forderung; Intras; Betrag; Raten; Rechnung; Verfahren; Einsprache; SchKG; Gutschrift; Zahlungsbefehl; Betreibung; Partei; Akten; Einspracheentscheid; Rechtsvorschlag; Beschwerdeführers; Zahlungsvereinbarung; Parteien; Obligatorisch; Verfügung
Rechtsnorm: Art. 231 KG ; Art. 265 KG ; Art. 75 KG ;
Referenz BGE:121 V 109; 125 V 276;
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
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Entscheid
Präsident Martin Rutishauser, Versicherungsrichterin Christiane Gallati Schneider und Versicherungsrichter Franz Schlauri; Gerichtsschreiber Walter Schmid

Entscheid vom 27. September 2007 In Sachen

G.

Beschwerdeführer, gegen

INTRAS Krankenkasse, Generaldirektion, Rue Blavignac 10, 1227 Carouge GE, Beschwerdegegnerin,

betreffend Forderung

hat das Versicherungsgericht in Erwägung gezogen:

I.

A.- G. ist seit 1991 bei der Intras Krankenversicherung obligatorisch unter Einschluss des Unfallrisikos versichert. Mit Schreiben vom 23. Juni 2003 stellte die Intras dem Versicherten eine Mahnung im Betrag von Fr. 1'148.-- (Rechnung Nr. 37526608 vom 30. April 2003) zuzüglich Fr. 10.-- Mahngebühr zu (act. G 3.1/5). Hierauf teilte der Versicherte der Intras im Schreiben vom 4. Juli 2003 mit, er sei zur Zeit nicht zahlungsfähig. Er sei bereit, das weitere Vorgehen zu besprechen (act. G 3.1/6). Am 18. Juli 2003 bat die Intras den Versicherten um telefonische Kontaktnahme zur Besprechung des Vorgehens (act. G 3.1/7). Am 24. Januar 2004 leistete der Versicherte eine Zahlung von Fr. 145.-- (act. G 3.1/8). In der Folge leitete die Intras für einen Betrag von Fr. 1'003.-- (Fr. 1'148.-- abzüglich Fr. 145.--) zuzüglich Mahngebühren von Fr.

80.-- die Betreibung ein. Gegen den vom Betreibungsamt A. am 4. Januar 2007 zugestellten Zahlungsbefehl erhob der Versicherte Rechtsvorschlag (act. G 3.1/9). Am

24. Januar 2007 hob die Intras den Rechtsvorschlag verfügungsweise auf (act. G 3.1/10). In der Einsprache vom 29. Januar 2007 erklärte der Versicherte, er habe im Jahr 2003 insgesamt Fr. 3'324.85 an Prämien und Abrechnungen bezahlt. Eine noch offene Rechnung sei ihm nicht bekannt. Es stelle sich die Frage, wieso ihm am 11. Juli 2003 eine Gutschrift im Betrag von Fr. 573.-- gemacht worden sei, wenn noch eine Rechnung vom 30. April 2003 offen wäre. Es befremde ihn, dass ohne jede Zahlungserinnerung oder Mahnung nach über dreieinhalb Jahren ein Zahlungsbefehl betreffend eine nicht bekannte Faktura zugestellt werde. Am 9. Februar 2007 teilte die Intras dem Versicherten mit, sie habe Verständnis für seine Situation (finanzieller Engpass) gezeigt und eine Ratenzahlung der Rechnung Nr. 37526608 mit ihm vereinbart. Diese Zahlungsvereinbarung habe er bis heute nicht eingehalten (act. G 3.1/11). Im Einspracheentscheid vom 14. Februar 2007 bestätigte die Intras ihre Verfügung vom 24. Januar 2007 (act. G 3.1/12).

B.- a) Gegen diesen Einspracheentscheid erhob der Versicherte am 15. Februar 2007 Beschwerde mit den Rechtsbegehren, die Beschwerdegegnerin sei anzuhalten, den Zahlungsbefehl zu beseitigen und sich bei ihm schriftlich zu entschuldigen. Er erhebe "Anspruch auf eine Aktenbearbeitung" von Fr. 200.--, und die mit Prämienrechnung 41437638 zuviel bezahlte Prämie von Fr. 239.-- sei mit Zins zu 5% ab 27. Februar 2003 zurückzuerstatten; alles unter Kosten- und Entschädigungsfolge. Zur Begründung

wiederholte er seine Darlegungen in der Einsprache und legte zusätzlich dar, die Beschwerdegegnerin habe anerkannt, dass er bereits zuviel an Prämien und Ausständen bezahlt habe. Denn mit der Prämienabrechnung Nr. 38637083 sei eine Gutschrift über Fr. 573.-- in Abzug gebracht worden.

  1. In der Beschwerdeantwort vom 26. März 2007 beantragte die Beschwerdegegnerin Abweisung der Beschwerde.

  2. Mit Replik vom 28. März 2007 (act. G 5) und Duplik vom 7. Mai 2007 (act. G 7) bestätigten die Parteien ihre Standpunkte.

C.- Eine Anfrage des Versicherungsgerichts vom 24. Juli 2007 (act. G 9) beantwortete die Beschwerdegegnerin mit Eingabe vom 21. August 2007 (act. G 10). Der Beschwerdeführer verzichtete auf eine Stellungnahme (act. G 11).

II.

1.- Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens sind offene Prämienforderungen aus der obligatorischen Krankenpflegeversicherung des Beschwerdeführers betreffend die Monate Juli 2001 bis Dezember 2002 (vgl. act. G 3.1/12), wie sie mit Zahlungsbefehl vom 4. Januar 2007 seitens der Beschwerdegegnerin geltend gemacht wurden, und an welchen sie mit Verfügung vom 24. Januar 2007 und im angefochtenen Einspracheentscheid festhielt. Unbestritten ist, dass der Beschwerdeführer seit 1991 im Rahmen der obligatorischen Krankenpflegeversicherung bei der Beschwerdegegnerin versichert war.

2.- a) Gemäss Art. 90 Abs. 3 KVV hat der Versicherer das Vollstreckungsverfahren einzuleiten, wenn versicherte Personen trotz Mahnung fällige Prämien (und Kostenbeteiligungen) nicht bezahlen. Die Krankenversicherer haben die Befugnis, mit Verfügung über den Bestand ihrer Forderungen gegenüber versicherten Personen zu entscheiden und einen im Betreibungsverfahren erhobenen Rechtsvorschlag analog zu Art. 79 Abs. 1 des Bundesgesetzes über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG; SR 281.1) zu beseitigen (vgl. BGE 121 V 109; Art. 54 Abs. 2 des Bundesgesetzes über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts [ATSG; SR 830.1]).

  1. Vorliegend ergibt sich aus den Akten und ist auch unbestritten, dass per 9. Juli 2002 ein Ausstand des Beschwerdeführers gegenüber der Intras im Betrag von Fr. 3'428.-- vorlag (act. G 3.1/3). Gestützt auf eine Ratenzahlungsvereinbarung leistete der Beschwerdeführer 8 Raten à Fr. 285.--; 4 Raten im Gesamtbetrag von Fr. 1'148.-- (3x Fr. 285.--, 1x Fr. 293.--) blieben gemäss Aufstellung der Beschwerdegegnerin unbezahlt (act. G 3.1/4). Ausgehend von der Aufstellung des Beschwerdeführers, gemäss welcher 7 Raten bezahlt wurden (act. G 1/8), würden sogar 5 Raten noch ausstehen. Der Beschwerdeführer anerkannte seinen momentanen finanziellen Engpass (act. G 3.1/6), worauf die Beschwerdegegnerin ihn am 18. Juli 2003 um telefonische Kontaktnahme zur Besprechung des Vorgehens ersuchte (act. G 3.1/7). Nach Lage der Akten reagierte der Beschwerdeführer hierauf nicht unmittelbar. Dies offenbar gestützt auf die Annahme, dass die Beschwerdegegnerin mit einer am 19. August 2003 erfolgten Gutschrift von Fr. 573.-- anerkannt habe, dass er "bereits zuviel an Prämien und Ausstände bezahlt habe" (act. G 1 S. 2). Die Beschwerdegegnerin erklärte die Gutschrift des Betrages von Fr. 573.—indessen damit, dass sie im Jahr 2003 eine ausserordentliche Prämienerhöhung für die Periode Oktober bis Dezember 2003 habe vornehmen müssen, worüber die Versicherten informiert worden seien. Der Beschwerdeführer habe für Oktober bis Dezember 2003 nicht Fr. 573.-- (Fr. 191.-- x 3), sondern Fr. 642.-- (Fr. 214.-- x 3) geschuldet. Buchhalterisch sei daher eine Gutschrift von Fr. 573.-- verbucht, gleichzeitig aber auch eine Belastung von Fr. 642.-- in Rechnung gestellt worden. Die Differenz von Fr. 69.-- habe der Beschwerdeführer am

    21. August 2003 bezahlt (act. G 7 mit Hinweis auf act. G 7.1 und 7.2). Aus der vermeintlichen Gutschrift von Fr. 573.-- kann der Beschwerdeführer mit Blick auf diese Umstände somit nichts zu seinen Gunsten ableiten.

  2. Der Beschwerdeführer wendet hinsichtlich der Zahlungsvereinbarung im Weiteren ein, ab Februar 2003 habe er keine weiteren Rechnungen mit dem Vermerk "Abrechnung Buchhaltung" (betreffend Zahlungsvereinbarung) erhalten, andernfalls diese von ihm bezahlt worden wären (act. G 5). Selbst wenn es zutreffen sollte, dass die Beschwerdegegnerin dem Beschwerdeführer ab einem bestimmten Zeitpunkt keine weiteren Beträge aus der Zahlungsvereinbarung (mehr) in Rechnung stellte, vermöchte dies nichts an der nicht vollständigen Tilgung des Ausstandes zu ändern. Am 26. Januar 2004 leistete der Beschwerdeführer nach Lage der Akten, auch wenn er dies heute in Abrede stellt (act. G 5), eine Zahlung von Fr. 145.-- (act. G 3.1/8 und 7.4). Er

    macht nun allerdings sinngemäss geltend, dass danach bis zum Zahlungsbefehl vom 4. Januar 2007 (act. G 3.1/9) fast drei Jahre vergangen und im Privatkonkurs im Jahr 2002 keine Forderungen der Beschwerdegegnerin eingegangen seien (act. G 5).

  3. Die Konkurseröffnung gegenüber dem Beschwerdeführer (summarisches Verfahren gemäss Art. 231 SchKG) erfolgte am 9. Oktober 2002. Im Amtsblatt des Kantons St. Gallen wurde am 7. Februar 2003 eine Eingabefrist bis 7. März 2003 angesetzt (ABl 2003, 288). Am 7. Januar 2004 wurde das Verfahren abgeschlossen. Vor der Konkurseröffnung entstandene Forderungen müssen spätestens bis zum Schluss des Konkursverfahrens angebracht werden (vgl. Art. 232 Abs. 2 Ziffer 2 und 251 Abs. 1 SchKG), andernfalls sie nicht mehr geltend gemacht werden können.

    Vorliegend geht es um einen Ausstand per Ende Juni 2002 (vgl. act. G 3.1/4: die 12. und letzte Rate betraf per 30. Juni 2002 ausstehende Beiträge). Hätte die Beschwerdegegnerin mit dieser Forderung am damaligen Konkursverfahren teilgenommen, würde sie für den allfällig ungedeckten Betrag über einen Konkursverlustschein verfügen (Art. 265 SchKG; vgl. AMMON/GASSER, Grundriss des Schuldbetreibungs- und Konkursrechts, 6. A., Rz 22 zu § 48). Diesfalls wäre eine neue Betreibung erst dann wieder möglich, wenn der Beschwerdeführer seit dem Konkurs zu neuem Vermögen gekommen wäre (Art. 265 Abs. 2 SchKG). Will ein Schuldner in einer neuen Betreibung für die Verlustscheinforderung die Einrede mangelnden neuen Vermögens erheben, muss er dies mit Rechtsvorschlag gegen den Zahlungsbefehl tun. Dazu genügt die Erklärung: "Kein neues Vermögen". Bei Unterlassung ist die Einrede verwirkt, sie könnte also in einem späteren Verfahrensstadium nicht nachgeholt werden (Art. 75 Abs. 2 SchKG; AMMON/GASSER, a.a.O., Rz 36 zu § 48). Im vorliegenden Verfahren wäre die Einrede demgemäss verwirkt und die Forderung zu überprüfen. Die Beschwerdegegnerin gab nun allerdings die streitige Forderung im ursprünglichen Konkursverfahren (2002-2004) nicht ein und verfügt dementsprechend auch über keinen Verlustschein (vgl. act. G 9, 10), weshalb sie die Forderung im heutigen Zeitpunkt nicht mehr stellen kann. Der Umstand, dass noch im Juli 2003 eine Abzahlungsvereinbarung getroffen wurde (act. G 10) und der Beschwerdeführer einen Teil der Raten bezahlte, vermag hieran nichts zu ändern. Als Folge davon hat der Beschwerdeführer auch die zwischenzeitlichen Aufwendungen der Beschwerdegegnerin zur Eintreibung der Forderung nicht zu vertreten, so dass von ihm

    keine Mahngebühren (vgl. BGE 125 V 276; Art. 31 Ziffer 3 der Bedingungen für die obligatorische Krankenpflegeversicherung; act. G 3.1/1) erhoben werden können.

  4. Hinsichtlich des Vorbringens des Beschwerdeführers, er habe für Februar 2004 Fr. 239.-- zuviel Prämien bezahlt, nachdem die Prämien für das erste halbe Jahr 2004 bereits am 5. Januar 2004 geleistet worden seien (act. G 1/8), hält die Beschwerdegegnerin fest, dieser Betrag sei "in Abzug seiner Schuld" in der Buchhaltung eingetragen worden (act. G 7). Die Prämie für 2004 betrifft allerdings den hier einzig streitigen Prämienausstand für das Jahr 2002 von Fr. 1'003.-- (Fr. 1'148.-- abzüglich Zahlung von Fr. 145.--) als solchen nicht. Der Betrag von Fr. 239.-- bildete weder Gegenstand des angefochtenen Entscheids noch der ihm zugrunde liegenden Verfügung; er ist dementsprechend in diesem Verfahren auch nicht in die Prüfung mit einzubeziehen.

3.- Im Sinn der vorstehenden Erwägungen ist die Beschwerde unter Aufhebung des Einspracheentscheids vom 14. Februar 2007 gutzuheissen. Gemäss Art. 61 lit. a ATSG ist das Verfahren kostenlos. Der Beschwerdeführer erhebt "Anspruch auf eine Aktenbearbeitung von Fr. 200.--" und macht sinngemäss eine Entschädigung zulasten der Beschwerdegegnerin geltend (act. G 1 S. 2). Im Umfang des Obsiegens ist grundsätzlich eine Parteientschädigung zuzusprechen (Art. 61 lit. g ATSG). Hingegen wird einer nicht vertretenen Partei der Zeitaufwand für das Erstellen von Rechtsschriften nicht entschädigt, und Barauslagen werden nur ersetzt, wenn sie erheblich und nachgewiesen sind (GVP 1993, 111). Einem Rechtssuchenden ist es zuzumuten, zur Wahrung seiner Interessen einen bestimmten Aufwand zu betreiben, ohne eine Entschädigung verlangen zu können. Aufgrund dieser Rechtslage kommt die Ausrichtung einer Parteientschädigung an den Beschwerdeführer im konkreten Fall nicht in Betracht.

Demgemäss hat das Versicherungsgericht

im Zirkulationsverfahren gemäss Art. 53 GerG entschieden:

  1. In Gutheissung der Beschwerde wird der Einspracheentscheid vom 14. Februar 2007 aufgehoben.

  2. Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

  3. Eine Parteientschädigung wird nicht zugesprochen.

Quelle: https://www.sg.ch/recht/gerichte/rechtsprechung.html
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