Zusammenfassung des Urteils K 2004/3: Verwaltungsgericht
Eine Mitarbeiterin namens Y. hat gegen den Kanton St. Gallen geklagt, da ihr Arbeitsverhältnis bei den Kantonalen Psychiatrischen Diensten aufgehoben wurde. Es ging um die Forderung nach Lohn für den Monat März 2004. Das Verwaltungsgericht entschied, dass die Klage abgewiesen wird, da eine einvernehmliche Aufhebungsvereinbarung getroffen wurde und die behauptete Arbeitsunfähigkeit nicht nachgewiesen werden konnte. Der Richter Dr. U. Cavelti leitete den Fall. Es wurden keine amtlichen Kosten erhoben, da es sich um ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis handelte.
Kanton: | SG |
Fallnummer: | K 2004/3 |
Instanz: | Verwaltungsgericht |
Abteilung: | Verwaltungsgericht |
Datum: | 14.09.2004 |
Rechtskraft: |
Leitsatz/Stichwort: | Entscheid Personalrecht. Zulässigkeit der einvernehmlichen Aufhebung des Angestelltenverhältnisses; Beweiskraft eines ärtzlichen Zeugnisses, das zwei Wochen nach der geltend gemachten Arbeitsunfähigkeit ausgestellt wurde (Verwaltungsgericht, K 2004/3). |
Schlagwörter: | Kündigung; Arbeit; Quot; Aufhebung; Klage; Dienstverhältnis; Arbeitsunfähigkeit; Aufhebungsvereinbarung; Recht; Vereinbarung; öffentlich-rechtliche; Parteien; Arztzeugnis; Krankheit; Verwaltungsgericht; Gallen; Kündigungsfrist; Auflösung; Dienstverhältnisses; Kanton; Verfügung; Anstellungsverhältnis; Klageverfahren; Kündigungsschutzbestimmung; Voraussetzung; Untersuchung |
Rechtsnorm: | Art. 336c OR ;Art. 343 OR ; |
Referenz BGE: | 110 II 170; 115 V 441; 119 II 450; |
Kommentar: | - |
Urteil vom 14. September 2004
Anwesend: Präsident Dr. U. Cavelti; Verwaltungsrichter Dr. E. Oesch-Frischkopf, Dr. B. Heer, lic. iur. A. Rufener; Ersatzrichterin lic. iur. D. Gmünder Perrig; Gerichtsschreiber lic. iur. Th. Vögeli
In Sachen
Y.,
Klägerin, gegen
Kanton St. Gallen, vertreten durch das Gesundheitsdepartement, Moosbruggstrasse 11, 9001 St. Gallen,
Beklagter, betreffend
Forderung aus öffentlich-rechtlichem Dienstverhältnis hat das Verwaltungsgericht festgestellt:
./ Seit 1. September 2000 war X. Y. bei den Kantonalen Psychiatrischen Diensten des Kantons St. Gallen (nachfolgend KPD) angestellt. Mit Schreiben vom 18. Mai 2003 wurde ihr unter Gewährung des rechtlichen Gehörs die Kündigung per 31. Dezember 2003 in Aussicht gestellt. Zur Begründung wurde angeführt, im Rahmen von Sparmassnahmen werde die Personalabteilung umstrukturiert und dabei ihre Stelle per Ende Dezember 2003 aufgehoben.
Mit Vereinbarung vom 28. Mai 2003 hielten die KPD und X. Y. folgendes fest:
"1. Die Kündigung erfolgt per 29. Februar 2004 und nicht per 31. Dezember 2003.
Sie beziehen unbezahlten Urlaub in der Zeit vom 1. Juni 2003 bis 30. Juni 2003.
Sie beziehen alle Überzeit-, Gleitzeit- und Ferienguthaben (inkl. der Ferienguthaben, die für Januar und Februar 2004) vor dem 29. Februar 2004. Für den Rest ihrer Anstellungsdauer werden Sie freigestellt. Es erfolgt keine Auszahlung von Überzeit, Gleitzeit Ferien.
Zum Zeichen Ihres Einverständnisses mit dieser Vereinbarung bitten wir Sie, uns eine Kopie dieses Schreibens unterschrieben zu retournieren. Im Anschluss werden wir Ihnen die Kündigungsverfügung zukommen lassen."
Am 11. Juni 2003 erliessen die KPD eine als Kündigung des Dienstverhältnisses mit X.
per 29. Februar 2004 bezeichnete Verfügung.
Am 16. Februar 2004 teilte X. Y. ihrem Arbeitgeber mit, das dem Schreiben beigelegte Arztzeugnis bescheinige, dass sie vom 29. Januar 2004 bis zum 2. Februar 2004 arbeitsunfähig gewesen sei; weil sie in gekündigter Stellung sei, werde die Kündigungsfrist aufgrund der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit unterbrochen und das Anstellungsverhältnis bis zum 31. März 2004 verlängert.
Im folgenden Schriftenwechsel mit den KPD hielt X. Y. an ihrem Standpunkt fest; die KPD vertraten die Auffassung, das Anstellungsverhältnis sei per Ende Februar 2004 beendet worden, was sie mit Schreiben vom 29. April 2004 bekräftigten.
./ Mit einer als Rekurs bezeichneten Eingabe vom 14. Mai 2004 beantragte X. Y. beim Gesundheitsdepartement des Kantons St. Gallen, die Verfügung der KPD vom 29. April 2004 sei aufzuheben und ihr Arbeitgeber sei zu verpflichten, ihr den Lohn für den Monat März 2004 in der Höhe von Fr. ..... zuzüglich Fr. ..... Anteil 13. Monatslohn (abzüglich Sozialleistungen) zu bezahlen, unter Kosten- und Entschädigungsfolge.
Am 18. Mai 2004 überwies das Gesundheitsdepartement die Eingabe von X. Y. zuständigkeitshalber an das Verwaltungsgericht und lehnte den geltend gemachten Anspruch ab.
Am 7. Juni 2004 reichte das Gesundheitsdepartement die Klageantwort ein und beantragte, die Klage sei abzuweisen.
Mit Replik vom 29. Juni 2004 anerkennt die Klägerin, dass die Streitsache im Klageverfahren zu behandeln ist; im übrigen hält sie vollumfänglich an ihren eingangs gestellten Anträgen fest.
Mit Duplik vom 9. Juli 2004 hielt der Beklagte an seinem Antrag auf Abweisung der Klage fest.
Auf weitere Vorbringen und Ausführungen der Beteiligten wird, soweit wesentlich, in den nachstehenden Erwägungen eingegangen.
Darüber wird in Erwägung gezogen:
./ a) Das Verwaltungsgericht prüft die Sachurteilsvoraussetzungen von Amtes wegen (Art. 80 und Art. 64 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 6 Abs. 2 des Gesetzes über die Verwaltungsrechtspflege, sGS 951.1, abgekürzt VRP).
Bei den KPD handelt es sich um eine unselbständige öffentlich-rechtliche Anstalt des Kantons St. Gallen, weshalb der Kanton St. Gallen, vertreten durch das Gesundheitsdepartement, passivlegitimiert ist.
aa) Bei der Kündigung von öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnissen besteht ein Dualismus von Anfechtungs- und Klageverfahren. Während die Rechtmässigkeit der Kündigung grundsätzlich im Anfechtungsverfahren zu prüfen ist, steht für die vermögensrechtlichen Aspekte der Kündigung das Klageverfahren zur Verfügung (vgl. Art. 79bis VRP; Cavelti/Vögeli, Verwaltungsgerichtsbarkeit im Kanton St. Gallen, St. Gallen 2003, Rz. 1147 ff.; GVP 1995 Nr. 3; M. Merker, Rechtsschutzsysteme im neuen öffentlichen Personalrecht, in: Personalrecht des öffentlichen Dienstes, Bern 1999, S. 469 ff.).
Richtet sich ein vermögensrechtlicher Anspruch aus einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis gegen ein Gemeinwesen, so kann die Klage erst erhoben werden, wenn die oberste in der Sache zuständige Verwaltungsbehörde des Gemeinwesens den Anspruch abgelehnt hat (Art. 80 Abs. 2 VRP).
bb) Das Anstellungsverhältnis zwischen den Parteien ist öffentlich-rechtlicher Natur. Beim Begehren der Klägerin um Bezahlung des Lohnes für den Monat März 2004 handelt es sich um eine vermögensrechtliche Forderung. Im Übermittlungsschreiben vom 18. Mai 2004 lehnte das Gesundheitsdepartement des Kantons St. Gallen als oberste in der Sache zuständige Verwaltungsbehörde den geltend gemachten Anspruch ab (Art. 80 Abs. 2 VRP). Das Verwaltungsgericht ist somit zur Beurteilung der Streitsache im Klageverfahren zuständig; das Begehren der Klägerin um Aufhebung des Schreibens der KPD vom 29. April 2003 (bei welchem es sich im übrigen ohnehin nicht um eine anfechtbare Verfügung handelt) ist als gegenstandslos zu behandeln.
Die Klageschrift entspricht den gesetzlichen Anforderungen (Art. 80 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 64 Abs. 1 und Art. 48 Abs. 1 VRP).
Auf die Klage ist demnach einzutreten.
./ Es ist zu prüfen, ob sich das Dienstverhältnis zwischen den Parteien infolge Unterbruchs der Kündigungsfrist durch eine Sperrfrist verlängert hat und der Beklagte der Klägerin daher den Lohn für den Monat März 2004 schuldet.
Zur Begründung ihres Rechtsbegehrens führt die Klägerin im wesentlichen an, sie sei vom 29. Januar 2004 bis zum 2. Februar 2004 krankheitshalber arbeitsunfähig gewesen, weshalb die Kündigungsfrist in Anwendung von Art. 336c des Obligationenrechts (SR 220, abgekürzt OR) bis zum 31. März 2004 verlängert worden sei.
Der Beklagte entgegnet darauf im wesentlichen, das Anstellungsverhältnis sei im gegenseitigen Einvernehmen aufgelöst worden, weshalb Art. 336c Abs. 2 OR nicht zur Anwendung gelange.
Der Titel der Vereinbarung zwischen den Parteien vom 28. Mai 2003 lautet "Kündigung Ihres Dienstverhältnisses - Vereinbarung". Diese Überschrift weist darauf hin, dass mit dem genannten Schreiben die Auflösung des Dienstverhältnisses zwischen den Parteien vereinbart wurde. In Ziff. 1 des Schreibens wird der Kündigungstermin denn auch ausdrücklich auf den 29. Februar 2004 festgelegt. Überdies geht aus der Vereinbarung hervor, dass ursprünglich ein früherer Kündigungstermin ("nicht per 31. Dezember 2003") vorgesehen war und mit der Aufhebungsvereinbarung ein späteres Datum für die Beendigung des Dienstverhältnisses festgelegt wurde. Dies deutet darauf hin, dass die KPD der Klägerin entgegenkamen und in Abänderung ihrer ursprünglichen Absicht, das Arbeitsverhältnis per Ende 2003 zu beenden, eine Verlängerung bis Ende Februar 2004 gewährten. Sodann wird im Text ausgeführt, die KPD hätten mit der Klägerin "folgendes vereinbart" und die Klägerin werde "zum Zeichen Ihres Einverständnisses mit dieser Vereinbarung" ersucht, die Abmachung unterschrieben an die KPD zu retournieren. Im weiteren wird im Schreiben ausdrücklich auf die der Vereinbarung zugrunde liegenden Gespräche zwischen den Parteien hingewiesen, was ebenfalls das einvernehmliche Zustandekommen des im fraglichen Dokument Festgehaltenen bestätigt.
Im weiteren bezeichnet auch die Klägerin das betreffende Dokument als "Vereinbarung"; sie anerkennt ausdrücklich, "mit den in der Vereinbarung vom 28. Mai 2003 aufgeführten Punkten einverstanden" zu sein (S. 4 Replik). Ihr Einwand, dies sei keine einvernehmliche Auflösung des Arbeitsverhältnisses gewesen, da sie unter den gegebenen Voraussetzungen lediglich bereit gewesen sei, die Kündigung hinzunehmen und nicht anzufechten, ist nicht stichhaltig. Die Vereinbarung beinhaltet keinen förmlichen Rechtsmittelverzicht. Gerade der Umstand, dass die Klägerin die Kündigung nur unter gewissen Bedingungen akzeptierte, deutet auf eine einvernehmliche Auflösungsvereinbarung hin.
Aus dem Gesagten ergibt sich, dass die Parteien eine einvernehmliche Aufhebungsvereinbarung über die Beendigung des Anstellungsverhältnisses abgeschlossen haben.
Zwar haben die KPD trotz Vorliegens einer Aufhebungsvereinbarung am 11. Juni 2003 eine als Kündigung bezeichnete Verfügung erlassen. Darin wird indes neben einer allgemein gehaltenen Begründung nur der zwischen den Parteien bereits vereinbarte Kündigungstermin aufgeführt. Das Schreiben der KPD vom 11. Juni 2003 ist daher nur als Bestätigung des zwischen den Parteien bereits Vereinbarten zu betrachten. Insbesondere fehlen im zitierten Schreiben die individuell vereinbarten Rahmenbedingungen (unbezahlter Urlaub, Freistellung), welche im Streitfall von entscheidender Bedeutung sind, was ebenfalls darauf schliessen lässt, dass die KPD dieses Schreiben im Sinne einer Bestätigung der Beendigung des Anstellungsverhältnisses gemäss der Auflösungsvereinbarung verstanden.
Daraus ergibt sich, dass die als Verfügung bezeichnete Mitteilung der KPD vom 11. Juni 2003 für die Beurteilung des von der Klägerin geltend gemachten Anspruchs nicht von entscheidender Bedeutung ist.
Es ist zu prüfen, ob die privatrechtliche Kündigungsschutzbestimmung von Art. 336c OR auf die Auflösung eines öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses anwendbar ist und ob gegebenenfalls eine Berufung auf diese Bestimmung auch bei einer Aufhebungsvereinbarung zulässig ist.
aa) Das öffentliche Dienstverhältnis wird vom öffentlichen Recht geregelt, welches einseitig durch den öffentlichen Arbeitgeber festgelegt wird und auch geändert werden kann. Das Privatrecht kann nur insoweit als ergänzendes öffentliches Recht übernommen werden, als das öffentliche Recht eine Lücke aufweist, die nicht durch analoge Anwendung anderer öffentlich-rechtlicher Normen gefüllt werden kann wenn das Privatrecht grundlegende Bestimmungen enthält, welche Ausdruck allgemeiner Rechtsgrundsätze sind (ZBl 98/1997, S. 69 mit Hinweisen). Zudem wird durch die in einem öffentlich-rechtlichen Erlass vorgenommene Verweisung auf Bundeszivilrecht dieses zum öffentlichen Recht des betreffenden Gemeinwesens (T. Poledna, Annäherungen ans Obligationenrecht, in: Helbling/Poledna [Hrsg.], Personalrecht des öffentlichen Dienstes, Bern 1999, S. 213).
Art. 83 des Staatsverwaltungsgesetzes (sGS 140.1, abgekürzt StVG) statuiert die sachgemässe Anwendung des Schweizerischen Obligationenrechts, soweit durch Verordnung keine weitergehenden Kündigungsschutzbestimmungen vorgesehen sind.
Gemäss Art. 65 Abs. 1 der Verordnung über den Staatsdienst (sGS 143.20) kann während Krankheit Unfall das Dienstverhältnis erst nach Ablauf des Besoldungsanspruchs gekündigt werden (unter Vorbehalt der Kündigung während der Probezeit [lit. a] und der fristlosen Auflösung des Dienstverhältnisses nach Art. 78 und 82 StVG [lit. b]).
Indes fehlt im kantonalen Recht eine Bestimmung für den Fall, bei dem im Zeitpunkt des Krankheitsbeginns die Kündigung bereits ausgesprochen, die Kündigungsfrist aber noch nicht abgelaufen ist. Gestützt auf Art. 83 StVG ist daher die entsprechende privatrechtliche Regelung sachgemäss anwendbar. Gemäss Art. 336c Abs. 1 lit. b in Verbindung mit Art. 336c Abs. 2 OR wird bei Krankheit der Ablauf der Kündigungsfrist unterbrochen (Sperrfrist) und erst nach Beendigung der Sperrfrist fortgesetzt.
bb) Die Klägerin anerkennt, dass Art. 336c OR bei Vorliegen einer Aufhebungsvereinbarung nicht anwendbar sei. Indessen hat das Verwaltungsgericht auch im Klageverfahren gemäss dem Grundsatz "iura novit curia" das geltende Recht von Amtes wegen anzuwenden. Es ist daher zu prüfen, ob Art. 336c OR auf die
Aufhebungsvereinbarung zwischen den Parteien anwendbar ist (vgl. VerwGE vom 26. August 2003 i.S. P.W.).
cc) Art. 336c OR ist eine relativ zwingende Bestimmung, das heisst, es darf durch Parteivereinbarung nur zugunsten der Arbeitnehmenden abgewichen werden (vgl. statt vieler BGE 119 II 450; AJP 2002 S. 1360). In Anwendung dieses Grundsatzes können gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung unter gewissen Voraussetzungen zwingende Kündigungsvorschriften vertraglich wegbedungen werden (BGE 110 II 170).
aaa) Erste Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Aufhebungsvereinbarung ist das Vorliegen einer gesetzlichen Grundlage (M. Michel, Beamtenstatus im Wandel, Diss. Zürich 1998, S. 276 f.).
Gemäss Art. 86 Abs. 1 StVG kann eine von den allgemeinen Vorschriften abweichende Regelung durch Vertrag getroffen werden, wenn "besondere Umstände es rechtfertigen". Damit ist die Voraussetzung einer gesetzlichen Grundlage grundsätzlich erfüllt. Ob "besondere Umstände" im Sinne von Art. 86 Abs. 1 StVG vorliegen, ist im Rahmen der weiteren Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer Aufhebungsvereinbarung zu prüfen.
bbb) Als weitere Voraussetzung wird im Zusammenhang mit einer einvernehmlichen Auflösung eines öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses verlangt, dass der Arbeitnehmer durch den Aufhebungsvertrag nicht schlechter gestellt werden darf als bei der Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsregeln. Diese für das private Arbeitsrecht geltende Mindestgarantie hat auch für das öffentlich-recht- liche Dienstverhältnis zu gelten (VerwGE vom 26. August 2003 i.S. P.W. mit Hinweis auf Michel, a.a.O., S. 276).
Es stellt sich die Frage, was als Mindestgarantie zu gelten hat.
Würde die Bestimmung von Art. 336c OR - ausgehend von der privatrechtlichen Terminologie - als "zwingend" betrachtet, würde ein breites Anwendungsfeld von arbeits- bzw. dienstrechtlichen Aufhebungsverträgen eingeschränkt. Eine solche Einschränkung liegt nicht im Interesse von Arbeitnehmer und Arbeitgeber. So wird gerade der Aufhebungsvertrag auch im öffentlichen Dienstrecht häufig zum Vorteil des
Arbeitnehmers benutzt, um diesem einen vorzeitigen Stellenwechsel zu ermöglichen anderweitig auf seine besondere Situation Rücksicht zu nehmen. Bei Aufhebungsvereinbarungen kommt Art. 336c OR grundsätzlich nicht zum Tragen (vgl. Streiff/von Kaenel, Arbeitsvertrag, Leitfaden zum Arbeitsvertragsrecht, 5. Aufl., Zürich 1993, N 2 zu Art. 336c OR mit Hinweisen). Dem Wegfall des in Art. 336c OR enthaltenen Kündigungsschutzes stehen im vorliegenden Fall gleichwertige Vorteile gegenüber. Trotz bestehendem Dienstverhältnis zwischen den Parteien arbeitete die Klägerin während rund neun Monaten nicht bei den KPD; neben dem Bezug von Ferien und der Kompensation von Überstunden wurde sie während rund drei Monaten von der Arbeit freigestellt; überdies wurde ihr während eines Monats unbezahlter Urlaub gewährt. Insbesondere die Freistellung während dreier Monate bei vollem Gehalt stellt einen erheblichen Vorteil dar; der mit dem Abschluss der Aufhebungsvereinbarung verbundene Verzicht auf die Möglichkeit, sich auf die Kündigungsschutzbestimmung nach Art. 336c OR zu berufen, wird dadurch kompensiert.
Daraus ergibt sich, dass die Klägerin durch die Aufhebungsvereinbarung nicht schlechter gestellt wird als bei der Anwendung der Kündigungsschutzbestimmung von Art. 336c OR.
ccc) Als letzte Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Aufhebungsvereinbarung müssen Abweichungen von den sonst geltenden Auflösungsregeln sachlich gerechtfertigt sein (M. Michel, a.a.O., S. 277).
Neben der bereits ursprünglich grosszügig angesetzten Kündigungsfrist haben die KPD im Rahmen der Auflösung des Dienstverhältnisses den individuellen Bedürfnissen der Klägerin weitgehend Rechnung getragen; insbesondere in zeitlicher Hinsicht wurden gegenüber der Klägerin aussergewöhnliche Zugeständnisse gemacht (Freistellung, unbezahlter Urlaub, Verschiebung Kündigungstermin um zwei Monate). Sinn und Zweck der Kündigungsschutzbestimmung von Art. 336c Abs. 2 OR besteht darin, dass dem gekündigten Arbeitnehmer trotz zeitweiliger Arbeitsunfähigkeit eine ungekürzte Kündigungsfrist garantiert werden soll, damit er in der Lage ist, sich nach einer neuen Stelle umzusehen; dem Arbeitnehmer ist daher insbesondere während der Schlussphase des bisherigen Arbeitsverhältnisses die Möglichkeit der Stellensuche zu gewährleisten (vgl. BGE 115 V 441; 109 II 332 mit Hinweisen). Mit der in der
Aufhebungsvereinbarung gewährten Freistellung während der Kündigungsfrist sowie zusätzlich dreier Monate stand der Klägerin indes bedeutend mehr freie Zeit für die Stellensuche zur Verfügung, als wenn lediglich die gesetzliche Kündigungsfrist von drei Monaten eingehalten und diese während der behaupteten Krankheit nach Art. 336c OR unterbrochen worden wäre.
dd) Die Aufhebungsvereinbarung und die entsprechende Abweichung von der Kündigungsschutzbestimmung nach Art. 336c OR sind daher zulässig.
Nachdem festgestellt wurde, dass die fragliche privatrechtliche Kündigungsschutzbestimmung nicht zur Anwendung gelangt, kann auf weitere Ausführungen zu den Einwendungen des Beklagten betreffend Rechtsmissbrauch bzw. Nichtanwendbarkeit von Art. 336c OR bei Freistellung verzichtet werden.
./ Selbst wenn nicht von einer Aufhebungsvereinbarung, sondern von einer einseitigen Kündigung des Anstellungsverhältnisses per 29. Februar 2004 ausgegangen wird, erweist sich die Klage als unbegründet.
Die Klägerin macht geltend, sie sei vom 29. Januar bis zum 2. Februar 2004 wegen Krankheit arbeitsunfähig gewesen.
Für den Nachweis der Arbeitsunfähigkeit genügt in der Regel ein ärztliches Zeugnis. Indessen verbietet es das Vorliegen eines die Arbeitsunfähigkeit bescheinigenden Arztzeugnisses nicht, aufgrund anderer Beweismittel zu einem gegenteiligen Schluss zu kommen, wenn sich das Gericht im Rahmen der freien Beweiswürdigung nicht von der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers überzeugen lässt (vgl.
C. Schönenberger, Das Erschleichen der Lohnfortzahlung unter Berufung auf Krankheit, Diss. Zürich 2001, S. 83).
Dr. med. K. bescheinigte der Klägerin eine Arbeitsunfähigkeit vom 29. Januar bis zum 2. Februar 2004, wobei er im Zeitpunkt der behaupteten Krankheit bis zum 15. Februar 2004 ferienhalber abwesend war. Das ärztliche Attest stellte er erst am 16. Februar 2004, mithin zwei Wochen nach der behaupteten Arbeitsunfähigkeit, aus.
Ein Arbeitsunfähigkeitszeugnis verlangt grundsätzlich eine eigene Untersuchung des Arztes. Ein Verzicht auf eine Untersuchung ist mit der Beweiseignung des Arztzeugnisses nicht zu vereinbaren und kommt einem Verstoss gegen die Standesordnung der FMH gleich (vgl. Schönenberger, a.a.O., S. 76).
Im vorliegenden Fall hat der Arzt die Arbeitsunfähigkeit der Klägerin nachträglich bescheinigt, ohne ihren Gesundheitszustand im fraglichen Zeitpunkt persönlich überprüft zu haben. Aus dem Arztzeugnis geht zudem nicht hervor, wann die Konsultation stattfand. Ueber den Zeitpunkt der Untersuchung herrscht keine Klarheit, wenn der Beginn der Arbeitsunfähigkeit und das Datum des Arztzeugnisses nicht übereinstimmen. Der Arzt bestätigt, er sei bis zum 15. Februar 2004 ferienhalber abwesend gewesen. Das Zeugnis datiert vom 16. Februar 2004. Ob es aufgrund einer Konsultation und einer eigenen Untersuchung des Arztes allein aufgrund eines entsprechenden Begehrens der Klägerin ausgestellt wurde, geht weder aus dem Zeugnis noch aus den Angaben der Klägerin hervor. Diese behauptet lediglich, sie habe Dr. med. K am ersten Tag nach der Rückkehr aus den Ferien wegen des Zeugnisses aufgesucht, legt aber nicht konkret dar, der Arzt habe an jenem Datum eine Untersuchung durchgeführt. Selbst wenn eine Untersuchung an jenem Tag stattgefunden haben sollte, muss die Rückdatierung im Streitfall als übermässig qualifiziert werden. Obwohl in der Praxis rückdatierte Arztzeugnisse nicht schlechthin unzulässig sind (vgl. Schönenberger, a.a.O., S. 78), so muss bei einer Rückdatierung von zwei Wochen seit Ende der behaupteten Arbeitsunfähigkeit einem Arztzeugnis die Beweiskraft abgesprochen werden. Vielmehr ist davon auszugehen, dass der Arzt lediglich die von der Klägerin vorgetragene Behauptung bestätigte, und zwar zu einem Zeitpunkt, als die angebliche Arbeitsunfähigkeit bereits seit zwei Wochen nicht mehr bestand. Das Arztzeugnis ist damit als Gefälligkeitszeugnis bzw. als Bescheinigung zu qualifizieren, die ohne eigene Untersuchung des Arztes ausgestellt wurde. Eine solche ist, wie erwähnt, als Verstoss gegen die Standesordnung der FMH zu behandeln und erfüllt ausserdem in subjektiver Hinsicht den Tatbestand von Art. 318 Ziff. 2 StGB, wobei sogar von Eventualvorsatz ausgegangen werden kann (vgl. Schönenberger, a.a.O., S. 76).
Zur Abwesenheit von Dr. med. K. während der behaupteten Krankheit führt die Klägerin an, dass sie versucht habe, ihn in der fraglichen Woche telefonisch zu kontaktieren. Per
Telefonbeantworter sei sie auf den stellvertretenden Arzt Dr. A. verwiesen worden. Als sie diesen kontaktiert habe, sei ihr von der Praxishilfe die Auskunft erteilt worden, die Stellvertretung beziehe sich nur auf Notfälle, weshalb sie für das Arztzeugnis Dr. med.
K. nach seiner Rückkehr aufsuchen solle, was sie am ersten Arbeitstag nach dessen Ferien getan habe.
Ihr Einwand, die Vertretung von Dr. med. K. sei nur für "Notfälle" erreichbar gewesen, ist unbeachtlich, hätte sie doch ohne weiteres einen anderen Arzt aufsuchen können. Aufgrund ihrer mehrjährigen Tätigkeit in der Personalabteilung sowie ihrer Ausführungen in der Klage, wonach sie mit dem Abschluss einer Aufhebungsvereinbarung nicht einverstanden gewesen sei, "insbesondere auch aus der Überlegung heraus, dass sie bei einer allfälligen Arbeitsunfähigkeit mit nachteiligen Folgen zu rechnen hätte" (Klageschrift S. 2 f.), war die Klägerin offenkundig mit den Gepflogenheiten betreffend Krankheitsnachweis vertraut; sie wusste bzw. hätte daher um die Bedeutung eines Arztzeugnisses und die entsprechenden Anforderungen wissen müssen.
Das Gericht erachtet daher das von der Klägerin eingereichte ärztliche Attest nicht als ausreichendes Beweismittel für den Nachweis der von ihr behaupteten Arbeitsunfähigkeit in der fraglichen Zeit.
Mangels Nachweises der behaupteten Arbeitsunfähigkeit wäre die Klage demnach selbst dann abzuweisen, wenn die Berufung der Klägerin auf Art. 336c OR als zulässig erachtet würde.
./ Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die Parteien eine Aufhebungsvereinbarung abgeschlossen haben, wonach das Dienstverhältnis per Ende Februar 2004 endete. Der durch diese Vereinbarung bedingte Verzicht auf die Anwendung von Art. 336c OR ist zulässig. Im übrigen ist die von der Klägerin behauptete Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit nicht nachgewiesen, weshalb die Klage vollumfänglich abzuweisen ist.
./ a) Gemäss Art. 97bis Abs. 1 lit. b VRP werden im Beschwerdeverfahren betreffend das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis in sachgemässer Anwendung von Art. 343 Abs. 3 OR keine amtlichen Kosten erhoben. Das Verwaltungsgericht hat entschieden,
dass diese Bestimmung analog auch auf das Klageverfahren anzuwenden ist (GVP 2001 Nr. 57). Dementsprechend sind Klageverfahren nach Art. 79bis VRP, soweit sie das öffentliche Dienstrecht betreffen, unter Vorbehalt der Streitwertgrenze von Art. 343 Abs. 2 OR kostenlos.
Im vorliegenden Fall ist die Streitwertgrenze von Fr. 30'000.-- gemäss Art. 343 Abs. 2 OR nicht erreicht, weshalb keine amtlichen Kosten zu erheben sind.
b) Der Beklagte wurde vom departementalen Rechtsdienst vertreten und hat kein Entschädigungsbegehren gestellt, weshalb keine ausseramtlichen Kosten zu entschädigen sind (Art. 98ter VRP in Verbindung mit Art. 263 Abs. 3 des Zivilprozessgesetzes, sGS 961.2).
Demnach hat das Verwaltungsgericht zu Recht erkannt: 1./ Die Klage wird abgewiesen.
./ Es werden keine amtlichen Kosten erhoben.
./ Ausseramtliche Kosten werden nicht entschädigt.
V. R. W.
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: Zustellung dieses Entscheides an:
die Klägerin
den Beklagten
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