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Urteil Versicherungsgericht (SG - IV 2011/273)

Zusammenfassung des Urteils IV 2011/273: Versicherungsgericht

Der Beschwerdeführer hat eine ganze Invalidenrente ab dem 1. August 2010 beantragt, basierend auf einer kombinierten Persönlichkeitsstörung. Trotz gewisser Stabilisierung der Gesundheitssituation ist keine rentenrelevante Verbesserung nachgewiesen. Das Gutachten beruht auf unvollständigen Informationen und lässt eine tiefere Auseinandersetzung mit den abgebrochenen beruflichen Massnahmen vermissen. Aufgrund der Gesamtbetrachtung wird die Beschwerde gutgeheissen und dem Beschwerdeführer wird weiterhin eine ganze Invalidenrente zugesprochen. Die Beschwerdegegnerin muss die Gerichtsgebühr von Fr. 600.-- bezahlen und dem Beschwerdeführer eine Parteientschädigung von Fr. 3'200.-- leisten.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts IV 2011/273

Kanton:SG
Fallnummer:IV 2011/273
Instanz:Versicherungsgericht
Abteilung:IV - Invalidenversicherung
Versicherungsgericht Entscheid IV 2011/273 vom 27.11.2012 (SG)
Datum:27.11.2012
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:Entscheid Art. 26 IVV. Rentenanspruch. Psychiatrisches Gutachten nicht beweiskräftig; auf Grund der gesamten Umstände ist ein Revisionsgrund trotz eingetretener Verbesserungen nicht ausgewiesen (Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 27. November 2012, IV 2011/273).
Schlagwörter: Arbeit; Beschwerdeführers; Massnahme; Arbeitsfähigkeit; Rente; Massnahmen; Quot; Eingliederung; Persönlichkeit; Arbeitsmarkt; IV-Stelle; Gutachterin; Bericht; Besserung; Eingliederungs; Verfügung; Gutachten; Invalidenrente; Abklärung; Persönlichkeitsstörung; Verhalten; Anspruch
Rechtsnorm: Art. 17 ATSG ;Art. 369 ZGB ;
Referenz BGE:133 V 108;
Kommentar:
-

Entscheid des Verwaltungsgerichts IV 2011/273

Entscheid Versicherungsgericht, 27.11.2012

Präsidentin Lisbeth Mattle Frei, Versicherungsrichterinnen Marie Löhrer und Marie- Theres Rüegg Haltinner; Gerichtsschreiberin Jeannine Bodmer

Entscheid vom 27. November 2012

in Sachen A. ,

Beschwerdeführer,

vertreten durch Amtsvormundschaft der Stadt St. Gallen, Bahnhofplatz 1, Postfach 23, 9001 St. Gallen,

gegen

IV-Stelle des Kantons St. Gallen, Postfach 368, 9016 St. Gallen,

Beschwerdegegnerin, betreffend

Rente Sachverhalt: A.

    1. A. meldete sich am 26. Juni 2001 zum Bezug von IV-Leistungen an (act. G 7.2/1). Nachdem er verschiedene Delikte begangen, für unbestimmte Zeit in ein Erziehungsheim eingewiesen, umplatziert und schliesslich unter Auflagen aus der

      Massnahme der Heimeinweisung beurlaubt worden war, wurde er nach Äusserung von Suizidabsichten und Selbstverletzungen im Juni 2001 im Auftrag der Jugendanwaltschaft während eines Aufenthalts in der Psychiatrischen Klinik B. vom

      2. Juli bis 21. September 2001 begutachtet (vgl. act. G 7.2/25-7). Bereits im Bericht vom 26. Juli 2001 hielt Dr. med. C. folgende Diagnosen fest: Verdacht auf (V.a.) eine emotional instabile Persönlichkeitsstörung, impulsiver Typ, V.a. dissoziale Persönlichkeitsstörung, V.a. ängstliche Persönlichkeitsstörung, V.a. paranoide Persönlichkeitsstörung, V.a. Reifungshemmung, V.a. leichte Intelligenzminderung, V.a. eingeschränkte soziale Leistungsfähigkeit. Der Versicherte sei wenig belastbar. Auf Grund der psychischen Verfassung sei eine Arbeit vorerst nur im geschützten Rahmen möglich. Zudem benötige der Versicherte eine engmaschige Betreuung, um eine Überforderung zu vermeiden. Vorerst sollten Arbeiten vermieden werden, die ein hohes Mass an Konzentration Selbständigkeit erforderten (act. G 7.2/20). Gemäss dem Gutachten der Psychiatrischen Klinik B. vom 15. November 2001 bestehe beim Versicherten eine emotional instabile Persönlichkeitsorganisation mit typologisch akzentuierten paranoiden, dissozialen und unreifen Zügen vor dem Hintergrund wiederholter teilweise schwerster Traumatisierungen in der frühen Kindheit und Jugendzeit. Zwar würden in der Vorgeschichte auch Phasen einer relativ stabilen Lebensführung vorkommen. Diese hingen aber offensichtlich mit der Höhe der Anforderungen zusammen. Bei geringen Leistungsanforderungen und mässigem sozialem Druck gelinge es dem Versicherten, sich sozial verträglich zu verhalten. Wachse der Druck, so zeigten sich die typischen charakterlichen Zeichen einer emotional instabilen Persönlichkeit mit unangemessenen Gefühlsausbrüchen, paranoid ausgestalteten Beziehungsideen und selbst- und fremdaggressivem Verhalten. Entscheidend für die weitere Entwicklung werde sein, inwieweit ein gestuftes

      Anforderungsprofil an ihn durch haltgebende Beziehungen, soziale Unterstützung und positive Bindungserfahrungen in seiner subjektiven Bedrohlichkeit soweit entschärft werden könne, dass der Versicherte die Anforderungen auch über längere Zeiträume hinweg durchhalten könne. Die beschriebene Abbruchsreaktion bei Leistungsanforderungen begrenze die Arbeitsfähigkeit des Versicherten deutlich (act. G 7.2/25-15ff.). Mit Beschluss vom 18. Januar 2002 errichtete die Vormundschaftsbehörde für den Versicherten eine Vormundschaft gemäss Art. 369 ZGB (act. G 7.2/30).

    2. Am 21. Februar 2002 verfügte die IV-Stelle eine ganze Rente gestützt auf einen Invaliditätsgrad von 100% ab 1. Juni 2000 (act. G 7.2/26).

    3. Im Verlaufsbericht vom 4. Juli 2003 hielt Dr. med. D. fest, dass sich die Diagnosen seit der Entlassung aus der Klinik B. nicht geändert hätten. Die psychischen Störungen hätten einen negativen Einfluss auf die Arbeitsfähigkeit. So könne der Versicherte Termine nicht einhalten, es sei kein Verlass auf ihn, er könne keine Verantwortung übernehmen und sei nicht in der Lage eine Arbeitsstruktur zu halten. Es sollte versucht werden, den Versicherten in einer geschützten Werkstatt arbeitsmässig zu integrieren (act. G 7.2/40). Die IV-Stelle hielt in der Mitteilung vom

      25. Juli 2003 weiterhin einen Anspruch auf die bisherige Invalidenrente fest (act. G 7.2/41).

    4. Am 22. Januar 2007 stellte der Versicherte Antrag auf Berufsberatung (act.

      G 7.2/44). Laut seiner Vormundin hatte er ca. ein halbes Jahr im Heim E. gearbeitet. Im Rahmen der Strafmassnahme sei auch eine Psychotherapie auferlegt worden (act. G 7.2/47). Diese hatte der Versicherte nach Auskunft des behandelnden Psychotherapeuten Anfang 2006 abgebrochen (act. G 7.2/60; vgl. dagegen: act.

      G 7.2/58: Abbruch ca. Mitte 2007).

    5. Mit Stellungnahme vom 7. Dezember 2007 erachtete RAD-Arzt Dr. med. F. , dass weiterhin von einem stationären Verlauf ausgegangen werden könne und sich weitere Abklärungen erübrigten. Auf Grund der Begutachtung der Klinik B. sei der Versicherte psychisch sehr krank und es bestünden keine Hinweise für eine Besserung

      des Gesundheitszustands (act. G 7.2/61-2). Folglich hielt die IV-Stelle in der Mitteilung vom 11. Dezember 2007 an einer unveränderten Invalidenrente fest (act. G 63).

    6. Am 22. Mai 2008 teilte der Versicherte der IV-Stelle telefonisch mit, er habe ab dem 2. Juni 2008 eine 50%-Stelle gefunden (act. G 7.2/64). Gemäss den Angaben seines Amtsvormunds handelte es sich demgegenüber um ein 20%-Pensum. Nachdem der Versicherte diese Anstellung durchgehend ausführen konnte, beantragte sein Vormund am 19. März 2009 berufliche Massnahmen im Sinn einer Erstausbildung (act. G 7.2/84, 88).

    7. Anlässlich weiterer Abklärungen hielt Dr. med. G. , Ärztin für Allgemeine

      Medizin, gestützt auf eine Untersuchung vom 14. August 2009 im Bericht vom

      24. August 2009 fest, dass sich der Versicherte gut fühle und keine körperlichen Beeinträchtigungen Schmerzen geltend mache. Die klinische Untersuchung sei unauffällig gewesen und die subjektiven Angaben sowie die objektiven Befunde deckungsgleich. Die Prognose sei gut (act. G 7.2/107-11).

    8. Im ärztlichen Bericht vom 9. Oktober 2009 bezüglich die RAD-Abklärung vom 7. Oktober 2009 kam Dr. med. H. , Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie, zum Schluss, dass eine Eingliederungsfähigkeit gegeben sei, zumal der Versicherte in der Lage gewesen sei, über das gesamte letzte Jahr konstant und ohne Ausfälle zu ca.

20-25% zu arbeiten. Für eine Berufsausbildung im engeren Sinn sei jedoch ein Arbeitsversuch (ganztägig) zu empfehlen. Es sei der Wunsch des Versicherten, eine Ausbildung in der freien Wirtschaft zu machen. Aus psychiatrischer Sicht ergäben sich durch die gezeigten Defizite, insbesondere im zwischenmenschlichen Bereich, gewisse Vorbehalte, so dass eher von einer Ausbildungsfähigkeit im geschützten Rahmen ausgegangen werden müsse. Die beruflichen Massnahmen begleitend sei eine fachpsychiatrische psychologische Behandlung nötig (act. G 7.2/113).

    1. Anlässlich einer notfallmässigen Vorstellung in der Krisen- und Kurzzeittherapie- Station vom 28. September 2009 wurde beim Versicherten eine Anpassungsstörung mit Störung des Sozialverhaltens (F43.24) sowie differentialdiagnostisch eine Persönlichkeitsstörung (Psychose) diagnostiziert. Die notfallmässige Vorstellung erfolgte, weil der Versicherte angekündigt hatte, Personen anzugreifen, damit er Hilfe

      erhalte. Er sei mit der Berentung und Vormundschaft nicht einverstanden. Die einweisende Person vom "I. " berichtete von häufigen (bislang verbalen) Impulsdurchbrüchen (act. G 7.2/116). Der RAD-Arzt Dr. F. befand auf Grund des Kontrollverlusts mit Drohung von Gewaltanwendung auch nach drei Tagen Auszeit in der Herberge, dass nicht von einer anhaltenden Besserung des Gesundheitszustands und einer Arbeitsfähigkeit in der freien Wirtschaft ausgegangen werden könne. Es bestehe somit kein medizinischer Revisionsgrund und keine anhaltende Arbeitsfähigkeit, die eine berufliche Eingliederungsmassnahme begründen könnten (act. G 7.2/117). Nach weiteren internen Abklärungen wurde daran festgehalten, die Ausbildungsfähigkeit des Versicherten weiter abzuklären. Der Versicherte arbeite zu 20

      - 30%. Eine mögliche Abklärung sollte im Wunschberuf des Versicherten (Service) zu 50% erfolgen, damit der Versicherte die Anstellung nicht kündigen müsse (act.

      G 7.2/119).

    2. Nachdem der Versicherte Anfang 2010 während zwei Wochen als Restaurationsfachangestellter im Bistro J. geschnuppert hatte und diese Schnupperlehre zur vollsten Zufriedenheit aller Beteiligten verlaufen war (act. G 7.2/121), wurde beschlossen, die Eingliederungs- und Arbeitsfähigkeit des

      Versicherten abzuklären (act. G 7.2/127). Dazu nahm der Versicherte vom 1. Februar bis 30. April 2010 eine Tätigkeit im Bistro J. auf. Der überschaubare Rahmen sowie die persönliche und engmaschige Begleitung trugen zum guten Gelingen bei. Der Versuch, den Versicherten während der Abklärung in einen Partnerbetrieb in der freien Wirtschaft zu vermitteln, misslang. Der Berufsberater sprach sich dafür aus, eine Ausbildung im geschützten Rahmen zuzusprechen, wobei er auch eine interne Wohnmöglichkeit mit engmaschiger Begleitung befürwortete. Das interne Wohnen wurde auf die Zeit ab dem 27. Juni 2010 angesetzt (act. G 7.2/131). Mit Verfügung vom

      4. Juni 2010 wurde dem Versicherten ein IV-Taggeld für die Dauer der beruflichen Massnahmen vom 1. Februar bis 30. April 2010 zugesprochen (act. G 7.2/136). Am

      6. Juni 2010 verfügte die IV-Stelle die Einstellung der Invalidenrente per 1. Mai 2010 (act. G 7.2/137) und mit Mitteilung vom 8. Juni 2010 wurde dem Versicherten Kostengutsprache für eine erstmalige berufliche Ausbildung vom 1. Mai 2010 bis 31. Juli 2011 erteilt (act. G 7.2/139).

    3. Mit Bericht vom 31. Juli 2010 teilte der Lehrbetriebsverbund J. mit, dass er das Lehrverhältnis mit dem Versicherten per 31. Juli 2010 in gegenseitigem Einverständnis auflöse. Im ausführlichen Bericht wird ausgeführt, dass der Versicherte sehr gerne arbeite und sehr motiviert sei. Leider überschätze er sich in grossem Ausmass. Die persönliche Situation im Umgang mit Vorgesetzten, betrieblichen Zielen und Aufträgen sei sehr schwierig; auch seine persönliche Wahrnehmung im Umgang mit anderen Menschen müsse als sehr schwierig bezeichnet werden. Verschiedene Versuche, dem Versicherten ein anderes Bild der Realität zu vermitteln, seien immer wieder gescheitert. Der Versicherte sei momentan nicht ausbildungsfähig. Der Grund dafür liege v.a. in seiner persönlichen Befindlichkeit und der klaren Aussage, im Moment nichts an sich verändern zu wollen (act. G 7.2/148).

    4. Im Schlussbericht der beruflichen Eingliederung vom 3. August 2010 befand der Eingliederungsverantwortliche den Versicherten für nicht ausbildungs- und eingliederungsfähig (act. G 7.2/150). Die beruflichen Massnahmen wurden daher mit Verfügung vom 1. Oktober 2010 per 31. Juli 2010 abgebrochen und die Taggeldzahlungen per 31. Juli 2010 eingestellt. Betreffend Rente wurde eine separate Verfügung in Aussicht gestellt (act. G 7.2/158).

A.m Am 16. Februar 2011 wurde der Versicherte psychiatrisch durch med. pract. K. , Fachärztin Psychiatrie und Psychotherapie FMH, Zertifizierte medizinische Gutachterin SIM, begutachtet. Im Gutachten vom 26. März 2011 diagnostizierte die Psychiaterin mit Auswirkung auf die Arbeitsfähigkeit eine kombinierte Persönlichkeitsstörung mit emotional-instabilen (impulsiver Typus) und narzisstischen Zügen (ICD-10: F61.0). Sie befand den Versicherten als höchstens zu 50% arbeitsunfähig. Eine weitere Verminderung der Arbeitsunfähigkeit auf etwa 20 - 30% sei voraussichtlich innerhalb eines Jahres bei Fortsetzung einer einfachen angelernten Tätigkeit möglich. Eine Suchtproblematik im Sinn einer Abhängigkeit von psychotropen Substanzen gemäss den Kriterien des ICD-10 bestehe nicht. Ein Missbrauch von Alkohol und Cannabis im Sinn eines schädlichen Gebrauchs liege demgegenüber vor. Im Rahmen der aktuellen klinischen Untersuchung habe keine Intelligenzminderung invalidisierenden Ausmasses festgestellt werden können (act. G 7.2/166). Gemäss RAD-Arzt Dr. med. L. konnte ohne Einschränkung auf das Gutachten abgestellt werden. Die Arbeitsfähigkeit angestammt (Produktionsmitarbeiter und Küchenhelfer) im 1. Arbeitsmarkt sowie in

adaptierten Tätigkeiten betrage 50%. Dr. L. empfahl, mit einem Pensum von 30%

mit rascher Steigerung auf 50% zu beginnen (act. G 7.2/167).

    1. Mit Vorbescheid vom 11. Mai 2011 stellte die IV-Stelle dem Versicherten ab

      1. August 2010 (IV-Taggeld bis 31. Juli 2010) eine halbe Rente gestützt auf einen Invaliditätsgrad von 56% in Aussicht (act. G 7.2/175). Dagegen wehrte sich der Amtsvormund des Versicherten mit Schreiben vom 3. Juni 2011. Er schilderte die unveränderten Schwierigkeiten des Versicherten im Umgang mit anderen und beantragte die Ausrichtung einer ganzen Rente (act. G 7.2/177). M. , Diplom- Psychologin, hielt im Schreiben vom 6. Juni 2011 fest, dass der Versicherte von Oktober 2009 bis Februar 2010 und von Juni 2010 bis Januar 2011 zuverlässig zu regelmässigen Gesprächen gekommen sei. Zurzeit zeichne sich auf Grund des Engagements des N. s eine Stabilisierung ab. Es sei immer noch möglich, den Versicherten in seiner Selbständigkeitsentwicklung so weit zu unterstützen, dass er über eine längere Phase der Stabilität noch mehr Eigenverantwortung übernehmen könne. Eine gute Vorbereitung mit praktischen Erfahrungen über einen längeren Zeitraum sei sicher der richtige Weg zum Erfolg. Im Moment sei der Versicherte noch stark auf Unterstützung angewiesen (act. G 7.2/184). Auch der Verein N. , wo der Versicherte am 1. Mai 2011 in die Wohngruppe eingetreten war, sah eine Eingliederung in den Arbeitsmarkt zu 50% per 1. August 2011 als nicht realistisch. Vielmehr müsse zur Erreichung dieses Ziels eine längere Stabilisierungsphase des Versicherten erreicht werden (act. G 7.2/182).

    2. Die IV-Stelle bestätigte mit Beschluss vom 16. Juni 2011 einen Anspruch des Versicherten auf eine halbe Rente ab 1. August 2010 (IV-Taggeld bis 31. Juli 2010). Zur Begründung hielt sie fest, die Gutachterin habe im Vergleich zum Vorgutachten von 2001 eine positive Veränderung feststellen können. Danach sei es dem Versicherten möglich, auf dem freien Arbeitsmarkt eine 50%ige Arbeits- und Leistungsfähigkeit zu erbringen (act. G 7.2/179). Mit Verfügungen vom 19. Juli 2011 hielt die IV-Stelle am Anspruch auf eine halbe Rente ab 1. August 2010 fest (act. G 187ff.).

B.

    1. Dagegen liess der Versicherte, vertreten durch seinen Amtsvormund und dieser wiederum vertreten durch die procap, am 12. September 2011 Beschwerde erheben mit den Anträgen auf Aufhebung der Verfügungen vom 19. Juli 2011 und auf Zusprache einer ganzen Invalidenrente. Eventualiter sei die Angelegenheit zu ergänzenden medizinischen Abklärungen an die Beschwerdegegnerin zurückzuweisen. Zudem seien dem Beschwerdeführer die unentgeltliche Prozessführung und die unentgeltliche Rechtsverbeiständung zu bewilligen. Zur Begründung hielt er fest, dass der Beschwerdeführer durch med. pract. K. zwar als motiviert beschrieben wurde, er jedoch bei den jeweiligen Eingliederungsversuchen bereits nach kurzer Zeit jeweils Schwierigkeiten mit Vorgesetzten, anderen Personen und seiner Wahrnehmung hatte. Begleitend habe er auch immer wieder Schwierigkeiten mit den individuellen Wohnformen, so dass dort immer wieder neue Lösungen gesucht werden müssten. Daher könne auf das Gutachten bezüglich einer Verbesserung des Gesundheitszustands nicht abgestellt werden. Obgleich die Tätigkeit gar nicht mehr bestehe, werde sie ihm von der IV-Stelle weiterhin zugemutet. Dies zeige ebenfalls die Ungenauigkeit der Abklärungen durch die Beschwerdegegnerin. Zudem ergebe sich sowohl aus dem Bericht der Amtsvormundschaft, als auch den Schreiben von Dr.

      M. und der Wohngruppe des Vereins N. , dass keine Verbesserung der

      gesundheitlichen Situation stattgefunden habe (act. G 1).

    2. Mit Beschwerdeantwort vom 15. November 2011 beantragte die Beschwerdegegnerin die Abweisung der Beschwerde. Sie begründete dies damit, dass gestützt auf die Gutachterin med. pract. K. ab Oktober 2009, jedoch spätestens ab Februar 2011, eine Arbeitsunfähigkeit von höchstens 50% bestehe. Wie die Gutachterin ausführe, habe sich seit 2001 ein Nachreifungsprozess eingestellt. Zudem befinde sich der Beschwerdeführer seit mehr als einem Jahr in kontinuierlicher ambulanter psychotherapeutischer Behandlung und es sei eine Besserung des Verantwortungsbewusstseins feststellbar. Die Feststellung eines verbesserten Gesundheitszustands werde dadurch gestützt, dass der Beschwerdeführer zwischenzeitlich alleine wohne und er beim Verein N. eine Arbeitsstelle angetreten habe (act. G 7).

    3. Mit Präsidialentscheid vom 24. November 2011 wurde dem Gesuch um Bewilligung der unentgeltlichen Rechtspflege entsprochen (act. G 8).

    4. Am 28. November 2011 orientierte der Rechtsvertreter das Versicherungsgericht über seine Mandatsniederlegung auf Wunsch des Beschwerdeführers (act. G 10). Der Amtsvormund des Beschwerdeführers orientierte mit Schreiben vom 6. Dezember 2011, dass jener seit dem IV-Vorbescheid durch das Sozialamt unterstützt werde. Ein Arbeitsversuch in einer Autoverwertung habe ebenso vorzeitig abgebrochen werden müssen wie ein Wohnversuch in einer betreuten Wohngemeinschaft des Vereins N. . Die Gründe dafür lägen wiederum im auffälligen Verhalten des Beschwerdeführers. Dieser sei weder zu weiteren Gesprächen mit dem Rechtsvertreter der procap noch zu einem dringend erforderlichen Arztbesuch bereit. Er sei nach wie vor der festen Überzeugung, eine Arbeitsstelle in der freien Marktwirtschaft zu finden und sich vom Sozialamt und der IV-Stelle befreien zu können. Damit laufe er jedoch Gefahr, sich zu überschätzen und die Anforderungen in der Arbeitswelt zu unterschätzen. Aktuell arbeite er zu 50% in einem Projekt des Vereins N. . Die Vergangenheit habe gezeigt, dass es dem Beschwerdeführer schwer falle, sich in einem klar strukturierten Arbeitsfeld und Wohnbereich zu Recht zu finden. Er gerate immer wieder in alte Verhaltensmuster, die mühsam erarbeitete Grundlagen der Wissensvermittlung und des Vertrauens gefährdeten bzw. zerstörten. Der Vormund erachtete es als seine Aufgabe, den Beschwerdeführer vor unbedachten Schritten zu bewahren, weshalb er das Gericht - entgegen dem Willen des Beschwerdeführers - um Fortsetzung des Beschwerdeverfahrens bat (act. G 11).

    5. Am 12. Dezember 2011 teilte der Beschwerdeführer dem Gericht telefonisch mit, das Beschwerdeverfahren nicht fortsetzen zu wollen. Er wolle keine Invalidenrente, sondern selbständig sein und arbeiten. Eine Rente würde ihn daran hindern, auf dem freien Arbeitsmarkt eine Arbeit zu finden (act. G 13).

    6. Die Beschwerdegegnerin verzichtete auf die Einreichung einer Duplik (act. G 15).

    7. Am 23. Dezember 2011 meldete sich der Beschwerdeführer erneut telefonisch beim Gericht und ersuchte um Fortführung des Beschwerdeverfahrens und Zusprache einer ganzen Rente (act. G 17).

Erwägungen:

1.

Vorliegend streitig und zu prüfen ist die Frage, ob ab 1. August 2010 weiterhin ein Anspruch des Beschwerdeführers auf eine ganze Invalidenrente besteht.

2.

    1. Ändert sich der Invaliditätsgrad einer rentenbeziehenden Person erheblich, so wird die Rente von Amtes wegen auf Gesuch hin für die Zukunft entsprechend erhöht, herabgesetzt aufgehoben (Art. 17 Abs. 1 ATSG). Anlass zur Rentenrevision gibt jede wesentliche Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen, die geeignet ist, den Invaliditätsgrad und damit den Rentenanspruch zu beeinflussen. Zeitlicher Referenzpunkt für die Prüfung einer anspruchserheblichen Änderung bildet die letzte (der versicherten Person eröffnete) rechtskräftige Verfügung, die auf einer materiellen Prüfung des Rentenanspruchs mit rechtskonformer Sachverhaltsabklärung, Beweiswürdigung und Durchführung eines Einkommensvergleichs beruht; vorbehalten bleibt die Rechtsprechung zur Wiedererwägung und prozessualen Revision (BGE 133 V 108 E. 5.4). Dagegen stellt die bloss unterschiedliche Beurteilung der Auswirkungen eines im Wesentlichen unverändert gebliebenen Gesundheitszustandes auf die Arbeitsfähigkeit für sich allein genommen keinen Revisionsgrund im Sinn von Art. 17 Abs. 1 ATSG dar (Urteil des Bundesgerichts vom 3. November 2008, 9C_562/2008,

      E. 2.1).

    2. Nach Art. 28 Abs. 2 IVG besteht Anspruch auf eine ganze Invalidenrente, wenn die versicherte Person mindestens zu 70%, auf eine Dreiviertelsrente, wenn sie wenigstens zu 60% invalid ist. Liegt ein Invaliditätsgrad von mindestens 50% vor, so besteht Anspruch auf eine halbe Rente und bei einem IV-Grad von mindestens 40% auf eine Viertelsrente.

3.

    1. Im anlässlich des Abbruchs der beruflichen Massnahmen und der damit verbundenen Taggeldeinstellung durchgeführten Gutachten vom 26. März 2011 hielt die Psychiaterin med. pract. K. als die Arbeitsfähigkeit beeinflussende Diagnosen eine kombinierte Persönlichkeitsstörung mit emotional-instabilen (impulsiver Typus) und narzisstischen Zügen (ICD-10: F61.0) fest. Ohne Auswirkung auf die

      Arbeitsfähigkeit sah sie die Störungen durch Alkohol, schädlicher Gebrauch (ICD-10: F10.1), sowie die Störungen durch Cannabinoide, schädlicher Gebrauch (ICD-10: F12.1). Anlässlich der mehrstündigen Untersuchung habe sich der Beschwerdeführer nach anfänglich provokativer und distanzloser Haltung sowie einem Wechsel zwischen Nähe und Distanz und zwischen Idealisierung und Abwertung in Bezug auf das Gegenüber später doch zunehmend angepasster und kooperativer gezeigt; dies allerdings bei einem Eindruck von manipulativen Tendenzen. Psychodynamisch könne die kombinierte Persönlichkeitsstörung anhand der OPD 2 folgendermassen operationalisiert werden: Beim Beschwerdeführer lasse sich ein geringes strukturelles Integrationsniveau in den psychischen Bereichen der Selbst- und Objektwahrnehmung, der Selbststeuerung, der Bindung und der Kommunikation feststellen. Das Selbsterleben (Selbstwahrnehmung) erscheine eingeschränkt (Selbstreflexion und Introspektionsfähigkeit, Schwierigkeit, eigene Affekte zu differenzieren). Die Fähigkeit zur ganzheitlichen Wahrnehmung des Anderen erscheine deutlich eingeschränkt (Empathiefähigkeit, Fähigkeit, objektbezogene Affekte wie Sorge, Anteilnahme und Schuld zu erleben). Hinsichtlich der Kommunikation bestünden Schwierigkeiten des emotionalen Verstehens anderer. Die Fähigkeit zur Bindung und Lösung sei eingeschränkt. Die Fähigkeit, Konflikte konstruktiv zu lösen, sei deutlich eingeschränkt. Konflikte könnten nicht innerpsychisch bearbeitet werden, sondern würden externalisiert. Belastende Affekte könnten wenig ertragen werden und es sei ihm wenig möglich, das eigene Selbstwerterleben zu regulieren. Med. pract. K. ging davon aus, dass relevante Veränderungen der Lebenssituation - wie z.B. in der aktuellen Vorgeschichte Wohnortswechsel, wiederholte Ortsveränderungen im Rahmen der beruflichen Massnahme - bei den persönlichkeitsstrukturell bedingten Defiziten des Beschwerdeführers zur Labilisierung der strukturellen Vulnerabilität mit einer Zunahme der Auffälligkeiten und in der Folge zum Scheitern der beruflichen Massnahme mit beigetragen hätten. Im Rückblick lasse sich auf den Verlauf des Gesundheitszustands des Beschwerdeführers seit 2001 ein nicht unwesentlicher Nachreifungsprozess feststellen. Es sei ihm möglich gewesen, über einen längeren Zeitraum von 2008 bis 2009 einer Erwerbstätigkeit mit begrenztem Zeitpensum nachzugehen. Derzeit befinde er sich seit mehr als einem Jahr in kontinuierlicher ambulanter psychotherapeutischer Behandlung. Seine Steuerungsfähigkeit von Impulsen habe sich insofern gebessert, als bei ihm seit längerem keine Sachbeschädigungen gar Tätlichkeiten sowie auch

      keine suizidalen Äusserungen mehr beschrieben worden seien. Er sei während der beruflichen Massnahme (Februar bis Juli 2010) als "sehr zuverlässig", "sehr fleissig und ausdauernd" sowie "sehr motiviert" beschrieben worden. Dies zeuge von einer Besserung seines Verantwortungsbewusstseins sowie einer Besserung der Fähigkeit, soziale Normen, Regeln und Verpflichtungen einzuhalten. Das früher beschriebene dissoziale Verhalten habe sich gebessert. Paranoide Züge, wie sie 2001 noch beschrieben worden seien, liessen sich anamnestisch nicht mehr eruieren und auch bei der aktuellen Untersuchung nicht mehr feststellen. Zusammenfassend bestünden auf Grund der aufgeführten psychischen Störung aktuell mittelgradige Einschränkungen der Arbeitsfähigkeit und der Leistungsfähigkeit. Diese seien bedingt durch eine Einschränkung der Stress- und Frustrationstoleranz sowie eine Einschränkung der sozialen Kompetenzen mit Einschränkung der emotionalen Belastbarkeit sowie der Kommunikations-, Konflikt- und Umstellungsfähigkeit (Flexibilität). Bezugnehmend auf den Bericht von Dr. H. vom 9. Oktober 2009 befand med. pract. K. deren diagnostische Einschätzung nachvollziehbar. Ihrerseits habe sie die Diagnose mit narzisstischen Persönlichkeitszügen ergänzt. Jene Psychiaterin habe sich zwar nicht explizit zur Arbeitsfähigkeit des Beschwerdeführers geäussert, sie habe ihn aber für eingliederungs- und ausbildungsfähig gehalten, dabei jedoch eine Prüfung in Form eines Arbeitstrainings empfohlen (act. G 7.2/166).

    2. Im Vergleich dazu hatte Dr. C. im Erstgutachten des Beschwerdeführers vom

      15. November 2001 festgehalten, beim Beschwerdeführer bestehe eine emotional instabile Persönlichkeitsorganisation mit typologisch akzentuierten paranoiden, dissozialen und unreifen Zügen vor dem Hintergrund wiederholter, teilweise schwerster Traumatisierungen in der frühen Kindheit und Jugendzeit. Der persönliche Entwicklungsstand sei durch verschiedene gestörte Verhaltensmuster im zwischenmenschlichen Bereich trotz eigentlich vorhandener ausreichender Intelligenz auf dem Niveau eines vorpubertären Jugendlichen stehen geblieben. Es fehlten insbesondere Erfahrungen stabiler, haltgebender Beziehungen, deren emotionaler Gehalt angenommen und in das Selbst- und Weltbild integriert werden könne. Eine geschützte Wohn- und Arbeitsmöglichkeit könne allenfalls Gewähr bieten, die erforderliche Konstanz in Beziehungen über längere Zeit zu gewährleisten. Dr. C. ging selbst beim Scheitern eines solchen Versuchs davon aus, dass eine spätere Nachreifung der Persönlichkeit unter Umständen vorstellbar wäre, so dass auch

      weiteren Platzierungsversuchen zu einem späteren Zeitpunkt mehr Erfolg beschieden sein könnte (vgl. act. G 7.2/25-15, 18ff.). Diesen Nachreifungsprozess sah med. pract. K. auf Grund ihrer Begutachtung in einem so wesentlichen Ausmass als erfolgt, dass sie die Arbeitsfähigkeit des Beschwerdeführers auf mindestens 50% veranschlagte. Es dürfte unbestritten sein, dass seit dem Erstgutachten im Jahr 2001 von einer Besserung ausgegangen werden kann. Aus diesem Grund hat schliesslich auch der Vormund des Beschwerdeführers im März 2009 berufliche Massnahmen beantragt; damals war der Beschwerdeführer seit mehr als einem halben Jahr in einem geringen Pensum beschäftigt. Der Vormund ging davon aus, dass der Beschwerdeführer mit einer Erstausbildung rentenausschliessend eingegliedert werden könnte (act. G 7.2/88). Die beruflichen Massnahmen scheiterten in der Folge. Zu prüfen ist, ob trotzdem von einem Revisionsgrund auszugehen ist bzw. eine anhaltende Besserung in dem Ausmass als nachgewiesen zu erachten ist, wie sie med. pract.

      K. veranschlagte. Diese Frage ist auf Grund der gesamten Akten zu prüfen.

    3. Bei der Begutachtung durch med. pract. K. fällt auf, dass sie auf fremdanamnestische Angaben verzichtete, obwohl sie im psychischen Befund das Verhalten des Beschwerdeführers als verhaltensauffällig beschrieb bzw. gar den Eindruck von manipulativen Tendenzen hatte (act. G 7.2/166-11f.). Insbesondere unterliess sie es, bei der behandelnden Psychologin M. bei seinem Vormund nachzufragen. Hätte sie bei der Psychologin nachgefragt, hätte sie beispielsweise erfahren, dass der Beschwerdeführer im Zeitpunkt der Begutachtung im Februar 2011 die Behandlung, von der er der Gutachterin nur Positives berichtete (vgl. act. G 7.2/166-11), gerade abgebrochen hatte und er vor der Begutachtung erst von Juni 2010 bis Januar 2011 regelmässig und zuverlässig in die Behandlung gekommen war (vgl. act. G 7.2/184). Die Gutachterin stellte allein auf die Angaben des Beschwerdeführers ab und ging davon aus, der Beschwerdeführer befinde sich seit mehr als einem Jahr in kontinuierlicher Behandlung, was sie als stabilitätsfördernd beurteilte (act. G 7.2/166-11). Hätte die Gutachterin ausserdem beim Vormund nachgefragt, hätte sie erfahren, dass die ständig wechselnden Wohnverhältnisse auf

      die Defizite des Beschwerdeführers im zwischenmenschlichen Umgang zurückzuführen waren (vgl. act. G 7.2/177). Schon wegen der fehlenden Fremdanamnese ist fraglich, ob das Gutachten beweistauglich für die Annahme einer nachhaltigen Verbesserung des Gesundheitszustands des Beschwerdeführers sein kann.

      1. Im Schreiben vom 6. Juni 2011 sah die behandelnde Psychologin M. das Scheitern des Beschwerdeführers hinsichtlich seiner Lehrstelle nicht im Arbeitsverhalten der Zuverlässigkeit begründet, sondern in seiner mangelnden Kompetenz, die ihm immer wieder Schwierigkeiten mit Mitarbeitern und Vorgesetzten eingetragen habe. Mangelnde reale Einschätzung seiner eigenen Fähigkeiten, sowohl Überschätzung kombiniert mit zu wenig Selbstbewusstsein hätten in Auseinandersetzungen und Rückzug geendet. Zurzeit scheine sich eine Wende der Situation durch das Engagement des Vereins N. anzubahnen, sodass sich eine Stabilisierung abzeichne. Zwar geht auch die behandelnde Psychologin noch immer von der Möglichkeit aus, den Beschwerdeführer in seiner Selbständigkeitsentwicklung unterstützen zu können, damit er über eine längere Phase der Stabilität mehr Eigenverantwortung übernehmen kann. Dabei sei aber eine gute Vorbereitung mit praktischen Erfahrungen über einen längeren Zeitraum der richtige Weg zum Erfolg; auf diesem Weg sei der Beschwerdeführer momentan noch stark auf Unterstützung durch andere Menschen angewiesen (act. G 7.2/184). Das spricht nicht für eine erheblich verbesserte Arbeitsfähigkeit im ersten Arbeitsmarkt.

      2. Der Verein N. teilte der Beschwerdegegnerin am 15. Juni 2011 mit, dass ein Arbeitsantritt per 1. August 2011 (mithin ein Jahr nach der angeblichen Besserung) nach ihrer Einschätzung nicht realisierbar sei. Der Beschwerdeführer war seit 1. Mai 2011 in eine Wohngruppe des N. s eingetreten. Er habe sich von Anfang an sehr kooperativ gezeigt und habe sich unter anderem eine Arbeitsstelle und autonomes Wohnen als Ziel gestellt. Er habe selbständig einen Entzug von Kokain und Cannabis durchgeführt, nehme regelmässige Gespräche bei der Suchtfachstelle wahr. Auch habe er sich wieder bei der Therapeutin angemeldet. Trotz dem grossen Engagement sei eine Eingliederung in den Arbeitsmarkt per "01.08.11" unrealistisch (act. G 7.2/182). Schliesslich kam der Vormund in seinem Einwand vom 3. Juni 2011 zur gleichen Einschätzung (act. G 7.2/177). Er berichtete ausführlich über seine Begleitung des Beschwerdeführers seit Januar 2009 und hielt auch fest, dass ein weiterer Arbeitsversuch im ersten Arbeitsmarkt (nach Abbruch der Eingliederungsmassnahmen) bereits nach zwei Wochen gescheitert sei.

    1. Weiter ist zu berücksichtigen, dass RAD-Ärztin Dr. H. im Bericht vom 9.

      Oktober 2009 aus versicherungsmedizinischer Sicht eine Eingliederungsfähigkeit zwar

      als gegeben erachtete, da sich aus psychiatrischer Sicht jedoch durch die gezeigten Defizite insbesondere im zwischenmenschlichen Bereich gewisse Vorbehalte ergaben, ging sie eher von einer Ausbildungsfähigkeit im geschützten Rahmen aus (act.

      G 7.2/113). Diese Einschätzung erfolgte, obgleich sie über die notfallmässige

      Vorstellung des Beschwerdeführers in der Krisen- und Kurzzeittherapie-Station vom

      28. September 2009 im Zeitpunkt ihrer Berichterstattung nicht einmal in Kenntnis gewesen zu sein schien. Die zurückhaltende Einschätzung von Dr. H. lässt sich mit der Beurteilung von med. pract. K. bezüglich einer 50%igen Arbeitsfähigkeit auf dem ersten Arbeitsmarkt kaum in Übereinstimmung bringen.

    2. Gestützt auf den Vorfall in der Krisen- und Kurzzeittherapie-Station, wo der Beschwerdeführer in gereizter Stimmung, mit misstrauisch bis feindseliger Haltung aufgetreten war und ohne die Bereitschaft, zur Einschätzung der Situation ausreichend Auskunft zu erteilen (vgl. act. G 7.2/116) ging RAD-Arzt Dr. F. in der Stellungnahme vom 23. Oktober 2009 auf Grund des Kontrollverlusts mit Drohung von Gewaltanwendung nicht von einer anhaltenden Besserung des Gesundheitszustands und einer Arbeitsfähigkeit in der freien Wirtschaft aus. Er sah keinen medizinischen Revisionsgrund und keine anhaltende Arbeitsfähigkeit, welche eine berufliche Eingliederungsmassnahme begründen konnten (act. G 7.2/117).

    3. Obgleich dann die Abklärungen beruflicher Massnahmen im Lehrbetriebsverbund J. anfänglich auf eine äusserst positive Entwicklung hindeuteten und der Beschwerdeführer die Aufgaben ernst zu nehmen und mit Engagement und Wille zu verfolgen schien (act. G 7.2/130), kam es am 31. Juli 2010 zum Abbruch der Massnahmen. Verantwortlich seien seine persönliche Situation im Umgang mit Vorgesetzten, betrieblichen Zielen und Aufträgen gewesen. Er habe immer wieder Mühe gehabt, sich klaren Aufträgen unterzuordnen und diese auch auszuführen, da er nicht nur die Leitungspersonen in Frage gestellt, sondern auch eine Ungeduld in Bezug auf den Ausbildungsauftrag mehrfach geäussert habe. Dabei seien wiederholte Anleitung und Kontrolle nötig gewesen. Der Beschwerdeführer habe sich nur schlecht an wiederkehrende Arbeiten erinnern können und habe immer wieder angeleitet werden müssen. Das sei ihm sehr schwer gefallen, da er sich überschätzte und sich immer sofort wieder etwas Neuem habe widmen wollen (act. G 7.2/148).

    4. Dass eine weitere Stabilisierung noch nötig sei, räumte auch die Gutachterin

      med. pract. K. ein, indem sie eine Fortführung der "bisherigen engmaschigen" ambulanten Psychotherapie empfahl. Sie sah ein längerfristiges Ziel dieser Behandlung in der Strukturförderung, d.h. der Besserung der sozialen Kompetenzen, insbesondere dem Erlernen von Strategien im Umgang mit einschiessenden Spannungszuständen. Auch sollte die Motivation des Beschwerdeführers in Bezug auf berufliche Massnahmen gefördert werden (act. G 7.2/166-16). RAD-Arzt Dr. L. , welcher dem Gutachten von med. pract. K. trotz der fehlenden fremdanamnestischen Angaben (vgl. act. G 7.2/167-1) uneingeschränkt folgte, ging am 31. März 2011 wie die Gutachterin davon aus, dass der Beschwerdeführer bereits zu einem Pensum zwischen 20-30% im ersten Arbeitsmarkt eingegliedert sei; das Pensum sollte rasch auf 50% gesteigert werden (act. G 7.2/167-2). Auf Rückfrage bestätigte Dr. L. am 15. Juni 2011 nochmals seine Auffassung, wonach das Verhalten des Beschwerdeführers sich eindeutig verbessert habe, wie die Gutachterin aufgezeigt habe. Schliesslich sei der Beschwerdeführer ja schon mit der aktuellen Tätigkeit im ersten Arbeitsmarkt eingegliedert (act. G 7.2/178). Letzteres traf gerade nicht zu; ein weiterer Versuch war ebenfalls bereits nach zwei Wochen misslungen, wie der Vormund mitgeteilt hatte, und zwar obwohl die Stelle keine Anforderungen an Fach- Sachkompetenz gestellt hätte. Einmal mehr habe eine grosse Diskrepanz zwischen der Leistungsfähigkeit des Beschwerdeführers und seinen subjektiven Erwartungen an sein soziales Umfeld festgestellt werden müssen. Trotz eingehendem Gespräch mit allen Beteiligten sei es dem Beschwerdeführer nicht gelungen, die Situation adäquat zu reflektieren (act.

      G 7.2/177-2).

    5. Die gesamten Akten zeigen, dass trotz einer gewissen Stabilisierung der gesundheitlichen Situation noch keine rentenrelevante Verbesserung bis zum Zeitpunkt der angefochtenen Verfügung ausgewiesen erscheint. Das Gutachten von med. pract. K. beruht auf teils unvollständigen bzw. falschen Tatsachen. Es lässt eine tiefere Auseinandersetzung mit den abgebrochenen beruflichen Massnahmen vermissen; jedenfalls fehlt eine Begründung, weshalb im Gegensatz zur Beurteilung der Eingliederungsfachleute damals von einer Eingliederungsfähigkeit in den ersten Arbeitsmarkt auszugehen war. Der Hinweis im Gutachten, wonach die verschiedenen Ortswechsel während der beruflichen Massnahmen zu einer "Labilisierung" bzw. zum Scheitern der Massnahmen mit beigetragen hätten, erscheint insoweit unbegründet, als

im Bericht des Vereins Lehrbetriebsverbund Amriswil eingehend ausgeführt wird, dass die Wechsel im Verhalten des Beschwerdeführers begründet waren und mit fortlaufenden Anpassungen gerade den Defiziten des Beschwerdeführers vermehrt Rechnung getragen werden sollte, um ein Gelingen der beruflichen Eingliederung doch noch zu ermöglichen. Die Wohnungswechsel in diesem Zusammenhang waren nicht freiwilliger Natur. Vielmehr wurden die beruflichen Massnahmen immer wieder neu an die Defizite des Beschwerdeführers angepasst (von grösseren zu kleineren, enger begleiteten Strukturen, vgl. act. G 7.2/148 und 149). Mithin dürfte das Scheitern der beruflichen Massnahmen kaum auf eine an die Defizite des Beschwerdeführers zu wenig angepasste soziotherapeutische Begleitung zurück zu führen sein, wie die Gutachterin ohne jede Rückfrage annimmt (act. G 7.2/166-17). Die gutachterliche Einschätzung, wonach von einer mindestens 50%igen Arbeitsfähigkeit im ersten Arbeitsmarkt auszugehen sei, vermag in einer Gesamtsicht nicht zu überzeugen. Allein die während 17 Monaten ausgeführte Arbeit im Rahmen von 20 - 30% belegt noch keine rentenrelevante Arbeitsfähigkeit. Damit erscheint ein Revisionsgrund im Zeitpunkt der angefochtenen Verfügungen vom 19. Juli 2011 (noch) nicht ausgewiesen. Somit bleibt es beim Anspruch auf eine ganze Rente nach Einstellung der Taggelder per 31. Juli 2010. Angesichts der mittlerweile neuen Wohn- und Arbeitsverhältnisse im N. ist es der Beschwerdegegnerin unbenommen, erneut ein Revisionsverfahren durchzuführen.

4.

    1. Nach dem Gesagten ist die Beschwerde unter Aufhebung der angefochtenen

      Verfügungen vom 19. Juli 2011 gutzuheissen und dem Beschwerdeführer weiterhin,

      d.h. ab 1. August 2010, eine ganze Invalidenrente auszurichten.

    2. Das Beschwerdeverfahren ist kostenpflichtig. Die Kosten werden nach dem Verfahrensaufwand und unabhängig vom Streitwert im Rahmen von Fr. 200.-- bis Fr. 1'000.-- festgelegt (Art. 69 Abs. 1bis IVG). Eine Gerichtsgebühr von Fr. 600.-- erscheint in der vorliegend zu beurteilenden Angelegenheit als angemessen. Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend hat die Beschwerdegegnerin die gesamte Gerichtsgebühr zu bezahlen.

    3. Gemäss Art. 61 lit. g Satz 1 ATSG hat eine obsiegende beschwerdeführende Person Anspruch auf den Ersatz ihrer Parteikosten. Die Parteientschädigung bemisst sich nach der Bedeutung der Streitsache und nach der Schwierigkeit des Prozesses. Sie wird vom Versicherungsgericht festgesetzt und ohne Rücksicht auf den Streitwert nach der Bedeutung der Streitsache und nach der Schwierigkeit des Prozesses bemessen (Art. 61 lit. g ATSG). In der Verwaltungsrechtspflege beträgt das Honorar vor Versicherungsgericht nach Art. 22 Abs. 1 lit. b HonO (sGS 963.75) pauschal Fr. 1'000.-- bis Fr. 12'000.--. Der ehemalige Rechtsvertreter des Beschwerdeführers verzichtete auf das Einreichen einer Kostennote. In der vorliegend zu beurteilenden Angelegenheit erscheint mit Blick auf die Anforderungen und Komplexität der Streitsache sowie auf den einfachen Schriftenwechsel eine pauschale Parteientschädigung von Fr. 3'200.-- (inkl. Barauslagen und Mehrwertsteuer) angemessen.

Demgemäss hat das Versicherungsgericht entschieden:

1. In Gutheissung der Beschwerde werden die angefochtenen Verfügungen vom

19. Juli 2011 aufgehoben und dem Beschwerdeführer wird weiterhin ab 1. August 2010

eine ganze Invalidenrente ausgerichtet.

  1. Die Beschwerdegegnerin hat eine Gerichtsgebühr von Fr. 600.-- zu bezahlen.

  2. Die Beschwerdegegnerin hat dem Beschwerdeführer eine Parteientschädigung

von Fr. 3'200.-- (einschliesslich Barauslagen und Mehrwertsteuer) zu bezahlen.

Quelle: https://www.sg.ch/recht/gerichte/rechtsprechung.html
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