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Urteil Verwaltungsrekurskommission (SG)

Kopfdaten
Kanton:SG
Fallnummer:I/1-2018/21, I/1-2018/22
Instanz:Verwaltungsrekurskommission
Abteilung:Abgaben und öffentliche Dienstpflichten
Verwaltungsrekurskommission Entscheid I/1-2018/21, I/1-2018/22 vom 11.12.2018 (SG)
Datum:11.12.2018
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:Entscheid Art. 45 Abs. 1 lit. d und e StG (sGS 811.1) und Art. 33 Abs. 1 lit. d und e DBG (SR 642.11). Art. 81 Abs. 2 und Art. 82 Abs. 1 BVG (SR 831.40), Art. 3 Abs. 1
Schlagwörter: Säule; Vorsorge; Einkauf; Berufliche; Beschwerde; Rekurrent; Kanton; Rekurrenten; Beschwerdeführer; Beruflichen; Vorinstanz; Entscheid; Kapitalleistung; Einkommen; Bundessteuer; Kantons; Abzug; Gemeindesteuer; Ausrichtung; Steuerbar; Einkünfte; Rekurs; Steuerbare; Auszahlung; Altersleistung; Steuern; Beiträge; Recht; Abgekürzt:
Rechtsnorm: Art. 144 DBG ; Art. 22 DBG ; Art. 3 BV ; Art. 38 DBG ; Art. 79b BV ; Art. 81 BV ; Art. 82 BV ; Art. 83 BV ;
Referenz BGE:130 II 509; 135 II 260; 138 II 239;
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
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Entscheid
BVV 3 (SR 831.461.3). Eine Altersleistung aus der gebundenen Selbstvorsorge (Säule 3a) kann zum Einkauf in die Säule 2 verwendet werden, wobei der Einkaufsbetrag von den Einkünften in Abzug gebracht werden kann und darin keine Steuerumgehung zu erblicken ist (Urteil der Verwaltungsrekurskommission, Abteilung I/1, vom 11. Dezember 2018, VRKE I/1-2018/21, 22).

Präsident Thomas Vögeli, Richter Markus Frei und Beat Fritsche, Gerichtsschreiberin Susanne Schmid Etter

X und Y Z, Rekurrenten und Beschwerdeführer, gegen

Kantonales Steueramt, Davidstrasse 41, 9001 St. Gallen, Vorinstanz,

und

Eidgenössische Steuerverwaltung, Hauptabteilung Direkte Bundessteuer,

Eigerstrasse 65, 3003 Bern, Beschwerdebeteiligte,

betreffend

Kantons- und Gemeindesteuer (Einkommen und Vermögen 2015) sowie direkte Bundessteuer (Einkommen 2015)

Sachverhalt:

A.- X und Y Z leben in A. Im Jahr 2015 gingen beide einer unselbständigen Erwerbstätigkeit nach. Sie besitzen ein Einfamilienhaus in A und ein Ferienhaus im Tessin. Am 22. Dezember 2015 bezog X Z aus der Säule 3a eine Kapitalleistung von Fr. 89'788.69, wofür er am 3. Februar 2016 mit einer getrennt vom übrigen Einkommen erhobenen Jahressteuer veranlagt wurde. Ebenfalls am 22. Dezember 2015 tätigte der Steuerpflichtige einen Einkauf in seine Pensionskasse in der Höhe von Fr. 85'000.–. Diesen Betrag zog er in der Steuererklärung 2015 von den Einkünften ab und deklarierte zusammen mit seiner Ehefrau ein steuerbares Einkommen von Fr. 106'400.– und ein steuerbares Vermögen von Fr. 5'577'000.–. Das Kantonale Steueramt nahm einige Korrekturen vor, unter anderem liess es den Einkauf in die Pensionskasse nicht als Beitrag in die berufliche Vorsorge zum Abzug zu. X und Y Z wurden am 2. August 2017 für die Kantons- und Gemeindesteuer 2015 mit einem steuerbaren Einkommen von Fr. 209'200.– und einem steuerbaren Vermögen von Fr. 5'716'000.– (Anteil Kanton St. Gallen Fr. 5'310'000.–) und für die direkte Bundessteuer 2015 mit einem steuerbaren Einkommen von Fr. 190'300.– veranlagt. Mit Entscheiden vom 11. Januar 2018 wurden die dagegen erhobenen Einsprachen teilweise gutgeheissen und das steuerbare Einkommen auf Fr. 200'500.– (Kantons- und Gemeindesteuern) bzw. Fr. 181'600.– (direkte Bundessteuer) reduziert. Der Abzug für den Einkauf in die zweite Säule wurde unverändert nicht gewährt.

B.- Gegen die Einsprache-Entscheide erhoben X und Y Z mit Schreiben vom 30. Januar 2018 und Ergänzung vom 9. Februar 2018 Rekurs und Beschwerde bei der Verwaltungsrekurskommission mit dem Antrag, der Einkauf in die berufliche Vorsorge von Fr. 85'000.– sei zum Abzug zuzulassen und das steuerbare Einkommen für die Kantons- und Gemeindesteuer und die direkte Bundessteuer entsprechend zu reduzieren, unter Kosten- und Entschädigungsfolge.

Mit Vernehmlassung vom 4. Mai 2018 beantragte die Vorinstanz unter Verweis auf die Einsprache-Entscheide, Rekurs und Beschwerde seien abzuweisen.

Auf die von den Beteiligten zur Begründung ihrer Anträge gemachten Ausführungen wird, soweit erforderlich, in den nachfolgenden Erwägungen eingegangen.

Erwägungen:

1.- Betrifft das Verfahren sowohl die Kantonssteuern als auch die direkte Bundessteuer, sind zwei Entscheide zu fällen. Diese können zwar beide im gleichen Dokument enthalten sein; dieses muss jedoch eine getrennte Begründung und ein getrenntes Dispositiv aufweisen, oder zumindest ein Dispositiv, das die beiden Steuern auseinanderhält (BGE 130 II 509 E. 8.3). Nach einem neueren Urteil könne im Dispositiv sogar auf eine Unterscheidung zwischen beiden Steuern verzichtet werden, wenn die entschiedene Rechtsfrage im Bundesrecht und im harmonisierten kantonalen Recht gleich geregelt sei und für beide Kategorien von Steuern gleich begründet werden könne. Aus der Begründung müsse dann aber klar hervorgehen, dass der Entscheid sowohl für die direkte Bundessteuer als auch für die Kantons- und Gemeindesteuern gelte (BGE 135 II 260 E. 1.3.1). Gleichwohl entscheidet das Bundesgericht auch bei Fragen, die sowohl auf Bundes- als auch auf kantonaler Ebene übereinstimmend geregelt sind, mit separaten Dispositiven (vgl. z.B. Urteil des Bundesgerichts [BGer] 2C_560/2014 und 2C_561/2014 vom 30. September 2015). Im Einklang damit werden der Rekurs und die Beschwerde vorliegend in einem einzigen Dokument behandelt, wobei im gemeinsamen Dispositiv beide Steuern auseinandergehalten werden.

2.- Die Eintretensvoraussetzungen sind von Amtes wegen zu prüfen. Die Verwaltungsrekurskommission ist zum Sachentscheid zuständig. Die Befugnis zur Rechtsmittelerhebung ist gegeben. Rekurs und Beschwerde vom 30. Januar 2018 sind rechtzeitig eingereicht worden. Sie erfüllen zusammen mit der Ergänzung vom 9.

Februar 2018 in formeller und inhaltlicher Hinsicht die gesetzlichen Anforderungen

(Art. 194 Abs.1 des St. Galler Steuergesetzes, sGS 811.1, abgekürzt: StG; Art. 140 Abs. 2 des Bundesgesetzes über die direkte Bundessteuer, SR 642.11, abgekürzt: DBG;

Art. 7 der Verordnung zum Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer, sGS 815.1; Art. 41 lit. h Ziff. 1 des Gesetzes über die Verwaltungsrechtspflege, sGS 951.1, abgekürzt: VRP). Auf Rekurs und Beschwerde ist einzutreten.

3.- Umstritten ist, ob der Einkauf in die Pensionskasse des Rekurrenten in der Höhe

von Fr. 85'000.– von den Einkünften in Abzug gebracht werden kann.

  1. Die Rekurrenten machen zur Hauptsache geltend, gestützt auf die kantonalen und eidgenössischen gesetzlichen Bestimmungen seien die gemäss Gesetz, Statuten oder Reglement geleisteten Einlagen, Prämien, Beiträge etc. an Einrichtungen der

    beruflichen Vorsorge in Übereinstimmung mit Art. 81 Abs. 2 BVG von den Einkünften abziehbar. Eine Ausnahme bestehe für Einkaufsbeiträge, die aus Kapitalzahlungen stammten, welche bei einem Stellenwechsel vom Arbeitgeber oder von Einrichtungen der beruflichen Vorsorge ausgerichtet und innert Jahresfrist zum Einkauf in eine Einrichtung der beruflichen Vorsorge verwendet würden. In jenen Fällen werde die Kapitalzahlung nicht besteuert und könne der Einkauf nicht abgezogen werden. Entgegen der Ansicht der Vorinstanz liege beim Rekurrenten aber kein solch steuerneutraler Transfer vor. Es fehle einerseits am erforderlichen Stellenwechsel, andrerseits liege keine Kapitalauszahlung eines Arbeitgebers oder einer Einrichtung der beruflichen Vorsorge, sondern ein Bezug aus der Säule 3a vor. Das Vorgehen des Rekurrenten liege im rechtlich zulässigen Rahmen und sei gesetzeskonform. Eine Verrechnung von Auszahlungen aus der Säule 3a mit Einkäufen in die Säule 2 sei nicht zulässig und würde eine Schlechterstellung gegenüber jener Person bedeuten, welche dieselben Einkäufe vornehme und die Säule 3a erst nachher auflöse. Es liege auch keine Steuerumgehung vor. Weder die Ausrichtung angesparter Gelder in der Säule 3a nach Erreichen des 60. Altersjahres noch der in den letzten Jahren vor der Pensionierung erfolgte Einkauf seien absonderlich. Der Rekurrent habe sodann per 31. Dezember 2015 über ein Wertschriftenvermögen von Fr. 5'348'714.– verfügt, welches ihm ermöglicht hätte, die Einkäufe auch ohne Ausrichtung aus der Säule 3a vorzunehmen. Mit der Einzahlung in die Säule 2 sei tatsächlich eine Verbesserung des Vorsorgeschutzes eingetreten. Bei der Säule 3a handle es sich nämlich um ein reines Kapitalsparkonto.

    Die Vorinstanz erwog im Einsprache-Entscheid, soweit auf den vorliegenden Sachverhalt zutreffend, bei der Überführung des Vorsorgevermögens der Säule 3a in eine berufliche Vorsorgeeinrichtung sei zu unterscheiden, ob die Überführung im Zusammenhang mit einer vorzeitigen oder mit einer ordentlichen Ausrichtung der Altersleistung erfolge. Im ersten Fall müsse die Leistung für den Einkauf in eine steuerbefreite Vorsorgeeinrichtung verwendet werden. Eine solche Übertragung sei steuerneutral. Mit Blick auf Praxis, Lehre und bundesgerichtliche Rechtsprechung sei die analoge Anwendung von Art. 24 lit. c DBG bzw. Art. 37 lit. d StG bei Kapitalleistungen aus Vorsorge bzw. Altersleistungen der Säule 3a auch im zweiten Fall korrekt. Da die Mittel dem Vorsorgezweck verhaftet blieben, seien sie erst bei der endgültigen Auszahlung als Einkommen zu erfassen. Im Gegenzug sei der Einkauf bis

    zur Höhe des Kapitalbezugs nicht abziehbar. Ein Stellenwechsel sei dafür nicht zwingend nötig. Es sei sogar vertretbar, in Konstellationen wie der vorliegenden den restriktiv zu interpretierenden Art. 38 DBG bzw. Art. 52 StG als nicht anwendbar zu betrachten.

  2. In Art. 111 der Bundesverfassung (SR 101, abgekürzt: BV) ist das Dreisäulenprinzip für die Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge verankert. Die drei Säulen sind die eidgenössische Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung (Säule 1), die berufliche Vorsorge (Säule 2) und die Selbstvorsorge (Säule 3). Die Säule 1, welche alle natürlichen Personen obligatorisch umfasst, die in der Schweiz wohnen oder einer Erwerbstätigkeit nachgehen, dient der Deckung des Existenzbedarfs. Die kollektive Personalvorsorge durch den Arbeitgeber wird als Säule 2 oder berufliche Vorsorge bezeichnet. Sie soll die Fortsetzung der gewohnten Lebenshaltung in angemessener Weise ermöglichen. Vervollständigt wird dieses Konzept durch die Säule 3, mit der die kollektiven Massnahmen der anderen beiden Säulen entsprechend den persönlichen Bedürfnissen ergänzt werden können und in welcher der Einzelne durch Sparen und Abschluss von Versicherungen Selbstvorsorge betreibt (Richner/Frei/Kaufmann/ Meuter, Handkommentar zum DBG, 3. Aufl. 2016, Art. 22 N 4). Den drei Säulen 1, 2 und 3a gemeinsam ist, dass die geleisteten Beiträge von den Einkünften abgezogen werden können (bei der Säule 3a bis zu einem vom Bundesrat festgelegten Höchstbetrag) und diese erst im Zeitpunkt der Altersleistung – sie dies als Rente oder als Kapitalleistung – besteuert werden.

    Für die Säule 2 sieht Art. 81 Abs. 2 des Bundesgesetzes über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (SR 831.40, abgekürzt: BVG) vor, dass die von den Arbeitnehmern und Selbständigerwerbenden nach Gesetz oder reglementarischen Bestimmungen geleisteten Beiträge an Vorsorgeeinrichtungen bei den direkten Steuern des Bundes, der Kantone und Gemeinden abziehbar sind. In Ausführung dieser Bestimmung können nach Art. 33 Abs. 1 lit. d DBG bzw. Art. 45 Abs. 1 lit. d StG die nach Gesetz, Statut oder Reglement geleisteten Einlagen, Prämien und Beiträge an die Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung und an Einrichtungen der beruflichen Vorsorge von den Einkünften abgezogen werden. Darunter fallen insbesondere Einkäufe von Lohnerhöhungen, fehlenden Beitragsjahren und Vorfinanzierungen von Frühpensionierungen bei der beruflichen Vorsorge.

    Nach Art. 82 Abs. 1 BVG können Arbeitnehmer und Selbständigerwerbende auch Beiträge für weitere, ausschliesslich und unwiderruflich der beruflichen Vorsorge dienende, anerkannte Vorsorgeformen abziehen (Säule 3a). Art. 33 Abs. 1 lit. e DBG bzw. Art. 45 Abs. 1 lit. e StG sehen entsprechend vor, dass die Einlagen, Prämien und Beiträge zum Erwerb von vertraglichen Ansprüchen aus anerkannten Formen der gebundenen Selbstvorsorge abziehbar sind.

    Alle Einkünfte aus der beruflichen Vorsorge (Säule 2) und aus anerkannten Formen der gebundenen Selbstvorsorge (Säule 3a) – sei dies bei ordentlicher Auszahlung der Altersleistung oder im Fall einer vorzeitigen Barauszahlung zwecks Erwerbs von Wohneigentum, Aufnahme einer selbständigen Erwerbstätigkeit oder endgültigen Verlassens der Schweiz – sind im Gegenzug nach Art. 22 Abs. 1 DBG bzw. Art. 35 Abs. 1 StG grundsätzlich voll steuerbar (vgl. auch Art. 83 BVG). Der Einkommenssteuer nicht unterworfen sind jedoch Kapitalleistungen, die bei Stellenwechsel vom Arbeitgeber oder von Einrichtungen der beruflichen Vorsorge ausgerichtet werden, wenn sie der Empfänger innert Jahresfrist zum Einkauf in eine Einrichtung der beruflichen Vorsorge oder zum Erwerb einer Freizügigkeitspolice verwendet (vgl. Art. 24 lit. c DBG bzw. Art. 37 lit. d StG). Dies ist eine Folge des Prinzips der Freizügigkeit bei Auflösung eines Vorsorgeverhältnisses, ohne dass der Vorsorgefall eingetreten ist (vgl. Art. 2 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die Freizügigkeit in der beruflichen Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge, SR 831.42, abgekürzt: FZG).

    Nach Art. 3 Abs. 1 der Verordnung über die steuerliche Abzugsberechtigung für Beiträge an anerkannte Vorsorgeformen (SR 831.461.3, abgekürzt: BVV 3) dürfen die Altersleistungen aus der gebundenen Selbstvorsorge (Säule 3a) frühestens fünf Jahre vor dem ordentlichen Rentenalter der AHV ausgerichtet werden. Eine vorzeitige Ausrichtung ist nach Abs. 2 lit. b von Art. 3 BVV 3 unter anderem zulässig, wenn das Vorsorgeverhältnis aufgelöst wird, weil der Vorsorgenehmer die ausgerichtete Leistung für den Einkauf in eine steuerbefreite Vorsorgeeinrichtung oder für eine andere anerkannte Vorsorgeform verwendet. Die steuerliche Konsequenz eines solchen Vorgehens ist gesetzlich nicht geregelt. Gemäss Ziff. 6.3 des Kreisschreibens Nr. 18 der Eidgenössischen Steuerverwaltung (nachfolgend: KS-EStV) vom 17. Juli 2008 muss die Überweisung des Vorsorgeguthabens in diesem Fall direkt vom Säule 3a- Vorsorgeträger an die berufliche Vorsorgeeinrichtung erfolgen. Die Übertragung ist

    dann steuerneutral. Das transferierte Guthaben gelangt im Zeitpunkt der Überweisung nicht zur Besteuerung und der Einkauf kann steuerlich nicht zum Abzug gebracht werden. Eine solche Übertragung ist auch nach Erreichen des 59./60. Altersjahres möglich, sofern die versicherte Person dies verlangt (Schweizerische Steuerkonferenz SSK Vorsorge und Steuern, A.8.2.1, nachfolgend SSK).

  3. Im vorliegenden Fall liess sich der Rekurrent und Beschwerdeführer sein Konto der Säule 3a bei der Bankstiftung C im 63. Altersjahr auszahlen, was abgesehen vom Erreichen des Alters voraussetzungslos möglich ist. Es handelte sich dabei um eine Auszahlung altershalber nach Art. 3 Abs. 1 BVV 3 (vgl. die Bescheinigung der Bankstiftung in act. 12/1.9: Auszahlungsgrund "Erlebensfall") und nicht um eine vorzeitige Ausrichtung, wie sie in Art. 3 Abs. 2 lit. b BVV 3 geregelt wird. Letztere ist nur zulässig, wenn das Geld in die berufliche Vorsorge oder in eine andere Säule 3a eingebracht wird. Beim Rekurrenten und Beschwerdeführer war jedoch mit Erreichen des erforderlichen Alters (fünf Jahre vor dem ordentlichen Rentenalter, vgl. Art. 3 Abs. 1 BVV 3) die Voraussetzung für eine ordentliche Ausrichtung der Kapitalleistung gegeben. Art. 3 Abs. 2 lit. b BVV 3, der gemäss Praxis der Steuerbehörden – welche hier nicht näher zu prüfen ist – eine steuerneutrale Abwicklung der Kapitalleistung bzw. des Einkaufs zur Folge hat, ist somit nicht anwendbar. Dass die Praxis der Steuerbehörden einen solchen Transfer auch nach Überschreiten der Altersgrenze zulässt, sofern die versicherte Person dies verlangt, vermag daran nichts zu ändern, da der Rekurrent und Beschwerdeführer keinen entsprechenden Antrag stellte. Eine gesetzliche Vorschrift, welche in dieser Situation eine Überführung der Konten der Säule 3a in die Säule 2 vorschreibt, gibt es nicht.

    Mit der altershalben Auszahlung war der Vorsorgezweck der über Jahre in die Säule 3a einbezahlten Gelder erreicht und die Kapitalleistung für den Empfänger frei verfügbar. Sie hatte den Vorsorgekreislauf verlassen. Eine Pflicht, das Geld weiterhin für Vorsorgezwecke gebunden zu halten, bestand nicht mehr. Jene Mittel waren nicht mehr dem Vorsorgezweck verhaftet, sie stellten kein gebundenes Vorsorgekapital mehr dar. Die Kapitalleistung von Fr. 89'788.69 wurde von der Vorinstanz denn auch folgerichtig mit einer separat vom übrigen Einkommen berechneten Jahressteuer besteuert. Art. 38 DBG bzw. Art. 52 StG nicht anzuwenden, wie die Vorinstanz es als vertretbar erachtet, kann angesichts der klaren gesetzlichen Bestimmungen nicht

    angehen und würde einen Verstoss gegen das Legalitätsprinzip darstellen. Die erwähnte Problematik der systemwidrigen separaten Besteuerung manifestiert sich zudem nur bei der Säule 2, welche als Kapitalleistung oder als Rente ausbezahlt werden kann. Die Säule 3a einer Bankstiftung wird hingegen stets als Kapitalleistung ausbezahlt.

    Da das für den Einkauf in die Pensionskasse des Rekurrenten und Beschwerdeführers verwendete Geld weder von seinem Arbeitgeber noch aus einer Einrichtung der beruflichen Vorsorge – eine Bankstiftung nach Art. 1 Abs. 1 lit. b BVV 3 fällt nämlich nicht darunter – stammt und der Vorsorgefall bei der Säule 3a mit Ausrichtung der ordentlichen Altersleistung bereits eingetreten ist, sind Art. 24 lit. c DBG bzw. Art. 37 lit. d StG sodann weder direkt noch analog anwendbar. Diese Bestimmungen regeln die Besteuerung von Kapitalleistungen, die innerhalb der beruflichen Vorsorge (Säule 2) verschoben werden, mithin von Geldern, die der Vorsorge verhaftet sind, da der Vorsorgefall noch nicht eingetreten ist. Der Rekurrent durfte das aus der Säule 3a ordentlich ausbezahlte Geld jedoch frei verwenden, und zwar auch für einen Einkauf in die berufliche Vorsorge (Säule 2). Dass dieser Einkauf in der Höhe von Fr. 85'000.– nach Gesetz, Statut oder Reglement nicht zulässig gewesen wäre und daher nach Art. 33 Abs. 1 lit. d DBG bzw. Art. 45 Abs. 1 lit. d StG nicht von den Einkünften in Abzug gebracht werden könnte, wird von der Vorinstanz nicht geltend gemacht. Etwas Gegenteiliges ist aus den Akten auch nicht ersichtlich.

    Anders als in den von der Vorinstanz zitierten Bundesgerichtsentscheiden liegt weder ein Fall einer ohne Barauszahlungsgrund getätigten, vorsorgewidrigen Kapitalleistung einer Vorsorgeeinrichtung (BGer 2C_204/2016 vom 9. Dezember 2016, 2C_156/2010 vom 7. Juni 2011) noch ein solcher einer Abgangsentschädigung des Arbeitgebers mit Vorsorgecharakter vor (BGer 2C_809/2013 vom 31. März 2014). Ein gleich gelagerter Fall wurde vom Bundesgericht bisher noch nie beurteilt. Die Beispiele der SSK (A.8.2.1 und B.6.2.1) beziehen sich auf den Einkauf von Versicherungsjahren mit Mitteln der Säule 3a im Rahmen einer vorzeitigen Ausrichtung der Altersleistung. Im KS-EStV Nr. 41 vom 18. September 2014 werden steuerliche Fragen im Zusammenhang mit dem Freizügigkeitsgesetz geregelt. Dieses betrifft daher nur die Säule 2. Hinzu kommt, dass die Praxis der Vorinstanz eine Ungleichbehandlung mit Steuerpflichtigen zur Folge hätte, welche den Einkauf in die Säule 2 tätigen und die Säule 3a erst später auflösen.

    Die Verrechnung von Auszahlungen aus der Säule 3a mit Einzahlungen in die Säule 2 und damit deren steuerneutrale Behandlung in den letzten fünf Jahren vor Erreichen des AHV-Alters gegen den Willen des Steuerpflichtigen erweist sich daher nicht als zulässig.

  4. Soweit die Vorinstanz im Vorgehen des Rekurrenten und Beschwerdeführers eine Steuerumgehung erblickt, kann ihr ebenfalls nicht gefolgt werden. Eine solche liegt nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung (vgl. BGE 138 II 239 E. 4.1 mit Hinweisen) vor, wenn (1.) eine von den Beteiligten gewählte Rechtsgestaltung als ungewöhnlich, sachwidrig oder absonderlich, jedenfalls den wirtschaftlichen Gegebenheiten völlig unangemessen erscheint, wenn (2.) zudem anzunehmen ist, dass die gewählte Rechtsgestaltung missbräuchlich lediglich deshalb getroffen wurde, um Steuern einzusparen, die bei sachgemässer Ordnung der Verhältnisse geschuldet wären, und wenn (3.) das gewählte Vorgehen tatsächlich zu einer erheblichen Steuerersparnis führen würde, sofern es von der Steuerbehörde hingenommen würde.

    Weder die Ausrichtung angesparter Beträge in der Säule 3a ab dem 59./60. Altersjahr noch der in den letzten beiden Jahren vor der Pensionierung erfolgte Einkauf in die berufliche Vorsorge erscheinen als ungewöhnlich. Das Vorgehen des Rekurrenten und Beschwerdeführers lag im rechtlich vorgegebenen Rahmen, auch wenn die Auszahlung und der Einkauf am selben Tag erfolgten. Da der Rekurrent und Beschwerdeführer zusammen mit seiner Ehefrau Ende 2015 über ein Wertschriftenvermögen von über

    Fr. 5'000'000.– verfügte, hätte er den Einkauf auch mit Mitteln aus seinem Vermögen finanzieren können. Da der Bezug aus der Säule 3a altershalber erfolgte und jenes Geld daher nicht mehr dem Vorsorgezweck verhaftet, sondern frei verwendbar war – es

    hätte auch für den Kauf eines Autos, für Ferien, etc. ausgegeben werden können –, stellt der Einkauf in die Säule 2 entgegen der Ansicht der Vorinstanz eine Verbesserung der Vorsorgesituation des Rekurrenten und Beschwerdeführers dar. Seine künftige Rente erhöhte sich dadurch. Es ist daher nicht davon auszugehen, dass er mit seinem Vorgehen einzig und allein bezweckte, Guthaben der Säule 3a in die Säule 2 zu transferieren, um damit Steuern zu sparen. Hätte er sich die Säule 3a einige Zeit nach dem Einkauf in die Säule 2 auszahlen lassen, wäre eine Steuerumgehung kein Thema gewesen, obschon damit im Jahr 2015 dieselbe Steuerersparnis, nämlich ein Abzug von Fr. 85'000.–, eingetreten wäre. Der vorliegende Sachverhalt ist nicht vergleichbar

    mit jenem, der BGer 2C_230/2015 vom 3. Februar 2016 zugrunde lag, wo es um Einkäufe in die Vorsorgeeinrichtung bei späterem Bezug einer Kapitalleistung innerhalb von drei Jahren ging, was gestützt auf Art. 79b BVG unzulässig ist.

  5. Die vom Rekurrenten und Beschwerdeführer im Jahr 2015 geleistete Einlage in der Höhe von Fr. 85'000.– in eine Einrichtung der beruflichen Vorsorge ist daher gestützt auf Art. 33 Abs. 1 lit. d DBG bzw. Art. 45 Abs. 1 lit. d StG zum Abzug zuzulassen. Das steuerbare Einkommen der Kantons- und Gemeindesteuern 2015 und der direkten Bundessteuer 2015 ist entsprechend anzupassen.

4.- Zusammenfassend ist festzuhalten, dass der Rekurs und die Beschwerde gutzuheissen und die vorinstanzlichen Einsprache-Entscheide vom 11. Januar 2018 betreffend die Kantons- und Gemeindesteuern 2015 sowie die direkte Bundessteuer 2015 aufzuheben sind. Die Angelegenheit ist zu neuen Entscheiden im Sinne der Erwägungen und zur neuen Ausscheidung der Kantons- und Gemeindesteuern 2015 an die Vorinstanz zurückzuweisen (vgl. Art. 56 Abs. 1 VRP).

5.- a) Dem Verfahrensausgang entsprechend sind die amtlichen Kosten vom Staat zu tragen (Art. 95 Abs. 1 VRP und Art. 144 Abs. 1 DBG). Eine Entscheidgebühr von je Fr. 800.– ist angemessen (Art. 144 Abs. 5 DBG, Art. 7 Ziff. 122 der Gerichtskostenverordnung, sGS 941.12). Die geleisteten Kostenvorschüsse in gleicher Höhe sind den Rekurrenten und Beschwerdeführern zurückzuerstatten.

b) Die Rekurrenten und Beschwerdeführer stellen ein Entschädigungsbegehren. Nicht vertretenen Privatpersonen wird bei Obsiegen auf Antrag eine Umtriebsentschädigung zugesprochen (vgl. Art. 98bis VRP; R. Hirt, Die Regelung der Kosten nach st. gallischem Verwaltungsrechtspflegegesetz, St. Galler Diss. 2004, S. 200 mit Hinweisen; VRKE I/

2-2011/39 vom 20. Oktober 2011, in: www.gerichte.sg.ch). Vorliegend erscheint eine Entschädigung von Fr. 400.– als angemessen. Entschädigungspflichtig ist der Staat (Kantonales Steueramt).

Entscheid:

  1. Der Rekurs wird gutgeheissen. Der Einsprache-Entscheid vom 11. Januar 2018 wird aufgehoben und die Angelegenheit zu neuem Entscheid im Sinne der Erwägungen

    und

    zu neuer Ausscheidung der Kantons- und Gemeindesteuern 2015 an die Vorinstanz zurückgewiesen.

  2. Die Beschwerde wird gutgeheissen. Der Einsprache-Entscheid vom 11. Januar 2018 wird aufgehoben und die Angelegenheit zu neuem Entscheid im Sinne der

    Erwägungen

    an die Vorinstanz zurückgewiesen.

  3. Die amtlichen Kosten von je Fr. 800.– für das Rekurs- und das

    Beschwerdeverfahren

    werden dem Staat auferlegt. Die Kostenvorschüsse von je Fr. 800.– werden den Rekurrenten und Beschwerdeführern zurückerstattet.

  4. Der Staat (Kantonales Steueramt) entschädigt die Rekurrenten und

Beschwerdeführer

mit Fr. 400.–.

Quelle: https://www.sg.ch/recht/gerichte/rechtsprechung.html
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