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Urteil Verwaltungsrekurskommission (SG - I/1-2012/24)

Zusammenfassung des Urteils I/1-2012/24: Verwaltungsrekurskommission

Die Rekurrentin, eine Zahnärztin, verkaufte ihre Praxis im Jahr 2009 und zog von einem Kanton in einen anderen um. Das Steueramt des neuen Kantons veranlagte sie mit einem höheren steuerbaren Einkommen, was zu einem Rechtsstreit führte. Die Rekurrentin argumentierte, dass die Liquidation ihrer Praxis noch nicht abgeschlossen sei. Das Gericht entschied jedoch, dass die selbständige Erwerbstätigkeit mit dem Verkauf der Praxis endete und der Gewinn daraus zu versteuern sei. Die Rekurrentin verlor den Rechtsstreit und muss die Gerichtskosten tragen.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts I/1-2012/24

Kanton:SG
Fallnummer:I/1-2012/24
Instanz:Verwaltungsrekurskommission
Abteilung:Abgaben und öffentliche Dienstpflichten
Verwaltungsrekurskommission Entscheid I/1-2012/24 vom 30.08.2012 (SG)
Datum:30.08.2012
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:Entscheid Art. 31 Abs. 1 StG (sGS 811.1), Art. 68 StHG (SR 642.14). Die Rekurrentin verkaufte im Juni 2009 ihre Zahnarztpraxis im Kanton St. Gallen und zog später im Jahr 2009 in den Kanton Aargau, wo sie Ende 2009 Wohnsitz hatte. Mit dem Verkauf der Praxis gab sie das Nebensteuerdomizil im Kanton St. Gallen auf, wobei aber aufgrund der Einheit der Steuerperiode sämtliche daraus fliessenden Einkünfte zu erfassen waren. Beim Verkauf einer Einzelfirma findet keine Liquidation des Geschäfts statt, sondern eine Überführung der Vermögenswerte in das Privatvermögen, weshalb weder das spätere Inkasso noch die Zulassung von Ratenzahlungen als Liquidationshandlungen zu betrachten sind (Verwaltungsrekurskommission, Abteilung I/1, 30. August 2012, I/1-2012/24).
Schlagwörter: ändig; Geschäfts; Rekurrentin; Praxis; Erwerbstätigkeit; Kanton; Liquidation; Veräusserung; Zeitpunkt; Recht; Einkommen; Gallen; Vorinstanz; Rekurs; Steueramt; Debitoren; Entscheid; Geschäftsvermögen; Kantons; Zahnarztpraxis; Kaufpreis; Raten; Praxisübergabe; Steuerperiode; Leistung; Rechnung
Rechtsnorm: Art. 134 DBG ;Art. 18 DBG ;
Referenz BGE:105 Ib 238; 112 Ib 79; 113 Ib 26; 122 II 225;
Kommentar:
-

Entscheid des Verwaltungsgerichts I/1-2012/24

Präsident Thomas Vögeli, Mitglieder Fritz Buchschacher und Markus Frei; a.o. Gerichtsschreiberin Regina Bleiker

X, Rekurrentin,

vertreten durch Treuhandgesellschaft am Falkenstein GmbH, Falkensteinstrasse 1, Postfach 112, 9006 St. Gallen,

gegen

Kantonales Steueramt, Davidstrasse 41, 9001 St. Gallen, Vorinstanz,

betreffend

Kantons- und Gemeindesteuer (Einkommen und Vermögen 2009)

Sachverhalt:

A.- X, Dr. med. dent,. betrieb eine Zahnarztpraxis in B, welche sie am 28. Mai 2009 verkaufte und am 2. Juni 2009 dem Nachfolger übergab. Im Kaufvertrag vom 28. Mai 2009 vereinbarte sie mit dem Käufer der Praxis einen Kaufpreis von Fr. 220'000.--. wovon Fr. 160'000.-- innert 14 Tagen nach Vertragsunterzeichnung zahlbar und

Fr. 60'000.-- in monatlichen Raten von jeweils Fr. 2'500.-- ab September 2009 zu leisten waren. Sie verpflichtete sich, die im Zeitpunkt der Praxisübergabe angefangenen Arbeiten in Rechnung zu stellen, veräusserte die bestehenden Debitoren jedoch nicht mit. Am 1. September 2009 verlegte sie ihren Wohnsitz von C nach D. Die letzen Inkassohandlungen für ausstehende Honorarrechnungen, wurden 2010 getätigt. Die letzte Ratenzahlung des Praxiskäufers erfolgte im August 2011.

Gemäss Erfolgsrechnung 2008/2009 erzielte X vom 1. April 2008 bis 31. März 2009 ein Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit von Fr. 119'604.--. Die Steuererklärung 2009 reichte sie im Kanton Aargau ein und deklarierte steuerbare Einkünfte von insgesamt Fr. 137'088.-- (inkl. AHV-Rente). Die Steuerbehörde des Kantons Aargau veranlagte sie für die Kantons- und Gemeindesteuern 2009 am 20. Januar 2011 mit einem steuerbaren Einkommen von Fr. 17'776.-- zu einem Satz von Fr. 135'642.--, das steuerbare Vermögen mit Fr. 99'000.-- und überwies die Steuerausscheidung sowie eine Kopie der Steuererklärung dem Steueramt des Kantons St. Gallen.

B.- Mit Schreiben vom 28. April 2011 forderte das Steueramt des Kantons St. Gallen X auf, die Steuerdeklaration 2009 mit Liquidationsabschluss sowie weiteren Unterlagen zu ergänzen. Am 22. Juni 2011 liess die Steuerpflichtige durch ihren Vertreter vorbringen, dass die Liquidation der Praxis noch andauere und legte eine Kopie des Kaufvertrages ins Recht. Das kantonale Steueramt forderte die Steuerpflichtige am

24. Juni sowie am 8. August 2011 auf, den Geschäftsabschluss vom 1. April 2009 bis

31. Mai 2009 inkl. Ausweis des Liquidationsergebnisses, unter Androhung der Veranlagung nach Ermessen, einzureichen. Mit Schreiben vom 19. Oktober 2011 reichte der Vertreter von X die Steuererklärung sowie den Geschäftsabschluss für die Periode vom 1. April 2009 bis 31. Dezember 2009 ein und deklarierte ein steuerbares Einkommen von Fr. 64'857.--, wobei er den Erlös der Liquidation offen liess mit der Begründung, diese sei noch nicht abgeschlossen. Gestützt auf die eingereichte Erfolgsrechnung vom 1. April 2008 bis 31. März 2009 und die Erfolgsrechnung vom

1. April 2009 bis 31. Dezember 2009 ging das kantonale Steueramt von einem Gewinn

aus der Veräusserung der Zahnarztpraxis von Fr. 162'048.-- aus und veranlagte die Pflichtige am 26. Oktober 2011 für die Kantons- und Gemeindesteuer 2009 mit einem steuerbaren Einkommen von Fr. 356'400.-- zu einem Satz von Fr. 374'300.--, ohne steuerbares Vermögen. Die dagegen erhobene Einsprache wies das kantonale Steueramt mit Einsprache-Entscheid vom 3. Januar 2012 ab.

C.- Mit Eingabe vom 9. Februar 2012 erhob X durch ihren Rechtsvertreter Rekurs und beantragte, der Einsprache-Entscheid vom 3. Januar 2012 sei aufzuheben und der Liquidationsgewinn aus der Veranlagung 2009 zu separieren und eigenständig im Jahr 2011 zu veranlagen.

Die Vorinstanz verzichtete auf eine begründete Vernehmlassung und beantragte unter Verweis auf den Einsprache-Entscheid die Abweisung des Rekurses.

Die Erwägungen im angefochtenen Entscheid und die Vorbringen der Rekurrentin werden, soweit wesentlich, in den nachstehenden Erwägungen dargelegt und gewürdigt.

Erwägungen:

1.- Die Eintretensvoraussetzungen sind von Amtes wegen zu prüfen. Die Verwaltungsrekurskommission ist zum Sachentscheid zuständig. Die Befugnis zur Rekurserhebung ist gegeben. Der Rekurs vom 9. Februar 2012 ist rechtzeitig eingereicht worden. Er erfüllt in formeller und inhaltlicher Hinsicht die gesetzlichen Anforderungen (Art. 194 Abs. 1 des Steuergesetzes, sGS 811.1, abgekürzt: StG; Art. 48 des Gesetzes über die Verwaltungsrechtspflege, sGS 951.1, abgekürzt: VRP). Auf den Rekurs ist einzutreten.

2.- Im Rekurs ist einzig umstritten, ob die Vorinstanz zu Recht die Beendigung der selbständigen Erwerbstätigkeit der Rekurrentin im Kanton St. Gallen im Jahr 2009 annahm.

a) Die Rekurrentin bringt vor, sie sei bis 2010 mit dem Debitoreninkasso sowie Kreditoren-Abrechnungen beschäftigt gewesen und der Käufer der Zahnarztpraxis habe erst im August 2011 die letzte Raten bezahlt, weshalb es unzulässig sei, den

Zeitpunkt des Liquidationsabschlusses in das Jahr 2009 zu legen. Im Gegenteil sei im Jahr 2010 ein Verlust von Fr. 24'292.-- aus der Praxis in B entstanden. Die Liquidation des Geschäftes sei damit per 2009 noch nicht abgeschlossen gewesen. Die Rekurrentin verwies dazu auf die Geschäftsunterlagen sowie die Steuererklärung 2009.

b) Dem hält die Vorinstanz entgegen, mit der Übergabe der Praxis per 2. Juni 2009 habe sich der Rechtsanspruch aus dem Verkauf realisiert. Die vereinbarten Zahlungsmodalitäten sowie die untergeordneten Tätigkeiten in der Praxis nach dem Verkauf würden nichts am Liquidationsende ändern, da zu keinem Zeitpunkt die Gefahr eines möglichen Ausfalls bestanden habe. Die Buchführung sei gemäss Abschluss per

31. März 2009 bisher jeweils nach der Soll-Methode erfolgt.

3.- Natürliche Personen ohne steuerrechtlichen Wohnsitz Aufenthalt im Kanton sind aufgrund wirtschaftlicher Zugehörigkeit steuerpflichtig, wenn sie im Kanton Geschäftsbetriebe Betriebsstätten unterhalten (Art. 14 Abs. 1 lit. a StG; vgl. Schweizerische Steuerkonferenz, Die interkantonale Ausscheidung bei Änderung der Steuerpflicht während der Steuerperiode im System der einjährigen Postnumerandobesteuerung mit Gegenwartsbemessung, natürliche Personen, Kreisschreiben Nr. 18 vom 27. November 2001, S. 4, in: www.steuerkonferenz.ch). Gemäss Art. 68 Abs. 2 des Bundesgesetze über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden SR 642.14, abgekürzt StHG, besteht die Steuerpflicht aufgrund der wirtschaftlichen Zugehörigkeit in einem andern Kanton als demjenigen des steuerrechtlichen Wohnsitzes für die gesamte Steuerperiode, auch wenn sie im Laufe des Jahres begründet, verändert aufgehoben wird.

Als Geschäftsbetriebe im Kanton sind schweizerische Unternehmen, d.h. nach schweizerischem Recht errichtete Einzelfirmen und Personengesellschaften mit Sitz resp. festen Anlagen Einrichtungen im Kanton zu verstehen (vgl. dazu Bauer- Balmelli/Nyffenegger, in: Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht, Band I/1, 2. Aufl. 2002, N 3 zu Art. 4 StHG). Die Betriebsstätten begründen ebenso eine steuerrechtliche Anknüpfung für natürliche Personen. Diese umfassen ebenso ständige Anlagen Einrichtungen, mittels derer ein qualitativ und quantitativ wesentlicher Teil der Tätigkeit ausgeführt wird (vgl. Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Kommentar zum harmonisierten Zürcher Steuergesetz, 2. Aufl. 2006, N 13 zu § 4 StG-ZH). Die

Begründung des Spezialsteuerdomizils gilt für Angehörige der freien Berufe, wie Zahnärzte, Anwälte, Architekten usw., ebenso am Ort der ständigen Anlagen und Errichtungen, wenn diese dort ihre Tätigkeit auf eigene Rechnung ausüben und dabei persönlich und wirtschaftlich selbständig sind. Massgebend dabei ist nicht die Art des Berufes, sondern ob diese selbständig ausgeübt wird (Höhn/Mäusli, Interkantonales Steuerrecht, 4. Aufl. 2000, S. 190). Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ist das aus der selbständigen Tätigkeit erzielte Einkommen und das berufsdienende Vermögen am Geschäftsort zu besteuern, sofern die Tätigkeit sich dort in ständigen körperlichen Anlagen und Einrichtungen abspielt und dort die qualitative sowie quantitative Tätigkeit ausgeübt wird (BGer 2C_785/2011 vom 1. März 2012 E. 2.2). Mit Aufgabe der selbständigen Erwerbstätigkeit endet jedoch die wirtschaftliche Zugehörigkeit zum Geschäftsort (Rütsche/Fischer, in: Zweifel/Beusch/Mäusli- Allenspach [Hrsg.], Kommentar zum schweizerischen Steuerrecht, Interkantonales Steuerrecht, Basel 2011, § 38 N 56). Wie bei der Steuerpflicht aufgrund der persönlichen Zugehörigkeit (Art. 68 Abs. 1 StHG) gilt zwar auch bei Spezialsteuerdomizilen die Einheit der Steuerperiode; das Geschäftsvermögen wird jedoch zugunsten des Geschäftsortskantons zeitlich gewichtet (vgl. Rütsche/Fischer, a.a.O., § 38 N 16).

b) Trotz Veräusserung der Zahnarztpraxis am 28. Mai 2009 und Übergabe am 2. Juni 2009 an ihren Nachfolger bestand die wirtschaftliche Zugehörigkeit der Rekurrentin zum Kanton St. Gallen aufgrund der Einheit der Steuerperiode für sämtliche Einkünfte aus der selbständigen Erwerbstätigkeit. Der Praxisverkauf ist der steuerlichen Aufgabe der Betriebsstätte nicht gleichgestellt, er bedeutet aber dennoch das Ende der selbständigen Erwerbstätigkeit, da keine neuen Einnahmen mehr aus der Geschäftstätigkeit erzielt werden können. Folglich sind sämtliche Einkünfte aus der selbstständigen Erwerbstätigkeit im Kanton St. Gallen zu besteuern, und nur bei den Rentenleistungen ist eine Steuerausscheidung vorzunehmen. Das berufsdienende Vermögen aus der selbständigen Erwerbstätigkeit veranschlagte das kantonale Steueramt St. Gallen auf Fr. 0.--, was nicht bestritten wurde.

4.- Nach Art. 31 Abs. 1 StG sind alle Einkünfte aus einem Handels-, Industrie-, Gewerbe-, Land- und Forstwirtschaftsbetrieb, aus einem freien Beruf sowie aus jeder anderen selbständigen Erwerbstätigkeit steuerbar. Dazu zählen auch alle

Kapitalgewinne aus Veräusserung, Verwertung buchmässiger Aufwertung von Geschäftsvermögen sowie der Erlös aus der Überführung von Geschäftsvermögen in das Privatvermögen in ausländische Betriebe Betriebsstätten (Art. 31 Abs. 2 StG; Art. 8 Abs. 1 StHG). Für die Ermittlung des steuerbaren Einkommens ist auf das tatsächlich erzielte Ergebnis des in der Steuerperiode abgeschlossenen Geschäftsabschlusses abzustellen (Art. 67 StG). Selbständigerwerbende sind gemäss Art. 67 Abs. 3 StG verpflichtet, in jeder Steuerperiode und am Ende der Steuerpflicht einen Geschäftsabschluss zu erstellen.

  1. Wird das Personenunternehmen weder veräussert noch umgewandelt, sondern aufgegeben, endet die selbständige Erwerbstätigkeit mit der letzten Liquidationshandlung (J. von Ah, Die Besteuerung Selbständigerwerbender, 2. Aufl., S. 31 ff.; M. Reich, in: Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht, Band I/2a, 2. Aufl., N 39 f. zu Art. 18 DBG). Bei der Veräusserung des Geschäftsbetriebs endet die selbständige Erwerbstätigkeit jedoch unmittelbar (VerwGE vom 31. Mai 2012 i. S. P. und M. S.-H/KStA., E. 3.1, publ. in: www.gerichte.sg.ch). Die Veräusserung führt weder zum Untergang der Unternehmung noch ist die übernommene Unternehmung von der Übertragung des Geschäftsvermögens in das Privatvermögen betroffen. Die entgeltliche unentgeltliche Übertragung an Dritte berührt nur die an der Unternehmung Beteiligten, nicht aber die Unternehmung selbst als Faktor der Wirtschaft und stellt damit – wie so oft falsch bezeichnet- eben gerade keine Liquidation dar (vgl. Cagianut/Höhn, Unternehmungssteuerrecht, 3. Aufl. 1993, S. 787). Selbst die Vorinstanz verwendete wiederholt den Begriff "Liquidation", obwohl es sich wie dargelegt im vorliegenden Fall nicht um eine Liquidation handelte. Daher ist es nachvollziehbar, dass die Rekurrentin die Veräusserung ebenfalls als Liquidation bezeichnet und unter Hinweis auf die Inkassohandlungen sowie die letzte Ratenzahlung auf einen späteren Liquidationszeitpunkt abstellt. Dennoch gilt die selbständige Erwerbstätigkeit zum Zeitpunkt der Veräusserung des Geschäftsbetriebs als beendet.

    Zur Bestimmung der Realisation des Veräusserungsgewinns ist auf den Zeitpunkt abzustellen, in welchem der Verkäufer seine vertraglich vereinbarten Leistungen erbracht und damit einen festen durchsetzbaren Rechtsanspruch auf die vertragliche Gegenleistung erworben hat (BGE 122 II 225 = ASA 65 S. 747; Entscheid des

    Bundesgerichts vom 18. Mai 1979 in ASA 49 S. 61; StE 1996 B 23.47.2 Nr. 11; P. Locher, Kommentar zum DBG, I. Teil, 2001, N 86 zu Art. 18 DBG). Voraussetzung des Zufliessens ist also ein "abgeschlossener Rechtserwerb, welcher Forderungserwerb Eigentumserwerb sein kann" (BGE 113 Ib 26). Massgebend ist einzig der Zeitpunkt der vertraglich rechtsgültig vereinbarten Leistung und ob die Kaufpreiserfüllung als sicher erscheint (BGE 105 Ib 238 E. 4b; BGer 2P.75/2002 vom 23. Januar 2003 E. 4.1; BGer 2A.181/2002 vom 27. Januar 2003 E. 1.1). Der Anknüpfungspunkt der Erfüllung ist hingegen nur dann von Bedeutung, wenn die Leistung als besonders unsicher betrachtet werden muss (BGer 2P.323/2003 vom

    7. Mai 2004 E. 4.1; P. Locher, a.a.O., N 86 zu Art. 18 DBG). Demnach stellt weder die Abwicklung des Geschäftsverkaufs eine Geschäftsliquidation dar, noch haben die Zahlungsmodalitäten einen Einfluss auf das Ende der selbständigen Erwerbstätigkeit, jedenfalls solange wie vorliegend keine Unsicherheit bezüglich der Leistung bestand.

    Es ist nicht ersichtlich und dargelegt, inwiefern der rechtliche Anspruch auf den restlichen Kaufpreises zum Zeitpunkt der Praxisübergabe je unsicher gewesen und auf den Zeitpunkt der Ratenzahlungen abzustellen wäre. Die Übergabe der Praxis sowie der zu mehr als 70 % bezahlte Kaufpreis lassen keinen Zweifel offen, dass selbst die Rekurrentin den restlichen Kaufpreis als sicher erachtete. Entgegen der Auffassung der Rekurrentin steht fest, dass der Kapitalgewinn aus der Veräusserung der Praxis bereits im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses realisiert war und damit ihre selbständige Erwerbstätigkeit beendete. Selbst eine gestaffelte Kaufpreistilgung ändert nichts am Ende der selbständigen Erwerbstätigkeit zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses bzw. der Praxisübergabe. Die Vorinstanz verweigerte damit zu Recht die Anerkennung der letzten Ratenzahlung des Käufers als Ende der selbständigen Erwerbstätigkeit.

  2. Ebenso entspricht die Überführung des Geschäftsvermögens in das Privatvermögen nicht einer Geschäftsliquidation. Bei Privatentnahmen erbringt das Unternehmen dem Unternehmer eine Leistung, ohne dafür eine entsprechende Gegenleistung zu empfangen. Mit der Privatentnahme verlieren die Vermögensgegenstände ihre Bindung an das Geschäft; ihre bisherige Zweckbestimmung ändert, indem sie inskünftig nur noch privaten Zwecken des Unternehmers dienen (M. Reich, Die Realisation stiller Reserven im Bilanzsteuerrecht, Zürich 1983, S. 125). Bei Privatentnahmen ist damit grundsätzlich festzustellen, wann die entsprechenden Vermögensgegenstände die

Qualität als Geschäftsvermögen verlieren und in das Privatvermögen übergehen. Kapitalgewinnbesteuerung von Privatentnahmen müssen auf den Zeitpunkt hin erfolgen, in dem der Unternehmer den Steuerbehörden gegenüber den eindeutigen Willen äussert, einen Gegenstand dem Geschäftsvermögen zu entziehen (BGE 112 Ib 79 E. 4).

Dem Kaufvertrag vom 28. Mai 2009 zufolge übergab die Rekurrentin die Zahnarztpraxis am 2. Juni 2009 ihrem Nachfolger zu einem Preis von Fr. 220'000.--. Als Folge davon bestand das Unternehmen weiterhin, die selbständige Erwerbstätigkeit der Steuerpflichtigen wurde hingegen durch die Veräusserung ihrer Praxis beendet. Die noch nicht in Rechnung gestellten Debitoren blieben von der Veräusserung ausgeschlossen bzw. wurden der Rekurrentin zugewiesen (Vertrag Ziff. V/9). Mit dem Verkauf wurden auch diese Vermögenswerte in das private Vermögen der Rekurrentin überführt. Die darauffolgenden Inkassohandlungen stellten keine Geschäftstätigkeit mehr dar.

5.- Die freien Berufe wie Ärzte, Ingenieure, Architekten und Rechtsanwälte unterliegen nicht der Buchführungspflicht, haben aber eine Aufzeichnungspflicht (Richner/Frei/ Kaufmann/Meuter, Handkommentar zum DBG, 2. Aufl. 2009, N 124 zu Art. 18 DBG). Nichtbuchführungspflichtige Selbständigerwerbende können entweder nach der Ist- nach der Soll-Methode abrechen (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, a.a.O., N 143 zu Art. 18 DBG). Sobald die Bücher nach kaufmännischer Art geführt werden, obwohl dazu keine Verpflichtung besteht, sind die Aufzeichnungen an den obligationenrechtlichen Grundsätzen über die formelle und materielle Ordnungsmässigkeit zu messen (Richner/ Frei/Kaufmann/Meuter, a.a.O., N 18 zu Art. 134 DBG). Der Rekurrentin war es als freiberufliche Zahnärztin freigestellt, ihr

Erwerbseinkommen erst im Zeitpunkt des Zahlungseingangs als realisiert zu betrachten und nach der Ist-Methode bereits zum Zeitpunkt der Rechnungsstellung in der Buchhaltung nach der Soll-Methode zu erfassen. Die einmal gewählte Abrechungsmethode ist allerdings beizubehalten, um eine lückenlose Buchhaltung zu gewährleisten. Damit sollen unter der Anwendung der Ist-Methode auch Fälle der Steuerumgehung durch absichtlich späte Rechnungsstellung verhindert werden (StE 1984, B 23.43.1 Nr. 1).

Die Buchhaltung vom 1. April 2008 bis 31. März 2009 wurde nach der Soll-Methode geführt. Die Rekurrentin wies konkret Fr. 16'852.90 als Debitoren sowie ein Delkredere von Fr. 1'000.-- in der Bilanz aus. In der Folge erstellte die Rekurrentin eine Erfolgsrechnung per 31. Dezember 2009. Damit waren die Debitoren per Ende März 2009 zu erfassen, ebenso die in der Zeit von April 2009 bis zur Praxisübergabe erbrachten Leistungen. Die Bilanz per 31. Dezember 2009 enthielt allerdings keine Angaben zu offenen Debitoren, obwohl die Steuerpflichtige geltend macht, noch bis 2010 mit dem Inkasso von Debitoren beschäftigt gewesen zu sein. Dies ist allerdings wie erwähnt nicht ausschlaggebend. Die Vorinstanz hat jedenfalls zu Recht die im Jahr 2009 abgeschlossenen Geschäftsperioden sowie den Gewinn aus der Veräusserung der Praxis erfasst. Die Praxisübergabe erfolgte definitiv am 2. Juni 2009. Die Rekurrentin erstellte per Veräusserung der Zahnarztpraxis keinen Geschäftsbericht, da sie sich auf den Standpunkt stellte, dass die Liquidation ihres Geschäfts noch nicht beendet sei. Wie in den vorangegangenen Erwägungen dargelegt, führt die Veräusserung nicht zur Liquidation, womit selbst bei Praxisübergabe und Beendigung der selbständigen Erwerbstätigkeit ein Geschäftsabschluss zu erstellen gewesen wäre. Da ein solcher per Geschäftsveräusserung bekanntlich nicht vorliegt, musste die Beurteilung der Besteuerung auf Basis der Buchhaltungen der Periode von 1. April 2008 bis 31. März 2009 und von 1. April 2009 bis 31. Dezember 2009 erfolgen. Trotz des fehlenden Vergleichs zur Schlussbilanz per Übertragung des Unternehmens, waren der Rekurrentin unbestrittenermassen per 31. Dezember 2009 bereits Fr. 162'048.-- aus dem Verkauf der Praxis zugeflossen. Gestützt auf den erzielten Erlös ermittelte die Vorinstanz zusammen mit den übrigen Einkünften das Einkommen aus der selbständigen Erwerbstätigkeit. Die Einkommensberechnung als solche blieb unangefochten. Der Rekurs ist demnach abzuweisen.

6.- Die Kostenauflage entspricht dem Verfahrensausgang (Art. 95 Abs. 1 VRP). Eine Entscheidgebühr von Fr. 800.-- ist angemessen (Art. 7 Ziff. 122 der Gerichtskostenverordnung, sGS 941.12). Der Kostenvorschuss von Fr. 800.-- ist zu verrechnen.

Entscheid:

  1. Der Rekurs wird abgewiesen.

  2. Die Rekurrentin bezahlt die amtlichen Kosten des Verfahrens von Fr. 800.-- unter Verrechnung des Kostenvorschusses von Fr. 800.--.

Quelle: https://www.sg.ch/recht/gerichte/rechtsprechung.html
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