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Urteil Handelsgericht (SG)

Kopfdaten
Kanton:SG
Fallnummer:HG.2008.16
Instanz:Handelsgericht
Abteilung:Handelsgericht
Handelsgericht Entscheid HG.2008.16 vom 27.11.2008 (SG)
Datum:27.11.2008
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:Entscheid Art. 2 OR (SR 220). Lieferungsvertrag, bei welchem die Parteien die Frist, innert welcher die vereinbarte Gesamtmenge abzurufen bzw. zu liefern war, nicht erörtert haben. Nachdem die Beklagte als Käuferin der Klägerin als Verkäuferin mitgeteilt hat, sie werde den Vertrag nicht mehr einhalten und keine Teillieferungen mehr abrufen, geriet sie, auch ohne vereinbartes Enddatum für den (letzten) Abruf, ohne weiteres in Verzug, womit die Klägerin ihr Wahlrecht nach Art. 107 Abs. 2 OR ausüben konnte. Berechnung des entgangenen Gewinns (Handelsgericht, 27. November 2008, HG. 2008.16).
Schlagwörter: Vertrag; Kläg; Klage; Kläg; Kaffee; Partei; Vertrags; Beklagten; Teillieferung; Parteien; Vertraglich; Vereinbart; Lieferung; Klageantwort; Preis; Gewinn; Teillieferungen; Schadenersatz; Entgangene; Gauch/; Entgangenen; Vertragliche; Geschäft; Vereinbarte; Handel; Frist; Schluep/Schmid; Verzichte; Frist
Rechtsnorm: Art. 1 OR ; Art. 104 OR ; Art. 107 OR ; Art. 14 ZPO ; Art. 164 ZPO ; Art. 2 OR ; Art. 20 OR ; Art. 201 OR ; Art. 27 ZGB ; Art. 56 ZPO ; Art. 91 ZPO ;
Referenz BGE:115 II 1;
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
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Entscheid
Art. 2 OR (SR 220). Lieferungsvertrag, bei welchem die Parteien die Frist, innert welcher die vereinbarte Gesamtmenge abzurufen bzw. zu liefern war, nicht erörtert haben. Nachdem die Beklagte als Käuferin der Klägerin als Verkäuferin mitgeteilt hat, sie werde den Vertrag nicht mehr einhalten und keine Teillieferungen mehr abrufen, geriet sie, auch ohne vereinbartes Enddatum für den (letzten) Abruf, ohne weiteres in Verzug, womit die Klägerin ihr Wahlrecht nach Art. 107 Abs. 2 OR ausüben konnte. Berechnung des entgangenen Gewinns (Handelsgericht, 27. November 2008, HG.2008.16).

Erwägungen:

I.

  1. Die Klägerin ist im Import und Grosshandel mit Kaffee, Tee und anderen Lebensmitteln tätig (kläg. act. 1). Die Beklagte verkauft Verpflegungsautomaten und beliefert ihre Kunden mit Speisen und Getränken (kläg. act. 2).

    Die Parteien schlossen am 06./07. Januar 2004 einen Liefervertrag für Röstkaffee ab (kläg. act. 3). Unbestritten ist die vertragliche Vereinbarung über:

    • die Lieferung von 40 Tonnen;

    • die Kaffeemischung (Barone Exklusiv und Barone);

    • die Mindestmenge von 1'200 kg pro Teillieferung (4 Paletten);

    • den Preis von Fr. 5.20 / kg;

    • den Vorzugspreis von Fr. 4.20 / kg für die ersten 20 Tonnen;

    • die Lieferbereitschaft ab 01. Januar 2004;

    • die Lieferfrist von 10 Arbeitstagen;

    • die Lieferung franko T.;

    • die Zahlungskonditionen 30 Tage rein netto.

  2. Die Beklagte rief vom 07. Januar 2004 bis 14. Februar 2005 insgesamt 14 Teillieferungen ab. Die Klägerin lieferte der Beklagten insgesamt fristgerecht 20'780 kg Kaffeemischung (kläg. act. 4 - 8). Die Teilbestellungen entsprachen mehrheitlich der vereinbarten Mindestmenge von 1'200 kg (zwischen 1'210 und 1'230 kg) oder der doppelten Mindestmenge (zwischen 2'410 und 2'460 kg). Die Beklagte bezahlte die Teillieferungen gemäss den vertraglichen Konditionen (kläg. act. 9).

Die Beklagte bestellte nach der Lieferung vom 21. Februar 2005 (kläg. act. 8) während mehreren Monaten keine weiteren Teilmengen mehr (Klage Seite 5). Anlässlich einer Besprechung zwischen den Parteien Ende Mai 2005 erklärte R. L. für die Beklagte, dass sie keine weiteren Lieferungen mehr abrufen werde (Klage Seite 5; kläg. act. 10).

Am 24. Oktober 2006 stellte die Klägerin der Beklagten eine "Nachbelastung wegen nicht Einhaltung des Liefervertrages vom 06. Januar 2004" von Fr. 40'000.-- zuzüglich 7,6 % Mehrwertsteuer, gesamthaft Fr. 43'040.-- zu (kläg. act. 11). Am 29. November 2006 mahnte die Klägerin die Beklagte und setzte ihr eine neue Zahlungsfrist bis

10. Dezember 2006. Auch diese Nachfrist liess die Beklagte unbenützt verstreichen. Die Klägerin liess sie in der Folge betreiben (kläg act. 13), worauf die Beklagte am 26. Januar 2007 Rechtsvorschlag erhoben hat.

Die Klägerin setzte der Beklagten zwei Jahre nach der letzten Bestellung, am 14. Februar 2007 eine Frist zur Abnahme der restlichen Liefermenge [19'220 kg] bis zum

05. März 2007. Nach übereinstimmender Darstellung reagierte die Beklagte nicht (Klage Seite 6; Klageantwort Seite 2). Nach unbenütztem Ablauf teilte die Klägerin mit, sie verzichte auf die Vertragserfüllung und mache Schadenersatz wegen Nichterfüllung des Vertrages geltend (kläg. act. 15; bekl. act. 3).

3. Die Klägerin reichte am 20. Februar 2008 Klage ein (act. 1). Sie fordert Schadenersatz für entgangenen Gewinn. Die Beklagte beantragt mit ihrer Klageantwort (act. 6) Abweisung der Klage. Sie behauptet, sie habe wegen Qualitätsveränderungen des Kaffees und wegen anderweitigen Geschäftsverpflichtungen die Kaffeebezüge bei der Klägerin ausgesetzt. Sie stellt sich dabei auf den Standpunkt, es sei vertraglich nicht vereinbart worden, innert welcher Frist die Gesamtmenge von 40 Tonnen abgerufen werden müsse (Klageantwort Seite 2). Die Klägerin, welche den Vertrag verfasste, habe es versäumt, die Frist zur Vertragserfüllung vertraglich auszuhandeln (Klageantwort Seite 3). Nachdem die Klägerin auf die Vertragserfüllung verzichtete, habe sie [die Beklagte] seit dem 06. März 2007 keine Bestellungen mehr tätigen können (Klageantwort Seite 2).

II.

  1. Die Beklagte hat ihren Sitz in T. Beide Parteien sind im Handelsregister eingetragen. Der Streitwert übersteigt Fr. 30'000.--. Die Streitsache fällt in die Zuständigkeit des Handelsgerichts (Art. 14 Abs. 1 ZPO; Art. 3 GestG; kläg. act. 1 und

    2). Nach dem ersten Schriftenwechsel fand eine Vorbereitungsverhandlung statt. Die Klägerin verzichtete in der Folge auf die Replik (act. 13). Damit entfiel die Duplik (Art. 160 Abs. 1 Satz 2 ZPO).

    An Schranken brachte die Beklagte neue Tatsachenbehauptungen vor, insbesondere betreffend ein mit der Firma S. abzuschliessendes Geschäft und ein Schreiben vom 6. Januar 2006, welches sie jedoch nicht einreichte. Die Klägerin beantragte, diese neuen Vorbringen seien nicht zuzulassen. Diese sind, nachdem die Beklagte die Voraussetzungen für die Zulassung einer nachträglichen Eingabe nicht dargetan hat, ohne weiteres aus dem Recht zu weisen (GVP 1993 Nr. 65; Leuenberger/Uffer-Tobler, Kommentar zur Zivilprozessordnung des Kantons St. Gallen, Bern 1999, N 3 zu Art. 164 ZPO).

  2. Zwischen den Parteien ist ein Vertrag zustandegekommen, der sämtliche wesentlichen Elemente (essentialia negotii) enthält (Art. 2 Abs. 1 OR). Der Lieferungsvertrag gehört zu den Innominatkontrakten aus der Kategorie der Veräusserungsverträge (Guhl/Koller, Das Schweizerische Obligationenrecht, Zürich 2000, § 40 N 30). Als Essentialia für diesen Vertragstypus genügt die Vereinbarung über den Veräusserungsgegenstand und den Preis (Gauch/Aepli/Stöckli, Präjudizienbuch zum OR [Rechtssprechung des Bundesgerichts], Zürich 2006, Vorb. Art. 184 - 551 N 42a).

    Den (einzigen) strittigen Nebenpunkt haben die Parteien nicht vereinbart. Beiden Parteien war klar, dass der Vertrag nach Lieferung und Bezahlung von 40 t Kaffeemischung durch Erfüllung beendet werde. Die Parteien haben jedoch die Frist, innert welcher die vereinbarte Gesamtmenge abzurufen, bzw. zu liefern war, nicht erörtert. Sie haben indessen auch keinen Vorbehalt angebracht (Art. 2 Abs. 2 OR). Offensichtlich hielten beide Parteien den Vertrag für gültig zustandegekommen, hielten sich daran und erfüllten ihn während 14 Monaten (Klage Seiten 4/5, Klageantwort Seite 2, kläg. act. 4 - 9). Stimmt der Wille der Parteien nicht überein, ist ein versteckter Dissens vorhanden. Liegt der Dissens in einem Nebenpunkt vor, ist der Vertrag trotzdem gültig zustandegekommen und Art. 2 Abs. 2 OR ist analog in Anwendung zu bringen (Kramer, Berner Kommentar, N 5 zu Art. 2 OR). Der Richter hat den Nebenpunkt nach der Natur des Geschäftes zu entscheiden (Art. 2 Abs. 2 OR). Sie ist

    insbesondere unter Berücksichtigung des Vertragszweckes und der Verkehrssitte (Kramer, Berner Kommentar, N 6 zu Art. 2 OR) zu ermitteln.

    Der Richter hat den Vertrag zu ergänzen, bzw. die Vertragslücke auszufüllen. Dies gilt auch für die Innominatkontrakte, die in der gleichen Weise wie die gesetzlich geregelten Verträge zu ergänzen sind (Gauch/Schluep/Schmid, Schweizerisches Obligationenrecht, Allgemeiner Teil, Zürich 2008, N 1248). In erster Linie sind sie durch dispositives Gesetzesrecht zu ergänzen. Ist keine gesetzliche Norm vorhanden, hat der Richter die Lücke zu füllen. Umstritten ist in der herrschenden Lehre, ob er dabei vom hypothetischen Parteiwillen oder nach der Natur des Geschäftes auszugehen habe (Gauch/Schluep/Schmid, a.a.O., N 1257). In Wirklichkeit ist es ein Streit um die Definition des hypothetischen Parteiwillens. Jener ist auf Grund der Natur des Geschäftes, wie es von vernünftig und redlich handelnden Vertragsparteien ausgeübt wird, zu ermitteln. Die Vertragsergänzung, wie sie ausdrücklich als Sonderfall in Art. 2 Abs. 2 OR vorgesehen ist, ist begrifflich von der Auslegung zu unterscheiden, geht aber in der Praxis oft in die ergänzende Vertragsauslegung über.

  3. Einerseits ist mangels anderer Abrede davon auszugehen, dass die Beklagte (Käuferin) den Zeitpunkt für den Abruf der Teillieferungen nach Bedarf einseitig bestimmen konnte (Guhl/Koller, a.a.O., § 41 N 49). Unter diesem Gesichtspunkt liegt eine konsensuale Regelung vor, dass ein Vertragsschliessender allein subjektiv den Zeitpunkt der jeweiligen Teilleistungen bestimmen kann (Art. 1 Abs. 1 OR; Gauch/ Schluep/Schmid, a.a.O., N 345). - Der Bedarf ist aus den Akten nicht ersichtlich. Es ergibt sich lediglich aus dem Ablauf des ersten Vertragsjahres, dass die Beklagte rund die Hälfte der gesamten gekauften Kaffeemenge abgerufen hatte. Die 14 Teilbestellungen verteilten sich auf 14 Monate (kläg. act. 9), wobei keine regelmässigen Abstände von je 1 Monat auszumachen sind. Immerhin stellt man fest, dass nach längeren Bestellungsintervallen (19.06.2004 bis 16.08.2004 und 29.11.2004 bis 17.01.2005) jeweils die doppelte Menge bestellt wurde. Daraus darf gefolgert werden, dass der monatliche Bedarf der Beklagten bei rund 1'200 kg lag, was im Übrigen auch der vereinbarten Teillieferungsmenge entsprach. Dies darf als ein Indiz gewertet werden, dass die Parteien die Mindestteillieferung nicht willkürlich oder nur auf Wunsch der Klägerin, sondern anhand des geplanten Bedarfs der Beklagten festgelegt haben.

    Eine planmässige zeitliche Staffelung der Fälligkeitstermine ist für den Parteiwillen indizierend.

    Andrerseits ist mangels anderslautender Abrede die Klägerin (Verkäuferin) zeitlich unbeschränkt an die Lieferungsverpflichtung zum garantierten Preis gebunden. Die Zulässigkeit dieser Bindung findet ihre Grenze in Art. 27 ZGB in Verbindung mit Art. 20 OR, wonach sich eine Partei nicht in sittenwidriger Weise dem Willen der andern Partei ausliefern kann (Gauch/Schluep/Schmid, a.a.O., N 345). Grundsätzlich wird der Sukzessivlieferungskauf als Dauerschuldverhältnis, das sich über einen längeren Zeitraum erstreckt, betrachtet (C. Huguenin, Obligationenrecht, Besonderer Teil, Zürich 2008, N 27). Ob die vertragliche Bindung der Klägerin bei der von der Beklagten vertretenen Ansicht, der Liefervertrag sei auf unbegrenzte Zeit eingegangen worden (Klageantwort Seiten 2/3), ein sittenwidriges Übermass erreicht, hat der Richter nach den Umständen des Einzelfalles zu entscheiden (Gauch/Schluep/Schmid, a.a.O., N 663).

    Es ist gerichtsnotorisch, dass der Handel mit Kaffee grossen Preisschwankungen unterworfen ist. Im Grosshandel, in dem die Klägerin tätig ist, sind die Preisschwankungen besonders empfindlich zu spüren. Die Beklagte durfte nach Treu und Glauben den Vertrag nicht so auffassen, dass sie völlig frei sei, den Kaffee nach Lust und Laune während einer unabsehbaren Zeitdauer zum garantierten Preis von Fr. 5.20 pro Kilo abzurufen. Dann nämlich hätte sie den Kaffee während ein paar Jahren bei Dritten kaufen können, wenn der Preis darunter gelegen hätte, um wieder bei der Klägerin zum garantierten Kilopreis abzurufen, wenn der Handelswert des Kaffees weit darüber gestiegen wäre. Dass dies nicht dem Willen der Klägerin entsprechen konnte, musste der redlichen Vertragspartnerin klar sein. Genau dies macht aber unter anderem die Beklagte geltend: sie habe wegen anderweitigen Geschäftsverpflichtungen die Kaffeebezüge der Klägerin bis auf weiteres ausgesetzt (Klageantwort Seite 2). Die Beklagte macht nicht geltend, sie habe wegen geringeren Bedarfs an Kaffee die Bestellungen eingestellt, sondern weil sie sich anderweitig verpflichtet hatte.

    Die Einrede der Beklagten, sie habe den Bezug von Teilleistungen wegen Qualitätsveränderungen des Kaffees unterbrochen, ist nicht zu hören. Die

    Teillieferungen waren unmittelbar nach Erhalt zu prüfen und die Mängel rechtzeitig zu rügen gewesen (Art. 201 OR). Die Beklagte hat jedoch keine Mängelrügen erhoben. Damit erübrigt sich die Frage, ob sie wegen mangelhaften Teillieferungen berechtigt gewesen wäre, weitere Bestellungen zu verweigern. Die Beklagte behauptet auch nicht, sie habe auf weitere Lieferungen verzichtet, sondern sie habe sie "bis auf weiteres ausgesetzt" (Klageantwort Seite 2).

  4. Die Beklagte hat Ende Mai 2005 der Klägerin mündlich mitgeteilt, sie werde den Vertrag nicht mehr einhalten, und sie werde keine Teillieferungen mehr abrufen. Diese mündliche Erklärung wurde vom ehemaligen Geschäftsführer der Beklagten am 1. September 2007 unterschriftlich bestätigt (kläg. act. 10). Somit erübrigt sich die richterliche Ergänzung des Vertrags bezüglich Frist, innert welcher die letzte Teillieferung abzunehmen war. Ist ein Enddatum für den Abruf vertraglich vereinbart, gerät der Käufer ohne weiteres in Verzug, wenn er nicht abruft (Gauch/Aepli/Stöckli, a.a.O., Vorb. 184 - 551, N 43). Die Klägerin hat nicht behauptet, dass die Beklagte bereits im Mai 2005 im Abnahmeverzug war, weil kein Enddatum feststand. Jedoch geriet die Beklagte, auch ohne vereinbartes Enddatum für den (letzten) Abruf, ohne weiteres in Verzug, als sie erklärte, sie rufe nicht mehr ab (kläg. act. 10). Der Beklagten musste keine Frist zur Erfüllung angesetzt werden (Art. 108 Ziff. 1 OR).

  5. Nachdem die Beklagte Ende Mai 2005 in Verzug war, konnte die Klägerin ihr Wahlrecht nach Art. 107 Abs. 2 OR ausüben. Die Klägerin macht geltend, sie habe den ihr durch die Nichterfüllung entgangenen Gewinn verlangt (Klage Seite 6). Dies entspricht dem Verzicht auf nachträgliche Leistung und Schadenersatz für Nichterfüllung.

    Die Rechnung mit der Nachbelastung vom 24. Oktober 2006 von Fr. 40'000.-- zuzüglich 7,6 % MWSt (kläg. act. 11) gibt über die Berechnung des entgangenen Gewinns keine Auskunft. Die zeitlich spätere Offerte an die Beklagte (kläg. act. 14), den Vertrag durch Abnahme der restlichen Teillieferungen im gleichen zeitlichen Rhythmus

    (d.h. innert 14 Monaten) zu erfüllen, stellt keinen Verzicht auf den Schadenersatz im Sinne des entgangenen Gewinns dar. Sie muss nach erfolgloser Mahnung und Betreibung für den Schadenersatz bei Verzicht auf nachträgliche Erfüllung als Versuch einer vergleichsweisen unpräjudizierlichen Einigung betrachtet werden, welcher der

    Klägerin nicht zum Nachteil gereicht. Die Beklagte ging auf den Vorschlag nicht ein. Die Klägerin hat das ausgeübte Wahlrecht nach Art. 107 abs. 2 OR bestätigt (kläg. act. 15).

  6. Wer für entgangenen Gewinn Ersatz verlangt, ist dafür beweispflichtig. Die Beklagte bestreitet weder qualitativ noch quantitativ den geltend gemachten Schadenersatz. Die Bestreitung im Allgemeinen oder mit Nichtwissen würde genügen, damit allein die Klägerin beweispflichtig bleibt (BGE 115 II 1; Leuenberger/Uffer-Tobler, a.a.O., N 1a zu Art. 91 und N 2 zu Art. 91 ZPO). Die Beklagte ist jedoch auf den Schadenersatz, bzw. auf dessen Höhe mit keinem Wort eingegangen. Aus dem Verhandlungsgrundsatz (Art. 56 Abs. 1 ZPO) ergibt sich, dass das Gericht die Darstellung der Klägerin dem Urteil zu Grunde legt, wenn sie von der Beklagten nicht bestritten wird. Während die Klägerin für die Höhe des Schadenersatzes die Beweislast trägt, trägt die Beklagte die Bestreitungslast (Leuenberger/Uffer-Tobler, a.a.O., N 1a zu Art. 91 ZPO).

    Die Beklagte bestreitet nicht, dass die Klägerin den für die vertragliche Mischung benötigten Kaffee im Jahre 2004 in den belegten Mengen zum belegten Preis (Klage Seite 9; kläg. act. 16 - 19) einkaufte. Sie bestreitet auch nicht, dass beim Rösten ein Röstverlust bzw. Gewichtsverlust, der sog. Einbrand, von 10.3 % bzw. von 12.6 % entsteht (Klage Seiten 9/10; kläg. act. 20 und 21). Sie bestreitet ebenso wenig die prozentualen Anteile der 3 Kaffeesorten für die vertragliche Kaffeemischung (kläg. act. 19). Dementsprechend ist der Einstandspreis von Fr. 1.95 / Kilo Mischung zutreffend.

    Bei einem Einbrand von 10.3 % bzw. 12.6 % ist vom nachgewiesenen gesamthaften Gewichtsverlust (kläg act. 21) auszugehen (13'007.4 kg - 11'380.8 kg = 1'626.6 kg). Der Röstverlust beträgt 12.5 %, bzw. er kostete die Klägerin Fr. 0.243 / kg.

    Die Materialkosten von Fr. 0.37 / kg (Klage Seite 10; kläg act. 22) betreffen Kosten für die spezielle Verpackung und Etikettierung für die Beklagte. Sie können aufgrund der Akten zwar nicht eindeutig für die Beklagte zugeordnet werden, sind von der Beklagten jedoch nicht bestritten. Dasselbe gilt für die Lieferkosten von Fr. 0.12 / kg (Klage

    Seite 10, kläg. act. 23).

    Die Produktionskosten der Klägerin sind nicht weiter belegt, indes auch nicht bestritten. Auf die Einholung einer Expertise kann deshalb verzichtet werden (vgl. Klage Seite 10). Es handelt sich nicht um eine strittige Tatsache, über die ein Beweis abzunehmen wäre (Art. 91 Abs. 1 ZPO). Auf Grund der Vorbringen und auf Grund des Verhaltens der Beklagten kann das Handelsgericht die Berechnung der Produktionskosten als nicht streitig ansehen, auch wenn sie nicht ausdrücklich zugestanden ist (Art. 91 Abs. 2 ZPO).

    Es ist ausgewiesen, dass die Kosten für die Klägerin gesamthaft Fr. 3.18 pro Kilo betragen hätten. Für die vertragliche Restmenge von 19'220 kg betrug der vertragliche Verkaufspreis Fr. 5.20. Der entgangene Gewinn der Klägerin betrug Fr. 2.02 / kg, sie verlangt aber nur Fr. 2.00 / kg; mehr sind ihr nicht zuzusprechen, insgesamt Fr. 38'440.--.

  7. Betreffend Mehrwertsteuerpflicht sind keine Ausführungen zu machen, nachdem die Klägerin an Schranken ihr Rechtsbegehren reduziert und den entgangenen Gewinn ohne Mehrwertsteuer verlangt hat.

  8. Die Klägerin verlangt Zins zu 5 % seit 11. Dezember 2006. Zinsfuss (Art. 104 OR) und Beginn der Zinspflicht sind nicht zu beanstanden. Die Beklagte wurde am 29. November 2006 gemahnt und erhielt eine Nachfrist bis zum 10. Dezember 2006 angesetzt.

  9. Zusammenfassend ist die Beklagte zu verpflichten, der Klägerin Fr. 38'440.-- zuzüglich 5 % Zins seit 11. Dezember 2006 zu bezahlen.

Quelle: https://www.sg.ch/recht/gerichte/rechtsprechung.html
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