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Urteil Handelsgericht (SG)

Kopfdaten
Kanton:SG
Fallnummer:HG.2005.32 und HG.2006.66
Instanz:Handelsgericht
Abteilung:Handelsgericht
Handelsgericht Entscheid HG.2005.32 und HG.2006.66 vom 22.02.2008 (SG)
Datum:22.02.2008
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:Entscheid Art. 706 und Art. 706b OR (SR 220). Der Kläger, der Mitglied eines Aktionärskonsortiums (einfache Gesellschaft) ist, das wiederum sämtliche Aktien einer Aktiengesellschaft hält, ist zur Anfechtungsklage nicht legitimiert. Unter gewissen Umständen kann eine Mehrheit der Mitglieder des Aktionärskonsortiums dieses ermächtigen, an einer Generalversammlung Beschlüsse zu fällen. Der Bericht einer Revisionsstelle, die nicht von der Generalversammlung gewählt worden ist, stellt keinen Revisionsbericht im Sinne des Gesetzes dar, weshalb der von der GV gefasste Beschluss betreffend Genehmigung der Jahresrechnung für das betreffende Geschäftsjahr nichtig ist (Handelsgericht St. Gallen, 22. Februar 2008, HG.2005.32 und HG.2006.66).Das Bundesgericht hat dieses Urteil bestätigt (Urteil 4A_197/2008 neues Fenster vom 24. Juni 2008).
Schlagwörter: Gesellschaft; Generalversammlung; Aktie; Aktien; Recht; Aktionär; Klagt; Klagte; Beklagten; Revision; Revisions; Einfache; Aktionärskonsortium; Nichtig; Klage; Revisionsstelle; Gesellschafter; Nichtigkeit; Jahresrechnung; Rechtsbegehren; Beschlüsse; Feststellung; Beschluss; Klage; Verwaltungsrat; Verfahren; Geschäfts; Einladung; Gewählt; Gemeinsame
Rechtsnorm: Art. 15 ZPO ; Art. 2 ZGB ; Art. 44 ZPO ; Art. 530 OR ; Art. 534 OR ; Art. 63 ZPO ; Art. 64 ZPO ; Art. 653 ZGB ; Art. 66 ZPO ; Art. 662a OR ; Art. 686 OR ; Art. 690 OR ; Art. 706b OR ; Art. 72 ZPO ; Art. 725 OR ; Art. 727 OR ; Art. 727e OR ; Art. 729c OR ;
Referenz BGE:105 II 206; 109 II 320; 110 II 292; 119 II 119; 120 II 427; 121 III 426; 122 III 282;
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
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Entscheid
Art. 706 und Art. 706b OR (SR 220). Der Kläger, der Mitglied eines Aktionärskonsortiums (einfache Gesellschaft) ist, das wiederum sämtliche Aktien einer Aktiengesellschaft hält, ist zur Anfechtungsklage nicht legitimiert. Unter gewissen Umständen kann eine Mehrheit der Mitglieder des Aktionärskonsortiums dieses ermächtigen, an einer Generalversammlung Beschlüsse zu fällen. Der Bericht einer Revisionsstelle, die nicht von der Generalversammlung gewählt worden ist, stellt keinen Revisionsbericht im Sinne des Gesetzes dar, weshalb der von der GV gefasste Beschluss betreffend Genehmigung der Jahresrechnung für das betreffende Geschäftsjahr nichtig ist (Handelsgericht St. Gallen, 22. Februar 2008, HG.2005.32 und HG.2006.66).

I.

  1. Die Beklagte ist eine in St. Gallen domizilierte Aktiengesellschaft mit einem Aktienkapital von Fr. 100'000.–, das sich zusammensetzt aus 100 Namenaktien zu Fr. 1'000.–. Gemäss Handelsregisterauszug ist H. H. Präsident des Verwaltungsrates, zunächst mit Einzelunterschrift und seit 4. November 2004 mit Kollektivunterschrift zu zweien. W. F. (Kläger) war seit 13. September 2002 Mitglied des Verwaltungsrates mit Einzelunterschrift, in der Folge mit Kollektivunterschrift zu zweien und wurde am 22. März 2005 im Handelsregister gelöscht. Seit 4. November 2004 sind P. K. und P. M. als Mitglieder des Verwaltungsrates mit Kollektivunterschrift zu zweien im Handelsregister eingetragen. Die Beklagte führt als Zweck insbesondere die Unternehmens-, Finanz- und Versicherungsberatung sowie die Vermittlung von Versicherungen an (kläg. act. 10 des Verfahrens HG.2005.32-HGK, nachfolgend I, z.B. kläg. act. I/10).

  2. Der Kläger sowie H. H., P. K. und P. M., die alle im Versicherungsbereich tätig sind, beschlossen im Jahre 2002 bzw. 2003 in Anbetracht des Umbruchs auf dem Versicherungsmarkt, der damit verbundenen Reduktion des Aussendienstes durch die Versicherer sowie der Problematik der „Ein-Gesellschafts-Agentur“ unter einer neuen Firma mit gemeinsamem Marktauftritt als Mehrfachagenten oder unabhängige Broker/ Makler und Berater aktiv zu werden. Zu diesem Zweck stellte H. H. die von ihm gehaltene Z. AG (heutige Beklagte), die am 13. September 2002 in „X. AG“ umfirmiert wurde (kläg. act. I/1), als Gesellschaft und Rechtsträgerin zur Verfügung (vgl. Klage S. 3 ff. des Verfahrens HG.2006.66-HGK, nachfolgend II, z.B. Klage II S. 3 ff.; Klageantwort II S. 4). Die 4 Partner zahlten je Fr. 25'000.– auf das Kontokorrent der Beklagten. Der Kläger am 13. Januar 2003, P. K. am 31. März 2003, P. M. am 29. April 2003 und H. H. am 14. September 2003 (Duplik II S. 3; bekl. act. II/7). Am 3. Juli 2003 unterzeichneten die vier Herren zudem je einen Darlehensvertrag mit der Beklagten, in welchem sie sich verpflichteten, der Beklagten je ein Darlehen über Fr. 30'000.– zu gewähren im Bestreben, ihr das notwendige Fremdkapital für Betriebs- und Investitionsmittel zum Betriebsaufbau und den laufenden Betrieb zur Verfügung zu stellen. Das Darlehen sollte gemäss Vertrag rückzahlbar sein gemäss den Beschlüssen der einfachen Gesellschaft „Aktionärskonsortium I. AG“. Die gewährten Darlehen wurden einem Rangrücktritt unterstellt. Die Rückzahlung der Darlehen sollte gemäss Rangrücktrittserklärung nur dann gefordert werden können, wenn die übrigen Gesellschafter des „Aktionärskonsortiums I. AG“ mittels Mehrheitsbeschluss

    zustimmen (bekl. act. II/8 bis II/11). Die Darlehen wurden von der Beklagten am 30. Juni 2004 inkl. Zins zurückbezahlt (bekl. act. II/12 bis II/15).

    Am 30. Juli 2003 beschloss die Generalversammlung der Beklagten, ihre Firma von „X. AG“ in „I. AG“ abzuändern. Zudem wurde eine Aktienkapitalerhöhung von Fr. 50'000.– auf Fr. 100'000.– beschlossen und durchgeführt. Das neue Aktienkapital wurde von H.

    H. und W. F. je zur Hälfte gezeichnet (kläg. act. II/2). In Folge dieser Aktienkapitalerhöhung stellte H. H. als Verwaltungsratspräsident der Beklagten 10 Namenaktien à nominal Fr. 1'000.– (Aktien-Nr. 1 bis 10) und 2 Aktienzertifikate über je 45 Aktien (Zertifikat Nr. 1 über die Aktien Nr. 11 bis 55 und Zertifikat Nr. 2 über die Aktien Nr. 56 bis 100) aus (kläg. act. 5 bis 16 im Verfahren HG.2006.45-HGP, nachfolgend III) und unterzeichnete diese. Bei den Aktien Nr. 1 bis 5 ist H. H. als Eigentümer aufgeführt und bei den Aktien Nr. 6 bis 10 W. F. Das Aktienzertifikat Nr. 1 weist H. H. als Eigentümer der Aktien Nr. 11 bis 55 aus, das Aktienzertifikat Nr. 2 W. F. als Eigentümer der Aktien Nr. 56 bis 100. Auf der Rückseite aller Aktien und Zertifikate ist die Übertragung der Aktien auf das „Aktionärskonsortium I. AG, …“ festgehalten, wobei die Übertragung mit Datum vom 7. August 2003 vom Verwaltungsrat visiert und vom Zedenten unterschrieben worden war. Bei den H. H. gehörenden Aktien unterzeichnete dieser als Zedent, während W. F. als Verwaltungsrat visierte. Bei den Aktien im Eigentum von W. F. visierte H. H. als Verwaltungsrat, und W. F. unterzeichnete als Zedent. Die zedierten Aktien der Beklagten wurden dem Treuhänder

    M. S. zur Aufbewahrung übergeben.

    Am 23. Dezember 2003 wurden P. K. und P. M. anlässlich einer ausserordentlichen Generalversammlung in den Verwaltungsrat der Beklagten gewählt. Anwesend war an dieser ausserordentlichen Generalversammlung gemäss GV-Protokoll in Vertretung aller Aktien der Beklagten das Aktionärskonsortium I. AG, welches durch W. F., H. H.,

    P. K. und P. M. vertreten war (kläg. act. II/3).

    In der Folge verhandelten die vier Partner über mehrere von M. S. ausgearbeitete Entwürfe von Gesellschafts- resp. Aktionärbindungsverträgen. Die ersten beiden Entwürfe wurden als Gesellschaftsverträge des Aktionärkonsortiums I. AG bezeichnet, die letzten beiden im Recht liegenden Entwürfe als Aktionärbindungsverträge. Die vier Partner konnten sich über den Inhalt des Gesellschaftsvertrages /

    Aktionärbindungsvertrages nicht einigen (vgl. Massnahmeduplik S. 5; bekl. act. III/10 bis III/14).

    Nachdem sich das Verhältnis zwischen dem Kläger und den übrigen „Partnern“ zusehends verschlechterte, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger mit Schreiben vom 19. Oktober 2004. Das Kündigungsschreiben der Beklagten war unterzeichnet von den Verwaltungsräten P. K. und H. H. In der Folge klagte der Kläger ausstehende Löhne beim Kreisgericht Y. ein. Danebst machte er am 11. April 2005 eine erste Klage betreffend Feststellung der Nichtigkeit bzw. Anfechtung von Generalversammlungsbeschlüssen beim Handelsgericht des Kantons St. Gallen anhängig mit den eingangs wiedergegebenen Rechtsbegehren. Am 28. Juli 2006 schliesslich reichte der Kläger eine zweite Klage mit den eingangs wiedergegebenen Rechtsbegehren ein. Auf Antrag des Klägers (Klage II S. 3) und mit Zustimmung der Beklagten (Ger.act. II/7) wurden die Verfahren I und II vereinigt.

  3. Im Verfahren I (HG.2005.32-HGK) bemängelt der Kläger, dass bei der Einladung vom 21. Januar 2005 zur Generalversammlung der Beklagten vom 11. Februar 2005 die gesetzliche 20-Tagefrist insofern nicht gewahrt worden sei, als der Versandtag (21. Januar 2005) auf einen Freitag gefallen sei, weshalb die Beklagte hätte wissen müssen, dass der Kläger die Einladung frühestens am Montag, 24. Januar 2005, hätte entgegennehmen können, weshalb die gemäss Gesetz und Statuten vorgesehene 20- tägige Frist zur Einberufung einer Generalversammlung nicht eingehalten worden sei. Im Weiteren rügt der Kläger, dass in derselben Einladung unter den Traktanden nicht vermerkt sei, welche Jahresrechnung zur Genehmigung vorgelegt worden sollte. Zudem sei in der Einladung nicht auf das Recht hingewiesen worden, dass jeder Aktionär das Recht habe, die Zustellung des Geschäfts- und Revisionsberichts zu

    verlangen. Dieser Hinweis fehle sowohl in der Einladung vom 21. Januar 2005 als auch in jener vom 3. März 2005. Schliesslich sei in der Einladung vom 3. März 2005 auch nicht auf die statutarische Verpflichtung hingewiesen worden, wonach die Generalversammlung mindestens 20 Tage vor dem Versammlungstag einzuberufen sei.

    Wegen Missachtung dieser formellen Anforderungen an die Einladung zu einer ordentlichen Generalversammlung einer Aktiengesellschaft erachtete der Kläger

    sämtliche an den Generalversammlungen getroffenen Beschlüsse für anfechtbar und beantragte, diese Beschlüsse seien für ungültig zu erklären.

    Danebst sei die Wahl der neuen Revisionsstelle anlässlich der Generalversammlung vom 11. Februar 2005, nämlich von A. H., für ungültig zu erklären, da diese Wahl gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstosse. Der Verwaltungsrat habe in der Einladung zur Generalversammlung die Bestätigung der T. Revisions AG als Revisionsstelle beantragt, weshalb es nicht angehe, anlässlich der Generalversammlung eine andere Revisionsstelle zu wählen. Auch fehle es A. H. an der erforderlichen Unabhängigkeit. Da sich zudem das Aktionariat der Gesellschaft aus einem Aktionärskonsortium zusammensetze, das sich in der Form einer einfachen Gesellschaft konstituiert habe und nur con iuncta manu handlungsfähig sei, seien die zur Diskussion stehenden Beschlüsse der beiden Generalversammlungen unverbindlich, weil der Kläger nicht anwesend gewesen sei.

    Der Kläger beantragt des Weiteren die Nichtigerklärung des Beschlusses der Generalversammlung betreffend Genehmigung der Jahresrechnung für das Geschäftsjahr 2003. Die anlässlich der Generalversammlung vom 11. Februar 2005 zur Abnahme vorgelegte Jahresrechnung sei nicht durch die gewählte Revisionsstelle T. Revisions AG revidiert worden, sondern durch A. H., der zu diesem Zeitpunkt nicht Revisionsstelle der Gesellschaft gewesen sei. Nichtigkeit sei auch darum gegeben, weil die Jahresrechnung der Beklagten für das Geschäftsjahr 2002 nie abgenommen worden sei, weshalb die Basis für eine korrekte Eröffnung der Jahresrechnung 2003 und der nachfolgenden Jahresrechnungen gar nie gegeben gewesen sei. Entsprechend habe auch die Jahresrechnung für das Geschäftsjahr 2004 nicht abgenommen werden können, weshalb auch jener Beschluss anlässlich der Generalversammlung der Beklagten vom 24. März 2005 auf Genehmigung der Jahresrechnung für das Geschäftsjahr 2004 nichtig sei.

    Die Beklagte bestreitet die Aktivlegitimation des Klägers mit Hinweis, dass der Kläger auf seiner Behauptung zu behaften sei, wonach sich das Aktionariat der Gesellschaft aus einem Aktionärskonsortium in der Form einer einfachen Gesellschaft zusammensetze. Im Übrigen stellt die Beklagte das Rechtsschutzinteresse des Klägers in Frage und macht geltend, dass die vom Kläger gerügten formellen Fehler bei der

    Einladung zur Generalversammlung für die Beschlussfassung nicht kausal waren. Die Revisionen für die Jahre 2003 und 2004 seien von A. H. und nicht durch die gewählte Revisionsstelle T. Revisions AG durchgeführt worden, weil diese aufgrund von fehlerhaften Angaben des direkt konkurrenzierenden Klägers ihr gesamtes Versicherungsportefeuille bei der Beklagten gekündigt und zum klar treuwidrig vorgehenden Kläger gewechselt habe. Man habe deshalb an der Tauglichkeit der gewählten Revisionsstelle zur Durchführung der Revision erhebliche Zweifel gehabt. Fakt sei aber, dass die Revision von einer dazu befähigten Person ordnungsgemäss durchgeführt worden sei.

  4. Im Verfahren II (HG.2006.66-HGK) macht der Kläger geltend, dass das Aktionärskonsortium I. AG einzige Aktionärin der Beklagten sei. Dieses Aktionärskonsortium sei unstreitig als einfache Gesellschaft zu qualifizieren, weshalb die Aktien von allen Gesellschaftern zur gesamten Hand vertreten würden. Anlässlich der Generalversammlung vom 29. Mai 2006, an welcher eine Kapitalherabsetzung und gleichzeitige Wiedererhöhung beschlossen worden ist, seien gemäss Protokoll zwei Aktionäre anwesend gewesen, die insgesamt 75 Aktien vertreten hätten. Diese Feststellung sei tatsachenwidrig und wider besseres Wissen erfolgt. Es sei erwiesen, dass alle 100 Namenaktien der Beklagten im gemeinschaftlichen Eigentum des Aktionärskonsortiums I. AG stehen würden, bzw. den vier Gesellschaftern dieses Konsortiums zur gesamten Hand gehörten. Falls aber Aktien einer Aktiengesellschaft im gemeinschaftlichen Eigentum stünden, so könnten die Berechtigten die Rechte aus den Aktien nur durch einen gemeinsamen Vertreter ausüben (Art. 690 Abs. 1 OR). Ein solcher sei aber nie bestellt worden. Nachdem weder alle vier Gesellschafter noch ein gemeinsam bestellter Vertreter an der Generalversammlung vom 29. Mai 2006 teilgenommen hätten, habe die Gesellschaft von vornherein keine gültigen Beschlüsse fassen können. Diese seien deshalb für ungültig zu erklären, wobei jedermann, der an der Ungültigkeit der Beschlüsse interessiert sei, diesen Nichtigkeitsgrund einbringen könne.

    Die Beklagte bestreitet, dass zwischen H. H., P. K., P. M. und dem Kläger eine einfache Gesellschaft mit Einstimmigkeitsprinzip bestanden haben soll. Auch sei ein Wille zur Übertragung von Aktien auf ein Aktionärskonsortium I. AG insbesondere von P. M. und

    P. K. nie geäussert worden. Sie macht des Weiteren darauf aufmerksam, dass die von

    H. H., P. K., P. M. und dem Kläger diskutierten verschiedenen Vertragstexte zu einem Aktionärbindungsvertrag bei der Willensbildung nie Einstimmigkeit vorgesehen hätten. Dadurch sei erstellt, dass eben kein Konsortium existiere, das Beschlüsse nur einstimmig fällen könne. Zudem sei man anlässlich der Sitzung vom 25. Juli 2004 übereingekommen, einen reinen Aktionärbindungsvertrag abzuschliessen, womit das Aktionärskonsortium als „einfache Gesellschaft“ ohnehin hinfällig geworden wäre. Es wäre Aufgabe des Klägers und seines Treuhänders gewesen, die einfache Gesellschaft zu liquidieren. Ab jenem Zeitpunkt seien die vier "Partner" davon ausgegangen, dass jeder zu gleichen Teilen Aktionär der Beklagten sei. Schliesslich erachtet die Beklagte die Klage als missbräuchlich, da sie zweckwidrig, nutzlos und schikanös sei. Der Kläger beabsichtige, die Beklagte zu schädigen, indem er versuche, die gelungene Sanierung der Beklagten zu vereiteln.

  5. Am 8. November 2007 fand eine Referentenaudienz/Vergleichsverhandlung statt.

    Eine Einigung kam nicht zu Stande.

  6. An Schranken stellte der Kläger die eingangs wiedergegebenen Rechtsbegehren und hielt fest, er lasse nunmehr die Anfechtungsklagen fallen und klage ausschliesslich auf Feststellung der Nichtigkeit der Generalversammlungsbeschlüsse. Dies führe formell zu einer Präzisierung und Ergänzung der klägerischen Rechtsbegehren. Die Beklagte beantragte an Schranken, soweit auf die Klagen eingetreten werden kann, seien sie kostenfällig abzuweisen. Dieses Rechtsbegehren gelte auch für die an Schranken neu formulierten Klagen. Insbesondere sei auf Ziff. 3 der umformulierten Rechtsbegehren nicht einzutreten, da dieses neu sei.

II.

  1. Nach Art. 15 Abs. 1 lit. b ZPO ist das Handelsgericht ausschliesslich zuständig für Streitigkeiten über Handelsgesellschaften und Genossenschaften. Darunter fällt insbesondere die Anfechtung von Generalversammlungsbeschlüssen (GVP 1994 Nr. 55; Leuenberger/Uffer-Tobler, Kommentar ZPO, N 4 zu Art. 15 ZPO). Die sachliche Zuständigkeit des Handelsgerichts ist somit gegeben, geht bzw. ging es doch im

    vorliegenden Prozess um die Anfechtung bzw. nunmehr ausschliesslich um die Nichtigerklärung von Generalversammlungsbeschlüssen. Nachdem die Beklagte ihren Sitz in Y. hat, ist auch die örtliche Zuständigkeit gegeben.

  2. Am 28. November 2005 reichte der Kläger im Verfahren I eine nachträgliche Eingabe ein. Diese nimmt Bezug auf den von der Beklagten mit der Duplik I neu eingereichten Bericht der Revisionsstelle per 31. Dezember 2002, weshalb die nachträgliche Eingabe grundsätzlich zulässig ist (Art. 164 Abs. 1 lit. b ZPO). Sie erweist sich aber insgesamt als irrelevant, da es im vorliegenden Prozess allein darum geht, zu klären, ob der Jahresabschluss 2002 durch die Generalversammlung der Beklagten abgenommen worden ist oder nicht (Ziff. 5 des klägerischen Rechtsbegehrens im Verfahren I bzw. nunmehr Ziff. 1 des an Schranken modifizierten Rechtsbegehrens). Das gleiche gilt für die nachträgliche Eingabe I der Beklagten vom 1. Mai 2006, mit welcher sie eine Nichteintretensverfügung der Staatsanwaltschaft des Kantons St. Gallen ins Recht legt. Für die Entscheidfindung ist diese nicht von Bedeutung.

  3. Im Verfahren (III) betreffend vorsorgliche Massnahme (Eintragungsverbot) hat der Kläger mit der Replik III die von der Beklagten anlässlich der Aktienkapitalerhöhung vom 30. Juli 2003 herausgegebenen 10 Namenaktien à nominal Fr. 1'000.– und zwei Aktienzertifikate über je 45 Aktien à nominal Fr. 1'000.– im Original eingereicht. Diese Aktien liegen nach wie vor beim Handelsgericht. Über deren Schicksal ist nachfolgend zu entscheiden.

III.

  1. Das Aktienrecht kennt für mangelhafte Beschlüsse der Generalversammlung zwei Sanktionen, nämlich die Anfechtbarkeit und die Nichtigkeit. Dabei ist die Anfechtbarkeit die Regel. Sie bedeutet, dass die Rechtmässigkeit eines GV-Beschlusses bzw. seines Zustandekommens von einem bestimmten Personenkreis innert gesetzlicher Frist gerichtlich angegriffen werden kann. Falls die Anfechtungsklage gutgeheissen wird, erfolgt eine Aufhebung ex tunc. Nichtigkeit dagegen ist die Ausnahme. Sie kann grundsätzlich von jedermann jederzeit geltend gemacht werden. Ein nichtiger

    Beschluss wird auch durch Zeitablauf nicht gültig (vgl. Forstmoser / Meier-Hayoz / Nobel, Schweizerisches Aktienrecht, 1996, N 2 ff. zu § 25). An Schranken beantragt der Kläger ausschliesslich die Feststellung der Nichtigkeit der verschiedenen Generalversammlungsbeschlüsse.

  2. Der Kläger machte geltend, dass sich das Aktionariat der Beklagten aus einem Aktionärskonsortium zusammensetze, das sich in der Form einer einfachen Gesellschaft konstituiert habe. Die Beklagte hielt fest, dies sei aus ihrer Sicht offen; der Kläger werde jedoch bei der von ihm behaupteten Auffassung behaftet.

    1. Gemäss Gesetz und Statuten der Beklagten ist Aktionär, wer als solcher mit Stimmrecht oder als Nutzniesser im Aktienbuch eingetragen ist (Art. 686 Abs. 4 OR, Art. 6 der bekl. Statuten). In dem vom Kläger eingereichten Aktienbuch der Beklagten ist als Aktionärin das Aktionärskonsortium der I. AG eingetragen (kläg. act. III/18). Dieses Aktienbuch wurde von M. S., dem ehemaligen gemeinsamen Treuhänder der Herren W. F., H. H., P. M. und P. K. erstellt und in dessen Tresor aufbewahrt. Die Beklagte bestreitet, M. S. den Auftrag erteilt zu haben, ein Aktienbuch zu erstellen. Ein Beschluss des Verwaltungsrates, die Führung auswärts zu vergeben, sei nie gefasst worden. Entsprechend sei das „Aktienbuch“ auch nicht unterzeichnet (vgl. Massnahmeduplik III S. 3).

      Unabhängig davon, ob M. S. den Auftrag zur Führung des Aktienbuchs hatte oder nicht, kann festgestellt werden, dass das von M. S. erstellte Dokument mit den vom Kläger eingereichten Aktien übereinstimmt. Diese dokumentieren, dass die Aktien der Beklagten, die sich ursprünglich im Besitz von H. H. und W. F. befunden haben, am 7. August 2003 auf das Aktionärskonsortium I. AG, übertragen worden sind. Die Übertragung erfolgte durch Übergabe des Besitzes an den Aktientiteln von den Veräusserern an den damals für H. H. und den Kläger tätigen Treuhänder, durch Bezahlung von je Fr. 25'000.– der vier Partner auf das Konto der Gesellschaft und

      durch das für die Übertragung von Namenaktien notwendige Indossament auf der Aktie selbst (vgl. Forstmoser / Meier-Hayoz / Nobel, a.a.O., N 85 ff. zu § 44). Die Legitimation des Aktionärskonsortiums als Eigentümer sämtlicher Aktien der Beklagten ist somit ausgewiesen. Weitere Übertragungen fanden offenbar nicht statt und werden von der Beklagten auch nicht behauptet. Folglich ist die klägerische Behauptung, wonach

      einzige Aktionärin sämtlicher Aktien der Beklagten das Aktionärskonsortium I. AG ist, richtig.

    2. Es stellt sich die Frage, wie das von H. H. und vom Kläger als Aktionärskonsortium bezeichnete Gefäss rechtlich einzuordnen ist. Der Kläger behauptet, es sei eine einfache Gesellschaft mit Einstimmigkeitsprinzip. Die Beklagte bestreitet das Zustandekommen einer einfachen Gesellschaft, weil es an einer übereinstimmenden gegenseitigen Willensäusserung fehle, was dadurch dokumentiert sei, dass sich die Parteien nicht auf einen Gesellschafts- bzw. Aktionärbindungsvertrag hätten einigen können (vgl. Massnahmeduplik III S. 6 ff.). Im Eventualfall bestreitet die Beklagte, dass im Rahmen der einfachen Gesellschaft die Willensbildung habe einstimmig erfolgen müssen.

      Die einfache Gesellschaft ist die vertragsmässige Verbindung von zwei oder mehreren Personen zur Erreichung eines gemeinsamen Zweckes mit gemeinsamen Kräften oder Mitteln (Art. 530 Abs. 1 OR). Die vertragliche Verbindung kann dabei formfrei eingegangen werden, auch durch konkludentes Verhalten der Beteiligten (BGE 109 II 320). Gegenstand der Einigung ist ausschliesslich die gemeinsame Zweckverfolgung und die Tatsache der Beitragspflicht (vgl. Basler Kommentar [BSK], OR II-Handschin, N 1 ff. zu Art. 530). Es ist unbestritten, dass sich die Herren H. H., P. K., P. M. und W. F. zusammenschlossen, um unter einer neuen Firma mit gemeinsamem Marktauftritt als Mehrfachagenten oder unabhängige Broker/Makler und Berater aktiv zu werden. Zu diesem Zweck stellte H. H. eine inaktive Aktiengesellschaft zur Verfügung und jeder Partner bezahlte Fr. 25'000.– auf das Konto dieser Aktiengesellschaft. Zudem gewährte jeder Partner der Gesellschaft ein Darlehen von Fr. 30'000.–, das nur dann zurückgezogen werden konnte, wenn die Mehrheit der übrigen Partner dieser Rückzahlung zustimmte. Durch die übereinstimmenden Willenserklärungen, sich zusammenzutun, um unter einer neuen Firma mit gemeinsamem Marktauftritt als Mehrfachagenten aufzutreten, und der damit verbundenen Geldzahlungen haben sich die Parteien konkludent zu einer einfachen Gesellschaft zusammengeschlossen. Der Wille, als einfache Gesellschaft aufzutreten, ergibt sich auch unmissverständlich aus den im Recht liegenden Darlehensverträgen und der in diesem Zusammenhang abgeschlossenen Rangrücktrittserklärung, wo die Parteien das Aktionärskonsortium I. AG explizit als einfache Gesellschaft bezeichnen. Entsprechend den getroffenen

      Beschlüssen und übereinstimmenden Willenserklärungen wurde denn auch kurz nach Unterzeichnung der Darlehensverträge und Leistung der Kapitalzahlungen von je Fr. 25'000.– als weiterer Schritt zur gemeinsamen Zweckerreichung am 30. Juli 2003 durch die damaligen Verwaltungsräte und Aktionäre der Beklagten beschlossen, das Aktienkapital zu erhöhen, Aktien auszugeben und diese Aktien auf das Aktienkonsortium I. AG zu übertragen. In letzter Konsequenz wurden P. K. und P. M. am 23. Dezember 2003 in den Verwaltungsrat der Beklagten gewählt.

    3. In Übereinstimmung mit den Ausführungen des Klägers ist davon auszugehen, dass das Aktionärskonsortium I. AG eine einfache Gesellschaft ist. Das Konsortium ist Alleinaktionärin der Beklagten. Dem Kläger kommt somit im Anfechtungsprozess keine Aktivlegitimation zu, weil die Rechte aus Aktien, die sich im Gesamteigentum mehrerer Gesellschafter befinden, nur durch alle Gesellschafter gemeinsam wahrgenommen werden können. Wenn also — anders ausgedrückt — das Aktionärskonsortium I. AG als einfache Gesellschaft Alleinaktionärin sämtlicher Aktien der Beklagten ist, so ist der Kläger nicht Alleinberechtigter, sondern nur gemeinschaftlich berechtigter Aktionär. Gemeinschaftlich Berechtigte sind aber nur gemeinschaftlich aktivlegitimiert (vgl. H.M. Riemer, Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage im schweizerischen Gesellschaftsrecht, Bern 1998, N 160). Bei der vorliegenden einfachen Gesellschaft gemäss Art. 530 ff. OR, welche ein Gesamthandverhältnis darstellt, hätten die Beteiligten den Aktivprozess grundsätzlich gemeinsam als notwendige Streitgenossen führen müssen, wobei die Frage offen gelassen werden kann, ob ein Mehrheitsbeschluss der Gesellschafter genügt hätte (Leuenberger/Uffer-Tobler, a.a.O., N 3a zu Art. 44 ZPO). Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Entsprechend ist der Kläger — wie er nunmehr selber ausführt — nicht zur Anfechtungsklage legitimiert und hat an Schranken die Anfechtungsklagen fallen gelassen und klagt nurmehr auf Feststellung der Nichtigkeit der Generalversammlungsbeschlüsse.

  3. Die Beklagte stellte an Schranken den Antrag, auf die neu formulierten Rechtsbegehren des Klägers sei nicht einzutreten, da unzulässige Klageänderungen vorliegen würden; dies treffe insbesondere auf Ziff. 3 des Rechtsbegehrens zu, welches ein neues Begehren sei. Der Kläger hielt dagegen fest, die Präzisierungen der Rechtsbegehren seien in den in den Klageschriften gestellten angelegt, stellten mithin keine Änderung dar. Die Ergänzung sei Folge der anbegehrten Nichtigkeit und deren

    Wirkung erga omnes müsse Platz greifen, weil der Handelsregisterführer nur auf richterliche Weisung hin Eintragungen ändern bzw. löschen könne. Es mache wenig Sinn, dies in einem neuen separaten Verfahren nachzuholen.

    1. Eine Klageänderung gemäss Art. 72 ZPO liegt nur vor, wenn das Rechtsbegehren erweitert bzw. geändert und/oder der Klagegrund geändert wird. Eine Veränderung des Klagegrundes besteht, wenn die Klage auf einen anderen Lebensvorgang gestützt wird (GVP 1993 Nr. 60; Leuenberger/Uffer-Tobler, a.a.O., N 3a zu Art. 72 ZPO; Frank/

      Sträuli/Messmer, Kommentar zur zürcherischen Zivilprozessordnung, 3. A., Zürich 1997, N 13a ff. zu § 61 ZPO/ZH). Keine Klageänderung liegt vor, wenn gestützt auf vorgetragene Tatsachen ein neuer Rechtsgrund geltend gemacht wird, da der Richter das Recht von Amtes wegen anzuwenden hat (Leuenberger/Uffer-Tobler, a.a.O., N 3b zu Art. 72 ZPO). So stellt etwa die Modifizierung einer Leistungsklage in eine Feststellungsklage oder einer Feststellungsklage in eine Leistungsklage keine Klageänderung dar. Ferner kann etwa statt Rückgabe einer widerrechtlich entzogenen Sache Schadenersatz oder statt Minderung des Kaufpreises die Wandelung des Kaufs verlangt werden (Frank/Sträuli/Messmer, a.a.O., N 10 zu § 61 ZPO/ZH m.w.H.).

      Ziff. 1 des neuen Rechtsbegehrens stimmt inhaltlich — abgesehen von geringen Unterschieden in der Formulierung — mit Ziff. 5 des im Verfahren I gestellten Rechtsbegehren überein, womit offensichtlich keine Klageänderung vorliegt. In Ziff. 2 des neuen Rechtsbegehrens wird nunmehr die Feststellung der Nichtigkeit sämtlicher Generalversammlungsbeschlüsse der Beklagten vom 11. Februar 2005, 24. März 2005 und 29. Mai 2006 verlangt, während in Ziff. 1 und 3 des Rechtsbegehrens im Verfahren I und in Ziff. 1 des Rechtsbegehrens im Verfahren II auf Erklärung der Ungültigkeit der erwähnten Beschlüsse geklagt wurde. Nachdem der Kläger anstelle der Anfechtbarkeit ausschliesslich die Nichtigkeit von Generalversammlungsbeschlüssen geltend macht, hat er aus einem identischen Sachverhalt einen anderen rechtlichen Schluss gezogen. Das Nichtigkeitsbegehren basiert auf dem gleichen Lebensvorgang. Es liegt somit keine Klageänderung vor.

    2. Gemäss Art. 72 ZPO kann die Partei während des Prozesses das

      Rechtsbegehren oder den Klagegrund ändern oder ergänzen, vorausgesetzt, dass das

      neue Rechtsbegehren oder der neue Klagegrund mit dem bisherigen in engem Zusammenhang steht (lit. a), der gleiche Richter zuständig und die gleiche Verfahrensart vorgesehen sind (lit. b), die Rechtsstellung der Gegenpartei ohne deren Zustimmung nicht beeinträchtigt und der Prozess nicht ungebührlich verzögert wird (lit. c), und der Anlass der Änderung sich erst im gerichtlichen Verfahren ergeben hat (lit. d). Klageänderung ist unzulässig, wenn der Schriftenwechsel abgeschlossen ist (Art. 72 Abs. 2 ZPO). Die erwähnten Bedingungen müssen kumulativ erfüllt sein (Leuenberger/ Uffer-Tobler, a.a.O., N 4 zu Art. 72 ZPO).

      In Bezug auf Ziff. 3 des an Schranken gestellten Rechtsbegehrens ist davon auszugehen, dass eine Klageänderung vorliegt, indem es sich nicht lediglich um einen Nebenpunkt, sondern um ein Nebenbegehren gemäss Art. 66 ZPO (Leuenberger/Uffer- Tobler, a.a.O., N 2a zu Art. 66 ZPO) handelt (Leuenberger/Uffer-Tobler, a.a.O., N 3b zu Art. 72 ZPO). Vorliegend sind zudem die Voraussetzungen von Art. 72 Abs. 1 lit. d ZPO, nachdem der Kläger nicht behauptet, dass sich die Änderung erst im gerichtlichen Verfahren ergeben hat, und von Art. 72 Abs. 2 ZPO nicht erfüllt, nachdem die Klageänderung erstmals an Schranken vorgebracht wurde (Leuenberger/Uffer-Tobler, a.a.O., N 8, 9a zu Art. 72 ZPO). Auf Ziff. 3 des an Schranken gestellten Rechtsbegehrens ist deshalb nicht einzutreten

  4. Nichtige GV-Beschlüsse sind von Anfang an unwirksam. Nichtigkeit muss von Amtes wegen beachtet werden. Die Nichtigkeitsklage kann grundsätzlich von jedermann, der ein Interesse daran hat, jederzeit geltend gemacht werden. So kann die Nichtigkeit im Gegensatz zur Anfechtbarkeit auch von einem Gläubiger oder von einem Dritten, z.B. Konkurrenten, geltend gemacht werden (vgl. BSK OR II-Dubs/Truffer, N 4 ff. zu Art. 706b; Tanner, Zürcher Kommentar, N 161 zu Art. 706b OR). Bezüglich Nichtigkeitsklagen ist die Aktivlegitimation des Klägers somit gegeben. Vorausgesetzt ist allerdings, dass der Kläger ein schutzwürdiges Interesse an der Feststellung der Nichtigkeit hat. Ob ein Rechtsschutzinteresse vorliegt, ist von Amtes wegen zu prüfen (Leuenberger/Uffer-Tobler, a.a.O., N 2 zu Art. 63 ZPO). Ein Rechtsschutzinteresse besteht in der Regel dann, wenn die klagende Partei aus der materiellen Beurteilung des Anspruchs einen Nutzen ziehen kann (BGE 122 III 282; Leuenberger/Uffer-Tobler, a.a.O., N 3 zu Art. 63 ZPO). Nachdem vorliegend der Kläger als Mitglied des Aktienkonsortiums I. AG indirekt Aktionär der Beklagten ist, er als Verwaltungsrat

    abberufen wurde und durch die zur Diskussion stehende Aktienkapitalherabsetzung und gleichzeitige Kapitalheraufsetzung die Vernichtung des Hauptaktivums des Aktienkonsortiums zur Diskussion steht, ist das Rechtsschutzinteresse des Klägers offensichtlich gegeben. Dabei ist nicht entscheidend, ob er an den entsprechenden Generalversammlungen teilgenommen hat und nunmehr im Nachhinein die Nichtigkeit der gefällten Beschlüsse behauptet (BSK OR II-Dubs/Truffer, N 3 zu 706; Forstmoser / Meier-Hayoz / Nobel, a.a.O., § 25 N 44 f.).

    Die Nichtigkeit von Generalversammlungsbeschlüssen regelt das Gesetz in Art. 706b OR. Dieser Artikel nennt zwei Bereiche möglicher Nichtigkeitsfälle, nämlich den Entzug oder die Beschränkung von vom Gesetz zwingend gewährten Aktionärsrechten (Ziff. 1 und 2) und die Missachtung der Grundstrukturen der AG (Ziff. 3). Dabei wird die Aufzählung in Art. 706b OR ausdrücklich als nicht abschliessend bezeichnet. Nichtig sind etwa Scheinbeschlüsse oder sonstige Generalversammlungsbeschlüsse, die unter qualifizierter Verletzung des Teilnahmerechts zustande gekommen sind, so z.B., wenn sie von einem Nicht-Organ gefällt worden sind oder von einer Universalversammlung, bei der nicht sämtliche Aktionäre anwesend waren (Forstmoser/Meier-Hayoz/Nobel, a.a.O., § 25 N 117; Tanner, a.a.O., N 114 zu Art. 706b OR; BGE vom 11.01.2008,

    4A_131/2007 E. 2.1). Nichtig ist jedoch nicht jede Beeinträchtigung, sondern nur eine irgendwie qualifizierte Verletzung der betreffenden Aktionärsrechte. Über Art und Ausmass dieser Qualifizierung schweigt das Gesetz (vgl. Forstmoser / Meier-Hayoz / Nobel, a.a.O., § 25 N 89 ff.). Da das Gesetz keine wirksame Hilfe bietet, die Grenze zwischen nichtigen und bloss anfechtbaren GV-Beschlüssen zu ziehen, obliegt dem Richter eine heikle Interessenabwägung. Auf der einen Seite besteht ein Interesse an der Beseitigung widerrechtlicher Beschlüsse und ihrer Folgen. Rechtsverstösse, ganz besonders solche gravierender Natur, sollen keinen Bestand haben. Auf der anderen Seite besteht zur Vermeidung von Rechtsunsicherheit ein Interesse an der Aufrechterhaltung selbst eines nicht über alle Zweifel erhabenen Beschlusses, damit jedermann von der gültigen Existenz des Beschlusses ausgehen darf. Bei dieser Interessenabwägung steht dem Richter ein grosser Spielraum zu (vgl. Forstmoser / Meier-Hayoz / Nobel, a.a.O., § 25 N 103 f.).

    1. Überprüft man den strittigen Generalversammlungsbeschluss vom 29. Mai 2006

      auf seine allfällige Nichtigkeit, so ist folgendes festzustellen:

      Im Generalversammlungsprotokoll (kläg. act. II/4) wird festgehalten, dass 75 Aktien vertreten gewesen seien. Der Kläger behauptet, dass diese Feststellung nicht zutreffe. Das ist richtig. Einziger Aktionär der Beklagten war das Aktionärskonsortium. Dieses Aktionärskonsortium stellte ursprünglich eine einfache Gesellschaft dar, welche — wie oben ausgeführt — im Jahre 2003 durch gemeinsame Willensäusserung konkludent zustande gekommen ist. Nachdem sich die vier Partner dieser einfachen Gesellschaft aber im Herbst 2004 zerstritten haben und sich nicht auf den Abschluss eines Gesellschaftervertrags einigen konnten, stellt sich die Frage, ob das als alleinige Aktionärin im Aktienbuch eingetragene Aktionärskonsortium im Zeitpunkt der Beschlussfassung im Jahre 2006 immer noch eine einfache Gesellschaft war und wenn ja mit welchen Willensbildungsmechanismen.

      1. Gemäss Art. 545 Abs. 1 Ziff. 1 OR wird eine einfache Gesellschaft aufgelöst, wenn der Zweck, zu welchem sie abgeschlossen wurde, erreicht oder wenn dessen Erreichung unmöglich geworden ist. Des weiteren kann jede einfache Gesellschaft durch Kündigung von Seiten eines Gesellschafters oder aus wichtigem Grund aufgelöst werden. Nachdem sich die Parteien nach Einzahlung ihrer Geldleistungen und Übertragung der Aktien der Beklagten auf die einfache Gesellschaft im Jahre 2004 nicht auf einen Gesellschaftervertrag einigen konnten und sogar Streit unter den Gesellschaftern ausbrach, steht fest, dass der Zweck, zu welchem die einfache Gesellschaft ursprünglich abgeschlossen wurde, nicht mehr erreicht werden konnte. Dabei erweist sich die Unmöglichkeit als definitiv und offensichtlich, was durch die Kündigung des Arbeitsverhältnisses zum Kläger und die diversen Gerichtsprozesse dokumentiert ist. Entsprechend wurde damals die einfache Gesellschaft aufgelöst, wobei es die Gesellschafter aber verpassten, die Gesellschaft gemäss Gesetz zu liquidieren (vgl. BSK OR II-Staehelin, N 8 zu Art. 545/546; BGE 110 II 292). Nicht schon der Eintritt des Auflösungsgrundes, sondern erst der Abschluss der Liquidation beendet das Gesellschaftsverhältnis (BGE 105 II 206). Die Gesellschaft besteht als sogenannte Abwicklungsgesellschaft mit dem neuen und ausschliesslichen Zweck der Liquidation fort.

        Insbesondere wurde unterlassen, das Schicksal der dem Konsortium gehörenden Aktien zu regeln, weshalb das Aktionärskonsortium Aktionärin der Beklagten blieb, obwohl die Partner sich so verhielten, als gehörten die Aktien zu je einem Viertel ihnen

        persönlich. Solange aber eine einfache Gesellschaft nicht rechtskonform liquidiert ist, besteht sie weiter (vgl. BSK OR II-Staehelin, N 2 zu Art. 545/546; BGE 119 II 119 ff.). Die Gesellschafter sind weiterhin verpflichtet, die Gesellschaftsinteressen zu fördern (vgl. Siegwart, Zürcher Kommentar, N 1 zu Art. 548 - 550 OR). Entsprechend gebietet es die gesellschaftsrechtliche Treuepflicht den Gesellschaftern, an den Gesellschafterversammlungen teilzunehmen und im Beschlussverfahren ihre Stimme abzugeben.

      2. Vorliegend steht fest, dass der Kläger an der strittigen Generalversammlung nicht teilgenommen und somit bei der Beschlussfassung auch nicht mitgewirkt hat. Es stellt sich die Frage, ob die übrigen drei Gesellschafter das Recht hatten, die Kapitalherabsetzung und die darauf folgende Kapitalerhöhung zu beschliessen oder nicht. Der Kläger verneint dies mit der Behauptung, das Aktienkonsortium könne nur mit Einstimmigkeit Beschlüsse fällen. Ferner macht er geltend, die vier Partner, welchen alle Aktien der Beklagten als Berechtigte zur gesamten Hand zustünden, hätten entgegen Art. 690 Abs. 1 OR in ihrem internen Verhältnis weder einen Vertreter bestellt, noch könne die Beklagte — im Verhältnis der Berechtigten zur Gesellschaft — eine schriftliche Ermächtigung vorweisen.

        Steht eine Aktie in gemeinschaftlichem Eigentum, so können die Berechtigten gemäss Art. 690 Abs. 1 OR die Rechte aus der Aktie nur durch einen gemeinsamen Vertreter ausüben. Wird die Vertretung der Gesamthänder durch ein Mitglied der Gesamthandsgemeinschaft ausgeübt, so handelt er nicht als Stellvertreter sondern aus eigenem Recht. Dieses wird jedoch durch das Recht der übrigen Gesamteigentümer eingeschränkt, wobei Gesamthänder ohne abweichende gesetzliche oder vertragliche Regelung das gemeinsame Eigentum einstimmig auszuüben haben (Art. 653 Abs. 2 ZGB). Wenn Namenaktien im Gesamteigentum stehen, bedarf der Vertreter einer schriftlichen Ermächtigung der Gesamteigentümer. Dabei reicht es, wenn er eine schriftliche Erklärung der übrigen Gesamthänder beibringt, wonach diese auf die Ausübung ihrer Rechte verzichten (BSK OR II-Länzlinger, N 5f. zu Art. 690; P. Böckli, Schweizer Aktienrecht, 3.A., Zürich 2004, § 12 N 136; Bürgi, Zürcher Kommentar, N 5f. zu Art. 690 OR, der allerdings die Frage, ob eine schriftliche Vollmacht vorzuweisen ist, offen gelassen hat). Da es bei Gesamthandsverhältnissen grundsätzlich Einstimmigkeit bedarf, kann der gesamthänderische Berechtigte gemeinsames Handeln wirkungsvoll

        verhindern. Einigen sich die Berechtigten nicht auf einen gemeinsamen Vertreter, hat der Richter auf Antrag der übrigen Gesamthänder die Wahl vorzunehmen (Bürgi, a.a.O., N 9 zu Art. 690 OR; BSK OR II-Länzlinger, N 8 zu Art. 690). Vorliegend behauptete die Beklagte nicht, dass H. H. oder P. K. an der GV vom 29. Mai 2006 über eine schriftliche Ermächtigung zur Vertretung des Aktionärskonsortiums verfügte. Auf die sich daraus ergebenden rechtlichen Folgen ist nachfolgend einzugehen.

        Zur Begründung, dass ein Gesamthandverhältnis mit Einstimmigkeitserfordernis vorliegt, stützt sich der Kläger auf Art. 534 Abs. 1 OR, wonach Gesellschaftsbeschlüsse nur mit Zustimmung aller Gesellschafter gefasst werden können. Das ist grundsätzlich richtig. Das Einstimmigkeitsprinzip ist aber nicht zwingend. Die Gesellschafter sind befugt, vom Grundsatz der Einstimmigkeit abzuweichen und sich Mehrheitsbeschlüssen zu unterwerfen (Fellmann / Müller, Berner Kommentar, N 159 zu Art. 534 OR). Dabei kann das Mehrheitsprinzip im Gesellschaftsvertrag verankert sein. Es kann sich aber auch aus konkludenter Handlung, etwa aus einer dauernden, unwidersprochenen Übung, ergeben.

        In casu sprechen mehrere Indizien dafür, dass die Parteien das Einstimmigkeitsprinzip auf ihre einfache Gesellschaft nicht angewendet haben wollten. So sehen alle als Entwürfe im Recht liegenden Gesellschaftsverträge und auch Aktionärbindungsverträge (bekl. act. I/3-6) für die Willensbildung das Mehrheitsprinzip vor. Auch die Rangrücktrittsvereinbarung vom 3. Juli 2003 (bekl. act. II/11) statuiert explizit die Willensbildung nach Mehrheit der Köpfe. Diese Indizien sprechen dafür, dass die beiden an der GV teilnehmenden Gesellschafter das Konsortium als mit Mehrheitsbeschluss eingesetzte Vertreter vertreten und die Kapitalherabsetzung und gleichzeitige Wiedererhöhung rechtsgültig beschliessen konnten.

        Aber auch aus einem anderen Grund erweist sich der Generalversammlungsbeschluss vom 29. Mai 2006 als nicht nichtig. In Lehre und Rechtsprechung ist anerkannt, dass das Einstimmigkeitsprinzip die Willensbildung der einfachen Gesellschaft erheblich erschweren kann. Es kann die Entscheidfindung sogar blockieren und die Gesellschaft funktionsunfähig machen. Scheitern deshalb Beschlüsse, die zur Erreichung des gemeinsamen Zweckes erforderlich wären, am Einstimmigkeitsprinzip, weil sich einzelne Gesellschafter weigern, den erforderlichen Entscheiden zuzustimmen oder

        überhaupt an der Gesellschafterversammlung zu erscheinen, bleibt letztlich nur die Auflösung der Gesellschaft. Unter Umständen folgt daraus sogar die Pflicht, bestimmten Vorschlägen zuzustimmen. Eine solche Pflicht besteht in erhöhtem Masse, wenn eine einfache Gesellschaft ihren Zweck nicht mehr erfüllen kann und sich deshalb in Liquidation befindet. Ein Gesellschafter soll es nicht durch Verweigerung der erforderlichen Zustimmung zu Entscheiden in der Hand haben, die notwendigerweise innert nützlicher Frist durchzuführende Liquidation zu blockieren (vgl. Fellmann / Müller, Berner Kommentar, N 146 i.V.m. N 62 ff. zu Art. 534 OR). In casu ging es an der Generalversammlung darum, eine von der Revisionsstelle festgestellte Überschuldung zu beseitigen. Die Revisionsstelle machte die Generalversammlung der Beklagten in ihrem Bericht vom 19. April 2006 (kläg. act. II/6) auf diese Überschuldung und insbesondere auf Art. 725 Abs. 2 OR aufmerksam. Entsprechend war der Verwaltungsrat der Gesellschaft verpflichtet, Sanierungshandlungen in die Wege zu leiten (BGE 121 III 426). Wenn sich der Kläger dieser Sanierung durch Fernbleiben von der Gesellschafterversammlung bzw. Generalversammlung widersetzte, so verhielt er sich gegen Treu und Glauben. Im Interesse der einfachen Gesellschaft war er verpflichtet, sich dem Entscheid der übrigen Gesellschafter anzuschliessen. Dies beinhaltete auch eine stillschweigende Ermächtigung, dass die übrigen Gesellschafter das Aktionärskonsortium an der Generalversammlung vertreten konnten; die Erteilung einer schriftlichen Ermächtigung durch den Kläger war somit nicht notwendig. Entsprechend ist der Generalversammlungsbeschluss auch unter diesem Gesichtspunkt keinesfalls nichtig. Schliesslich darf nicht ausser Acht gelassen werden, dass der Kläger über sämtliche geplanten Schritte rechtzeitig informiert war und er die Möglichkeit hatte, selber ¼ der neu ausgegebenen Aktien zu zeichnen, sodass er keiner Rechte verlustig ging. So erhielt der Kläger fristgerecht die mit dem 25. April 2006 datierte Einladung zur ordentlichen Generalversammlung der Beklagten vom 29. Mai 2006. In dieser Einladung wurde er über die beabsichtigten Schritte informiert. Der Einladung lag zudem ein Zeichnungsschein bei, wodurch der Kläger eingeladen wurde, 25 Namenaktien der Beklagten neu zu zeichnen (kläg. act. III/2). Der Kläger wurde bei der Kapitalherabsetzung und Wiedererhöhung gleich behandelt wie die übrigen Partner der einfachen Gesellschaft.

        Schliesslich hat sich der anwaltlich vertretene Kläger den Vorwurf gefallen zu lassen, dass es nach Treu und Glauben seine Aufgabe gewesen wäre, vor der Durchführung

        der Generalversammlung oder an der Generalversammlung selber ausdrücklich und nachweisbar darauf hinzuweisen, dass nach seiner Ansicht ein Konsortium, welches 100% der Aktien der Beklagten halte, bestehe, und er der Meinung sei, dass nur einstimmig ein Beschluss gefasst werden könne. Daran ändert nichts, dass im Protokoll der ausserordentlichen Generalversammlung der Beklagten vom 23. Dezember 2003 (bekl. act. II/3) auf das Aktionärskonsortium, vertreten durch die Herren

        W. F., H. H., P. K. und P. M., hingewiesen worden war, nachdem für die übrigen Mitglieder des Konsortiums nicht feststand, ob die einfache Gesellschaft in den Folgejahren nach wie vor bestand oder aufgelöst worden war. Die strittige GV war als Universalversammlung durchgeführt worden, wozu das Aktionärskonsortium, wie erwähnt, von der Mehrheit der Partner stillschweigend, d.h. auch ohne schriftliche Vollmacht, ermächtigt worden war. Indem sich der Kläger dagegen nicht gewandt hatte, verhält er sich widersprüchlich, wenn er nunmehr von der Notwendigkeit einer solchen Ermächtigung anlässlich der Generalversammlung vom 29. Mai 2006 ausgeht. Wenn sich aber der Kläger nicht gegen die Einladung wandte (das Gegenteil ist von ihm nicht bewiesen worden) und auch nicht an der Generalversammlung teilnahm, so verhält er sich rechtsmissbräuchlich (Art. 2 Abs. 2 ZGB), wenn er nun im Nachhinein den mit der Mehrheit der Stimmen gefällten Beschluss nichtig erklären lassen will. Der Kläger, welcher vom Einstimmigkeitsprinzip ausgegangen ist, handelt rechtsmissbräuchlich, wenn er einerseits durch das Nichterscheinen an der Generalversammlung verhindert, dass Beschlüsse gefällt werden können, und andererseits, nachdem Mehrheitsbeschlüsse gefällt worden sind, deren Nichtigkeit verlangt (vgl. Massnahmeentscheid [III] vom 21.09.2006 S. 14f.).

      3. Insgesamt ergibt sich, dass der Generalversammlungsbeschluss betreffend Kapitalherabsetzung und gleichzeitiger Kapitalerhöhung nicht nichtig ist. Entsprechend ist Ziff. 2 des an Schranken gestellten Rechtsbegehrens in Bezug auf den Generalversammlungsbeschluss vom 29. Mai 2006 abzuweisen. Die auf das Aktionärskonsortium I. AG lautenden Namenaktien und Namenaktienzertifikate der Beklagten, welche vom Kläger im Massnahmeverfahren im Original eingereicht worden sind (kläg. act. III/5 - III/16), sind somit rechtsgültig annulliert. Ihnen kommt kein Wert mehr zu. Sie werden der Beklagten nach Eintritt der Rechtskraft des vorliegenden Urteils herausgegeben.

          1. Der Kläger beantragte im Schriftenwechsel die Nichtigerklärung der Beschlüsse der Generalversammlung der Beklagten vom 11. Februar 2005 auf Genehmigung der Jahresrechnung für das Geschäftsjahr 2003 und vom 24. März 2005 auf Genehmigung der Jahresrechnung für das Geschäftsjahr 2004, da die zur Abnahme vorgelegten Jahresrechnungen nicht durch die gewählte Revisionsstelle T. Revisions AG revidiert worden sei. An Schranken verlangte er, es sei die Nichtigkeit sämtlicher Beschlüsse der erwähnten Generalversammlungen festzustellen.

            1. In den Protokollen der Generalversammlungen der Beklagten vom 11. Februar

              und 24. März 2005 wurde festgehalten, dass anwesend seien "die Aktionäre H. H., P.

              K. und P. M."; W. F. sei unentschuldigt nicht erschienen. Die Versammlung sei beschlussfähig, "nachdem mindestens 75 von 100 Stimmen vertreten sind". Angefügt wurde folgender Zusatz (bekl. act. I/12, I/13):

              " Sollte (unter dem Titel 'Aktionärskonsortium der I. AG') eine einfache Gesellschaft zu gesamten Handen Aktionär geworden sein, ist P. K. als Geschäftsführer und Vertreter des Aktionärskonsortiums bestimmt. In diesem Falle wären 100 Aktien vertreten."

              Aus den in Ziff. 4.1.2. erwähnten Gründen sind die Generalversammlungsbeschlüsse der Beklagten vom 11. Februar und 24. März 2005 nicht nichtig. Der Kläger machte an Schranken zu Recht nicht geltend, durch die Missachtung der insbesondere in der Klage I gerügten förmlichen Anforderungen an die Einladung zu einer ordentlichen Generalversammlung seien sämtliche an den Generalversammlungen getroffenen Beschlüsse nicht nur anfechtbar und damit ungültig, sondern auch nichtig. Hingegen machte er in der Klage I geltend, dass der Beschluss der Generalversammlung der Beklagten vom 11. Februar 2005 auf Genehmigung der Jahresrechnung für das Geschäftsjahr 2003 nichtig sei. Dies ist nachfolgend zu prüfen.

            2. Seitens der Beklagten ist unbestritten, dass die T. Revisions AG im Herbst 2004 anstelle von A. H. als Revisionsstelle (für das Jahr 2003) gewählt worden ist (Klageantwort I S. 9). Nachdem aber die gewählte Revisionsstelle T. Revisions AG nach den mit dem Kläger entstandenen Problemen das gesamte Versicherungsportefeuille von der Beklagten abgezogen hatte, habe man die Revision für die anstehenden Jahre

              2003 und 2004 durch den bereits früher tätig gewesenen Revisor A. H. durchführen lassen. Somit steht fest, obwohl dies aus dem im Recht liegenden Handelsregisterauszug nicht hervorgeht (gemäss HR-Auszug war A. H. Revisionsstelle bis zum 4. November 2004 und dann wieder ab dem 22. März 2005), dass die Revision im Jahre 2003 nicht durch die von der Generalversammlung gewählte Revisionsstelle gemacht worden ist. A. H. wurde erst anlässlich der Generalversammlung vom 11. Februar 2005 als Revisionsstelle für das Jahr 2004 gewählt (bekl. act. I/12). An der Rechtsgültigkeit dieser Wahl ändert im übrigen die Tatsache, dass der Verwaltungsrat in seiner Einladung zur Generalversammlung die Bestätigung der alten Revisionsstelle beantragt hat, nichts. So ist es ohne weiteres zulässig und möglich, dass der vom Verwaltungsrat in der Einladung zur GV vorgeschlagene Antrag anlässlich der Generalversammlung durch die anwesenden Aktionäre nicht akzeptiert und anders gewählt wird (vgl. BSK OR II-Watter, N 5 zu Art. 727 OR).

            3. In Lehre und Rechtssprechung ist unbestritten und anerkannt, dass Generalversammlungsbeschlüsse über die Annahme der Jahresrechnung und die Verwendung des Bilanzgewinnes nichtig sind, wenn kein Revisionsbericht vorliegt (vgl. BSK OR II-Watter, N 2 zu Art. 729c; Tanner, a.a.O., N 68 zu Art. 706b OR). Das Gesetz sieht diese Sanktion in Art. 729c Abs. 2 OR explizit vor und macht dadurch deutlich, dass die Revision des Jahresabschlusses einer Aktiengesellschaft zu den Grundstrukturen einer Aktiengesellschaft gehört, deren Missachtung zur Nichtigkeit führt. Art. 729c OR ist eine Kapitalschutzbestimmung i.S. von Art. 706b Ziff. 3 OR (Tanner, a.a.O., N 47 ff. zu Art. 706b OR; Forstmoser / Meier-Hayoz / Nobel, a.a.O., § 25 N 97). Die Generalversammlung kann den Jahresbericht nur abnehmen und über die Verwendung des Bilanzgewinns nur dann beschliessen, wenn ein Revisionsbericht vorliegt. Erst nach Genehmigung der von der Revisionsstelle geprüften Jahresrechnung steht nämlich die Höhe des erzielten Reingewinns fest. Erst dann kann aber auch über die Verwendung von Eigenkapital gemäss geprüfter Bilanz entschieden werden. Entsprechend bedeutungsvoll ist die Revision für die Grundstruktur einer Aktiengesellschaft, weshalb auch die Wahl der Revisionsstelle zu den unübertragbaren Befugnissen der Generalversammlung gehört (Art. 698 Abs. 2 Ziff. 2 OR). Es geht somit nicht an, dass der Verwaltungsrat aus eigener Initiative bestimmt, dass ein aussenstehender Dritter und nicht die gewählte Revisionsstelle die Revision durchführt, so wie dies vorliegend der Fall war. Die Revisionsstelle ist zwingend durch die

        Generalversammlung zu wählen (Art. 698 Abs. 2 Ziff. 2 OR). Auch die Abberufung ist nur durch die Generalversammlung möglich (Art. 727e OR). Falls schliesslich die Revisionsstelle zwischen zwei ordentlichen Generalversammlungen zurücktritt, ist sofort eine ausserordentliche Generalversammlung einzuberufen, welche die Neuwahl vorzunehmen hat (BGE 120 II 427). Dadurch, dass der Verwaltungsrat von sich aus bestimmt hat, dass nicht die gewählte Revisionsstelle, sondern ein Dritter die Revision durchführen sollte, hat er die Grundstrukturen der Aktiengesellschaft krass missachtet.

        Der Bericht einer Revisionsstelle, die nicht von der Generalversammlung gewählt worden ist, stellt keinen Revisionsbericht im Sinne des Gesetzes dar, weshalb der von der Generalversammlung vom 11. Februar 2005 gefasste Beschluss betreffend Genehmigung der Jahresrechnung für das Geschäftsjahr 2003 nichtig ist. Im Übrigen ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass auch die Jahresrechnung der Beklagten für das Geschäftsjahr 2002 bis heute nicht abgenommen worden war. Entsprechend führt die im Recht liegende Jahresrechnung 2003 die Vorjahreszahlen aus dem Jahre 2002 nicht auf, obwohl dies das Gesetz explizit vorsieht (Art. 662a Abs. 1 OR). Ohne Genehmigung einer von der Revisionsstelle geprüften Jahresrechnung steht aber die Höhe des erzielten Reingewinns nicht fest und die Generalversammlung hat keine Möglichkeit, über die Verwendung des Bilanzgewinnes, insbesondere über die Festsetzung der Dividende und einer allfälligen Tantieme oder die Höhe des Gewinnvortrages Beschluss zu fassen. Der Beschluss der Generalversammlung betreffend Genehmigung der Jahresrechnung für das Geschäftsjahr 2003 ist somit nichtig. Gültig ist hingegen der nämliche Beschluss der Generalversammlung auf Genehmigung der Jahresrechnung für das Geschäftsjahr 2004, da diesbezüglich ein vom von der Generalversammlung gewählten Revisor erstellter Revisionsbericht vorliegt.

  5. Schliesslich beantragt der Kläger, es sei festzustellen, dass die Jahresrechnung für das Geschäftsjahr 2002 der X. AG (bis zum 13. September 2002 Z. AG) von der Generalversammlung nicht abgenommen worden sei. Die Feststellungsklage ist nur dann zulässig, wenn ein rechtserhebliches Interesse an der gerichtlichen Feststellung eines Rechts oder Rechtsverhältnisses besteht. Es ist unter der Voraussetzung gegeben, dass Ungewissheit, Unsicherheit oder Gefährdung der Rechtsstellung des Klägers, Unzumutbarkeit der Fortdauer dieser Rechtsungewissheit und die

Unmöglichkeit der Behebung der Ungewissheit auf andere Weise, insbesondere nicht durch Leistungs- oder Gestaltungsklage, gegeben ist. Unzulässig ist die Feststellungsklage zur Feststellung von Tatsachen (vgl. Vogel/Spühler, Grundriss des Zivilprozessrechts, 8.A., 7 N 21f.). Auch das kantonale Recht schliesst die Klage auf die Feststellung von Tatsachen grundsätzlich aus. Tatsachen sind im Beweisverfahren, im Prozess oder im Rahmen der vorsorglichen Beweiserhebung festzustellen. Von der Feststellung von Tatsachen ist die Feststellung der Widerrechtlichkeit von Tatsachen zu unterscheiden. Hier handelt es sich um die rechtliche Qualifikation einer Tatsache und damit um die Feststellung eines Rechtsverhältnisses (vgl. Leuenberger/Uffer- Tobler, a.a.O., N 2b zu Art. 64 ZPO).

Vorliegend ist unbestritten und steht fest, dass die Jahresrechnung 2002 nicht durch die Generalversammlung genehmigt worden ist. Etwas anderes wird von der Beklagten nicht behauptet. Sie legt denn auch kein Generalversammlungsprotokoll für das Geschäftsjahr 2002 ins Recht. Zudem geht es bei der Frage, die der Kläger festgestellt haben möchte, nicht um eine Widerrechtlichkeit, sondern einfach um das Faktum, ob die Jahresrechnung 2002 von der Generalversammlung abgenommen worden ist oder nicht. Es handelt sich somit um eine einfache Tatsache und nicht um eine rechtliche Qualifikation derselben. Entsprechend fehlt es dem Kläger am Rechtsschutzinteresse an der Feststellungsklage. Die Feststellungsklage gemäss Ziff. 1 des vom Kläger an Schranken gestellten Rechtsbegehrens ist somit abzuweisen.

Quelle: https://www.sg.ch/recht/gerichte/rechtsprechung.html
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