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Urteil Versicherungsgericht (SG)

Kopfdaten
Kanton:SG
Fallnummer:EL 2017/42
Instanz:Versicherungsgericht
Abteilung:EL - Ergänzungsleistungen
Versicherungsgericht Entscheid EL 2017/42 vom 04.07.2019 (SG)
Datum:04.07.2019
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:Entscheid Auslegung einer Eingabe mit dem Ergebnis der Qualifikation als Einsprache gegen die Rückforderungsverfügung und als Erlassgesuch. Aufhebung des Einspracheentscheids betreffend Erlass und Rückweisung zum Entscheid über die Einsprache gegen die Rückforderungsverfügung (Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 4. Juli 2019, EL 2017/42 und EL 2017/43).
Schlagwörter: Beschwerde; Recht; Rückforderung; Einsprache; Beschwerdeführerin; Verfügung; Trete; Beschwerdegegnerin; Erlass; Sozialversicherungsanstalt; Ergänzungsleistung; Berechnung; Bezüger; Fehler; Jährlich; Bezügerin; Wiedererwägung; Durchführungsstelle; Anspruch; Rückforderungsverfügung; Sozialversicherungsanstalt/; Rechtsvertreter; Entscheid; EL-Bezüger; Bundesgericht; Erlassgesuch; Korrekt; EL-Durchführungsstelle; EL-Bezügerin; Ergänzungsleistungen
Rechtsnorm: Art. 123 ZPO ; Art. 25 ATSG ; Art. 29 BV ; Art. 52 ATSG ; Art. 81 ATSG ;
Referenz BGE:-
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:-
Entscheid
Entscheid vom 4. Juli 2019

Besetzung

Versicherungsrichterin Karin Huber-Studerus (Vorsitz), Versicherungsrichterin Monika Gehrer-Hug, Versicherungsrichter Ralph Jöhl; Gerichtsschreiberin Fides Hautle

Geschäftsnr.

EL 2017/42, EL 2017/43

Parteien

  1. ,

    Beschwerdeführerin,

    vertreten durch Fürsprecher lic. iur. Daniel Küng, Anwaltskanzlei St. Jakob,

    St. Jakob Strasse 37, 9000 St. Gallen,

    gegen

    Sozialversicherungsanstalt des Kantons St. Gallen, Ausgleichskasse,

    Brauerstrasse 54, Postfach, 9016 St. Gallen,

    Beschwerdegegnerin,

    Gegenstand

    Rückforderung von Ergänzungsleistungen zur AHV, Erlass der Rückforderung und Rechtsverweigerung (Rückforderung)

    Sachverhalt

    A.

    1. A. meldete sich am 17./18. Juni 2013 (act. I-55) zum Bezug von Ergänzungsleistungen zur AHV an. Seit 28. März 2013 lebe sie in einem Heim. Sie beziehe eine BVG-Rente von jährlich Fr. 19'529.--. Nachdem der zur Vertretung bevollmächtigte Sohn (vgl. act. I-61) diverse Fragen für sie beantwortet hatte (vgl.

      act. I-51), sprach die Sozialversicherungsanstalt/EL-Durchführungsstelle des Kantons St. Gallen ihr mit Verfügung vom 2. September 2013 (act. I-46 f.) ab 1. April 2013 Ergänzungsleistungen zu. Die ordentliche Ergänzungsleistung machte ab April 2013 monatlich Fr. 2'652.-- aus, ab 1. Juni 2013 Fr. 2'926.-- und ab 1. September 2013

      Fr. 1'983.-- (je einschliesslich des Pauschalbetrags für die Krankenversicherung von Fr. 332.--). Die Berechnungen waren ohne Einbezug der angegebenen BVG-Rente erfolgt.

    2. In der Folge wurde die Ergänzungsleistung verschiedentlich angepasst (vor allem Umrechnungen auf Jahresbeginn). Am 4. Juli 2016 (act. I-31) veranlasste die Sozialversicherungsanstalt/EL-Durchführungsstelle eine periodische Überprüfung. Am

      18. Juli 2016 unterzeichnete die EL-Bezügerin das entsprechende ausgefüllte Formular (act. I-25).

    3. Am 19. Dezember 2016 (act. I-23) setzte die Sozialversicherungsanstalt/EL- Durchführungsstelle den monatlichen Betrag der Ergänzungsleistung ab 1. Januar 2017

      (auf monatlich Fr. 1'833.--, zuzüglich Prämienpauschale Krankenversicherung von Fr. 391.--) fest.

    4. Mit Verfügung vom 28. Dezember 2016 (act. I-13) kam die Sozialversicherungsanstalt/EL-Durchführungsstelle auf ihre ursprüngliche Verfügung vom 2. September 2013 zurück und berechnete den EL-Anspruch neu unter Berücksichtigung der Ergebnisse der periodischen Überprüfung. Sie korrigiere damit rückwirkend einen von ihr selber verursachten Fehler. Die "Ehegattenrente" sei in der Anmeldung angegeben, von ihr aber nicht erfasst worden. Aus rechtlichen Gründen habe sie die entsprechende Rückforderung zu stellen. Diese errechnete sie auf eine Summe von Fr. 71'857.-- an Ergänzungsleistungen aus der Zeit vom 1. April 2013 bis

      31. Dezember 2016. Die künftige monatliche Leistung ab 1. Januar 2017 betrage Fr. 297.-- (ohne Prämienpauschale Krankenversicherung).

    5. Der damalige Rechtsvertreter der EL-Bezügerin schrieb der Sozialversicherungsanstalt des Kantons St. Gallen am 16. Januar 2017 (act. I-12), er beantrage einen Aufschub betreffend die gestellte Rückforderung, damit er mehr Zeit habe, diese finanzielle Angelegenheit in Ordnung zu bringen, da er den Gesamtbetrag erst zusammentragen müsse.

    6. Die Sozialversicherungsanstalt/EL-Durchführungsstelle bestätigte ihm am

      20. Januar 2017 (act. I-11) eine Fristerstreckung zur Begleichung der Rückforderung

      um 30 Tage bis spätestens am 28. Februar 2016 (recte: 2017). Sollte dies nicht möglich

      sein, sei innert gleicher Frist ein Ratenzahlungsvorschlag einzureichen.

    7. Am 25. Januar 2017 (act. I-10) ging ein unter Mitwirkung der Pro Senectute erstelltes Schreiben vom 24. Januar 2017 des damaligen Rechtsvertreters der EL- Bezügerin mit dem Betreffnis "EL-Rückforderung vom 28.12.16 Fr. 71'857.--" bei der Sozialversicherungsanstalt ein. Die Rückforderung von Fr. 71'857.-- sei begründet und einerseits aus einem Fehler der Sozialversicherungsanstalt entstanden; anderseits habe es die EL-Bezügerin bzw. ihr Vertreter versäumt, die Berechnung genau zu prüfen. Die Rückforderung in der genannten Höhe sei unerwartet. Das am 31. Dezember 2016 tatsächlich vorhandene Vermögen von (bei Berücksichtigung einer offenen Heimrechnung) rund Fr. 74'000.-- fiele mit der vollen Zahlung fast auf null, was eine

      grosse Härte bedeuten würde. In Anbetracht der Umstände werde ein Teilerlass der Rückforderung beantragt, also dass die Sozialversicherungsanstalt auf einen Teil der geforderten Summe verzichte. Dabei solle auch ihr eigener Fehler berücksichtigt werden. Zu bedenken sei auch, dass sich das Vermögen der EL-Bezügerin bei einer korrekten Berechnung jährlich reduziert und die Ergänzungsleistung bei entsprechender Meldung jährlich hätte erhöht werden können. Ausserdem wurde beantragt, das in der Anspruchsberechnung ab 1. Januar 2017 ausgewiesene Vermögen von Fr. 83'047.--, entsprechend dem Stand vom 31. Januar 2016, sei per sofort entsprechend der Rückforderung der Sozialversicherungsanstalt (= Schulden) anzupassen. Schliesslich sollten die Zahlungsmodalitäten für den am Ende geforderten Betrag noch vereinbart werden.

    8. Am 6. März 2017 gab die Sozialversicherungsanstalt/EL-Durchführungsstelle der EL-Bezügerin bekannt, sie verrechne Ergänzungsleistungen von Fr. 2'277.-- mit ihrer Rückforderung von Fr. 71'857.--.

    9. Mit Verfügung vom 7. März 2017 (act. I-7) teilte die Sozialversicherungsanstalt/EL- Durchführungsstelle dem damaligen Rechtsvertreter der EL-Bezügerin mit, sie trete auf deren Erlassgesuch ein. Die zu viel ausgerichteten Ergänzungsleistungen seien nicht gutgläubig empfangen worden, weil die Pflicht, das Berechnungsblatt zu kontrollieren, verletzt worden sei. Das Gesuch werde mangels dieser Voraussetzung abgewiesen. Ob die Rückforderung eine grosse Härte darstellen würde, brauche nicht geprüft zu werden. Ab Januar 2017 werde aber die offene Rückforderung als Schuld in der EL- Berechnung berücksichtigt.

    10. Mit Verfügung vom 7. März 2017 (act. I-4) setzte die Sozialversicherungsanstalt/ EL-Durchführungsstelle den Anspruch der EL-Bezügerin ab 1. Januar 2017 neu (von Fr. 297.--) auf monatlich Fr. 1'056.-- herauf (ohne Prämienpauschale Krankenversicherung von Fr. 391.--), indem sie den Vermögensverzehr aus der

      Berechnung entfernte (anrechenbares Vermögen neu null). Die Nachzahlung betrage für

      Januar 2017 bis März 2017 Fr. 2'277.-- (drei Mal Fr. 759.--).

    11. Mit Verfügung vom 17. März 2017 (act. I-2) kam die Sozialversicherungsanstalt/ EL-Durchführungsstelle nochmals auf den EL-Anspruch ab 1. Januar 2017 zurück. Sie

      hob den EL-Anspruch infolge einer Heimtaxenerhöhung ab diesem Zeitpunkt auf

      monatlich Fr. 1'208.-- (ohne Prämienpauschale Krankenversicherung) an.

    12. Gegen die Verfügung vom 7. März 2017 liess die EL-Bezügerin am 24. März 2017 (act. I-1-2 ff.) durch den neu bestellten Rechtsvertreter Einsprache erheben mit dem Antrag, die Verfügung aufzuheben und das Erlassgesuch gutzuheissen. Die Bezügerin und ihr Sohn seien keine Fachleute im Sozialversicherungswesen. Sie hätten davon ausgehen können und dürfen, dass die Angaben, die sie geliefert hätten, korrekt erfasst und beurteilt würden. Ihr guter Glaube sei daher zu bejahen, ebenso die grosse Härte. Ausserdem weise die Verfügung vom 28. Dezember 2016 einen offensichtlichen Irrtum auf, der zu korrigieren sei. Wenn schon eine Rückzahlungspflicht anzunehmen wäre, so sei diese zeitlich kongruent, d.h. in jenen Zeitpunkten zu berücksichtigen, in denen zu Unrecht zu viele Leistungen bezogen worden seien. Gleichzeitig reduziere sich also das Vermögen, womit die Ergänzungsleistungen erhöht würden. Erhalte eine versicherte Person rückwirkend Leistungen einer anderen Sozialversicherung, so würden die Betreffnisse auch nicht zu dem Zeitpunkt angerechnet, an welchem sie sie erhalten habe, sondern zu jenem, ab welchem Anspruch darauf bestanden habe. Das habe auch hier zu gelten. In Folge offensichtlicher Unrichtigkeit sei die Ergänzungsleistung neu zu berechnen. Diesbezüglich werde ein Wiedererwägungsgesuch gestellt. Es könne nicht sein, dass bei einem Fehler zu Gunsten und einem Fehler zu Ungunsten der Einsprecherin der erste korrigiert und der zweite nicht korrigiert werde (vgl. auch Eingabe vom 24. März 2017, act. I-1-1).

    13. Mit Schreiben vom 8. Mai 2017 (act. II-14) trat die Sozialversicherungsanstalt/EL- Durchführungsstelle auf das Wiedererwägungsgesuch vom 28. März 2017 nicht ein.

    14. Der Rechtsvertreter der EL-Bezügerin erhob mit Schreiben vom 12. Mai 2017

      (act. II-11) Einsprache gegen die Nichteintretensverfügung und beantragte, das Gesuch sei materiell zu behandeln. Grundsätzlich sei zu bemerken, dass die -jährige EL- Bezügerin rückzahlungspflichtig sein solle, weil sie und ihr Sohn einen Fehler der Sozialversicherungsanstalt/EL-Durchführungsstelle nicht entdeckt hätten, und das obwohl die (ursprüngliche) Verfügung formell rechtskräftig gewesen sei. In der neuen Verfügung sei der Sozialversicherungsanstalt/EL-Durchführungsstelle nun wiederum ein Fehler unterlaufen, und zwar ein offensichtlicher, wenn man die Rechtsprechung

      kenne. Diesen Fehler zu ihren Gunsten korrigiere sie (die Sozialversicherungsanstalt) nun nicht - mit der Argumentation, die Verfügung sei rechtskräftig. Inwiefern das rechtens sein solle, sei dahingestellt. Doch erschliesse sich nicht, wie das der EL- Bezügerin und mit ihr sämtlichen Einwohnern der Schweiz nachvollziehbar erklärt werden sollte. Vielmehr komme zum Ausdruck, dass es nicht dasselbe sei, wenn sie (die Sozialversicherungsanstalt) zweimal das Gleiche tue. Die Sachbearbeitung sei anzuhalten, auf den Nichteintretensentscheid zurückzukommen.

    15. Mit Verfügung vom 22. Mai 2017 (act. II-8) wurde der EL-Anspruch ab 1. April

      2017 infolge Änderung der Heimkosten heraufgesetzt.

    16. Mit Entscheid vom 22. September 2017 (act. II-5) wies die Sozialversicherungsanstalt/EL-Durchführungsstelle des Kantons St. Gallen die Einsprache (sc. vom 24. März 2017) ab. Die Rückforderungsverfügung sei unangefochten in Rechtskraft erwachsen. Strittig sei daher einzig der Erlass. Das Wiedererwägungsgesuch vom 24. März 2017 bilde nicht Gegenstand der Prüfung, hierzu werde auf das Schreiben vom 8. Mai 2017 verwiesen. Von einem EL-Bezüger könne zwar nicht erwartet werden, dass er die EL-Berechnung vollständig nachzuvollziehen vermöge. Um sich nicht dem Vorwurf einer Sorgfaltspflichtverletzung auszusetzen, müsse er aber die Berechnungsblätter im Rahmen seiner Möglichkeiten zumindest auf offensichtliche Fehler hin überprüfen und allfällige Unstimmigkeiten melden. Eine Verletzung dieser Kontrollpflicht schliesse den gutgläubigen Bezug aus. Mit einem Erlass der Rückforderung würde der Bezüger für die Verletzung der Sorgfaltspflicht "belohnt". Bei einem Mindestmass an Sorgfalt hätte der Einsprecherin oder ihrem Sohn auffallen müssen, dass die betragsmässig nicht unerhebliche Rente der Pensionskasse bei den Einnahmen nicht angerechnet worden sei.

    17. Mit Schreiben vom 25. September 2017 (act. II-4) wies der Rechtsvertreter der EL- Einsprecherin darauf hin, dass sie am 24. Januar 2017 - noch innerhalb der Rechtsmittelfrist - geltend gemacht habe, dass die Verfügungen fehlerhaft seien, dass sich nämlich das Vermögen bei korrekter Berechnung jährlich reduziert und die Ergänzungsleistung sich erhöht hätte. Dies sei als Einsprache entgegenzunehmen; bis anhin liege jedoch kein entsprechender Einspracheentscheid vor. Selbst wenn man davon ausginge, dass das Schreiben keine Einsprache dargestellt habe, so wäre auf

      das Wiedererwägungsgesuch einzutreten gewesen. Der Nichteintretensentscheid sei ausdrücklich mitangefochten worden. Es seien also, sofern die Verfügungen nicht angepasst würden, ein Entscheid zur Einsprache vom 24. Januar 2017 und, falls noch nötig, ein solcher zur Einsprache vom 12. Mai 2017 zu erlassen.

    18. Die Sozialversicherungsanstalt/EL-Durchführungsstelle teilte dem Rechtsvertreter der EL-Einsprecherin am 28. September 2017 (act. II-3) mit, sie habe das Schreiben vom 24. Januar 2017 als Erlassgesuch entgegengenommen, was es gemäss Antrag und gemäss Begründung denn auch dargestellt habe. Die Rechtmässigkeit der Rückforderung sei zudem ausdrücklich anerkannt worden. Der Entscheid über die Vornahme einer Wiedererwägung sei in das Ermessen des Versicherungsträgers gestellt. Könne die Durchführungsstelle nach summarischer Prüfung auf ein Wiedererwägungsgesuch nicht eintreten, sei dies in einfacher Briefform ohne Rechtsmittelbelehrung und in der Regel ohne eingehende Begründung bekannt zu geben. Wenn ein Versicherungsträger nicht eingetreten sei, sei eine Anfechtung ausgeschlossen. Es bestehe kein gerichtlich durchsetzbarer Anspruch auf Wiedererwägung und das Gericht könne auf eine Beschwerde gegen ein Nichteintreten nicht eintreten.

B.

Gegen den Einspracheentscheid vom 22. September 2017 richtet sich die von Fürsprecher lic. iur. Daniel Küng für die Betroffene am 20. Oktober 2017 erhobene Beschwerde mit dem Antrag, den angefochtenen Entscheid aufzuheben und der Beschwerdeführerin die Rückforderung gegen sie zu erlassen (lit. A Ziff. 2; eingeschrieben als EL 2017/43). - Ausserdem beantragt der Rechtsvertreter der EL- Bezügerin - unter dem Titel einer Rechtsverweigerungsbeschwerde (S. 1; eingeschrieben als EL 2017/42) -, die Beschwerdegegnerin sei anzuhalten, das von der Pro Senectute für die Beschwerdeführerin verfasste Schreiben vom 24. Januar 2017

als fristgerechte Einsprache gegen die Verfügung vom 28. Dezember 2016 entgegenzunehmen und einen anfechtbaren Einspracheentscheid zu erlassen; allenfalls sei die Verfügung vom 28. Dezember 2016 wiedererwägungsweise aufzuheben (lit. A Ziff. 1). Im Übrigen sei der Beschwerdeführerin die unentgeltliche Prozessführung zu gewähren. Zum einen sei der gute Glaube der Beschwerdeführerin zu bejahen. Wäre die Beschwerdegegnerin genügend aufmerksam gewesen, wie das erwartet werden könne und dürfe, hätte sie den Fehler, die angegebene Ehegattenrente nicht

anzurechnen, nicht gemacht bzw. sie hätte den Fehler frühzeitig erkannt und korrigiert. Genau die Aufmerksamkeit, welche die Beschwerdegegnerin mit ihren ausgebildeten Angestellten nicht an den Tag gelegt habe, werde von der betagten, an einer beginnenden Demenz erkrankten Beschwerdeführerin bzw. von ihrem Sohn verlangt. Dabei sei gerichtsnotorisch, dass die EL-Berechnung nachzuvollziehen einen beträchtlichen Anteil der Versicherten überfordere; diese gingen davon aus und könnten davon ausgehen, dass das, was die Profis machten, schon stimmen werde. Zum andern liege eine Rechtsverweigerung vor. Denn die Beschwerdegegnerin habe sich geweigert, das Schreiben vom 24. Januar 2017 als Einsprache entgegenzunehmen, einen Einspracheentscheid zu erlassen oder wiedererwägungsweise auf die Verfügung (vom 28. Dezember 2016) zurückzukommen. Im genannten Schreiben sei geltend gemacht worden, dass die Rückforderungsverfügung nicht korrekt sei, und es sei festgehalten worden, dass die Beschwerdeführerin damit nicht einverstanden sei. Bei einer korrekten Berechnung hätte sich das Vermögen der Beschwerdeführerin denn auch jährlich reduziert und hätten sich die EL-Ansprüche jährlich erhöht. Die Verfügung sei daher offensichtlich nicht korrekt. Die Vorgehensweise der Beschwerdegegnerin sei umso stossender, als sie gleich zwei Fehler gemacht habe, einen zu ihrem Nachteil, einen zu ihrem Vorteil. Im einen Fall stelle sie sehr grosse Anforderungen an die Beschwerdeführerin und ihren Sohn, im andern stelle sie an das Verfassen einer Rechtsschrift übermässig hohe Ansprüche an juristische Laien. Von einer Wiedererwägung wolle die Beschwerdegegnerin trotz offensichtlichen Fehlers nichts wissen. Da der Fehler so offensichtlich sei, gehe die Beschwerdeführerin davon aus, dass sie - falls das Schreiben vom 24. Januar 2017 nicht als Einsprache betrachtet werde - ausnahmsweise einen Anspruch auf Eintreten habe. - Am 13. November 2017 reicht

der Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin die Unterlagen zum Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ein.

C.

In ihrer Beschwerdeantwort vom 24. November 2017 beantragt die Beschwerdegegnerin die Abweisung der Beschwerde. Es sprächen gewichtige Gründe dafür, dass das Schreiben vom 24. Januar 2017 als Erlassgesuch zu behandeln gewesen sei, denn es habe die Voraussetzungen nach Art. 4 Abs. 4 ATSV erfüllt. Die Beschwerdeführerin habe die Rückforderung als begründet anerkannt und darauf hingewiesen, dass sie es versäumt habe, die EL-Berechnung genau zu überprüfen. Beantragt worden sei ausschliesslich ein Teilerlass. Dies sei damit begründet worden, dass der Berechnungsfehler bei ihr (der Beschwerdegegnerin) gelegen habe und sich das Vermögen der Beschwerdeführerin bei einer korrekten Berechnung jährlich

reduziert und die EL sich jährlich erhöht hätte. Bis zum Eingang der Beschwerde sei denn auch unbestritten gewesen, dass die Verfügung vom 28. Dezember 2016 in Rechtskraft erwachsen sei. In der Einsprache vom 24. März 2017 habe die Rechtsvertretung der Beschwerdeführerin das Schreiben vom 24. Januar 2017 nicht als Einsprache behandelt, sondern eine Wiedererwägung verlangt, die sich nur gegen formell rechtskräftige Verfügungen richte. Daher könne nicht nachvollzogen werden, dass in der Beschwerde geltend gemacht werde, das Schreiben sei eine Einsprache gewesen. Ein Anspruch auf das förmliche Rechtsmittel (der Einsprache) sei zu Recht

verweigert worden. Die Wiedererwägung dagegen sei kein förmliches Rechtsmittel. Der Versicherungsträger könne weder von der Beschwerdeführerin noch vom Gericht dazu veranlasst werden, auf eine Wiedererwägung einzutreten. Sie (die Beschwerdegegnerin) habe die Wiedererwägung geprüft und sei ihrem Ermessen gemäss auf das Gesuch nicht eingetreten. Aus Art. 29 Abs. 1 BV ergebe sich zwar ein bedingter Anspruch auf Wiedererwägung dann, wenn die Umstände des ersten Entscheids sich wesentlich geändert hätten oder wenn die Partei erhebliche Tatsachen oder Beweismittel anführe, die ihr im früheren Verfahren nicht bekannt gewesen seien, die schon damals geltend zu machen ihr rechtlich oder tatsächlich unmöglich gewesen sei oder zu deren Beibringung keine Veranlassung bestanden habe. Dieser Grundsatz aus dem allgemeinen Verwaltungsverfahren sei vorliegend nicht weiter zu verfolgen, weil die Beschwerdeführerin keinerlei Voraussetzungen für einen solchen Anspruch vorbringe. Bei der Beurteilung des guten Glaubens sei ein strenger Massstab anzulegen. Jede grobe Verletzung der Auskunfts-, Melde- oder Kontrollpflicht schliesse den Erlass aus. Der Beschwerdeführerin bzw. ihrem bevollmächtigten Sohn wäre zuzutrauen gewesen, dass sie den Berechnungsfehler im Jahr 2013 hätten erkennen können. Dieser sei aus dem Berechnungsblatt leicht erkennbar gewesen. Im Schreiben vom 24. Januar 2017 sei die Sorgfaltspflichtverletzung zugegeben worden. Ein guter Glaube im Sinn von Art. 25 Abs. 1 ATSG könne nicht befürwortet werden. Es sei keinerlei Rechtsverweigerung zu erkennen. Es dürfe generell nicht sein, dass Leistungen erbracht würden, auf welche keine gesetzlichen Ansprüche bestünden. Das sei nach der Rechtsprechung des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen erstens schwer mit dem Gleichbehandlungsgebot vereinbar, weil andere Bezüger nur die gesetzlichen Leistungen erhielten (Entscheid EL 2013/61 E. 2.1), und zweitens dürften Bezüger aufgrund ihrer Sorgfaltspflicht nicht belohnt werden, weshalb eine Verletzung der zumutbaren Kontrollpflicht einen Erlass der Rückforderung ausschliesse (Entscheid EL 2014/55 E. 2.1).

D.

Mit Replik vom 23. April 2018 bringt der Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin vor,

ob das Schreiben vom 24. Januar 2017 als Einsprache zu behandeln sei oder nicht, habe das angerufene Gericht zu entscheiden. Es sei darin unmissverständlich geltend gemacht worden, dass die Rückforderungsverfügung nicht korrekt sei und dass die Beschwerdeführerin damit nicht einverstanden sei. Dass am 24. März 2017 ein Wiedererwägungsgesuch gestellt worden sei, ändere hieran nichts. Dass die betreffende Verfügung nicht korrekt sei, sei offensichtlich. Begehe sie einen Fehler zu Ungunsten der EL-Bezüger, wolle die Beschwerdegegnerin davon nichts wissen. Diese Vorgehensweise sei umso weniger verständlich, als sie sich bei der Erlassfrage auf das Gleichbehandlungsprinzip stütze.

E.

Die Beschwerdegegnerin hat am 1. Mai 2018 auf die Erstattung einer Duplik verzichtet.

Erwägungen 1.

Streitgegenstand bildet nebst einer "Rechtsverweigerungsbeschwerde" der Einspracheentscheid der Beschwerdegegnerin vom 22. September 2017. Damit hat die Beschwerdegegnerin die Einsprache gegen ihre Abweisung des Erlassgesuchs mit Verfügung vom 7. März 2017 abgewiesen und festgehalten, die Rückforderungsverfügung vom 28. Dezember 2016 sei unangefochten in Rechtskraft erwachsen, was als Voraussetzung der Befassung mit dem Erlassgesuch zu gelten hat.

- Die Beschwerdeführerin lässt einen Erlass der Rückforderung beantragen und ausserdem einwenden, das Schreiben vom 24. Januar 2017 sei als Einsprache gegen die Rückforderungsverfügung zu betrachten und die Beschwerdegegnerin sei anzuhalten, diesbezüglich einen Einspracheentscheid zu erlassen.

2.

    1. Die jährliche Ergänzungsleistung entspricht nach Art. 9 Abs. 1 ELG dem Betrag,

      um den die anerkannten Ausgaben die anrechenbaren Einnahmen übersteigen.

    2. Bei Eintritt einer voraussichtlich längere Zeit dauernden Verminderung oder Erhöhung der vom ELG anerkannten Ausgaben und anrechenbaren Einnahmen sowie des Vermögens ist die jährliche Ergänzungsleistung zu erhöhen, herabzusetzen oder aufzuheben; massgebend sind die neuen, auf ein Jahr umgerechneten dauernden Ausgaben und Einnahmen und das bei Eintritt der Veränderung vorhandene Vermögen

      (vgl. Art. 25 Abs. 1 lit. c ELV). - Eine Neuberechnung der jährlichen Ergänzungsleistung wegen Vermögensverzehrs ist nur einmal jährlich möglich (Art. 25 Abs. 3 ELV).

    3. Unrechtmässig bezogene Leistungen sind zurückzuerstatten. Wer Leistungen in gutem Glauben empfangen hat, muss sie nicht zurückerstatten, wenn eine grosse Härte vorliegt (Art. 25 Abs. 1 ATSG).

    4. Gegen Verfügungen (wie etwa eine Rückforderungsverfügung) kann (abgesehen von hier nicht zur Diskussion stehenden Ausnahmen) innerhalb von 30 Tagen bei der verfügenden Stelle Einsprache erhoben werden (vgl. Art. 52 Abs. 1 ATSG). Gemäss Art. 10 Abs. 1 ATSV (Delegationsnorm Art. 81 ATSG) müssen Einsprachen ein Rechtsbegehren und eine Begründung enthalten. - Ein Erlass der Rückerstattung wird auf schriftliches Gesuch gewährt. Das Gesuch ist zu begründen, mit den nötigen Belegen zu versehen und spätestens 30 Tage nach Eintritt der Rechtskraft der Rückforderungsverfügung einzureichen (vgl. Art. 4 Abs. 4 ATSV).

    5. Nach dem Erlass einer Rückforderungsverfügung stehen einer betroffenen Person somit grundsätzlich zwei Möglichkeiten offen: die Einsprache gegen die Rückforderung als solche oder aber ein Erlassgesuch. Es können auch beide Mittel gleichzeitig eingesetzt werden (vgl. Bundesgerichtsurteil vom 2. Juli 2015, 9C_466/2014 E. 3.1, mit Hinweisen).

    6. Die Erlassfrage kann erst geprüft werden, wenn die Rechtsbeständigkeit der Rückerstattungsforderung feststeht (vgl. Bundesgerichtsurteile vom 2. Juli 2015, 9C_466/2014 E. 3.1, und vom 1. November 2010, 8C_527/2010 E. 3.1).

    7. Massgebend ist zunächst, ob eine rechtskräftige Rückforderungsverfügung vorliegt und ein Erlass der Rückforderung zu prüfen ist (wie die Beschwerdegegnerin im angefochtenen Entscheid annimmt) oder ob die Beschwerdegegnerin das Schreiben vom 24. Januar 2017 zu Unrecht einzig als (unbestrittenermassen gestelltes) Erlassgesuch und nicht (auch) als Einsprache gewertet hat (wie die Beschwerdeführerin geltend macht).

    8. Der Gehalt einer Eingabe ist nach Treu und Glauben festzulegen (vgl. Bundesgerichtsurteil vom 2. Juli 2015, 9C_466/2014 E. 3.1), insbesondere im Licht der dazu gegebenen Begründung (vgl. Bundesgerichtsurteil vom 25. September 2018, 8C_241/2018 E. 2). Ist die Eingabe eines Versicherten nicht eindeutig als Einsprache [gegen die Rückforderungsverfügung] oder als Erlassgesuch qualifizierbar, ist nach Treu und Glauben anhand der Erklärungen in der Eingabe festzulegen, welche der beiden prozessualen Möglichkeiten die betreffende Person ergreifen wollte (vgl.

      Bundesgerichtsurteil vom 2. Juli 2015, 9C_466/2014 E. 3.1 m. H.). Rechtsprechungsgemäss reicht für die Annahme einer Einsprache aus, dass aus der Eingabe der Wille der versicherten Person, die sie berührende Verfügung anzufechten, klar hervorgeht (vgl. Bundesgerichtsurteile vom 1. Februar 2017, 8C_775/2016 E. 2.4 m.H., und vom 23. März 2015, 8C_822/2014 E. 4.1; bezüglich einer Beschwerde vgl. Bundesgerichtsentscheid vom 21. September 2015, 9C_211/2015 E. 2.2). Die Bezeichnung des Rechtsmittels als Einsprache ist nicht notwendig, kann aber als Indiz für seinen Inhalt gewertet werden (vgl. Bundesgerichtsurteil vom 2. September 2003

      P 61/02 E. 2.3). Nach der Rechtsprechung schadet eine sichtlich ungewollte oder unbeholfene Wortwahl der am Recht stehenden Person ebenso wenig wie eine nicht geglückte oder rechtsirrtümliche Ausdrucksweise. Es genügt, wenn der Beschwerde insgesamt entnommen werden kann, was die Person verlangt (vgl. Bundesgerichtsurteil vom 25. September 2018, 8C_241/2018 E. 2).

    9. Das Schreiben vom 24. Januar 2017 enthält keine Bezeichnung als Einsprache, was für sich allein jedoch nach dem Dargelegten nicht schadet. Ausserdem wurde auch, wie die Beschwerdegegnerin zu Recht vorbringt, an einer Stelle des Schreibens festgehalten, die Rückforderung von Fr. 71'857.-- sei begründet. Hierfür erklärend wurde dargelegt, dass die Rückforderung wegen eines Fehlers der Beschwerdegegnerin habe gestellt werden müssen, und deswegen, weil die Beschwerdeführerin bzw. ihr (damaliger) Vertreter es versäumt habe, die Berechnung genau zu prüfen. Diese Stelle deutet auf eine Anerkennung des Rückforderungsanspruchs hin. - Weiter liess die Beschwerdeführerin jedoch darauf hinweisen, dass die Rückforderung in der genannten Höhe unerwartet sei. Das Bundesgericht hat in einem Urteil vom 25. Juni 2013 (9C_771/2012 E. 4) in Erwägung gezogen, eine Aussage, wonach eine Betroffene über die Höhe des Betrags erschrocken sei, könne durchaus als Bestreiten zumindest eines Teilbetrages der Forderung interpretiert werden. An die Ausdrucksweise von Laien sind denn auch jedenfalls keine hohen Anforderungen zu stellen. - Es wurde im betreffenden Schreiben für die Beschwerdeführerin ausserdem beantragt, die Zahlungsmodalitäten für den "schlussendlich geforderten Betrag" erst noch zu vereinbaren. Der ausdrückliche Antrag auf Teilerlass wurde des Weiteren auch noch mit anderen Worten umschrieben, nämlich, dass die Beschwerdegegnerin auf einen Teil der geforderten Summe zu verzichten habe. "Dabei" - das ist wohl zu verstehen als: bei der Festsetzung der zurückzufordernden Summe - sei der Fehler der Beschwerdegegnerin zu berücksichtigen (d.h. dass die Beschwerdegegnerin den Fehler begangen habe). Diese Argumente der Beschwerdeführerin zielten zumindest möglicherweise auch auf eine Reduktion der Rückforderung als solche und nicht allein auf deren Erlass.

    10. Am deutlichsten wird der Anfechtungswille der Beschwerdeführerin hinsichtlich der Rückforderung schliesslich, weil festgehalten wurde, es sei ausserdem zu bedenken, "dass sich das Vermögen bei einer korrekten Berechnung jährlich reduziert hätte und die EL bei entsprechender Meldung jährlich hätte erhöht werden können". Die Beschwerdeführerin (bzw. für sie ihr damaliger Rechtsvertreter bzw. die Pro Senectute, welche das Schreiben nach der Aktenlage aufgesetzt hat) machte also (wie es detaillierter umschrieben werden kann) geltend, bei einer korrekten EL-Verfügung bzw. EL-Berechnung - d.h. also wohl bei einer EL-Berechnung unter Anrechnung der BVG-Rente - hätte sich ihr Vermögen jährlich reduziert. Diesfalls wären ihr jedenfalls laufend geringere Ergänzungsleistungen zugesprochen worden. Die Beschwerdeführerin nimmt für diesen hypothetischen Fall, dass sie laufend geringere Ergänzungsleistungen zur Verfügung gehabt hätte, nach ihrer Schilderung zu schliessen an, dass sich ihr Vermögen reduziert hätte. Dieser Standpunkt kann sich dadurch erklären, dass sie annahm, sie hätte bei tieferen Einnahmen entsprechend mehr von ihrem Vermögen verbrauchen müssen, so dass es in diesem hypothetischen Fall laufend stärker gesunken wäre als mit der tatsächlich ausgerichteten - zu hohen - Ergänzungsleistung. Sie rügt, dass die Ergänzungsleistung bei entsprechender Meldung - d.h. wohl wenn sie die eingenommene BVG-Rente und diesen Vermögensrückgang nun jeweils entsprechend gemeldet hätte - jährlich (vgl. Art. 25 Abs. 3 ELV, oben) hätte erhöht werden können. Damit wurde sinngemäss vorgebracht, mit der Rückforderung würden von ihr mehr Ergänzungsleistungen zurückverlangt, als sie zu viel bezogen habe.

    11. Zusammenfassend ergibt sich nach dem Dargelegten, dass mit dem - auslegungsbedürftigen - Schreiben vom 24. Januar 2017 nicht allein ein Erlass, sondern auch eine Reduktion der Rückforderung als solcher verlangt und die Rückerstattung (-shöhe) angefochten wurde. - Schliesslich ist zu beachten, dass die Eingabe während laufender Einsprachefrist betreffend die Rückforderungsverfügung erfolgt ist und bei einer (damals noch) nicht anwaltlich vertretenen EL-Bezügerin nicht leichthin von einem blossen Erlassgesuch ausgegangen werden kann (vgl. für eine Sachlage mit einem allerdings auch als Einsprache bezeichneten Schreiben Bundesgerichtsurteil vom 23. März 2015, 8C_822/2014 E. 4.2).

    12. Dass im späteren Verfahren ein Wiedererwägungsgesuch betreffend die Verfügung vom 28. Dezember 2016 gestellt wurde, was lediglich gegenüber formell rechtskräftigen Verfügungen erforderlich ist, vermag am Ergebnis, dass das Schreiben vom 24. Januar 2017 eine (fristgerechte) Einsprache dargestellt hat, nichts zu ändern. - Damit ergibt sich, dass die Verfügung vom 28. Dezember 2016 nicht in formelle

      Rechtskraft erwachsen ist. Die demnach hängige Einsprache wird noch zu behandeln sein.

    13. Über die Einsprache vom 24. Januar 2017 hat zunächst die Beschwerdegegnerin zu entscheiden. Aus prozessökonomischen Gründen eine gerichtliche Entscheidung hierüber zu treffen, wird angesichts dieser verfahrensrechtlich ersten Zuständigkeit der Beschwerdegegnerin abgelehnt, unabhängig davon, ob ihr Erfolg beschieden sein kann oder nicht. Es muss deshalb eine diesbezügliche Rückweisung an die Beschwerdegegnerin erfolgen. Da unter diesen Umständen die Rückforderung noch nicht feststeht, kann die Entscheidung über die Erlassfrage nach dem oben Dargelegten - ebenfalls unabhängig von den Erfolgsaussichten des Erlassgesuchs - nicht bestehen bleiben. Der angefochtene Einspracheentscheid ist aus diesem verfahrensrechtlichen Grund aufzuheben.

    14. Die Rechtsverweigerungsbeschwerde EL 2017/42 wird bei diesem Ausgang des Verfahrens EL 2017/43 abgewiesen. Ihr Zweck kann mit der im Beschwerdeverfahren EL 2017/43 angeordneten Beurteilung der Einsprache gegen die Rückforderungsverfügung erreicht werden.

3.

    1. Im Sinn der vorstehenden Erwägungen ist die Beschwerde EL 2017/43 unter Aufhebung des angefochtenen Einspracheentscheids vom 22. September 2017 gutzuheissen. Die Sache wird im Sinn der Erwägungen an die Beschwerdegegnerin zurückgewiesen, damit sie über die Einsprache betreffend die Rückforderungsverfügung vom 28. Dezember 2016 entscheide. Wenn die Rückforderung rechtskräftig feststeht, kann über den Erlass entschieden werden. Die Rechtsverweigerungsbeschwerde EL 2017/42 ist im Sinn der Erwägungen abzuweisen.

    2. Gerichtskosten sind keine zu erheben (vgl. Art. 61 lit. a ATSG).

    3. Angesichts des Obsiegens der Beschwerdeführerin im Verfahren EL 2017/43 rechtfertigt es sich, ihr diesbezüglich eine volle Parteientschädigung zuzusprechen. Sie hat Anspruch auf Ersatz der Parteikosten, die vom Gericht ohne Rücksicht auf den Streitwert nach der Bedeutung der Streitsache und nach der Schwierigkeit des Prozesses bemessen werden (Art. 61 lit. g ATSG; vgl. auch Art. 98 ff. VRP). Der Bedeutung der Streitsache und dem Aufwand angemessen erscheint eine Parteientschädigung von Fr. 2'500.-- (einschliesslich Barauslagen und Mehrwertsteuer). Die unentgeltliche Rechtsverbeiständung braucht nicht in Anspruch genommen zu

      werden und das diesbezügliche (EL 2017/43 betreffende) Gesuch vom 13. November 2017 ist zufolge Gegenstandslosigkeit abzuschreiben. - Da hinsichtlich der Beschwerde EL 2017/42 Unterliegen angenommen wird, ergibt sich kein Anspruch auf eine Parteientschädigung. In dieser Hinsicht ist, da die Voraussetzungen erfüllt sind, das Gesuch vom 13. November 2017 um unentgeltliche Rechtsverbeiständung zu bewilligen. Der Staat ist demnach zu verpflichten, für die Kosten der Rechtsvertretung aufzukommen. Der Bedeutung der Streitsache und dem Aufwand angemessen wird eine Entschädigung von Fr. 1'000.-- betrachtet. Diese ist in Anwendung von Art. 31 Abs. 3 des st. gallischen Anwaltsgesetzes (sGS 963.70) um einen Fünftel zu reduzieren. Der Staat hat somit den Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin für das Verfahren EL 2017/42 mit Fr. 800.-- (80 % von Fr. 1'000.--) zu entschädigen.

    4. Wenn ihre wirtschaftlichen Verhältnisse es ihr gestatten, kann die Beschwerdeführerin zur Nachzahlung der Gerichtskosten und der Auslagen für die Vertretung verpflichtet werden (vgl. Art. 123 ZPO i.V.m. Art. 99 Abs. 2 VRP/SG).

Entscheid

1.

In Gutheissung der Beschwerde EL 2017/43 wird der angefochtene Einspracheentscheid vom 22. September 2017 aufgehoben. Die Sache wird im Sinn der Erwägungen an die Beschwerdegegnerin zurückgewiesen, damit sie über die Einsprache betreffend die Rückforderungsverfügung vom 28. Dezember 2016 entscheide.

2.

Die Rechtsverweigerungsbeschwerde EL 2017/42 wird im Sinn der Erwägungen

abgewiesen.

3.

Das Gesuch um unentgeltliche Rechtsverbeiständung vom 13. November 2017 für das Verfahren EL 2017/42 wird bewilligt und dasjenige für das Verfahren EL 2017/43 wird zufolge Gegenstandslosigkeit abgeschrieben.

4.

Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

5.

Die Beschwerdegegnerin hat die Beschwerdeführerin für das Verfahren EL 2017/43 mit Fr. 2'500.-- zu entschädigen.

6.

Der Staat entschädigt den Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin für das Verfahren

EL 2017/42 mit Fr. 800.--.

Quelle: https://www.sg.ch/recht/gerichte/rechtsprechung.html
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