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Urteil Versicherungsgericht (SG)

Kopfdaten
Kanton:SG
Fallnummer:BV 2016/2
Instanz:Versicherungsgericht
Abteilung:BV - berufliche Vorsorge
Versicherungsgericht Entscheid BV 2016/2 vom 14.12.2017 (SG)
Datum:14.12.2017
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:Entscheid Art. 23 BVG. Frage des Zeitpunkts des Eintritts der Arbeitsunfähigkeit. Zeitlicher Zusammenhang zwischen der während des Vorsorgeverhältnisses eingetretenen Arbeitsunfähigkeit und der späteren Invalidität verneint. Abweisung der Klage (Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 14. Dezember 2017, BV 2016/2).Bestätigt durch Urteil des Bundesgerichts 9C_100/2018.
Schlagwörter: Arbeit; Arbeitsunfähigkeit; Gemeinde; Invalidität; Vorsorge; Zusammenhang; ALV-act; Klägers; Zeitliche; Beklagten; Zeitpunkt; Eintritt; Gesundheit; Arbeitsverhältnis; IV-act; Recht; Tretene; Kündigung; Berufliche; Arbeitsfähigkeit; Gemeindeschreiber; Akten; Meldete; Tretenen; Vorsorgeeinrichtung; Probezeit; Gekündigt; Arbeitsvermittlung; Zeitraum
Rechtsnorm: Art. 23 BV ; Art. 6 BV ; Art. 73 BV ;
Referenz BGE:123 V 269; 126 V 309; 128 V 133; 130 V 270; 132 V 1; 134 V 20;
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:-
Entscheid
Entscheid vom 14. Dezember 2017

Besetzung

a.o. Versicherungsrichterin Lisbeth Mattle Frei (Vorsitz), Versicherungsrichter Joachim

Huber, Versicherungsrichterin Marie Löhrer; Gerichtsschreiber Peter Wohnlich Geschäftsnr.

BV 2016/2

Parteien

  1. ,

    Kläger,

    vertreten durch Rechtsanwältin lic. iur. Susanne Friedauer, Kieser Senn Partner, Ulrichstrasse 14, 8032 Zürich,

    gegen

  2. ,

Beklagte,

vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. Andreas Gnädinger, Hubatka Müller Vetter, Seestrasse 6, Postfach 1544, 8027 Zürich, Gegenstand

Invalidenrente Sachverhalt A.

    1. A. (nachfolgend Kläger) war vom 1. April 2000 bis zum 30. April 2011 bei den C. angestellt und dadurch bei der Pensionskasse B. (nachfolgend Vorsorgeeinrichtung), vorsorgeversichert (act. G 7.1). Mit Schreiben vom 27. Dezember 2010 kündigte der Kläger das Arbeitsverhältnis mit den C. per 31. März 2011 (IV- act. 20 – 8/15). Mit Schreiben vom 16. März 2011 bestätigte er gegenüber dem Arbeitgeber, dass er vom Angebot der Verlängerung der Kündigungsfrist Gebrauch

      mache und das Arbeitsverhältnis per 30. April 2011 beenden werde (IV-act. 20 – 10/15).

    2. Am 1. bzw. 2. Mai 2011 trat der Kläger eine neue Stelle als Gemeindeschreiber bei der Gemeinde D. an (ALV-act. 111). Mit Schreiben vom 14. Juni 2011 wurde das Arbeitsverhältnis noch in der Probezeit durch die Gemeinde D. per 15. Juli 2011 gekündigt (act. G 1.4).

    3. Am 14. Juli 2011 meldete sich der Kläger beim regionalen Arbeitsvermittlungszentrum (RAV) zur Arbeitsvermittlung an und stellte mit Formular vom 15. Juli 2011 den Antrag auf Arbeitslosenentschädigung (ALV-act. 95/163). Das RAV verfügte am 9. September 2011 zehn Einzelcoachings im Zeitraum vom 20. September 2011 bis 19. Dezember 2011 (act. G 1.7). Nachdem der Kläger am 21.

      Oktober 2011 wieder zurück nach E. gezogen war, wies ihn das RAV im Rahmen einer arbeitsmarktlichen Massnahme am 23. Dezember 2011 wiederum zu einem Kursbesuch im Zeitraum vom 9. bis 19. Januar 2012 an (act. G 1.8). Nach zwei Kurstagen meldete der Kläger gegenüber dem Amt für Arbeit St. Gallen eine krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit vom 11. bis 25. Januar 2012 (ALV-act. 81). Dr. med. F. , FMH Allg. Medizin, bescheinigte mit ärztlichem Zeugnis vom 10. Januar 2012 (ALV-act. 80) eine 100%-ige Arbeitsunfähigkeit. Mit Mitteilung vom 12. Januar 2012 hob das RAV die angewiesene arbeitsmarktliche Massnahme aufgrund der bescheinigten Arbeitsunfähigkeit auf (act. G 1.9).

    4. Am 1. Februar 2012 trat der Kläger eine Stelle als Verwaltungsangestellter der politischen Gemeinde G. an. Aufgrund dessen wurde er durch das RAV wieder von der Arbeitsvermittlung abgemeldet (ALV-act. 71). Die politische Gemeinde G. kündigte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger jedoch innerhalb der Probezeit per 2. März 2012 (ALV-act. 51). Am 24. Februar 2012 meldete sich der Kläger wieder beim RAV zur Arbeitsvermittlung an (act. G 1.11). Vom 16. bis zum 18. April sowie vom 27. April bis zum 28. April 2012 befand sich der Kläger in stationärer Behandlung in der psychiatrischen Klinik H. (IV-act. 13 – 24 ff.).

    5. Per 1. Mai 2012 trat der Kläger eine Festanstellung beim Amtsnotariat I. an (act. G 1.13), worauf er von der Arbeitsvermittlung per 30. April 2012 abgemeldet wurde (ALV-act. 12). Mit Schreiben vom 12. Juli 2012 wurde das Arbeitsverhältnis durch das Departement des Innern, St. Gallen, innerhalb der Probezeit per 31. Juli 2012 gekündigt (IV-act. 29 – 8 und 9/9). In der Folge zog der Kläger wieder zu seinem Onkel nach J. und meldete sich erneut im Kanton Luzern zum Bezug von Versicherungsleistungen an (ALV-act. 5).

    6. Im Januar 2013 meldete sich der Kläger wegen „Depressionen, Angstzuständen, Zwangsverhalten, Gedankenkreisen (Burn-out)“ bei der eidgenössischen Invalidenversicherung (IV) an (IV-act. 1). Ab dem 11. November 2013 befand er sich in regelmässiger ambulanter Behandlung in der Luzerner Psychiatrie, Tagesklinik K. . In ihrem Austrittsbericht vom 30. April 2014 hielten Dr. L. und lic. phil. M. in ihrer Beurteilung fest, dass es sich beim Kläger um einen Patienten mit einer dekompensierten kombinierten Persönlichkeitsstörung mit zwanghaften und ängstlich-

      unsicheren Anteilen sowie vornehmlich Kontroll- aber auch Gedankenzwängen vor dem

      Hintergrund multipler psychosozialer Probleme handle (IV-act. 77).

    7. Mit Verfügung vom 23. Juni 2014 sprach die IV-Stelle dem Kläger eine ganze Rente ab dem 1. Juli 2013 zu. Dabei ging die IV-Stelle von einer verspäteten Anmeldung bzw. davon aus, dass seit dem 16. April 2012 eine Einschränkung der Arbeitsfähigkeit gegeben sei (IV-act. 88 – 4).

B.

Mit Schreiben vom 22. September 2014 lehnte die Vorsorgeeinrichtung das Leistungsbegehren des Klägers um Ausrichtung einer Invalidenrente mit der Begründung ab, dass während des Versicherungsverhältnisses bei der Vorsorgeeinrichtung der invalidisierende Gesundheitsschaden noch nicht bestanden habe. Bis zum Jahr 2012 sei keine eigentliche

Arbeitsunfähigkeit ausgewiesen (act. G 1.15). C.

    1. Mit Eingabe vom 11. Januar 2016 erhob der Kläger, vertreten durch Rechtsanwältin Susanne Friedauer, Zürich, Klage gegen die Vorsorgeeinrichtung und beantragte, die Beklagte sei zu verpflichten, dem Kläger mit Wirkung ab dem 1. Juli 2013 eine Invalidenrente basierend auf einem Invaliditätsgrad von 95% von jährlich mindestens Fr. 24‘500.-- zu bezahlen und die Beklagte sei zu verpflichten, die nachzuzahlenden Rentenbetreffnisse mit Wirkung ab Klagedatum mit 5% zu verzinsen. Zur Begründung führte die Rechtsvertreterin im Wesentlichen aus, dass der Kläger vom

      14. bis 24. Dezember 2010 aufgrund seiner psychischen Verfassung habe krankgeschrieben werden müssen und er seine Arbeitsstelle bei den C. auf Anraten seines Hausarztes per 31. März bzw. 30. April 2011 gekündigt habe. Seit der ersten Krankschreibung im Dezember 2010 habe sich der Kläger psychisch nicht mehr erholen können. Aus medizinischer Sicht bestünden beim Kläger eine Anpassungsstörung sowie eine Depression.

    2. Mit Klageantwort vom 26. April 2016 beantragte Rechtsanwalt Andreas Gnädinger, Zürich, für die Beklagte die vollumfängliche Abweisung der Klage. Zur Begründung führte er unter anderem aus, dass gemäss der Austrittsmeldung des Klägers und des Arbeitgebers, die von beiden am 30. März 2011 unterzeichnet worden sei, der Kläger voll erwerbsfähig bei der Beklagten ausgetreten sei. In der Anmeldung zum Bezug von IV-Leistungen habe der Kläger am 28. Januar 2013 angegeben, die Gesundheitsschädigung bestehe seit März/April 2012. Eine Arbeitsunfähigkeit gebe er ab Dezember 2012 an. Der gemäss den Medizinern festgestellte Gesundheitsschaden, welcher zur Invalidität führte, sei erst nach der Versicherungszeit bei der Beklagten eingetreten. Es sei davon auszugehen, dass der Kläger in der angestammten Tätigkeit wohl durchgehend seit dem Austritt aus dem Vorsorgeverhältnis mit der Beklagten zumindest zu 80% arbeitsfähig gewesen sei.

    3. Mit E-Mail vom 27. sowie Schreiben vom 28. April 2016 holte das Gericht die Akten der Invalidenversicherung (IV) sowie der kantonalen Arbeitslosenkasse (ALV) ein (act. G 8 und 9) und stellte diese den Parteien vor der Erstattung der Replik bzw. Duplik mit Schreiben vom 10. Juni bzw. 13. September 2016 zur Einsichtnahme zu (act. G 14 und 18).

    4. Mit Replik vom 8. Juli 2016 (act. G15) sowie Duplik vom 24. Oktober 2016 (act. G

22) hielten die Parteien an ihren Standpunkten fest. Auf die weiteren Ausführungen der Parteien wird, soweit erforderlich, in den nachfolgenden Erwägungen eingegangen.

Erwägungen

1.

Streitig und zu prüfen ist, ob die beklagte Vorsorgeeinrichtung eine Invalidenrente aus beruflicher Vorsorge auszurichten hat bzw. in welchem Zeitpunkt eine relevante Arbeitsunfähigkeit des Klägers, deren Ursache zur Invalidität geführt hat, eingetreten ist.

2.

Die örtliche und sachliche Zuständigkeit des angerufenen Gerichts ist gegeben (vgl. Art. 73 des Bundesgesetzes über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge [BVG; SR 831.40] in Verbindung mit Art. 65 Abs. 1 lit. ebis des Gesetzes über die Verwaltungsrechtspflege [VRP; sGS 951.1]).

3.

    1. Anspruch auf Invalidenleistungen haben gemäss Art. 23 lit. a BVG Personen, die im Sinne der Invalidenversicherung zu mindestens 40% invalid sind und bei Eintritt der Arbeitsunfähigkeit, deren Ursache zur Invalidität geführt hat, versichert waren. Versichertes Ereignis nach Art. 23 BVG ist einzig der Eintritt der relevanten Arbeitsunfähigkeit, unabhängig davon, in welchem Zeitpunkt und in welchem Masse daraus ein Anspruch auf Invalidenleistungen entsteht. Die Versicherteneigenschaft muss nur bei Eintritt der Arbeitsunfähigkeit gegeben sein, dagegen nicht notwendigerweise auch im Zeitpunkt des Eintritts oder der Verschlimmerung der Invalidität. Der Zeitpunkt des Eintritts der berufsvorsorgerechtlich relevanten Arbeitsunfähigkeit muss mit dem im Sozialversicherungsrecht üblichen Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit grundsätzlich echtzeitlich nachgewiesen sein. Dieser Nachweis darf nicht durch nachträgliche Annahmen und spekulative Überlegungen ersetzt werden (Urteil des Bundesgerichts vom 17. Juni 2013, 9C_91/2013, 9C_110/2013, E. 4.1.2).

    2. Damit eine Vorsorgeeinrichtung, der eine Arbeitnehmerin oder ein Arbeitnehmer beim Eintritt der Arbeitsunfähigkeit angeschlossen war, für das erst nach Beendigung des Vorsorgeverhältnisses eingetretene Invaliditätsrisiko aufzukommen hat, ist erforderlich, dass zwischen der Arbeitsunfähigkeit und der Invalidität ein enger sachlicher und zeit¬icher Zusammenhang besteht (BGE 130 V 270 E. 4.1). In sachlicher Hinsicht liegt ein solcher Zusammenhang vor, wenn der der Invalidität zu Grunde liegende Gesundheitsschaden im Wesentlichen derselbe ist, der zur Arbeitsunfähigkeit geführt hat. Der zeitliche Zusammenhang setzt voraus, dass die versicherte Person nach Eintritt der Arbeitsunfähigkeit nicht während längerer Zeit wieder arbeitsfähig geworden ist.

4.

    1. Aus der engen Verbindung zwischen dem Recht auf eine Rente der Invalidenversicherung und demjenigen auf eine Invalidenleistung nach BVG ergibt sich, dass der Invaliditätsbegriff im obligatorischen Bereich der beruflichen Vorsorge und in der Invalidenversicherung grundsätzlich der gleiche ist (BGE 123 V 269 E. 2a, 120 V 106 E. 3c). Praxisgemäss sind daher die Vorsorgeeinrichtungen im Bereich der gesetzlichen Mindestvorsorge (Art. 6 BVG) an die Feststellungen der IV-Organe (Eintritt der invalidisierenden Arbeitsunfähigkeit, Eröffnung der Wartezeit, Festsetzung des Invaliditätsgrads) gebunden, soweit die invalidenversicherungsrechtliche Betrachtung aufgrund einer gesamthaften Prüfung der Akten nicht als offensichtlich unhaltbar erscheint (BGE 126 V 309 E. 1). Diese Konzeption fusst auf der Überlegung, die Organe der (obligatorischen) beruflichen Vorsorge von eigenen aufwändigen Abklärungen freizustellen und gilt nur bezüglich Feststellungen und Beurteilungen der IV-Organe, welche im invalidenversicherungsrechtlichen Verfahren für die Festlegung des Anspruchs auf eine Invalidenrente entscheidend waren (BGE 132 V 1 E. 3.2).

    2. Eine Bindungswirkung an die Feststellungen der IV-Stelle betreffend den Zeitpunkt, in dem die Arbeitsunfähigkeit eingetreten ist, entfällt jedoch unter anderem dann, wenn die IV-Rente, wie im vorliegenden Fall, aufgrund einer verspäteten Anmeldung ausgerichtet wird. Denn in einem solchen Fall bestand für die IV-Stelle kein Anlass dafür, den Beginn der Arbeitsunfähigkeit genau zu ermitteln (Urteil des Bundesgerichts vom 10. September 2010, 9C_693/2009, E. 5.1). Aus diesem Grund kann vorliegend nicht unbesehen auf den durch die IV-Stelle festgestellten Beginn der Arbeitsunfähigkeit am 16. April 2012 abgestellt werden.

    3. Als Voraussetzung für eine Leistungspflicht der Beklagten ist nachstehend somit zu prüfen, ob mit dem Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit erstellt ist, dass während der Zeit des Vorsorgeverhältnisses zwischen dem Kläger und der Beklagten eine Arbeitsunfähigkeit des Klägers vorgelegen hat und falls das zutrifft, ob zwischen dieser Arbeitsunfähigkeit und der nachfolgend eingetretenen Invalidität der geforderte zeitliche und sachliche Zusammenhang besteht.

5.

    1. Der rechtsprechungsgemäss geforderte zeitliche Zusammenhang zwischen der eingetretenen Arbeitsunfähigkeit und der später aufgetretenen Invalidität setzt voraus, dass die versicherte Person nach Eintritt der Arbeitsunfähigkeit nicht während längerer Zeit wieder arbeitsfähig geworden ist. Bei der Prüfung dieser Frage sind die gesamten Umstände des konkreten Einzelfalles zu berücksichtigen, namentlich die Art des Gesundheitsschadens, dessen prognostische Beurteilung durch den Arzt sowie die Beweggründe, welche die versicherte Person zur Wiederaufnahme oder Nichtwiederaufnahme der Arbeit veranlasst haben. Mit Bezug auf die Dauer der den zeitlichen Konnex unterbrechenden Arbeitsfähigkeit kann die Regel von Art. 88a Abs. 1 der Verordnung über die Invalidenversicherung (IVV; SR 831.201) als Richtschnur gelten. Nach dieser Bestimmung ist eine anspruchsbeeinflussende Verbesserung der Erwerbsfähigkeit in jedem Fall zu berücksichtigen, wenn sie ohne wesentliche Unterbrechung drei Monate gedauert hat und voraussichtlich weiterhin andauern wird. Eine mindestens drei Monate andauernde volle Arbeitsfähigkeit, gestützt auf welche eine dauerhafte Wiedererlangung der Erwerbsfähigkeit als objektiv wahrscheinlich erscheint, stellt daher ein gewichtiges Indiz für eine Unterbrechung des zeitlichen Zusammenhangs dar. Hierbei genügt eine volle Arbeitsfähigkeit in einer angepassten Tätigkeit, sofern diese bezogen auf die angestammte Tätigkeit die Erzielung eines rentenausschliessenden Einkommens erlaubt (vgl. BGE 134 V 20 E. 3.2, E. 3.2.1 und E. 5.3).

    2. Bei der Prüfung des zeitlichen Zusammenhanges ist zunächst der Gesundheitszustand des Klägers im Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses bei den C. näher zu betrachten. Die echtzeitliche medizinische Aktenlage hierzu ist sehr dünn. Es liegen lediglich die Zeugnisse des Hausarztes des Klägers, Dr. F. , vor, in welchen dieser dem Kläger eine krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit von 100% für die Zeit von einer bis zwei Wochen ab dem 14. Dezember 2010 (ALV-act. 143), für die Zeit von einer bis zwei Wochen ab dem 28. Februar 2011 (ALV-act. 142) sowie für die Zeit vom 14. bis 31. März 2011 ausweist (IV- act. 20 – 11/15). Für die Zeit danach ist keine Arbeitsunfähigkeit mehr bescheinigt. Weitergehende Informationen zum Gesundheitszustand des Klägers sind aus dem ärztlichen Zeugnis von Dr. F. ebenfalls nicht ersichtlich. In der Kündigungsbestätigung vom 3. Januar 2011 führen die Vertreter der C. aus, dass gesundheitliche Probleme eine Arbeitsunfähigkeit vom 14. bis zum 24. Dezember 2011

      zur Folge gehabt hätten (IV-act. 10 -9/15). Hinweise auf eine darüber hinausgehende Arbeitsunfähigkeit sind diesem Schreiben nicht zu entnehmen. In der Austrittsmeldung an die Beklagte vom 30. März 2011 gibt der Kläger zudem selbst eine volle Erwerbsfähigkeit an (act. G 7.2). In einem Schreiben an das RAV vom 3. März 2011 bestätigte Dr. F. zudem lediglich, dass er dem Kläger angeraten habe, seine Arbeitsstelle zu kündigen, da andernfalls die ernsthafte Gefahr bestünde, dass er an seiner Gesundheit Schaden nehmen würde (act. G 1.3). Dieses Schreiben bringt somit lediglich die Gefahr einer Gesundheitsschädigung zum Ausdruck und nicht, dass eine Arbeitsunfähigkeit bestand. Hätte im Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Arbeitsunfähigkeit vorgelegen, hätte Dr. F. in seinem Schreiben an das RAV Sargans vom 3. März 2011 wohl darauf hingewiesen, dass das Arbeitsverhältnis aufgrund einer Arbeitsunfähigkeit am Arbeitsplatz beendet worden sei.

    3. Eine psychiatrische Untersuchung des Klägers fand gemäss Aktenlage erstmals am 22. Juni 2011 durch Dr. med. N. , Spezialärztin FMH für Psychiatrie und Psychotherapie, statt. Als Diagnose stellte Dr. N. eine Anpassungsstörung mit vorwiegender Beeinträchtigung von anderen Gefühlen (ICD 10 F 43.23) fest. In ihrer Beurteilung führte Dr. N. aus, dass möglicherweise im Dezember/Frühjahr 2010/11 eine depressive Episode vorgelegen habe. Aktuell wirke der Patient aber nicht depressiv und sein Gedankengang sei geordnet. Phänomenologisch könne man im jetzigen Zeitpunkt von einer Anpassungsstörung mit Symptomen verschiedener affektiver Qualitäten sprechen. Eine Arbeitsunfähigkeit wurde jedoch nicht festgestellt (IV-act. 13 – 19 bis 21/27). Am 19. Januar 2012 fand zudem eine Untersuchung des Klägers bei Dr. med. O. , Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie FMH, statt. In seinem Bericht vom 30. Januar 2012 führte er als Diagnose eine Anpassungsstörung ICD 10 F 43.2 auf dem Boden einer selbstunsicheren und abhängigen Persönlichkeitsstruktur an. In Bezug auf die aktuelle Situation hielt Dr. O. in seinem Bericht fest, der Kläger habe berichtet, dass er nachdem er die Stelle bei den Elektrizitätswerken gekündigt habe, eine neue Stelle als Gemeindeschreiber angetreten habe. An dieser neuen Stelle sei es zu Umstrukturierungen gekommen und er habe sich zum einen überfordert gefühlt und zum anderen versucht, diverse Verbesserungen anzubringen. Schliesslich sei ihm in der Probezeit wieder gekündigt worden. Nun könne er möglicherweise eine neue Stelle in einer Gemeindeverwaltung im Thurgau

      antreten. Im Hintergrund bestehe eine schwierige und verworrene Familiensituation, die den Kläger verunsichere und in seinen Entscheidungen hemme. Auf den ersten Blick sehe er keinen aktuellen Grund für eine weitere Krankschreibung, vor allem nachdem der belastende Weiterbildungskurs beendet sei (IV-act. 13 – 22 f.). Auch die Ausführungen des Klägers gegenüber Dr. O. decken sich mit dem gegenüber Dr.

      N. Berichteten und lassen darauf schliessen, dass die Kündigung der Arbeitsstelle bei der Gemeinde D. nicht auf eine bestehende Arbeitsunfähigkeit sondern auf eine berufliche Überforderungssituation zurückzuführen war.

    4. Ebenfalls gegen das Vorliegen einer Arbeitsunfähigkeit im Zeitpunkt der

      Beendigung des Arbeitsverhältnisses bei den C. spricht, dass der Kläger bereits am

      1. Mai 2011 und somit nahtlos an die bisherige Arbeitsstelle eine neue Arbeitsstelle als Gemeindeschreiber der Gemeinde D. antrat. Die Arbeitsstelle als Gemeindeschreiber der Gemeinde D. musste dann allerdings in der Probezeit wieder gekündigt werden. Mit Schreiben vom 8. August 2011 begründete die Gemeinde D. die ausgesprochene Kündigung gegenüber dem Arbeitslosenkasse Luzern und führte aus, dass bei der Stellenausschreibung nur wenige und zum Teil auch unbrauchbare Bewerbungen eingegangen seien. Die Wahl des Klägers sei mangels besserer Bewerbungen und nicht ohne Bedenken erfolgt, da der Kläger dem Anforderungsprofil von Anfang an nicht in der gewünschten Art und Weise entsprochen hätte. Nach der formellen Amtsübernahme am 1. Juni 2011 habe sich dann sehr rasch gezeigt, dass die beruflichen Fähigkeiten für die Erfüllung der Aufgaben des Gemeindeschreibers einer kleinen Landgemeinde mit einem breiten Aufgabenspektrum nicht ausreichten. Neben den mangelhaften Fachkenntnissen seien Defizite hinsichtlich Arbeitstechnik, organisatorische Fähigkeiten, Speditivität, Auffassungsvermögen, Entwicklungsfähigkeiten usw. hervorgetreten. Obwohl die Gemeinde dem Kläger eine Einführung und Begleitung durch einen Coach hätte ermöglichen können, sei der Gemeinderat innerhalb der Probezeit zur Auffassung gelangt, dass der Kläger mit aller Unterstützung nicht in der Lage sein würde, das Amt eines Gemeindeschreibers in der gewünschten und den Anforderungen entsprechenden Art und Weise auszuüben (act. G 1.5). Aus dieser Begründung der Kündigung durch die Gemeinde D. gegenüber der Arbeitslosenkasse Luzern geht eindeutig hervor, dass es dem Kläger an den beruflichen Fähigkeiten und Eigenschaften für die Stelle als Gemeindeschreiber einer kleinen Landgemeinde gemangelt hatte und die Kündigung aus diesem Grund

      ausgesprochen wurde. Hinweise auf eine zu diesem Zeitpunkt bestehende Arbeitsunfähigkeit finden sich in den Akten keine. Vielmehr spricht die Tatsache, dass sich der Kläger nach dem Stellenverlust bei der Gemeinde D. sogleich bei der Arbeitslosenversicherung zur Arbeitsvermittlung anmeldete und mit Formular vom 15. Juli 2011 im Kanton Luzern den Antrag auf Arbeitslosenentschädigung stellte (ALV-act. 95), wiederum dafür, dass keine Arbeitsunfähigkeit bestand. Das RAV Wolhusen verfügte in der Folge am 9. September 2011 maximal zehn Einzelcoachings im Zeitraum vom 20. September bis 19. Dezember 2011 (act. G 1.7). Nachdem der Versicherte wieder zurück nach E. gezogen war, wurde er als arbeitsmarktliche Massnahme am 23. Dezember 2011 zu einem Kursbesuch im Zeitraum vom 9. bis 19. Januar 2012 angewiesen (act. G 1.8). In diesen Zeiten wurde der Kläger als voll vermittlungsfähig erachtet und es ist aus den Akten keine Arbeitsunfähigkeit ersichtlich. Erstmals am 11. Januar 2012 meldete der Versicherte gegenüber dem RAV St. Gallen eine krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit bis zum 25. Januar 2012 (ALV-act. 81), die durch Dr. F. mit ärztlichem Zeugnis vom 10. Januar 2012 bescheinigt wurde (ALV- act. 80).

    5. Gestützt auf die vorstehend geschilderte Aktenlage ist somit im Nachgang der Kündigung per 31. März 2011 erst ab dem 11. Januar 2012 eine Arbeitsunfähigkeit ausgewiesen. Im Zeitraum vom 31. März 2011 bis zum 11. Januar 2012 ist demnach eine volle Arbeitsfähigkeit des Klägers anzunehmen. Zumindest ist eine Arbeitsunfähigkeit in diesem Zeitraum nicht mit dem Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit erstellt. Diese Phase der Arbeitsfähigkeit dauerte beinahe neuneinhalb Monate. Es ist somit festzustellen, dass der zeitliche Zusammenhang zwischen der während der Versicherungsdeckung bei der Beklagten eingetretenen Arbeitsunfähigkeit und der später eingetretenen Invalidität durch die Phase der Arbeitsfähigkeit vom 31. März 2011 bis zum 11. Januar 2012 unterbrochen worden ist.

    6. Da für eine Leistungspflicht der Beklagten der zeitliche und sachliche Zusammenhang kumulativ erfüllt sein müssen, ist die Leistungspflicht der Beklagten aufgrund des unterbrochenen zeitlichen Zusammenhanges abzulehnen. Damit kann die Frage, ob ein sachlicher Zusammenhang zwischen der eingetretenen Arbeitsunfähigkeit und der Invalidität vorgelegen hat, im vorliegenden Fall offen gelassen werden und muss nicht weiter geprüft werden.

6.

    1. Zusammenfassend ist gestützt auf die voranstehenden Ausführungen festzuhalten, dass der gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung erforderliche zeitliche Zusammenhang zwischen der während des Vorsorgeverhältnisses eingetretenen Arbeitsunfähigkeit und der für die Invalidität massgebenden Erwerbsunfähigkeit nicht besteht. Eine Leistungspflicht der Beklagten gestützt auf Art. 23 BVG ist daher abzulehnen. In diesem Sinne ist die Klage abzuweisen.

    2. Gerichtskosten sind keine zu erheben (Art. 73 Abs. 2 BVG). Gestützt auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung ist der Beklagten als mit der Durchführung öffentlicher Aufgaben betraute Institution auch im Obsiegensfall keine Parteientschädigung zuzusprechen (BGE 128 V 133 E. 5b).

Entscheid

im Zirkulationsverfahren gemäss Art. 39 VRP

1.

Die Klage wird abgewiesen.

2.

Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.

Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen.

Quelle: https://www.sg.ch/recht/gerichte/rechtsprechung.html
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