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Urteil Versicherungsgericht (SG)

Kopfdaten
Kanton:SG
Fallnummer:BV 2006/27
Instanz:Versicherungsgericht
Abteilung:BV - berufliche Vorsorge
Versicherungsgericht Entscheid BV 2006/27 vom 29.07.2008 (SG)
Datum:29.07.2008
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:Entscheid Art. 66 BVG; Art. 79 SchKG. Definitive Rechtsöffnung für nicht geleistete Versicherungsprämien (Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 29. Juli 2008, BV 2006/27).
Schlagwörter: Prämie; Prämien; Vorsorge; Mitarbeiterin; Betreibung; Klagte; Arbeitgeber; Beklagten; Arbeitgeberin; Invalidität; Verzugszins; Leistung; Versicherung; Beiträge; Gewährt; Prämienbefreiung; Forderung; Klage; Vorsorgeeinrichtung; Arbeitnehmer; Zahlung; Bezahlen; Invalidenversicherung; Berufliche; Höhe; Betrag; Gallen; Verbindung
Rechtsnorm: Art. 10 BV ; Art. 104 OR ; Art. 105 OR ; Art. 11 BV ; Art. 130 OR ; Art. 131 OR ; Art. 14 BV ; Art. 177 OR ; Art. 41 BV ; Art. 48 BV ; Art. 62 OR ; Art. 66 BV ; Art. 68 KG ; Art. 7 BV ; Art. 73 BV ;
Referenz BGE:112 V 356; 128 V 323; 130 V 375;
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:-
Entscheid
Präsident Martin Rutishauser, Versicherungsrichterinnen Christiane Gallati Schneider und Lisbeth Mattle Frei; Gerichtsschreiber Walter Schmid

Entscheid vom 29. Juli 2008

in Sachen

Sammelstiftung BVG der Zürich Lebensversicherungs-Gesellschaft, c/o Zürich

Lebensversicherungs-Gesellschaft, Austrasse 46, Postfach, 8045 Zürich,

Klägerin, gegen Y. ,

Beklagte,

vertreten durch Fürsprecher lic. iur. Daniel Küng, Rosenbergstrasse 51, Postfach 1121, 9001 St. Gallen,

betreffend

Forderung (BVG-Beiträge)

Sachverhalt:

A.

    1. Die Y. (nachfolgend: Arbeitgeberin), schloss sich mit Anschlussvertrag vom

      19. April 2000 zur Durchführung der beruflichen Vorsorge ihrer Arbeitnehmer der Sammelstiftung BVG der Zürich Lebensversicherungs-Gesellschaft (nachfolgend: Zürich) an (act. G 1.1/1-5). Der Versicherungsbeginn wurde auf den 1. April 2000 festgelegt. Wegen Arbeitsunfähigkeit bezog die Mitarbeiterin L. (nachfolgend: Mitarbeiterin) bis 9. Dezember 2002 ein Krankentaggeld. Während der Zeit des Anspruchs auf dieses Taggeld befreite die Zürich die Arbeitgeberin von der Leistung der Prämien für die obligatorische berufliche Vorsorge. Mit Schreiben vom 31. August 2005 teilte die Zürich der Arbeitgeberin mit, dass die IV-Stelle des Kantons St. Gallen das Gesuch der Mitarbeiterin um Ausrichtung einer Invalidenrente (mit Verfügung vom

      30. Juni 2004 und dem mittlerweile in Rechtskraft erwachsenen Einspracheentscheid vom 13. August 2004 [IV act. 41]) abgelehnt habe und daher die bisher gewährte Prämienbefreiung auf den 9. Dezember 2002 aufgehoben werde. Weiter informierte die Zürich die Arbeitgeberin, dass die Prämie weiter belastet werde, falls die Mitarbeiterin nach diesem Datum bei der Arbeitgeberin einen Verdienst erzielt habe (act. G 1.1/6).

    2. Am 21. September 2005 stellte die Zürich der Arbeitgeberin eine Abrechnung über die nach der angekündigten Reaktivierung entstandene Beitragspflicht für die Mitarbeiterin zu und errechnete bis zum Zeitpunkt des Austritts aus der Versicherung am 31. Dezember 2004 eine Prämienschuld von Fr. 4'296.15 (act. G 1.1/10). Auf die Erinnerung vom 28. November 2005, diesen Betrag innert 14 Tage zu überweisen, reagierte die Arbeitgeberin nicht. Auch auf die Mahnungen vom 13. Februar 2006 und

13. März 2006 über einen Ausstand in Höhe von Fr. 4'763.45 ging keine Zahlung bei der Zürich ein (act. G 1.1./12-15). Am 27. April 2006 reichte die Zürich beim Betreibungsamt A. ein Betreibungsbegehren ein (act. G 1.1/16). Der Arbeitgeberin wurde hierauf am 3. Mai 2006 ein Zahlungsbefehl über Fr. 4'763.45 nebst Zins zu 5% seit 1. Januar 2006 zuzüglich Fr. 400.-- Mahnspesen und Kosten der Versicherten- Information, Fr. 300.-- Umtriebsspesen sowie Zahlungsbefehlskosten und amtliche Inkassogebühr zugestellt, wogegen diese am 5. Mai 2006 Rechtsvorschlag erhob (act. G 1.1/17).

B.

    1. Am 14. November 2006 reichte die Zürich beim Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen Klage gegen die Arbeitgeberin ein mit dem Antrag, die Beklagte sei zu verpflichten, ihr Fr. 4'763.45 nebst Zins zu 5% seit dem 1. Januar 2006 zuzüglich Betreibungskosten zu bezahlen, und es sei der Rechtsvorschlag in der Betreibung Nr. 61832 des Betreibungsamtes St. Gallen (recte: A. ) zu beseitigen (act. G 1).

    2. In der Klageantwort vom 20. Februar 2007 liess die von Rechtsanwalt Daniel Küng, St. Gallen, vertretene Beklagte Abweisung der Klage beantragen. Die vertragliche Prämienzahlungspflicht werde dem Grundsatz nach nicht bestritten. Trotz des einen Anspruch auf eine Invalidenrente ablehnenden Entscheids der Sozialversicherungsanstalt des Kantons St. Gallen (IV-Stelle) sei die Mitarbeiterin aber auch vom 10. Dezember 2002 bis 31. Dezember 2004 arbeitsunfähig gewesen, was sie auch mit ärztlichen Zeugnissen nachgewiesen habe. Die Klägerin habe die Prämienbefreiung vorbehaltlos gewährt und zu keiner Zeit zu erkennen gegeben, dass sie dies nur unter Vorbehalt tue. Wenn sie sich nun auf den Standpunkt stelle, die in Form der Beitragsbefreiung gewährten Leistungen seien nicht geschuldet und daher von der Beklagten zurückzubezahlen, fehle es an einem Rückforderungstitel. Eine Rückforderung aus ungerechtfertigter Bereicherung sei nicht zulässig und überdies verjährt (act. G 9).

    3. Die Klägerin hält mit Eingabe (Replik) vom 11. April 2007 an ihren Rechtsbegehren fest. Die Beklagte verkenne, dass ab 9. Dezember 2002 keine Arbeitsunfähigkeit der Mitarbeiterin mehr ausgewiesen sei. Damit habe auch kein Anspruch auf Prämienbefreiung mehr bestanden. Nachdem sie auf das Schreiben vom 31. August 2005 keine Antwort hinsichtlich eines Austritts der Mitarbeiterin erhalten habe und auch keine weitere Arbeitsunfähigkeit geltend gemacht worden sei, habe sie die Prämienrechnungen erstellt. Aus der Tatsache, dass die Prämienbefreiung über die Dauer der nachgewiesenen Arbeitsunfähigkeit der Mitarbeiterin hinaus gewährt worden sei, könne die Beklagte nichts zu ihren Gunsten ableiten. Zudem hätte sie aus den jährlichen Abrechnungen selbst erkennen können, dass die Prämienbefreiung zu Unrecht gewährt worden sei. Im Rahmen ihrer Mitwirkungspflicht wäre sie verpflichtet gewesen, die Klägerin über diesen Umstand in Kenntnis zu setzen (act. G 13).

    4. In der Duplik vom 21. Juni 2007 hält die Beklagte unter Verweis auf ihre früheren Vorbringen an ihrem Antrag auf Abweisung der Klage fest. Entgegen den Ausführungen der Klägerin habe sie ihr die ärztlichen Atteste zur Arbeitsunfähigkeit der Mitarbeiterin zukommen lassen (act. G 19).

    5. Das Gericht hat im Instruktionsverfahren die Akten der Invalidenversicherung (act. G 21) und die vollständigen Akten der Klägerin beigezogen (act. G 27 und 31). Eine Anfrage des Gerichts vom 28. September 2007 beantwortete der Rechtsvertreter der Beklagten mit Eingabe vom 7. November 2007 (act. G 22 und 25). Die Klägerin nahm mit Schreiben vom 23. Januar 2008 (act. G 32) zu einer Anfrage des Gerichts vom 11. Januar 2008 (act. G 28) betreffend die von der Beklagten erhobene Verjährungseinrede Stellung.

    6. Mit Schreiben des Gerichts vom 3. Juni 2008 wurde den Parteien Gelegenheit eingeräumt, sich zu den nachträglich eingegangenen Akten zu äussern (act. G 33). Hievon machte der Rechtsvertreter der Beklagten mit Eingabe vom 6. Juni 2008 Gebrauch (act. G 35). - Auf den Inhalt der eingereichten Unterlagen wird, soweit erforderlich, in den nachstehenden Erwägungen eingegangen.

Erwägungen:

1.

    1. Gemäss Art. 7 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVG; SR 831.40) in Verbindung mit Art. 5 der Verordnung über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge vom 18. April 1984 (BVV 2; SR 831.441.1) unterstehen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die bei einer Arbeitgeberin oder einem Arbeitgeber einen Jahreslohn von mehr als Fr. 24'720.-- (2002) bzw. Fr. 25'320.-- (2003) bzw. Fr. 18'990.-- (2004) erzielen, ab 1.

      Januar nach Vollendung des 17. Altersjahrs für die Risiken Tod und Invalidität, ab dem

      1. Januar nach Vollendung des 24. Altersjahrs auch für das Risiko Alter der obligatorischen Versicherung. Diese beginnt mit dem Antritt des Arbeitsverhältnisses und endet unter anderem mit dessen Auflösung (Art. 10 Abs. 1 und 2 BVG). Arbeitgeber, die obligatorisch zu versichernde Arbeitnehmer beschäftigen, müssen

      gemäss Art. 11 Abs. 1 BVG eine in das Register für die berufliche Vorsorge eingetragene Vorsorgeeinrichtung errichten oder sich einer solchen anschliessen. Schliesst er sich einer registrierten Vorsorgeeinrichtung an, so sind alle dem Gesetz unterstellten Arbeitnehmer bei dieser Vorsorgeeinrichtung versichert (Art. 7 Abs. 1 BVV 2). Die Vorsorgeeinrichtung legt die Höhe der Beiträge der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer in den reglementarischen Bestimmungen fest (Art. 66 Abs. 1 BVG). Die Arbeitgeberschaft schuldet der Vorsorgeeinrichtung die gesamten Beiträge (Art. 66 Abs. 2 erster Satz BVG).

    2. Bei der als Klägerin auftretenden Sammelstiftung handelt es sich um eine gemäss Art. 48 BVG registrierte Vorsorgeeinrichtung. Die Beklagte schloss sich ihr mit Anschlussvertrag vom 19. April 2000 rückwirkend auf den 1. April 2000 an. Die Klägerin war somit berechtigt und verpflichtet, die bei der Beklagten beschäftigten und dem BVG unterstellten Arbeitnehmer zu versichern und im Rahmen der Anschlussbedingungen die durch Reglement festgelegten Beitragsforderungen zu erheben. Streitig und zu prüfen ist vorliegend, ob die Beklagte vom 10. Dezember 2002 bis 31. Dezember 2004 für die Mitarbeiterin Versicherungsbeiträge an die Klägerin zu entrichten hat.

2.

    1. Gemäss Art. 4.6.4 des Vorsorgereglements der Klägerin (act. G 1.1/5) sind nach Massgabe des Invaliditätsgrads keine Beiträge mehr zu bezahlen, wenn die Erwerbsunfähigkeit einer versicherten Person länger als drei Monate dauert. Die Befreiung von der Beitragszahlung dauert, solange die Erwerbsunfähigkeit besteht, längstens bis zur reglementarischen Pensionierung. Diese Bestimmung konkretisiert die gesetzliche Vorschrift, wonach während der Dauer der Invalidität bis zum Erreichen des Rücktrittsalters auf dem im Zeitpunkt des Eintritts der Invalidität versicherten Lohn die Beiträge für die Altersversicherung weiter zu äufnen und im selben Ausmass Beiträge für die Altersversicherung gutzuschreiben sind, wie bei einem aktiven Vorsorgenehmer mit dem gleichen versicherten Lohn (vgl. Art. 34 Abs. 1 lit. b BVG in Verbindung mit Art. 14 Abs. 1 BVV 2; BGE 130 V 375 E. 6.2).

    2. In Art. 4.6.1 des Vorsorgereglements wird der Invaliditätsbegriff als Voraussetzung der Prämienbefreiung definiert. Danach liegt Invalidität bzw. Erwerbsunfähigkeit vor, wenn die versicherte Person infolge medizinisch nachweisbarer Krankheit (einschliesslich Zerfall der geistigen und körperlichen Kräfte) oder infolge Unfalls ganz oder teilweise ausserstande ist, ihren Beruf oder eine andere Erwerbstätigkeit auszuüben, die ihrer Lebensstellung, ihren Kenntnissen und Fähigkeiten angemessen ist. Ferner liegt Invalidität vor, wenn ein rechtskräftiger Rentenentscheid der Invalidenversicherung vorliegt. Die Klägerin geht damit im Vergleich zur Invalidenversicherung von einem erweiterten Invaliditätsbegriff aus (vgl. SZS 1995, 102f; Art. 4 des Bundesgesetzes über die Invalidenversicherung [IVG; SR

831.20] sowie Art. 7 und 8 des Allgemeinen Teils des Sozialversicherungsrechts [ATSG; SR 830.1]). Aufgrund der Akten der Invalidenversicherung ist davon auszugehen, dass die Mitarbeiterin der Beklagten für leichte bis mittelschwere erwerbliche Tätigkeiten voll arbeitsfähig ist und auf dem ihr offen stehenden ausgeglichenen Arbeitsmarkt in etwa das gleiche Erwerbseinkommen erzielen könnte, wie zuletzt als Serviceangestellte (IV- act. 38). Im Haushalt, also im nicht erwerblichen und daher nicht berufsvorsorgeversicherten Bereich, besteht für körperlich anstrengende Tätigkeiten eine Einschränkung, die nach Schätzung von Dr. med. B. 20% betragen dürfte (IV- act. 32). Damit steht fest, dass mangels Erwerbsausfalls keine Erwerbsunfähigkeit bzw. Invalidität im oben erwähnten Sinn und folglich kein Anspruch auf Prämienbefreiung besteht. Nachdem die Beklagte der Klägerin trotz mehrfacher Aufforderung keinen Austritt der Mitarbeiterin aus dem Betrieb meldete und deren Weiterbeschäftigung am

23. April 2003 auch gegenüber der Invalidenversicherung bestätigte (IV-act. 10), war die Klägerin berechtigt, Beitragszahlungen für die obligatorische Berufsvorsorgeversicherung zu verlangen.

3.

    1. Die Beklagte macht geltend, dass es sich bei dem von der Klägerin geforderten Betrag um eine Rückforderung einer vorbehaltlos erbrachten Leistung handle. Dabei verkennt sie zum einen, dass die Prämienbefreiung keineswegs vorbehaltlos gewährt wird, sondern vom Vorliegen einer Erwerbsunfähigkeit abhängig ist, was bei einer Konsultation der vertraglichen Grundlagen von der Beklagten ohne weiteres zu erkennen gewesen wäre. Dass die Beitragsbefreiung an die Voraussetzung der

      Erwerbsunfähigkeit geknüpft war, ergibt sich sodann auch aus dem Schreiben der Klägerin an die Beklagte vom 5. Mai 2003 (act. G 27.3). Es liegt in der Natur der Sache, dass diese Voraussetzung - anders als die Arbeitsfähigkeit im angestammten Beruf, die bereits durch ein einfaches Arztzeugnis zu belegen ist - oft erst mit einiger zeitlicher Verzögerung festgestellt werden kann. Gemäss Art. 22 der Allgemeinen Versicherungsbedingungen für Kollektiv-Lebensversicherungen im Rahmen der beruflichen Vorsorge der Klägerin (AVB) und Art. 4.6.4 des Vorsorgereglements der Klägerin gilt die Befreiung von der Beitragszahlung als Leistung des Versicherers und ist somit als Invaliditätsleistung im Sinn des Vorsorgereglements (act. G 1.1/5 Ziff. 4.6 in Verbindung mit Ziff. 4.6.5) zu betrachten. Stellt sich heraus, dass die Voraussetzungen für die Beitragsbefreiung - wie im vorliegenden Fall - nicht gegeben sind, muss auf die Leistungsausrichtung wegen zweifelloser Unrichtigkeit zurückgekommen werden können und die Beiträge müssen nachbezahlt werden. In der Sache handelt es sich um eine Prämiennachforderung der Klägerin und nicht um eine Rückforderung von bereits gewährten Leistungen: Die Klägerin richtete der Beklagten bzw. der Mitarbeiterin nicht aktiv Leistungen aus, sondern befreite sie vielmehr von der Prämienzahlung. Das Zurückkommen auf einen vorher gewährten Prämienverzicht kann selbstredend keine Rückforderung zur Folge haben. Eine ungerechtfertigte Bereicherung der Beklagten bzw. der Mitarbeiterin im Sinn von Art. 62 ff OR fällt damit ausser Betracht.

    2. Auch die seitens der Beklagten erhobene Verjährungseinrede steht der Forderung nicht entgegen. Nach Art. 41 Abs. 2 BVG verjähren Forderungen auf periodische Beiträge nach fünf Jahren. Vorliegend geht es um eine Prämiennachforderung für die vom 10. Dezember 2002 bis 31. Dezember 2004 gewährte Prämienbefreiung. Die Verjährung beginnt mit der Fälligkeit der Forderung (Art. 130 OR in Verbindung mit Art. 41 Abs. 2 BVG). Für periodische Leistungen beginnt die Verjährung für das Forderungsrecht im ganzen im dem Zeitpunkt, in dem die erste rückständige Leistung fällig war (Art. 131 OR in Verbindung Art. 41 Abs. 2 BVG). Die Verjährung wird unter anderem durch Schuldbetreibung oder Klage vor einem Gericht unterbrochen (Art. 135 Ziffer 2 OR in Verbindung mit Art. 41 Abs. 2 BVG). Die Zustellung des Zahlungsbefehls für die streitige Prämiennachforderung erfolgte am 3. Mai 2006 (act. G 1.1/17). Diese Betreibungshandlung bewirkte den Unterbruch und den Neubeginn der fünfjährigen Frist. Einen erneuten Unterbruch und Neubeginn der Frist hatte die Klageeinreichung

am 14. November 2006 zur Folge. Die Fünfjahresfrist ist somit in jedem Fall gewahrt.

Die Frage der Fälligkeit der Forderung kann offenbleiben.

4.

    1. Die in Rechnung gestellten Beitragsforderungen für die Jahre 2002 bis 2004 in Höhe von Fr. 4'296.15 (Fr. 4'763.25 abzüglich Zinsbelastung vom 10. Dezember 2002 bis 31. Dezember 2004 von Fr. 467.30) waren gemäss Art. 9 der AVB zur Zeit der ersten Mahnung am 28. November 2005 fällig. Die Beklagte hat weder gegen diese Mahnung (act. G 1.1/12) noch gegen die Schlussabrechnung vom 1. Januar 2006 und die entsprechende Mahnung vom 13. Februar 2006 (act G 1.1/13 und 14) Einwände erhoben. Auch im vorliegenden Verfahren bestreitet sie die Höhe der Schuld an sich nicht. Es sind keine Hinweise ersichtlich, welche die Berechnung als unrichtig erscheinen lassen. Gemäss Art. 9 der AVB wird der Zahlungsverkehr zwischen dem Versicherungsnehmer und der Zürich über ein verzinsliches Prämienkonto abgewickelt. Aktiv- und Passivzinsen werden in marktüblichem Rahmen festgelegt. Die Klägerin ist damit berechtigt, von der Beklagten den Abschlusszins bis 31. Dezember 2005 (5 % ab 1. Januar 2002, 4.25 % ab 1. Januar 2003 und 4 % ab 1. Januar 2004; act. G 1.1/13) in Höhe von Fr. 467.30 zu fordern.

    2. Aus den Klagebegehren geht nicht eindeutig hervor, ob die Klägerin auch die in Betreibung gesetzten Inkasso-Kosten in Höhe von insgesamt Fr. 700.-- verlangt. Nachdem sie aber auch die vollumfängliche Beseitigung des Rechtsvorschlags begehrt, kann von diesem erweiterten Antrag ausgegangen werden. Gemäss Art. 10 der AVB stellt die Beklagte die Inkassokosten nach Massgabe des Kostenreglements in Rechnung. Entsprechend diesem Kostenreglement (act. G 1.1/4) ist die Klägerin berechtigt, für eine eingeschriebene Mahnung Fr. 80.--, für eine Versicherteninformation Fr. 200.-- und für ein Betreibungsbegehren Fr. 300.-- zu verlangen. Damit sind nicht die Kosten der Betreibung an sich gemeint (vgl. zu diesen Erw. 4.4). Vielmehr handelt es sich um reglementarisch vorgesehene Umtriebsentschädigungen für Inkassomassnahmen. Nachdem nicht nachgewiesen ist, dass die Schuld getilgt oder gestundet ist und die eingeklagte Forderung nicht im Widerspruch zu den Akten steht, kann sie ohne weiteres als ausgewiesen gelten. Für die Beitragsschuld von Fr. 4'296.15, den Zins bis 31. Dezember 2005 von Fr. 467.30,

      insgesamt also Fr. 4'763.45, und die Kosten für die zwei Mahnungen (act. G 1.1 /14f) von Fr. 160.--, die Versicherteninformation von Fr. 200.-- und das Betreibungsbegehren der Klägerin von Fr. 300.-- ist folglich definitive Rechtsöffnung zu erteilen, und die Beklagte zu verpflichten, der Klägerin diesen Betrag (Fr. 4'763.45 + Fr. 660.--) zu bezahlen.

    3. Weiter verlangt die Klägerin auf dem Betrag von Fr. 4'763.45 einen Verzugszins von 5% ab 1. Januar 2006. Gemäss Art. 66 Abs. 2 BVG kann die Vorsorgeeinrichtung für nicht rechtzeitig bezahlte Beiträge Verzugszinsen verlangen. Fraglich ist, auf welchem Betrag der Verzugszins zu berechnen ist, ist in der von der Klägerin berechneten Forderung doch auch der Zins bis zum 31. Dezember 2005 enthalten. Gemäss Art. 105 Abs. 3 OR dürfen für Verzugszinsen keine Verzugszinse berechnet werden. Allerdings ist diese Regelung dispositiver Natur und kann von den Parteien abgeändert werden. Gemäss Art. 9 Ziffer 6 AVB wird der Zahlungsverkehr über ein verzinsliches Prämienkonto geführt, dessen Saldo bei Zahlungsverzug (Art. 10) die geschuldete Summe darstellt. Beim angerechneten Zins handelt es sich daher um einen vertraglichen Kontokorrentzins, der gestützt auf Art. 177 Abs. 2 OR nach der Saldierung der laufenden Rechnung und der Anerkennung des Saldos kraft Novation zur Kapitalforderung geschlagen wird (Rainer Gonzenbach, in: Kommentar zum Schweizerischen Privatrecht, Art. 177 N 14; Guhl/Koller, Das Schweizerische Obligationenrecht, § 38 N 12). Die Beklagte hat die Kontokorrent-Saldi nicht bestritten und damit anerkannt. Die auf Verzugszinsen zugeschnittene dispositive Regel von Art. 105 Abs. 3 OR kommt nach dem Gesagten nicht zur Anwendung und der Vertragszins kann für die Berechnung des Verzugszinses zum Kapital geschlagen werden. Der von der Klägerin verlangte Verzugszins von 5% entspricht dem in Art. 104 Abs. 1 OR mangels anderer Abrede festgelegten Zinssatz und kann daher nicht beanstandet werden. Die Beklagte ist daher zu verpflichten, ab 1. Januar 2006 auf dem Betrag von Fr. 4'763.45 einen Verzugszins von 5% zu entrichten.

    4. Die Kosten der Betreibung hat der Schuldner von Gesetzes wegen zu bezahlen (Art. 68 SchKG), weshalb sie in das vorliegende Verfahren nicht einzuschliessen sind (RKUV 2003 Nr. KV 251 S. 226).

5.

    1. Im Sinn der vorstehenden Erwägungen ist die Beklagte zu verpflichten, der Klägerin Fr. 4'763.45 nebst Zins von 5% seit dem 1. Januar 2006 zuzüglich Fr. 660.-- Mahn- und Inkassokosten zu bezahlen. In diesem Umfang ist der von der Beklagten in der Betreibung Nr. 61'832 des Betreibungsamtes A. erhobene Rechtsvorschlag aufzuheben. Gerichtskosten sind keine zu erheben (Art. 73 Abs. 2 BVG).

    2. Bei diesem Ausgang des Verfahrens wären der Klägerin grundsätzlich ihre ausseramtlichen Kosten zu ersetzen (Art. 98 Abs. 2 und Art. 98bis des Gesetzes über die Verwaltungsrechtspflege [sGS 951.1; VRP]). Allerdings hat sie als Vorsorgeeinrichtung praxisgemäss keinen diesbezüglichen Anspruch, soweit - wie vorliegend - die Prozessführung der Gegenpartei nicht als mutwillig oder leichtsinnig zu bezeichnen ist (BGE 112 V 356, SZS 1995, 114; BGE 128 V 323, 126 V 143).

Demgemäss hat das Versicherungsgericht

im Zirkulationsverfahren gemäss Art. 53 GerG entschieden:

  1. In Gutheissung der Klage wird die Beklagte verpflichtet, der Klägerin Fr. 4'763.45 nebst Zins von 5% seit dem 1. Januar 2006 zuzüglich Fr. 660.-- Mahn- und Inkassokosten zu bezahlen.

  2. Der Rechtsvorschlag in der Betreibung Nr. X. des Betreibungsamtes A.

    wird in diesem Umfang aufgehoben.

  3. Es werden keine Gerichtkosten erhoben.

Quelle: https://www.sg.ch/recht/gerichte/rechtsprechung.html
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