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Urteil Verwaltungsgericht (SG - B 2019/239)

Zusammenfassung des Urteils B 2019/239: Verwaltungsgericht

Das Verwaltungsgericht entschied in einem Fall vom 28. Mai 2020 über die Nichtverlängerung der Aufenthaltsbewilligung eines Beschwerdeführers aus Sri Lanka, der unter falschem Namen illegal in die Schweiz eingereist war. Nachdem er mehrere Jahre lang falsche Angaben machte, wurde ihm die Bewilligung entzogen. Der Beschwerdeführer reichte Beschwerde ein, die jedoch abgewiesen wurde. Der Richter war Abteilungspräsident Eugster. Die Gerichtskosten betrugen CHF 2'000. Die verlorene Partei war männlich (d) und die Gegenpartei war das Sicherheits- und Justizdepartement des Kantons St. Gallen.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts B 2019/239

Kanton:SG
Fallnummer:B 2019/239
Instanz:Verwaltungsgericht
Abteilung:Verwaltungsgericht
Verwaltungsgericht Entscheid B 2019/239 vom 28.05.2020 (SG)
Datum:28.05.2020
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:Entscheid Ausländerrecht. Widerruf Aufenthaltsbewilligung. Art. 62 Abs. 1 lit. a AuG. Der Beschwerdeführer setzte den Widerrufsgrund durch die Angabe einer falschen Identität. Im Asylverfahren liess er sich unter falschem Namen und mit falschem Geburtsdatum registrieren. Diese falsche Identität hielt er auch im Verfahren betreffend die Erteilung der humanitären Aufenthaltsbewilligung und damit über sechs Jahre aufrecht. Aufgrund der kurzen Aufenthaltsdauer in der Schweiz ist ihm eine Rückkehr ins Heimatland zumutbar. Allerdings sind weitere Abklärungen hinsichtlich Wegweisungsvollzugshindernisse vorzunehmen. Abweisung der Beschwerde (Verwaltungsgericht, B 2019/239).
Schlagwörter: Aufenthalt; Aufenthalts; Migration; Entscheid; Aufenthaltsbewilligung; Migrationsamt; Person; Sache; Identität; Vorinstanz; Schweiz; Bewilligung; Tatsache; Verfahren; Verfahren; Personalie; Ausländer; Recht; Tatsachen; Behörden; Widerruf; Verwaltungsgericht; Täuschung; Sachverhalt; Verfügung; Gesuch; Erteilung
Rechtsnorm: Art. 126 AIG ;
Referenz BGE:135 II 377; 140 V 282; 142 II 265;
Kommentar:
-

Entscheid des Verwaltungsgerichts B 2019/239

Entscheid vom 28. Mai 2020

Besetzung

Abteilungspräsident Eugster; Verwaltungsrichterin Reiter, Verwaltungsrichter Zogg; Gerichtsschreiberin Schambeck

Verfahrensbeteiligte

A. ,

Beschwerdeführer,

vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. Emil Robert Meier, Regensbergstrasse 3, Postfach 153, 8157 Dielsdorf,

gegen

Sicherheits- und Justizdepartement des Kantons St. Gallen, Oberer Graben 32, 9001 St. Gallen,

Vorinstanz,

Gegenstand

Nichtverlängerung der Aufenthaltsbewilligung

Das Verwaltungsgericht stellt fest: A.

A.a.

Der 1987 geborene A. ist Staatsangehöriger von Sri Lanka. Er reiste am 30. Mai 2011 illegal in die Schweiz ein und stellte gleichentags ein Asylgesuch. Im Rahmen des Asylverfahrens wies er sich mit einer sri-lankischen Geburtsurkunde lautend auf den Namen B. , Jahrgang 1991, aus. Das Asylgesuch wies das Bundesamt für Migration (heute: Staatssekretariat für Migration, SEM) mit Verfügung vom 27. Januar 2012 ab. Es anerkannte die Flüchtlingseigenschaften nicht und wies B. aus der Schweiz aus. Die Wegweisung wurde aber zugunsten einer vorläufigen Aufnahme aufgeschoben (act. Migrationsamt [nachfolgend: MA] 31 ff.).

A.b.

Nach einem erfolglosen Versuch Ende 2015 stellte A. am 27. Juni 2016 erneut ein Gesuch um Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung aus humanitären Gründen (act. MA 116). Da er sämtliche Voraussetzungen dafür erfüllte, erteilte ihm das Migrationsamt am 26. September 2016 eine Aufenthaltsbewilligung lautend auf den Namen B. . Es wies ihn darauf hin, dass er spätestens bei der Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung im Besitz eines anerkannten heimatlichen Ausweispapiers sein müsse (act. MA 138 f.). Im Rahmen der erstmaligen Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung forderte das Migrationsamt A. mit Schreiben vom 18. August 2017 auf, entweder eine Kopie eines gültigen heimatlichen Reisepasses oder, falls kein solcher vorhanden wäre, eine schriftliche Erklärung einzureichen, weshalb er keinen Reisepass besitze und was er bis anhin unternommen habe, um einen Reisepass zu erhalten (act. MA 144). Daraufhin

informierte A. das Migrationsamt, dass er bisher keinen Reisepass beantragt habe, da er seine Geburtsurkunde in Sri Lanka verloren habe (act. MA 146).

A.c.

Mit Schreiben vom 10. Oktober 2017 ersuchte A. um Bereinigung seiner Personalie. Er setzte das Migrationsamt unter Beilage seiner Identitätskarte, seines Geburtsscheins sowie des Ehescheins seiner Eltern davon in Kenntnis, dass er nun seinen echten sri- lankischen Pass bekommen habe. Sein Name laute A. und nicht B. (act. MA 155 ff.). Die Überprüfung durch den kriminaltechnischen Dienst der Kantonspolizei vom 12. Dezember 2017 bestätigte die Echtheit des Passes (act. MA 176). Am 29. März 2018 wurde A. wegen Täuschung der Behörden polizeilich einvernommen. A. reichte am

  1. August 2018 beim Einwohneramt V. ein Verlängerungsgesuch für seine Aufenthaltsbewilligung ein (act. MA 231). Mit Strafbefehl des Untersuchungsamtes Uznach vom 18. September 2018 wurde A. wegen Urkundenfälschung schuldig gesprochen und ihm wurde eine bedingte Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je CHF 70 und eine Busse von CHF 700 auferlegt (act. MA 249 ff.). Auf die Strafsache wegen mehrfacher Täuschung der Behörden wurde nicht eingetreten (Nichtanhandnahmeverfügung vom 18. September 2018, act. 252 ff.).

    A.d.

    Nach Gewährung des rechtlichen Gehörs verlängerte das Migrationsamt die Aufenthaltsbewilligung von A. nicht mehr und wies ihn aus der Schweiz weg (Ziff. 1 der Verfügung vom 22. März 2019, act. 276 ff.). A. habe die Schweiz spätestens 60 Tage nach der Rechtskraft der Verfügung zu verlassen (Ziff. 2). Den Entscheid begründete es im Wesentlichen damit, dass A. wissentlich falsche Angaben gemacht habe, in der Absicht, eine Aufenthaltsbewilligung zu erhalten. Die Angabe von Personalien sei eine wesentliche und entscheidende Tatsache. Die Rückkehr in sein Heimatland sei ihm zumutbar, da er sich erst knapp acht Jahre in der Schweiz aufhalte und keine Verwandten in der Schweiz habe. Den gegen diese Verfügung erhobenen Rekurs hiess das Sicherheits- und Justizdepartement mit Entscheid vom 16. Oktober 2019 teilweise gut. Die Verfügung des Migrationsamtes wurde in Bezug auf den zweiten Halbsatz von Ziff. 1 und Ziff. 2 des Dispositivs aufgehoben und die Streitsache wurde zur Abklärung des Sachverhaltes und neuer Entscheidung im Sinn der Erwägungen an das Migrationsamt zurückgewiesen. Es gelangte zum Schluss, dass der Widerrufsgrund gegeben und die Nichtverlängerung verhältnismässig sei. Aufgrund der Akten könne jedoch nicht ausgeschlossen werden, dass derzeit Wegweisungsvollzugshindernisse vorliegen könnten. Daher sei der Sachverhalt erneut zu prüfen und ein Antrag auf vorläufige Aufnahme zu stellen.

    B.

    1. (Beschwerdeführer) reichte durch seinen Rechtsvertreter mit Eingabe vom 4. November 2019 gegen den Entscheid des Sicherheits- und Justizdepartements (Vorinstanz) vom 16. Oktober 2019 Beschwerde beim Verwaltungsgericht ein. Er beantragte, dass der angefochtene Entscheid teilweise aufzuheben und wie folgt abzuändern sei: der erste Halbsatz von Ziff. 1 sei aufzuheben und die Aufenthaltsbewilligung sei zu verlängern. Die Entscheidziffern 2 und 3 seien insofern abzuändern, als dass die Entscheidgebühr vollumfänglich dem Migrationsamt aufzuerlegen sei und ihm ausseramtliche Kosten zuzusprechen seien; unter Kosten- und Entschädigungsfolge.

Mit Vernehmlassung vom 9. Dezember 2019 schloss die Vorinstanz auf Abweisung der Beschwerde und verwies zur Begründung auf die Erwägungen des angefochtenen Entscheids.

Auf die Erwägungen des angefochtenen Entscheids und die Ausführungen der Verfahrensbeteiligten zur Begründung ihrer Anträge sowie die Akten wird, soweit für den Entscheid relevant, in den nachstehenden Erwägungen eingegangen.

Darüber zieht das Verwaltungsgericht in Erwägung:

1.

1.1.

Das Verwaltungsgericht ist zum Entscheid in der Sache zuständig (Art. 59bis Abs. 1 des Gesetzes über die Verwaltungsrechtspflege; sGS 951.1, VRP). Als Adressat des angefochtenen Entscheids ist der im Rekursverfahren unterlegene Beschwerdeführer zur Ergreifung des Rechtsmittels berechtigt (Art. 64 in Verbindung mit Art. 45 Abs. 1 VRP). Die Beschwerde gegen den am 17. Oktober 2019 versandten Entscheid der Vorinstanz wurde mit Eingabe vom 4. November 2019 rechtzeitig erhoben und erfüllt formal wie inhaltlich die gesetzlichen Anforderungen (Art. 64 in Verbindung mit Art. 47 Abs. 1 und Art. 48 Abs. 1 und 2 VRP).

1.2.

Weiter zu prüfen ist, ob der Entscheid der Vorinstanz selbständig anfechtbar ist und damit auf die Beschwerde eingetreten werden kann. Die Vorinstanz hob die Verfügung des Migrationsamtes in Bezug auf den zweiten Halbsatz von Ziff. 1 und Ziff. 2 des Dispositivs auf und wies die Streitsache zur Abklärung des Sachverhaltes und neuer Entscheidung im Sinn der Erwägungen an das Migrationsamt zurück.

Bei einem solchen Rückweisungsentscheid stellt sich die Frage nach der Bindungswirkung. Auf Grund dieser Bindungswirkung wird ein Rückweisungsentscheid insoweit als Endentscheid betrachtet, als er die im Verfahren aufgeworfenen Streitfragen entscheidet und verbindliche Weisungen für die Neubeurteilung erlässt. Ein Rückweisungsentscheid ist aber dann als Zwischenentscheid zu betrachten, wenn die Angelegenheit zu neuer Entscheidung zurückgewiesen wird, ohne dass bestimmte Streitfragen abschliessend entschieden werden und der Vorinstanz für ihren Entscheid eine gewisse Entscheidungsfreiheit bleibt (Cavelti/Vögeli, Verwaltungsgerichtsbarkeit im Kanton St. Gallen – dargestellt an den Verfahren vor dem Verwaltungsgericht,

2. Aufl. 2003, Rz. 1036, T. Kamber, in: Rizvi/Schindler/Cavelti [Hrsg.], Gesetz über die Verwaltungsrechtspflege, Praxiskommentar, Zürich/St. Gallen 2020, N 23 zu Art. 56 VRP).

In Bezug auf die Feststellung der Vorinstanz, dass der Widerrufsgrund gegeben ist und sich die Nichtverlängerung der Aufenthaltsbewilligung als verhältnismässig erweist, verbleibt beim neuen Entscheid kein Entscheidungsspielraum mehr. Aufgrund der materiell-rechtlichen Vorgaben handelt sich demnach um einen anfechtbaren Endentscheid (vgl. BGE 140 V 282 E. 4.2). Auf die Beschwerde ist daher einzutreten.

2.

Mit der am 1. Januar 2019 in Kraft getretenen Revision des (vormaligen) Ausländergesetzes (Bundesgesetz über die Ausländerinnen und Ausländer; AuG), welches neu Bundesgesetz über die Ausländerinnen und Ausländer und über die Integration (AIG, SR 142.20) heisst, erfuhr das Gesetz einige Anpassungen. Art. 126 Abs. 1 AIG bestimmt, dass auf Gesuche, die vor dem Inkrafttreten des AIG eingereicht worden sind, das bisherige materielle Recht anwendbar bleibt. Das Verfahren richtet sich demgegenüber nach dem neuen Recht (Art. 126 Abs. 2 AIG). Der Beschwerdeführer stellte im Oktober 2017 beim Migrationsamt das Gesuch um Bereinigung seiner Personalie, woraufhin das Migrationsamt die notwendigen Sachverhaltsabklärungen einleitete. Folglich ist die Angelegenheit nach dem bis zum

31. Dezember 2018 geltenden Ausländergesetz (AuG) in der Fassung vom 1. Oktober

2015 zu beurteilen.

3.

3.1.

Nach Art. 62 Abs. 1 lit. a AuG liegt ein Widerrufsgrund vor, wenn die ausländische

Person im Bewilligungsverfahren falsche Angaben macht wesentliche Tatsachen

verschwiegen hat. Dabei ist erforderlich, dass diese Person wissentlich falsche Angaben gemacht wesentliche Tatsachen verschwiegen hat, in der Absicht, gestützt darauf den Aufenthalt bewilligt bzw. verlängert zu erhalten (BGer 2C_403/2018 vom 19. Februar 2019 E. 3, 2C_225/2017 vom 22. Mai 2017 E. 2.1, 2C_658/2012 vom

3. Dezember 2012 E. 3.2). Eine solche Täuschungsabsicht ist zu bejahen, wenn die ausländische Person einen falschen Anschein über Tatsachen erweckt hat aufrechterhält, von denen sie vernünftigerweise wissen musste, dass sie für den Bewilligungsentscheid von Bedeutung sein könnten (BGE 142 II 265 E. 3.1 in: Pra 106 (2017) Nr. 10, BGer 2C_562/2019 vom 12. November 2019 E. 5.3, 2C_296/2019 vom

31. Juli 2019 E. 3.2).

Der Widerrufsgrund ist im Zusammenhang mit der Mitwirkungspflicht der ausländischen Person gemäss Art. 90 Ingress und lit. a AuG zu betrachten. Danach ist diese Person verpflichtet, an der Feststellung des für die Anwendung des Gesetzes massgebenden Sachverhalts mitzuwirken. Sie muss insbesondere zutreffende und vollständige Angaben über die für die Regelung des Aufenthalts wesentlichen Tatsachen machen. Dabei muss die ausländische Person wahrheitsgetreu auch über Tatsachen und Umstände informieren, die für den Bewilligungsentscheid massgebend sein und ihn beeinflussen könnten, wenn die zuständigen Behörden nicht explizit danach fragen und den Sachverhalt bei der gebotenen Sorgfalt auch selbst hätten ermitteln können (https://www.sem.admin.ch/sem/de/home.html unter: Publikationen&Service/Weisungen und Kreisschreiben: I. Ausländerbereich, Stand 1. November 209, Ziff. 8.3.1.1, vgl. BGer 2C_562/2019 vom 12. November 2019 E. 5.2,

2C_225/2017 vom 22. Mai 2017 E. 2.2). Auch nach Art. 8 Abs. 1 des Asylgesetzes (SR 142.31, AsylG) ist der Asylsuchende verpflichtet, wahrheitsgetreue und vollständige Angaben über die für die Regelung des Aufenthalts wesentlichen Tatsachen zu machen (vgl. BGer 2C_878/2013 vom 13. Februar 2014 E. 1.3.1). Nicht erforderlich ist, dass die Bewilligung bei richtigen vollständigen Angaben mit

Sicherheit verweigert worden wäre. Es genügt, wenn der Anspruch auf eine Bewilligung bei Offenlegung der Verhältnisse ernsthaft in Frage gestellt gewesen wäre ( BGE 142 II 265 E. 3.1 in: Pra 106 Nr. 10, BGer 2C_562/2019 vom 12. November 2019 E. 5.2).

3.2.

Die Vorinstanz erwog, dass der Beschwerdeführer seine wahre Identität erst nach sechs Jahren und auf mehrmaliges Ersuchen des Migrationsamtes hin preisgegeben habe. Es sei nicht ersichtlich, weshalb er sich nicht bereits früher um die Beschaffung seiner Unterlagen gesorgt habe. Daher könne ihm vorgeworfen werden, dass er sich bewusst mehrere Jahre nicht um die Offenbarung seiner wahren Identität gekümmert

habe. Die falschen Angaben im Asylverfahren seien zwar allenfalls nicht geeignet gewesen, den Entscheid über die vorläufige Aufnahme im damaligen Zeitpunkt zu beeinflussen, der Beschwerdeführer habe jedoch nachweislich auch in den darauffolgenden Bewilligungsverfahren an den falschen Angaben festgehalten.

Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, dass er im Rahmen des Asylverfahrens eine gefälschte Geburtsurkunde eingereicht hat und sich unter falschem Namen hat registrieren lassen. Diese Personalie habe er bis zum 10. Oktober 2017 weiterverwendet. Hingegen vertritt er die Ansicht, dass er seit dem Frühjahr 2017 versucht habe, die notwendigen Beweismittel zu beschaffen. Er habe im Oktober 2017 auch aus eigenem Antrieb das entsprechende Gesuch um Berichtigung eingereicht. Hervorzuheben gelte, dass die unrichtige Angabe seiner Personalie nicht entscheidrelevant gewesen sei. Beim Entscheid über sein Asylgesuch sei vielmehr sein Herkommen und die politische Lage in seinem Heimatland ausschlaggebend gewesen und nicht seine Personalie. Hätte er noch als vorläufig Aufgenommener beim SEM die Änderung der Personalie bewirkt, hätte ihm das Migrationsamt hernach die Aufenthaltsbewilligung ohne Weiteres erteilt. Auch das Strafverfahren gegen ihn wegen Täuschung der Behörden sei nicht an die Hand genommen worden. Er habe damit das Migrationsamt nicht aktiv getäuscht, sondern nur passiv die nicht gesicherte Identität mittels Geburtsurkunde fortgeführt, bis er in der Lage gewesen sei, seine richtige Identität mittels Pass nachzuweisen. Er werde für seine Aufrichtigkeit bestraft, obschon er bei Weiterführung seiner ungesicherten Identität voraussichtlich keine solchen Probleme gehabt hätte.

3.3.

Der Beschwerdeführer reiste am 30. Mai 2011 illegal in die Schweiz ein und stellte gleichentags ein Asylgesuch. In diesem Asylverfahren wies er sich mit einer sri- lankischen Geburtsurkunde lautend auf den Namen B. , geboren am 28. Februar 1991, aus. Im Rahmen der Einvernahme vom 6. Juni 2011 wurde er explizit auf die Mitwirkungs- und Wahrheitspflicht hingewiesen (act. MA 8). Im Asylverfahren wird gestützt auf die angegebene Identität unter anderem die Anwendung des Dublin- Verfahrens (siehe Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen Gemeinschaft über die Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Staates für die Prüfung eines in einem Mitgliedstaat in der Schweiz gestellten Asylantrags, SR 0.142.392.68) abgeklärt (act. MA 26). Durch die Angabe des falschen Namens und des falschen Geburtsdatums verhinderte der Beschwerdeführer bereits im Rahmen dieses Verfahrens eine korrekte Überprüfung des Asylantrags.

Am 21. Dezember 2015 stellte er erstmals ein Gesuch um Erteilung einer humanitären Aufenthaltsbewilligung, welches jedoch aufgrund der fehlenden zeitlichen Voraussetzung abgewiesen wurde (act. MA 100). Am 27. Juni 2016 ersuchte er erneut um Erteilung der Aufenthaltsbewilligung (act. MA 115). In beiden Gesuchen gab er sich weiterhin als B. aus. Das Migrationsamt erteilte ihm am 26. September 2016 die Aufenthaltsbewilligung lautend auf den Namen B. . Das Erschleichen einer Aufenthaltsbewilligung durch falsche Angaben kann schon darin liegen, dass die Angaben, auf welche sich die Behörden im Asylverfahren gestützt hatten und die bei der späteren Erteilung der Aufenthaltsbewilligung mangels anderer Angaben immer noch als massgebend betrachtet werden konnten, falsch unvollständig waren (vgl. BGer 2A.33/2007 vom 9. Juli 2007 E 4.1).

Mit Erteilung der Aufenthaltsbewilligung wies das Migrationsamt den Beschwerdeführer bereits im September 2016 darauf hin, dass er spätestens bei der Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung im Besitz eines anerkannten heimatlichen Ausweispapiers sein müsse (act. MA 138 f.). Im Rahmen der erstmaligen Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung forderte das Migrationsamt den Beschwerdeführer mit Schreiben vom 18. August 2017 erneut auf, eine Kopie eines gültigen heimatlichen Reisepasses einzureichen (act. MA 144). Erst mit Schreiben vom 10. Oktober 2017 bat der Beschwerdeführer um Korrektur seiner Personalie (act. MA 171). Der Beschwerdeführer erhielt seine falsche Identität somit über sechs Jahre aufrecht und setzte das Migrationsamt erst nach dessen mehrmaligem Ersuchen über seine korrekte Identität in Kenntnis. Wie die Vorinstanz zutreffend erwog, ist auch nicht nachvollziehbar, weshalb der Beschwerdeführer nicht bereits früher die Ausweispapiere besorgte. Der Beschwerdeführer pflegte gemäss eigenen Angaben seit seiner Einreise stets regelmässigen Kontakt mit seiner in Sri Lanka lebenden Mutter, welche sich schliesslich auch um den Passantrag kümmerte. Dazu wurde der Pass dem Beschwerdeführer innert nützlicher Frist über den Postweg zugestellt (Antrag im Frühjahr 2017, Ausstellungsdatum Pass 5. Juli 2017). Die Beweggründe des Beschwerdeführers, womit er sein Verhalten entschuldigen will, sind nicht ausschlaggebend für die jahrelange Verzögerung der Beschaffung seiner Papiere. Der Unrechtsgehalt beim Widerrufstatbestand des Erschleichens einer Bewilligung bemisst sich weniger danach, was die betroffene Person zur Täuschung veranlasst, als danach, wie klar ihr bewusst sein muss, dass sie bei Aufdecken der wahren Verhältnisse kaum eine Bewilligung erhältlich machen könnte. So war dem Beschwerdeführer durchaus bewusst, dass er beim Asylantrag seine Identität mit offiziellen Dokumenten hätte belegen müssen (siehe act. MA 184, Einvernahme).

Obwohl auf die Strafsache gegen den Beschwerdeführer wegen mehrfacher Täuschung nicht eingetreten wurde, lässt sich daraus entgegen den Ausführungen des Beschwerdeführers nichts zu seinen Gunsten ableiten. Die Migrationsbehörde ist im ausländerrechtlichen Verfahren nicht ohne Weiteres an die Einschätzung im strafrechtlichen Verfahren gebunden (vgl. BGer 2C_231/2019 vom 23. Mai 2019

E. 2.4.1). Im Strafverfahren wurde der Tatbestand der Täuschung geprüft. Hingegen reicht im vorliegenden Fall die Angabe einer falschen Tatsache in der Absicht, eine Aufenthaltsbewilligung zu erhalten, aus. Laut den Angaben in der Einvernahme vom 23. März 2018 gab der Beschwerdeführer an, dass er bei der Einreise in die Schweiz keine Dokumente gehabt habe mit seinem richtigen Namen. Da aber Dokumente verlangt worden seien, welche seine Identität bestätigen würden, habe er Dokumente von einem Schlepper erhalten (act. MA 184, Frage 14). Demnach gab er bewusst falsche Dokumente bei der Einreise an. Auch der Verweis des Beschwerdeführers, dass die Offenbarung wesentlicher Tatsachen nur dort erforderlich sei, wo die Erteilung der beantragten Bewilligung durch Offenlegung der Verhältnisse ernsthaft in Frage gestellt wäre (vgl. M. Spescha., in: Spescha/ Thür/Zünd/Bolzli et al., Kommentar Migrationsrecht, 5. Aufl., N. 4 zu Art. 62 AuG), gereicht ihm nicht zum Vorteil. Denn nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung ist ein Widerruf auch dann zulässig, wenn die falschen Angaben das wissentliche Verschweigen wesentlicher Tatsachen für die Bewilligungserteilung nicht kausal waren (BGer 2C_47/2010 vom 16. Juni 2010

E. 3.1, 2A.485/2003 vom 20. Februar 2004 E. 2.1). Die Behauptung des Beschwerdeführers, dass er auch bei Angaben seines korrekten Namens eine Aufenthaltsbewilligung erhalten hätte, zielt demnach ins Leere. Im Übrigen würde sich umgekehrt die Frage stellen, weshalb der Beschwerdeführer anfänglich überhaupt einen falschen Namen angegeben hat, sofern die Identität einer Person für ein asyl- und ausländerrechtliches Verfahren nicht massgeblich wäre. Allerdings gehört die Identität einer Person offensichtlich zu den absolut wesentlichen Tatsachen. Zudem unterlag der Beschwerdeführer ab Einreichung seines Asylantrags der Pflicht zu wahrheitsgetreuer bzw. vollständiger Auskunftserteilung.

Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers ist der vorliegende Fall durchaus mit dem von der Vorinstanz zitierten BGer 2C_878/2013 vom 13. Februar 2014 vergleichbar. Der Sachverhalt ist praktisch identisch. Der Beschwerdeführer liess einzig seine Personalie innert nützlicher Frist nach Erhalt seines Passes anpassen. Jedoch ändert sich nichts daran, dass der Beschwerdeführer jahrelang nichts unternahm, um in den Besitz seiner korrekten Ausweispapiere zu gelangen. Zusammengefasst machte der Beschwerdeführer sowohl im Asyl- als auch im Verfahren betreffend die Aufenthaltsbewilligung bewusst falsche Angaben zu seiner Person (Name und

Geburtsdatum) und verschleierte seine wahre Identität vor den Behörden über sechs Jahre, um eine Aufenthaltsbewilligung zu erhalten bzw. sie zu verlängern. Daher gelangte die Vorinstanz zu Recht zum Schluss, dass der Widerrufsgrund nach Art. 62 Abs. 1 lit. a AuG gegeben ist.

4.

4.1.

Der Widerruf der Bewilligung rechtfertigt sich allerdings nur, wenn die Interessenabwägung ergibt, dass diese Massnahme auch als verhältnismässig erscheint. Dabei haben die zuständigen Behörden gemäss Art. 8 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (SR 0.101, EMRK), Art. 13 der Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft (SR 101, BV) und Art. 96 Abs. 1 AuG bei der Ausübung ihres Ermessens die öffentlichen Interessen und die persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen. Massgebend sind namentlich das Vorliegen eines Verschuldens und dessen Schwere bei der Unterdrückung einer für die Bewilligungsbehörden wesentlichen Tatsache, die persönliche Situation der Ausländerin des Ausländers, der Grad der Integration, die Dauer der bisherigen Anwesenheit sowie die dem Betroffenen und seiner Familie drohenden Nachteile, falls die strittige Massnahme umgesetzt würde (BGE 135 II 377 E. 4.3 mit weiteren Hinweisen).

4.2.

Wurden keine engen Beziehungen zur Schweiz geknüpft und war der Aufenthalt im Land nur von kurzer Dauer, besteht praxisgemäss kein Anspruch auf einen weiteren Verbleib, auch wenn die betroffene ausländische Person hier nicht straffällig geworden ist, gearbeitet hat und inzwischen auch Deutsch spricht (BGer 2C_1270/2012 vom 2. April 2013 E. 2.2, 2C_1010/2012 vom 17. Oktober 2012 E. 3.2, 2C_429/2012 vom 17.

August 2012 E. 2.2.2). Allein der Umstand, dass der Beschwerdeführer einer Arbeitstätigkeit nachgeht, vermag ihm nicht zum Vorteil gereichen. Sowohl sprachlich als auch sozial konnte er trotz weitreichender Mitwirkungspflicht keine übermässig gute Integration darlegen. Er ist ledig und kinderlos. In der Schweiz hat er keine Verwandte. Bis im Jahr 2011 und damit bis zum 24. Altersjahr lebte er in seiner Heimat und hat folglich die prägenden Lebensjahre dort verbracht. Das öffentliche Interesse an der Nichtverlängerung der Aufenthaltsbewilligung, welche durch falsche Angaben erwirkt wurde, ist erheblich. Denn wenn ein solches Verhalten geduldet würde, wäre eine Prüfung der Bewilligungsvoraussetzungen entbehrlich und das Migrationsrecht seines wesentlichen Zweckes entleert. Die Nichtverlängerung der Aufenthaltsbewilligung erweist sich damit als verhältnismässig.

5.

Die vorinstanzlichen Ausführungen betreffend Wegweisungsvollzughindernisse (Art. 83 Abs. 2 bis 4 AuG) werden nicht bestritten. Wie die Vorinstanz zutreffend erwogen hat, erachtete das heutige SEM in seinem Entscheid vom 27. Januar 2012 den Vollzug der Wegweisung in das Herkunftsland zum damaligen Zeitpunkt nicht als zumutbar und schob ihn zugunsten einer vorläufigen Aufnahme auf. Die kantonalen Behörden müssen die vorläufige Aufnahme beantragen (Art. 83 Abs. 6 AuG), sofern Wegweisungsvollzugshindernisse (bezüglich Sri Lanka siehe z.B. BVGer E-1866/2015 vom 18. Juli 2016, E-2140/2019 und

E-7200/2017 vom 7. August 2019) nicht klarerweise ausgeschlossen werden können (P. Bolzli, in: Spescha/ Thür/Zünd/Bolzli et al., a.a.O., Rz. 36 zu Art. 83 AuG). Dies hat das Migrationsamt gemäss Ziff. 1 lit. b des angefochtenen Entscheides abzuklären.

Die Beschwerde erweist sich damit als unbegründet und ist abzuweisen.

6. (…)

Demnach erkennt das Verwaltungsgericht zu Recht:

1.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.

Die amtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens von CHF 2‘000 bezahlt der Beschwerdeführer unter Verrechnung des geleisteten Kostenvorschusses in gleicher Höhe.

3.

Ausseramtliche Kosten werden nicht entschädigt.

Quelle: https://www.sg.ch/recht/gerichte/rechtsprechung.html
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