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Urteil Verwaltungsgericht (SG - B 2019/212)

Zusammenfassung des Urteils B 2019/212: Verwaltungsgericht

Das Verwaltungsgericht hat am 16. Dezember 2019 entschieden, dass die Zuschlagsverfügung der Vorinstanz vom 26. September 2019 aufgehoben wird. Die Politische Gemeinde Gossau vergab den Zuschlag für die Erneuerung ihrer Website an die Talus Informatik AG, obwohl die Einladung zum Angebot keine klaren Zuschlagskriterien enthielt. Die Innovative Web AG, die den zweiten Rang erreichte, erhob Beschwerde und forderte die Aufhebung des Zuschlags. Das Gericht entschied, dass die Einladung nicht den vergaberechtlichen Anforderungen entsprach und wies die Angelegenheit zur erneuten Durchführung des Vergabeverfahrens zurück an die Vorinstanz. Die Kosten wurden zu einem Fünftel der Beschwerdeführerin und zu vier Fünfteln der Vorinstanz auferlegt.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts B 2019/212

Kanton:SG
Fallnummer:B 2019/212
Instanz:Verwaltungsgericht
Abteilung:Verwaltungsgericht
Verwaltungsgericht Entscheid B 2019/212 vom 16.12.2019 (SG)
Datum:16.12.2019
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:Entscheid Öffentliches Beschaffungswesen, Art. 45 Abs. 1 VRP, Art. 4 EGöB, Art. 19bis lit. f, Art. 34 Abs. 3 VöB. Die Vorinstanz verletzte das auch im Einladungsverfahren geltende vergaberechtliche Diskriminierungsverbot, lüde sie in einem erneuten Vergabeverfahren zum gleichen Beschaffungsgegenstand die – obsiegende – Beschwerdeführerin nicht mehr zur Einreichung eines Angebots ein. Die Beschwerdeführerin bewirtschaftet die bestehenden Websites der Vorinstanz und hat bei Gutheissung der Beschwerde reelle Chancen auf den Zuschlag. Auf das von der Beschwerdeführerin erstmals in einer Stellungnahme nach Ablauf der Rechtsmittelfrist gestellte Begehren um Schadenersatz kann wegen Verspätung nicht eingetreten werden. Die Vorinstanz hat der Beschwerdeführerin auch auf Nachfrage hin keine konkreten Angaben zu den Zuschlagskriterien und deren Bedeutung gemacht. Entsprechend den übereinstimmenden Anträgen der Beteiligten wird die Beschwerde gutgeheissen (Verwaltungsgericht, B 2019/212).
Schlagwörter: Zuschlag; Vorinstanz; Recht; Vergabe; Zuschlags; Einladung; Angebot; Schaden; Schadenersatz; Zuschlagsverfügung; Vergabeverfahren; Ziffer; Verfügung; Aufhebung; Verwaltungsgericht; Vergabebehörde; Ausschreibung; Entscheid; Gossau; Eingabe; Begehren; Stellung; Rückweisung; Verfahren; Bewertung; Hinsicht; Gemeinde; Rechtsbegehren; Zwischenverfügung; Stellungnahme
Rechtsnorm:-
Referenz BGE:141 II 307;
Kommentar:
-

Entscheid des Verwaltungsgerichts B 2019/212

Entscheid vom 16. Dezember 2019

Besetzung

Abteilungspräsident Zürn; Verwaltungsrichterin Zindel, Verwaltungsrichter Steiner; Gerichtsschreiber Scherrer

Verfahrensbeteiligte

Innovative Web AG, Haltenweg 2, 8832 Wilen b. Wollerau,

Beschwerdeführerin,

vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. Lukas Fässler, FSDZ Rechtsanwälte & Notare AG,

Zugerstrasse 76b, 6340 Baar,

gegen

Politische Gemeinde Gossau, Stadtrat, Bahnhofstrasse 25, 9201 Gossau,

Vorinstanz,

vertreten durch Rechtsanwältin lic. iur. Tanja Kamber, Kamber Advokatur,

Kirchplatz 12, 9450 Altstätten SG,

und

Talus Informatik AG, Stückirain 10, 3266 Wiler b. Seedorf,

Beschwerdegegnerin,

vertreten durch Rechtsanwalt Dr. iur. Eric Buis, LL.M., Buis Bürgi AG,

Mühlebachstrasse 8, Postfach 672, 8024 Zürich,

Gegenstand

Vergabe Erneuerung Website der Stadt Gossau

Das Verwaltungsgericht stellt fest:

  1. Die Politische Gemeinde Gossau hat am 9. Juli 2019 sechs Unternehmen das Pflichtenheft für die Erneuerung ihrer Websites zugestellt und sie zur Einreichung eines Angebots eingeladen (act. 12/2-4). Innert der bis 19. August 2019 offenen Frist reichten fünf Unternehmen Offerten ein (act. 12/6) und erhielten die Gelegenheit, ihre Lösungen der Vergabebehörde zu präsentieren. Die – bereinigten – Vergabesummen (netto inklusive Mehrwertsteuer für fünf Jahre) lagen zwischen CHF 135'295 und

    CHF 223'560. Mit Verfügung vom 26. September 2019 erteilte der Stadtrat der

    Politischen Gemeinde Gossau den Zuschlag der Talus Informatik AG, deren Angebot

    1'723 Punkte erzielt hatte (act. 12/15 und 16).

  2. Die Innovative Web AG (Beschwerdeführerin), deren Angebot mit 1'556 Punkten den zweiten Rang erreicht hatte (act. 12/15), erhob gegen die am 27. September 2019 versandte und ihr am 30. September 2019 zugestellte Zuschlagsverfügung des Stadtrates der Politischen Gemeinde Gossau (Vorinstanz) mit Eingabe vom 9. Oktober 2019 Beschwerde beim Verwaltungsgericht mit den Rechtsbegehren, unter Kosten- und Entschädigungsfolgen sei der Vergabeentscheid aufzuheben und die Vorinstanz anzuweisen, den Zuschlag der Beschwerdeführerin zu erteilen, eventualiter die Sache zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Dem von der Beschwerdeführerin gleichzeitig gestellten Begehren, es sei der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zu gewähren, entsprach der zuständige Abteilungspräsident mit Zwischenverfügung vom 16. Oktober 2019, ohne die Erfolgsaussichten der Beschwerde näher zu prüfen, da die Vorinstanz durch ihre Rechtsvertreterin in ihrer Vernehmlassung vom 16. Oktober 2019 ebenfalls die aufschiebende Wirkung beantragt hatte. Die Kosten der Zwischenverfügung verblieben bei der Hauptsache.

  3. In der Sache hatte die Vorinstanz bereits im Zwischenverfahren zur aufschiebenden Wirkung in ihrer Vernehmlassung vom 16. Oktober 2019 beantragt, die Beschwerde sei teilweise gutzuheissen, die angefochtene Zuschlagsverfügung aufzuheben und die Angelegenheit zur Durchführung eines neuen Vergabeverfahrens an die Vorinstanz zurückzuweisen. Mit Eingabe vom 22. Oktober 2019 verzichtete sie auf eine Ergänzung ihrer Vernehmlassung vom 16. Oktober 2019 (act. 23). Die Talus Informatik AG (Beschwerdegegnerin) unterstützte mit Eingabe ihres Rechtsvertreters vom 28. Oktober 2019 Rechtsbegehren und Begründung der Vorinstanz (act. 24).

    Die Beschwerdeführerin nahm mit Eingabe ihres mittlerweile beigezogenen Rechtsvertreters vom 8. November 2019 Stellung zum Rechtsbegehren der Vorinstanz und der Beschwerdegegnerin. In der Sache beantragte sie die Aufhebung der Zuschlagsverfügung vom 27. September 2019 infolge Rechtswidrigkeit der Ausschreibung und die Rückweisung der Sache zur allfälligen erneuten Ausschreibung an die Vergabebehörde unter Kosten- und Entschädigungsfolgen. Die Vergabebehörde sei zudem zu verpflichten, der Beschwerdeführerin für das Vergabeverfahren

    Schadenersatz von CHF 6'000 zu bezahlen (act. 29). Die Beschwerdegegnerin verzichtete mit Eingabe vom 14. November 2019 auf eine Stellungnahme zum Schadenersatzbegehren (act. 32); die Vorinstanz beantragte am 25. November 2019 die Abweisung des Begehrens, soweit darauf einzutreten sei (act. 33). Die Beschwerdeführerin äusserte sich dazu mit Eingabe vom 9. Dezember 2019 (act. 35).

    Auf die Ausführungen der Verfahrensbeteiligten zur Begründung ihrer Anträge und die Akten wird, soweit wesentlich, in den Erwägungen eingegangen.

    Darüber zieht das Verwaltungsgericht in Erwägung:

    1. Die Eintretensvoraussetzungen sind von Amtes wegen zu prüfen (vgl. Art. 64 in Verbindungmit Art. 6 Abs. 2 des Gesetzes über die Verwaltungsrechtspflege; sGS 951.1, VRP).

      1. Das Verwaltungsgericht ist zum Entscheid in der Sache zuständig (Art. 5 Abs. 2 des Einführungsgesetzes zur Gesetzgebung über das öffentliche Beschaffungswesen; sGS 841.1, EGöB).

      2. Zur Erhebung der Beschwerde ist berechtigt, wer an der Änderung Aufhebung der Verfügung des Entscheides ein eigenes schutzwürdiges Interesse dartut (Art. 64 in Verbindung mit Art. 45 Abs. 1 VRP). Im Vergaberecht setzt die Legitimation sowohl für den (primären) Anspruch auf Aufhebung des Zuschlags als auch für die (sekundären) Ansprüche auf Feststellung der Rechtswidrigkeit eines Zuschlags und auf Schadenersatz voraus, dass der nicht berücksichtigte Anbieter bei Gutheissung seiner Anträge reelle Chance auf den Zuschlag hätte (vgl. BGE 141 II 307 E. 6.3).

        Die Beschwerdeführerin, welche der Einladung der Vorinstanz folgend ein Angebot eingereicht hat, beantragt die Aufhebung der Zuschlagsverfügung und die Rückweisung der Sache "zur allfälligen erneuten Ausschreibung". Die Vorinstanz beantragt ihrerseits die Rückweisung der Angelegenheit "zur Durchführung eines neuen Vergabeverfahrens". Zwar bestimmt die Auftraggeberin im Einladungsverfahren

        grundsätzlich frei, wem sie die Gelegenheit zur Einreichung eines Angebots gibt. Die Vorinstanz verletzte allerdings das auch im Einladungsverfahren geltende vergaberechtliche Diskriminierungsverbot gemäss Art. 11 Ingress und lit. a der Interkantonalen Vereinbarung über das öffentliche Beschaffungswesen (sGS 841.32, IVöB), lüde sie in einem erneuten Vergabeverfahren zum gleichen Beschaffungsgegenstand die – obsiegende – Beschwerdeführerin nicht mehr zur Einreichung eines Angebots ein (vgl. die Rechtsprechungshinweise bei Galli/Moser/ Lang/Steiner, Praxis des öffentlichen Beschaffungsrechts, 3. Aufl. 2013, Rz. 353-355, und bei M. Beyeler, Vergaberechtliche Entscheide 2014/2015, Zürich/Basel/Genf 2016, Rz. 52-54). Abgesehen davon hat die Vorinstanz ausdrücklich davon abgesehen, den Zuschlag zu widerrufen und das Verfahren abzubrechen (vgl. Rz. 22 ihrer Vernehmlassung vom 16. Oktober 2019; act. 11). Ihr Antrag auf Rückweisung der Angelegenheit ist deshalb dahingehend zu verstehen, dass es bei den Einladungen bleibt, diese jedoch vergaberechtskonform verbessert werden sollen.

        Die Beschwerdeführerin – welche die bestehenden Websites der Auftraggeberin bewirtschaftet (vgl. Ziffern 2.1 und 2.3 des Pflichtenhefts; act. 12/4) und deren Angebot bei der Bewertung den zweiten Rang erreichte – hat damit bei Gutheissung ihres Begehrens reelle Chancen auf den Zuschlag und ist deshalb zur Erhebung der Beschwerde befugt.

      3. Gegenstand des vorliegenden Entscheides sind die Rechtmässigkeit der angefochtenen Zuschlagsverfügung der Vorinstanz vom 26. September 2019 und die sich aus einer allfälligen Rechtswidrigkeit ergebenden Folgen für das Vergabeverfahren. Die Fragen im Zusammenhang mit den von der Beschwerdeführerin und der Beschwerdegegnerin geltend gemachten Geschäftsgeheimnissen wurden in der Zwischenverfügung des zuständigen Abteilungspräsidenten vom 12. November 2019 zur Akteneinsicht behandelt. Der diesbezügliche Antrag (Ziffer I/2; act. 29) in der Stellungnahme der Beschwerdeführerin vom 8. November 2019 (eingegangen am

        11. November 2019) ist deshalb erledigt.

      4. Die Beschwerdeführerin beantragt erstmals in ihrer Stellungnahme vom

        8. November 2019, die Vergabebehörde (Politische Gemeinde Gossau) sei zu

        verpflichten, ihr Schadenersatz für das Vergabeverfahren im Betrag von CHF 6'000 zu bezahlen (Ziffer I/3; act. 29).

        Gemäss Art. 4 EGöB haftet der Auftraggeber dem Anbieter für Schaden, den er durch eine rechtswidrige Verfügung verursacht hat (Abs. 1 Satz 1); der Anbieter reicht dem Verwaltungsgericht das Schadenersatzbegehren mit der Beschwerde ein (Abs. 2). Der Rechtsschutz richtet sich nach der Interkantonalen Vereinbarung über das öffentliche Beschaffungswesen. Beschwerden sind gemäss Art. 15 Abs. 3 IVöB schriftlich und begründet innert zehn Tagen seit Eröffnung der Verfügung einzureichen. Die Beschwerdefrist hat bei Nichtbeachtung Verwirkungsfolge, zumal weder die Interkantonale Vereinbarung noch das st. gallische Einführungsrecht dazu etwas anderes bestimmt (vgl. Art. 64 in Verbindung mit Art. 30bis VRP).

        Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts ergibt sich aus diesen Rechtsgrundlagen, dass ein Schadenersatzbegehren bereits in der Beschwerdeschrift aufzuführen und, soweit möglich, zu beziffern ist. Hätte der Gesetzgeber ein nachträgliches Geltendmachen von Schadenersatz als zulässig betrachtet, wäre Art. 4 Abs. 2 EGöB anders formuliert worden. Das EGöB enthält eine andere Regelung als beispielsweise das Bundesgesetz über das öffentliche Beschaffungswesen (SR 172.056.1), welches in Art. 35 Abs. 3 für das Schadenersatzbegehren eine Frist von einem Jahr seit Feststellung der Rechtswidrigkeit der Verfügung vorsieht. Ein weiterer Schriftenwechsel im Beschwerdeverfahren bezweckt nicht, ein Schadenersatzbegehren erst nachträglich zu ermöglichen. Ein zweiter Schriftenwechsel wird vielmehr dann durchgeführt, wenn erst in der vorinstanzlichen Beschwerdevernehmlassung die vollständigen Motive eines Zuschlags offengelegt werden (vgl. GVP 2001 Nr. 18; VerwGE B 2011/83 vom 20. September 2011 E. 1, B 2012/119 vom 23. August 2012 E. 1.4, www.gerichte.sg.ch; VerwGE B 2001/93 vom

        30. Oktober 2001 E. 2d, B 2008/161 vom 19. Februar 2009 E. 1).

        Auf das von der Beschwerdeführerin mit der Stellungnahme vom 8. November 2019 gestellte Begehren um Schadenersatz für das Vergabeverfahren ist dementsprechend wegen Verspätung nicht einzutreten. Daran vermag nichts zu ändern, dass die Vorinstanz selbst den Zuschlag als vergaberechtswidrig beurteilt. Der nicht berücksichtigte Bewerber, der die Rechtswidrigkeit des Zuschlags geltend macht, ist

        gehalten, das Schadenersatzbegehren selbst dann innert der Beschwerdefrist zu stellen, wenn die Fehlerhaftigkeit des Zuschlags nicht offenkundig ist. Das muss umso mehr gelten, wenn der Fehler – wie vorliegend – klar zu Tage tritt.

      5. Die Beschwerdeführerin hat mit der Beschwerdeeingabe vom 9. Oktober 2019 in der Sache nicht nur die Aufhebung der angefochtenen Verfügung vom 26. September 2019, sondern auch die Erteilung des Zuschlags an sie selbst, eventuell nach Rückweisung an die Vorinstanz beantragt (Ziffer 1 des Rechtsbegehrens; act. 1). In der Stellungnahme ihres Rechtsvertreters vom 8. November 2019 beantragt die Beschwerdeführerin die Aufhebung der angefochtenen Verfügung und die Rückweisung der Sache an die Vergabebehörde zur allfälligen erneuten Ausschreibung (Ziffer I/1; act. 29). In der Begründung führt sie aus, auf der Basis einer – wie vorliegend

        – gesetzwidrigen Ausschreibung könne ein gültiger Zuschlag an welche Partei auch immer weder im Vergabe- noch allenfalls im Rechtsmittelverfahren erfolgen (act. 29, Ziffer II/A/2 und 4).

        Nach Ablauf der Rechtsmittelfrist darf das Rechtsbegehren und damit der den Gegenstand des Rechtsmittelverfahrens umschreibende Streitgegenstand abgeändert werden, wenn die Änderung – im Sinn eines Teilrückzugs – auf eine Reduktion des Begehrens hinausläuft (vgl. A. Griffel, in: A. Griffel [Hrsg.], Kommentar VRG/ZH, 3. Aufl. 2014, N 4 und 16 zu § 23 VRG/ZH). Mit dem Verzicht auf den Antrag auf Zuschlagserteilung beschränkt die Beschwerdeführerin ihr Begehren auf die Aufhebung der angefochtenen Verfügung und die Rückweisung der Angelegenheit an die Vorinstanz zur neuen Ausschreibung. Dementsprechend ist auf die Beschwerde, soweit damit in der Beschwerdeeingabe vom 9. Oktober 2019 der Zuschlag an die Beschwerdeführerin – sei es durch das Verwaltungsgericht selbst, sei es durch entsprechende Anweisung an die Vorinstanz – beantragt worden war, nicht einzutreten.

      6. Die Beschwerde gegen die am 27. September 2019 versandte und der Beschwerdeführerin am 30. September 2019 zugestellte Zuschlagsverfügung wurde mit Eingabe vom 9. Oktober 2019 rechtzeitig erhoben und erfüllt die Anforderungen in formeller und inhaltlicher Hinsicht (Art. 15 Abs. 3 IVöB). Auf die Beschwerde ist unter

den dargelegten Vorbehalten (Anträge gemäss Ziffern I/2 und 3 der Stellungnahme vom

8. November 2019, act. 29; Antrag auf Zuschlag gemäss Ziffer 1 des Rechtsbegehrens in der Beschwerdeeingabe vom 9. Oktober 2019, act. 1) einzutreten.

  1. In materieller Hinsicht ist zu prüfen, ob die angefochtene Zuschlagsverfügung der

    Vorinstanz vom 26. September 2019 aufzuheben ist.

    1. Die Verfahrensbeteiligten gehen in tatsächlicher Hinsicht übereinstimmend davon aus, dass in den Unterlagen zur Einladung keine Zuschlagskriterien bekannt gegeben wurden. Die Vorinstanz anerkennt auch, dass sie der Beschwerdeführerin während der bis 19. August 2019 laufenden Frist zur Einreichung der Angebote selbst auf entsprechende Nachfrage hin keine konkreten Angaben zu den Zuschlagskriterien und deren Bedeutung machte. Indem die Vorinstanz ebenfalls die Aufhebung der angefochtenen Verfügung beantragt, anerkennt sie in rechtlicher Hinsicht, dass das Einladungsverfahren den vergaberechtlichen Anforderungen nicht genügte und dass die Beschwerdeführerin unter den gegebenen Umständen die Rüge, die Einladungsunterlagen hätten in vergaberechtswidriger Weise keine Angaben zu den Zuschlagskriterien und deren Bedeutung enthalten, auch noch im Beschwerdeverfahren gegen die Erteilung des Zuschlags vorbringen durfte.

    2. Die übereinstimmenden Auffassungen der Beschwerdeführerin und der Vorinstanz sind sowohl in tatsächlicher als auch in rechtlicher Hinsicht ohne Weiteres nachvollziehbar.

      1. In tatsächlicher Hinsicht steht fest, dass weder dem Einladungsschreiben vom

        9. Juli 2019 noch dem beigelegten Pflichtenheft vom 3. Juli 2019 zu entnehmen war, welche Kriterien mit welcher Bedeutung für die Bewertung der Angebote massgebend sein sollten (vgl. act. 12/2 und 4). Mit E-Mail vom 19. Juli 2019 an die Vergabebehörde bat die Beschwerdeführerin, ihr die vorgesehene Bewertungsmatrix bekanntzugeben. Sie warf die Frage auf, wie die Faktoren wie die Erfüllung der Kriterien, die Referenzen, die Preise usw. beurteilt würden und welche Gewichtung vorgesehen sei. Zudem erkundigte sie sich danach, wie die einmaligen und die jährlichen Kosten zu deklarieren seien und auf wie viele Jahre die jährlichen Kosten gerechnet werden sollten. Die Vergabebehörde teilte der Beschwerdeführerin gleichentags ebenfalls per E-Mail mit, die Bewertungsmatrix werde erst im August erarbeitet. Die eingeladenen Firmen hätten

        Erfahrung mit Gemeinde- und/oder Kantonswebsites. Neben den Erstellungskosten würden zukünftige Lizenzkosten in die Bewertung aufgenommen (act. 12/5). Auch dieser Antwort waren keine konkreten Angaben zu den Zuschlagskriterien und deren Bedeutung zu entnehmen. Aus den Hinweisen auf eine noch zu erstellende Bewertungsmatrix, auf die Berücksichtigung von Erstellungs- und Lizenzkosten und auf die Möglichkeit, die angebotenen Lösungen der Vergabebehörde zu präsentieren, war einzig zu schliessen, dass bei der Bewertung der Angebote nicht allein der Preis berücksichtigt würde.

      2. In rechtlicher Hinsicht ist gemäss Art. 19bis Ingress und lit. f VöB davon auszugehen, dass entweder die Einladung aber die dazu abgegebenen Unterlagen die Zuschlagskriterien enthalten müssen. Gemäss Art. 34 Abs. 3 VöB sind die Kriterien mit allfälligen Unterkriterien im Rahmen der Ausschreibung in der Reihenfolge ihrer Bedeutung mit ihrer Gewichtung bekanntzugeben. Diese Vorschrift ist Teil des Abschnittes mit dem Titel "Öffnung, Prüfung und Zuschlag" und beschlägt damit sämtliche Verfahren, in denen Angebote nach einheitlichen Kriterien zu prüfen sind, und damit auch das Einladungsverfahren. Diesen Anforderungen entsprachen – wie auch die Vorinstanz feststellt – die Einladung und die damit abgegebenen Unterlagen zur Vergabe der Erneuerung der Websites offenkundig nicht.

        Die Beschwerdeführerin hat das Recht, diesen Mangel im Beschwerdeverfahren gegen den Zuschlag geltend zu machen, nicht verwirkt: Es muss auch im Beschwerdeverfahren gegen die Zuschlagsverfügung möglich sein, auf die Ausschreibung zurückzukommen. Dem nicht berücksichtigten Bewerber ist es angesichts seiner Verpflichtung, nach Treu und Glauben zu handeln (vgl. Art. 5 Abs. 3 der Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft; SR 101, BV), dann verwehrt, nach einem für ihn negativen Ausgang des Verfahrens Mängel der Einladung zu rügen, wenn er vorbehaltlos die Einladungsunterlagen akzeptiert und diese zur Grundlage seines Angebots gemacht hat (vgl. GVP 2015 Nr. 41, VerwGE 2003/230 vom

        23. April 2004 E. 4b/bb mit Hinweisen auf weitere Rechtsprechung, www.gerichte.sg.ch). Wie festgestellt, hat die Beschwerdeführerin während der laufenden Frist zur Einreichung der Angebote auf die Unvollständigkeit der Einladung und der dazugehörigen Unterlagen hingewiesen. Dass sie sich mit der abschlägigen Beantwortung ihrer Anliegen abgefunden (vgl. E-Mail vom 19. Juli 2019, act. 12/5) und

        ein Angebot eingereicht hat, kann unter den dargelegten Umständen nicht als vorbehaltsloses Akzeptieren der Einladung und der Einladungsunterlagen verstanden werden. Dies gilt umso mehr, als weder die Einladung selbst noch die dazu abgegebenen Unterlagen eine Rechtsmittelbelehrung enthielten.

    3. Die Beschwerde ist dementsprechend in der Sache gutzuheissen und die angefochtene Zuschlagsverfügung vom 26. September 2019 aufzuheben. Da die Aufhebung der Zuschlagsverfügung nicht auf eine rechtswidrige Beurteilung der eingegangenen Angebote, sondern auf eine den vergaberechtlichen Grundsätzen nicht genügende Einladung zurückgeht, ist die Angelegenheit zur erneuten Durchführung des Vergabeverfahrens nach vergaberechtskonformer Verbesserung der Einladung an die Vorinstanz zurückzuweisen.

  2. Bei diesem Ausgang des Verfahrens – die Beschwerde ist gutzuheissen, jedoch ist auf das Begehren der Beschwerdeführerin auf Schadenersatz für das Vergabeverfahren nicht einzutreten – sind die amtlichen Kosten des Haupt- und des Zwischenverfahrens betreffend das Gesuch um aufschiebende Wirkung zu vier Fünfteln der Vorinstanz und zu einem Fünftel der Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 95 Abs. 1 VRP). Eine Entscheidgebühr von CHF 2'500 – darin eingeschlossen die Kosten der Zwischenverfügung vom 16. Oktober 2019 zur aufschiebenden Wirkung – erscheint angemessen (Art. 7 Ziff. 211 und 222 der Gerichtskostenverordnung, sGS 941.12). Der Anteil der Beschwerdeführerin von CHF 500 ist mit ihrem nach der Verlegung der amtlichen Kosten für die Zwischenverfügung vom 12. November 2019 zur

Akteneinsicht bei der Hauptsache verbliebenen restlichen Kostenvorschuss von

CHF 2'250 (Ziffer 3 des Dispositivs; act. 31) zu verrechnen; CHF 1'750 sind ihr zurückzuerstatten. Auf die Erhebung des Anteils der Vorinstanz ist nicht zu verzichten (Art. 95 Abs. 3 VRP).

Die Beschwerdeführerin hat Anspruch auf teilweisen Ersatz ihrer ausseramtlichen Kosten im Hauptverfahren und im Zwischenverfahren zur aufschiebenden Wirkung; über die ausseramtlichen Kosten für das Zwischenverfahren zur Akteneinsicht wurde in der Zwischenverfügung vom 12. November 2019 entschieden (Ziffer 4 des Dispositivs; act. 31). Der Rechtsvertreter hat keine Kostennote eingereicht. Eine Entschädigung von CHF 4'000 zuzüglich pauschale Barauslagen von CHF 160 (vier Prozent von

CHF 4'000) erscheint angemessen (Art. 19, Art. 22 Abs. 1 Ingress und lit. b und

Art. 28bis der Honorarordnung, sGS 963.75). Die Beschwerdeführerin – die im Übrigen auch keinen begründeten Antrag auf Entschädigung der Mehrwertsteuer gestellt hat (vgl. Art. 29 HonO) – ist selbst mehrwertsteuerpflichtig, weshalb sie die in der Honorarrechnung ihres Anwalts belastete Mehrwertsteuer als Vorsteuer von ihrer eigenen Steuerschuld wieder abziehen kann. Die Mehrwertsteuer bleibt deshalb bei der Bemessung der ausseramtlichen Entschädigung unberücksichtigt (vgl. VerwGE B 2012/54 vom 3. Juli 2012 E. 6, www.gerichte.sg.ch; R. Hirt, Die Regelung der Kosten nach st. gallischem Verwaltungsrechtspflegegesetz, St. Gallen 2004, S. 194). Mit Blick auf das Ausmass des Obsiegens der Beschwerdeführerin und der Verlegung der amtlichen Kosten sind ihre ausseramtlichen Kosten zu drei Fünfteln, das heisst mit CHF 2'400 zuzüglich CHF 96 Barauslagen zu entschädigen. Ersatzpflichtig ist die Vorinstanz, deren mangelhafte Einladung zur Gutheissung der Beschwerde geführt hat (Art. 98 und Art. 98bis VRP).

Demnach erkennt das Verwaltungsgericht auf dem Zirkulationsweg zu Recht:

  1. Die Beschwerde wird, soweit darauf einzutreten ist, gutgeheissen und die angefochtene Zuschlagsverfügung der Vorinstanz vom 26. September 2019 aufgehoben.

  2. Die Angelegenheit wird zur erneuten Durchführung des Vergabeverfahrens nach vergaberechtskonformer Verbesserung der Einladung an die Vorinstanz zurückgewiesen.

  3. Die Vorinstanz bezahlt die amtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens von

    CHF 2'500 zu vier Fünfteln; ein Fünftel geht zulasten der Beschwerdeführerin, deren Anteil mit ihrem bei der Hauptsache verbliebenen restlichen Kostenvorschuss von CHF 2'250 verrechnet wird. CHF 1'750 werden ihr zurückerstattet.

  4. Die Vorinstanz entschädigt die Beschwerdeführerin für das Hauptverfahren und das Zwischenverfahren zum Gesuch um aufschiebende Wirkung mit CHF 2'496 (ohne Mehrwertsteuer).

Quelle: https://www.sg.ch/recht/gerichte/rechtsprechung.html
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