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Urteil Verwaltungsgericht (SG - B 2018/134)

Zusammenfassung des Urteils B 2018/134: Verwaltungsgericht

Ein iranisches Ehepaar stellte 2012 ein Asylgesuch in der Schweiz, welches abgelehnt wurde. Trotz Ausreiseaufforderung blieben sie und wurden später wegen illegalen Aufenthalts bestraft. Ein Gesuch um Härtefall wurde abgelehnt, da keine Parteistellung vorlag. Die Beschwerde des Ehemannes wurde ebenfalls abgewiesen, da er keinen Anspruch auf eine Aufenthaltsbewilligung hatte. Die Gerichtskosten wurden ihm auferlegt. Die Beschwerde der Ehefrau wurde zurückgezogen.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts B 2018/134

Kanton:SG
Fallnummer:B 2018/134
Instanz:Verwaltungsgericht
Abteilung:Verwaltungsgericht
Verwaltungsgericht Entscheid B 2018/134 vom 13.12.2018 (SG)
Datum:13.12.2018
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:Entscheid Ausländerrecht. Gesuch um Erteilung einer humanitären Aufenthaltsbewilligung. Härtefallregelung gemäss Art. 14 Abs. 2 AsylG.Nach Art. 14 Abs. 2 AsylG kann der Kanton mit Zustimmung des SEM einer ihm zugewiesenen Person eine Aufenthaltsbewilligung erteilen, wenn sich die Person seit fünf Jahren in der Schweiz aufhält und wegen der fortgeschrittenen Integration ein schwerwiegender persönlicher Härtefall vorliegt. Das Verfahren hinsichtlich der Härtefallbewilligung verläuft zweistufig. Will der Kanton von der Möglichkeit Gebrauch machen, meldet er dies dem SEM. Die betroffene Person hat nur beim Zustimmungsverfahren des SEM Parteistellung. Dem abgewiesenen Asylbewerber mit vollstreckbarer Wegweisungsverfügung kommt vor den kantonalen Behörden keine Parteistellung zu, um ein entsprechendes kantonales Verfahren in Gang zu setzen und zu durchlaufen. Nichteintreten auf Beschwerde (Verwaltungsgericht, B 2018/134).
Schlagwörter: Verfahren; Härtefall; Schweiz; Verwaltungsgericht; Parteistellung; Entscheid; Aufenthalt; Rechtsvertreterin; Gesuch; Aufenthaltsbewilligung; Staat; Erteilung; Kanton; Person; Migration; Zustimmung; Abteilungspräsident; Vorinstanz; Verbindung; Nichteintreten; Gallen; Migrationsamt; Rechtspflege; Erhebung; Beschwerdeverfahren; Asylbewerber; Wegweisungsverfügung; Behörden
Rechtsnorm: Art. 190 BV ;
Referenz BGE:137 I 128;
Kommentar:
-

Entscheid des Verwaltungsgerichts B 2018/134

Ausländerrecht. Gesuch um Erteilung einer humanitären Aufenthaltsbewilligung. Härtefallregelung gemäss Art. 14 Abs. 2 AsylG.

Nach Art. 14 Abs. 2 AsylG kann der Kanton mit Zustimmung des SEM einer ihm zugewiesenen Person eine Aufenthaltsbewilligung erteilen, wenn sich die Person seit fünf Jahren in der Schweiz aufhält und wegen der fortgeschrittenen Integration ein schwerwiegender persönlicher Härtefall vorliegt. Das Verfahren hinsichtlich der Härtefallbewilligung verläuft zweistufig. Will der Kanton von der Möglichkeit Gebrauch machen, meldet er dies dem SEM. Die betroffene Person hat nur beim Zustimmungsverfahren des SEM Parteistellung. Dem abgewiesenen Asylbewerber mit vollstreckbarer Wegweisungsverfügung kommt vor den

kantonalen Behörden keine Parteistellung zu, um ein entsprechendes kantonales Verfahren in Gang zu setzen und zu durchlaufen. Nichteintreten auf Beschwerde (Verwaltungsgericht, B 2018/134).

Entscheid vom 13. Dezember 2018

Besetzung

Abteilungspräsident Zürn; Verwaltungsrichterin Reiter, Verwaltungsrichter Zogg; Gerichtsschreiberin Schambeck

Verfahrensbeteiligte

  1. ,

    Beschwerdeführer,

  2. , Adresse unbekannt,

    Beschwerdeführerin,

    beide vertreten durch Rechtsanwältin lic. iur. Bettina Surber, Oberer Graben 44, 9000 St. Gallen,

    gegen

    Sicherheits- und Justizdepartement des Kantons St. Gallen, Oberer Graben 32, 9001 St. Gallen,

    Vorinstanz,

    Gegenstand

    Gesuch um Erteilung einer humanitären Aufenthaltsbewilligung

    Das Verwaltungsgericht stellt fest: A.

    1. A. , geboren 1981, ist iranischer Staatsangehöriger und reiste am 20. Januar 2012 mit seiner Ehefrau illegal in die Schweiz ein. Tags darauf stellten sie ein Asylgesuch. Mit Verfügung vom 10. Februar 2015 stellte das Staatssekretariat für Migration (SEM) fest, dass dem Ehepaar keine Flüchtlingseigenschaft zukomme. Es lehnte das Asylgesuch ab und wies das Ehepaar aus der Schweiz weg. Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 18. September 2015 ab. Das SEM setzte dem Ehepaar mit Schreiben vom 16. Oktober 2015 die Ausreisefrist neu an und forderte es auf, die Schweiz bis am 13. November 2015 zu verlassen. Dieser Aufforderung kamen sie indes nicht nach, sondern hielten sich weiter in der Schweiz auf. Mit Strafbefehl vom 22. Juli 2016 wurde A. wegen rechtswidrigem Aufenthalt zu einer bedingten Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je CHF 30 und einer Busse von

      CHF 300 verurteilt.

    2. Mit Schreiben vom 17. Februar 2017 reichten A. und seine Ehefrau durch ihre Rechtsvertreterin beim Migrationsamt des Kantons St. Gallen ein Gesuch um Unterbreitung als Härtefall nach Art. 14 Abs. 2 Asylgesetz (SR 142.31, AsylG) ein. Sie machten geltend, dass ihnen eine Rückkehr in den Iran nicht mehr zumutbar sei und legten dazu diverse Empfehlungsschreiben bei. Das Migrationsamt trat mit Verfügung vom 21. September 2017 nicht auf das Gesuch ein. Es begründete seinen Entscheid im Wesentlichen mit der Überlegung, dass den Gesuchstellern keine Parteistellung zukomme. Zudem gründe die Anwesenheitsdauer in der Schweiz lediglich im

unkooperativen Verhalten bezüglich der ihnen mehrfach angesetzten Ausreise. Auf den dagegen erhobenen Rekurs trat das Sicherheits- und Justizdepartement mit Entscheid vom 15. Mai 2018 nicht ein. Es führte aus, dass den Gesuchstellern – wie bereits im Verfahren vor dem Migrationsamt – keine Parteistellung zukomme und sie daher nicht zur Rekurserhebung legitimiert seien.

B.

  1. Gegen den Entscheid des Sicherheits- und Justizdepartements (Vorinstanz) vom 15. Mai 2018 erhoben A. (Beschwerdeführer) und seine Ehefrau B. (Beschwerdeführerin) gemeinsam durch ihre Rechtsvertreterin am 31. Mai 2018 Beschwerde beim Verwaltungsgericht. Sie beantragten, dass der Entscheid der Vorinstanz aufgehoben werde und das Gesuch um Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung wegen Vorliegens eines schwerwiegenden persönlichen Härtefalls gutzuheissen, resp. dem SEM zur Zustimmung zu unterbreiten sei. Mit Schreiben vom 6. August 2018 gab die Rechtsvertreterin dem Verwaltungsgericht bekannt, dass sich der Beschwerdeführer und die Beschwerdeführerin getrennt hätten. In ihrer Beschwerdeergänzung vom 23. August 2018 hielt sie ferner fest, das Verfahren werde aufgrund der zwischenzeitlich erfolgten Trennung der Eheleute nur noch namens des Beschwerdeführers weitergeführt. Für diesen werde denn auch die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege und –verbeiständung beantragt. Bezüglich der Beschwerdeführerin werde die Beschwerde zurückgezogen.

  2. Der Abteilungspräsident des Verwaltungsgerichts bewilligte dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom 27. August 2018 die unentgeltliche Rechtspflege (inkl. Rechtsverbeiständung).

  3. Mit Vernehmlassung vom 3. September 2018 schloss die Vorinstanz auf Abweisung der Beschwerde und verzichtete auf ergänzende Bemerkungen.

    Auf die Ausführungen der Verfahrensbeteiligten zur Begründung ihrer Anträge und die Akten wird, soweit wesentlich, in den Erwägungen eingegangen.

    Darüber zieht das Verwaltungsgericht in Erwägung:

    1. Das Verwaltungsgericht ist zum Entscheid in der Sache zuständig (Art. 59 bis Abs. 1 des Gesetzes über die Verwaltungsrechtspflege; sGS 951.1, VRP). Der Beschwerdeführer ist zwar Adressat des angefochtenen Entscheides, hingegen kommt ihm als abgewiesenem Asylbewerber mit vollstreckbarer Wegweisungsverfügung gemäss den dem Anwendungsgebot von Art. 190 der Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft (SR 101, BV) unterliegenden Bestimmungen von Art. 14 Abs. 1 und 4 des Asylgesetzes (SR 142.31, AsylG) vor den kantonalen Behörden keine Parteistellung zu, es sei denn, es bestehe ein Anspruch auf die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung (VerwGE B 2014/93 vom 24. März 2015 E. 1, mit weiteren Hinweisen, www.gerichte.sg.c h).

    2. Der Beschwerdeführer beruft sich auf keine solche Anspruchsgrundlage, sondern einzig und in allgemeiner Hinsicht auf die Härtefallregelung gemäss Art. 14 Abs. 2 AsylG. Daraus kann er indes nichts zugunsten seiner Anliegen ableiten.

      1. Nach Art. 14 Abs. 2 AsylG kann der Kanton mit Zustimmung des SEM einer ihm nach diesem Gesetz zugewiesenen Person eine Aufenthaltsbewilligung erteilen, wenn sich die ihm nach dem Asylgesetz zugewiesene Person seit fünf Jahren in der Schweiz aufhält und wegen der fortgeschrittenen Integration ein schwerwiegender persönlicher Härtefall vorliegt (Voraussetzungen gemäss Art. 14 Abs. 2 lit. a bis d AsylG). Will der Kanton von dieser Möglichkeit Gebrauch machen, so meldet er dies dem SEM unverzüglich (Art. 14 Abs. 3 AsylG). Die betroffene Person hat nur beim Zustimmungsverfahren des SEM Parteistellung (Art. 14 Abs. 4 AsylG). Das Verfahren hinsichtlich der Härtefallbewilligung gemäss Art. 14 Abs. 2 AsylG verläuft demnach zweistufig (C. Hruschka, in: Spescha/Thür/Zünd/Bolzli/Hruschka [Hrsg.], Kommentar Migrationsrecht, 4. Aufl. 2015, Rz. 8 zu Art. 14 AsylG). Dem abgewiesenen Asylbewerber mit vollstreckbarer Wegweisungsverfügung kommt gemäss dem Anwendungsgebot von Art. 190 BV) unterliegenden Bestimmungen von Art. 14 Abs. 1 und 4 AsylG vor den kantonalen Behörden keine Parteistellung zu, um ein entsprechendes kantonales Verfahren in Gang zu setzen und zu durchlaufen (BGer 2D_90/2008 vom 9. September 2008 E. 2.1, 2D_137/2008 vom 12. Dezember 2008 und

        2D_3/2014 vom 16. Januar 2014 E. 2; BGE 137 I 128 E. 4.1 in: Pra 2011 Nr. 72, Motion Geschäfts-Nr. 10.4107 vom 17. Dezember 2010 eingereicht von Katharina Prelicz- Huber: Asylverfahren. Schaffung einer Beschwerdemöglichkeit bei Härtefallgesuchen:

        Ablehnung des Nationalrates am 28. September 2011, https://www.parlament.ch/de unter: Ratsbetrieb/Suche Curia Vista, VerwGE B 2014/93 vom 24. März 2015 E. 1, www.gerichte.sg.c h). Dementsprechend kann der Beschwerdeführer, der sich als ab- und weggewiesener Asylsuchender ohne Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung weiterhin in der Schweiz aufhält, weder formell ein Härtefallgesuch stellen noch die Weiterführung des Bewilligungsverfahrens verlangen. Es lässt sich bereits daher nicht beanstanden, wenn das erstbefasste Migrationsamt auf sein Anliegen nicht eingetreten ist.

      2. Rechtsprechungsgemäss (VerwGE B 2014/93 vom 24. März 2015 E. 1, www.gerichte.sg.c h) erliess die Vorinstanz einen Nichteintretensentscheid, weil dem Beschwerdeführer im kantonalen Rechtsmittelverfahren mangels Rechtsanspruch auf Erteilung einer (Härtefall-)Bewilligung weder von Völkerrechts- noch Bundesrechtsrechtswegen, noch gestützt auf kantonales Verfahrensrecht Parteistellung zukommt. Entsprechend ist der angefochtene Nichteintretensentscheid denn auch im Ergebnis zu bestätigen.

      3. Zufolge fehlender Parteistellung kann er sich im vorliegenden Verfahren ebenfalls nicht auf seine Parteirechte berufen, weshalb auf seine Beschwerde aus den nämlichen Überlegungen nicht eingetreten werden kann.

3.

    1. Dem Verfahrensausgang – das Nichteintreten kommt einer Abweisung der Beschwerde gleich – entsprechend sind die amtlichen Kosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 95 Abs. 1 VRP). Eine Entscheidgebühr von CHF 1'000 erscheint angemessen (Art. 7 Ziff. 222 der Gerichtskostenverordnung, sGS 941.12, GKV). Zufolge Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege gehen die Kosten zulasten des Staates (Art. 99 Abs. 2 VRP in Verbindung mit Art. 122 Abs. 1 lit. b der Schweizerischen Zivilprozessordnung, SR 272, ZPO). Auf die Erhebung ist zu verzichten (Art. 95 Abs. 3 VRP).

    2. Der Staat hat die Rechtsvertreterin des Beschwerdeführers für die ausseramtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens zufolge unentgeltlicher Rechtsverbeiständung zu

entschädigen (Art. 99 Abs. 2 VRP in Verbindung mit Art. 122 Ingress und Abs. 1 lit. a ZPO). Die Rechtsvertreterin hat keine Kostennote eingereicht, weshalb die Entschädigung nach Ermessen festzusetzen ist (Art. 30 lit. b Ziff. 2 und Art. 31 Abs. 1 des Anwaltsgesetzes; sGS 963.70, AnwG, Art. 6 und 19 der Honorarordnung für Rechtsanwälte und Rechtsagenten; sGS 963.75, HonO). Eine Entschädigung von CHF 2'000 für das Beschwerdeverfahren erscheint angemessen (Art. 22 Abs. 1 lit. b HonO). Der Staat hat somit die Rechtsvertreterin mit CHF 1'600 (80% von CHF 2'000 [Art. 31

Abs. 3 AnwG]) sowie CHF 80 Barauslagen (4% von CHF 2‘000, Art. 28bis Abs. 1 HonO)

zuzüglich der Mehrwertsteuer von 7,7% zu entschädigen.

4.

4.1. Mit Schreiben vom 6. August 2018 erklärte die Rechtsvertreterin den Rückzug der Beschwerde für die Beschwerdeführerin. Aufgrund des Rückzugs ist die Beschwerde abzuschreiben (Art. 64 in Verbindung mit Art. 57 Abs. 1 VRP). Die Abschreibung ist vom Präsidenten zu verfügen (Art. 64 in Verbindung mit Art. 57 Abs. 2 VRP). Da das Verwaltungsgericht in Abteilungen gegliedert ist, steht diese Befugnis dem Abteilungspräsidenten zu (Art. 4 Abs. 1 des Reglements über die Organisation und den Geschäftsgang des Verwaltungsgerichts, sGS 941.22, in Verbindung mit Art. 33 Abs. 2 VRP).

Umständehalber wird auf die Erhebung amtlicher Kosten verzichtet (Art. 97 VRP); ausseramtliche Kosten sind bei diesem Verfahrensausgang keine zu entschädigen (Art. 98 und Art. 98bis VRP).

Demnach erkennt der Abteilungspräsident zu Recht:

  1. Die Beschwerde von B. wird zufolge Rückzugs abgeschrieben.

  2. Auf die Erhebung amtlicher Kosten wird verzichtet.

  3. Ausseramtliche Kosten werden nicht entschädigt.

Demnach erkennt das Verwaltungsgericht zu Recht:

  1. Auf die Beschwerde von A. wird nicht eingetreten.

  2. Die amtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens von CHF 1‘000 werden dem Beschwerdeführer auferlegt. Der Betrag geht zufolge Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege zulasten des Staates. Auf die Erhebung wird verzichtet.

  3. Der Staat entschädigt die Rechtsvertreterin des Beschwerdeführers aus unentgeltlicher Rechtsverbeiständung für das Beschwerdeverfahren mit CHF 1‘680 (inkl. Barauslagen) zuzüglich 7,7% Mehrwertsteuer.

Der Abteilungspräsident Die Gerichtsschreiberin Zürn Schambeck

Quelle: https://www.sg.ch/recht/gerichte/rechtsprechung.html
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