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Urteil Verwaltungsgericht (SG - B 2016/241)

Zusammenfassung des Urteils B 2016/241: Verwaltungsgericht

Die Beschwerdeführerinnen argumentieren, dass die Beschwerdegegnerin unzulässigerweise von Konzernunternehmen profitiert habe, was zu einer unfairen Bewertung ihres Angebots führte. Die Beschwerdegegnerin habe keine klare Konzernstruktur offengelegt und somit keine rechtliche Verbindung zu anderen Unternehmen nachgewiesen. Die Vergabestelle müsse sich ausschliesslich auf die Angebote der Beschwerdegegnerin beziehen und könne keine Konzerngesellschaften berücksichtigen. Die Beschwerde wird als begründet angesehen, da die Bewertungskriterien nicht transparent waren und das Angebot der Beschwerdegegnerin möglicherweise zu positiv bewertet wurde. Die aufschiebende Wirkung wird gewährt, und die Parteien haben bis zum 16. Januar 2017 Zeit, sich zur Beschwerde zu äussern.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts B 2016/241

Kanton:SG
Fallnummer:B 2016/241
Instanz:Verwaltungsgericht
Abteilung:Verwaltungsgericht
Verwaltungsgericht Entscheid B 2016/241 vom 16.12.2016 (SG)
Datum:16.12.2016
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:EntscheidDie Beschwerdeführerinnen machen im Wesentlichen geltend, das Angebot der Beschwerdegegnerin sei zu Unrecht als Konzernangebot behandelt worden.
Schlagwörter: Zindel; Angebot; Maienfeld; Konzern; Unternehmen; Vorinstanz; Muttergesellschaft; „Zindel; United“; Recht; Beschwerdeführerinnen; Referenzen; Leistungsfähigkeit; Anbieters; Offerte; Konzerngesellschaft; Interessen; Person; Zuschlagskriterien; Anbieterin; Haftung; Vertrauen; Arbeitsgemeinschaft; Angebots; Hinweis; Bedingungen
Rechtsnorm:-
Referenz BGE:120 II 331;
Kommentar:
-

Entscheid des Verwaltungsgerichts B 2016/241

Die Beschwerdeführerinnen bringen vor, ihr eigenes Angebot und jenes der Beschwerdegegnerin seien bei den Zuschlagskriterien Referenzen, Leistungsfähigkeit des Anbieters, Bauleiter und Qualität der Offertunterlagen jeweils mit der gleichen Punktzahl bewertet worden. Die Beschwerdegegnerin, die – wenn überhaupt – nur noch in geringem Umfang im Bauhauptgewerbe tätig sei, gehöre zur „Zindel United“, die zahlreiche weitere Unternehmen umfasse, und lasse Aufträge, die über sie liefen, durch Tochterfirmen von „Zindel United“ ausführen. Sie habe bezüglich Referenzen und Leistungsfähigkeit des Anbieters wohl nur deshalb die gleiche Punktzahl wie die Beschwerdeführerinnen erhalten, weil mehrere alle zur „Zindel United“ gehörenden Baugeschäfte bewertet worden seien. Da in der Zuschlagsverfügung einzig die Beschwerdegegnerin genannt werde, sei davon auszugehen, es sei keine konzernbezogene Offerte abgegeben worden und es habe keine weitere zum Zindel Konzern gehörende Firma die Offerte mit unterschrieben eine Haftungserklärung abgegeben. Wenn dem so sei, hätte die Beschwerdegegnerin niemals die gleiche Benotung erfahren dürfen wie die Beschwerdeführerinnen, bei denen es sich um

leistungsfähige Baugeschäfte mit 100 beziehungsweise 20 Mitarbeitenden handle. Sollte die Beschwerdegegnerin nicht mehr im Bereich Hochbau tätig sein, falle ihre Offerte von vornherein ausser Betracht. Zu diesen Ausführungen der Beschwerdeführerinnen haben sich weder die Vorinstanz noch die Beschwerdegegnerin geäussert.

  • Nach Rechtsprechung und Literatur gibt es keinen vergaberechtlichen Durchgriff auf Konzerngesellschaften. Mit Blick auf die Rechtssicherheit ist im Vergaberecht strikt und ausschliesslich auf die Rechtsform abzustellen. Will sich eine Anbieterin auf Tatsachen Rechtspositionen einer Konzerngesellschaft stützen, muss sie die fragliche Konzerngesellschaft als Konsortialpartnerin, als Subunternehmerin Lieferantin konkret in ihre Offerte einbinden. Die Muttergesellschaft wird insbesondere nicht schon aufgrund des unbestrittenen besonderen Näheverhältnisses Teil der Anbietersphäre. Schaffen die Angebotsunterlagen nicht letzte Klarheit darüber, welche Rolle die Muttergesellschaft innehat, erscheint ein Ausschluss der Anbieterin – jedenfalls bei der gebotenen summarischen Prüfung – vergaberechtlich nicht als unzulässig (vgl. dazu BVerwGer B-1600/2014 vom 2. Juni 2014 E. 4.4.3; M. Beyeler, Der Geltungsanspruch des Vergaberechts, Zürich/Basel/Genf 2012, Rz. 1374 ff.; Ders., Einbezug der Muttergesellschaft, in: BR 2015 S. 21 ff.).

    Da für die Vergabebehörde von Bedeutung ist, inwieweit sie allfällige Ansprüche gegenüber einer Konzerngesellschaft der Anbieterin durchsetzen kann, ist die dargelegte Auffassung auch mit Blick auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung zur Haftung aus erwecktem Konzernvertrauen, die an strenge Voraussetzungen zu knüpfen ist, gerechtfertigt. Denn wie jedermann in Vertragsverhandlungen seine Interessen grundsätzlich selbst wahrzunehmen hat und sich nicht einfach auf deren Berücksichtigung durch den Verhandlungspartner verlassen darf, hat der Geschäftspartner einer Tochtergesellschaft deren Kreditwürdigkeit grundsätzlich selbst zu beurteilen, kann er somit das Bonitätsrisiko nicht einfach generell auf die Muttergesellschaft abwälzen. Die Muttergesellschaft hat nicht unbesehen für den Erfolg des Tochterunternehmens einzustehen und haftet bei dessen Scheitern den Geschäftspartnern nicht ohne weiteres für allfälligen Schaden, der ihnen aus dem Misserfolg erwächst. Schutz verdient nicht, wer bloss Opfer seiner eigenen Unvorsichtigkeit und Vertrauensseligkeit der Verwirklichung allgemeiner

    Geschäftsrisiken wird, sondern nur, wessen berechtigtes Vertrauen missbraucht wird. Eine Haftung entsteht nur, wenn die Muttergesellschaft durch ihr Verhalten bestimmte Erwartungen in ihr Konzernverhalten und ihre Konzernverantwortung erweckt, später aber in treuwidriger Weise enttäuscht. Diesfalls hat die Muttergesellschaft für den Schaden einzustehen, den sie durch ihr gegen Treu und Glauben verstossendes Verhalten adäquat kausal verursacht hat. Hingegen führt die Vertrauenshaftung – im Gegensatz zur vertraglichen Garantiehaftung – nicht dazu, dass die Muttergesellschaft gegenüber Dritten für Verbindlichkeiten der Tochtergesellschaft mithaften würde (vgl. insbesondere BGE 120 II 331 E. 5a).

  • Das von der Vorinstanz berücksichtigte Angebot wurde von der Beschwerdegegnerin eingereicht. Auf dem Eingabeformular Eignungsprüfung wird unter „A. Allgemeine Angaben“ einzig die Beschwerdegegnerin erwähnt, und das Feld, in welchem Angaben zu einer allfälligen Bietergemeinschaft beziehungsweise zu Arbeitsgemeinschaften (Name der ARGE, beteiligte Unternehmen) zu machen gewesen wären, ist mit einem Strich versehen. Insbesondere wird dort weder die Zindel + Co. AG Maienfeld noch ein anderes Unternehmen aus der „Zindel United“ genannt. Die Vorinstanz hat denn auch im Offertöffnungsprotokoll vom 4. November 2016 in der Submittentenliste (act. 6/10) zu Recht festgehalten, dass einerseits die Beschwerdeführerinnen ein Angebot als Arbeitsgemeinschaft eingereicht hatten, und anderseits die „Zindel + Co. AG Maienfeld“ auf die Abgabe eines Angebots verzichtet habe, da die „Tochterfirma Thut eingegeben“ habe. Die Beschwerdegegnerin hat sich im Zwischenverfahren zur aufschiebenden Wirkung nicht vernehmen lassen. Sie hat insbesondere nicht vorgebracht, ihr Angebot sei als Konzernangebot zu betrachten und es seien weitere Unternehmen der „Zindel United“ mit dem Angebot mitverpflichtet. Dafür lassen sich im Übrigen ihrem Angebot auch keine genügenden Hinweise entnehmen.

    Aus dem Umstand, dass die Beschwerdegegnerin bei „C. Wirtschaftliche Leistungsfähigkeit“ keine Angaben zu ihrem eigenen Personalbestand machte, sondern Zahlen anführte, welche ihre eigenen und die Mitarbeitenden der Zindel + Co. AG Maienfeld („in Korporation“) beziehungsweise der „ganzen Gruppe Zindel United“ umfassten, kann nicht geschlossen werden, auch die Zindel + Co. AG Maienfeld habe sich mit dem Angebot verpflichten wollen. Dies ist – zusammen mit dem Umstand,

    dass die Beschwerdegegnerin kein Angebot einer Bieter- Arbeitsgemeinschaft eingereicht hat – allenfalls ein Hinweis dafür, dass sie beabsichtigt, die Zindel + Co. AG Maienfeld als Unterakkordantin einzusetzen. Abgesehen davon, dass kein Anspruch darauf besteht, dass die Übertragung von Arbeiten auf Unterakkordanten bewilligt wird (vgl. Ziff. 10 der Allgemeinen Bedingungen; act. 6/8), führt dies nicht dazu, dass die Zindel + Co. AG Maienfeld gegenüber der Auftraggeberin haften würde. Vielmehr haftet gemäss Ziffer 13 der Allgemeinen Bedingungen nur „der Unternehmer“ für seine Arbeiten. Ebenso erklärt sich allein der Baumeister – und damit die Rechtsperson, welche das Angebot einreicht – fähig und willens, die ausgeschriebenen Arbeiten in der vorgegebenen Zeit mit der entsprechenden Garantie ausführen zu können (vgl. Ziffern

    2.4 und 2.6 der Allgemeinen Bedingungen Submission Baumeister; act. 6/8).

    Eine rechtliche Verpflichtung der Zindel + Co. AG Maienfeld kann auch nicht daraus abgeleitet werden, dass dieselben beiden Personen für beide Unternehmen einzelzeichnungsberechtigt sind, denn die Person, welche das Angebot der Beschwerdegegnerin unterzeichnete, hat ausdrücklich und einzig namens der Thut AG gehandelt. Auch aus der bei der Auswertung der Angebote festgehaltenen Erkenntnis der Vorinstanz, die Thut AG gehöre zur Zindel-Gruppe (act. 6/11), kann keine rechtliche Verpflichtung eines weiteren Unternehmens als der Beschwerdegegnerin abgeleitet werden. Schliesslich wird aus dem Angebot und aus den Handelsregistereinträgen nicht ersichtlich, in welchem rechtlichen Verhältnis die in der „Zindel United“ zusammengefassten Unternehmen und insbesondere die Thut AG und die Zindel + Co. AG Maienfeld zueinander stehen. Allein aus dem Hinweis „in Korporation“ kann nicht auf eine rechtliche Mitverpflichtung der Zindel + Co. AG Maienfeld geschlossen werden. Mithin ist ein Konzernverhältnis, das im Übrigen vergaberechtlich ohnehin nicht zu beachten wäre, nicht dargetan.

  • Hat sich vergaberechtlich einzig die Beschwerdegegnerin und kein weiteres Unternehmen gegenüber der Vorinstanz verpflichtet, ist bei der Bewertung des Angebots nach den unternehmensbezogenen Zuschlagskriterien einzig auf die Möglichkeiten der Beschwerdegegnerin abzustellen. Selbst wenn also dargetan wäre, dass die Beschwerdegegnerin und die Zindel + Co. AG Maienfeld in einem Mutter- Tochter-Verhältnis zueinander stehen, könnten die von der Beschwerdegegnerin eingereichten Referenzen, die sämtliche der Zindel + Co. AG Maienfeld zuzurechnen

    sind und zudem keine Angaben zum Auftragsvolumen enthalten, nur berücksichtigt werden, wenn sie als Mitglied einer Bietergemeinschaft als Subunternehmerin eingebunden wird wenn sie – zumindest – nachweist, über die entsprechenden Mittel des anderen Unternehmens, auf deren Fähigkeiten und Kapazitäten sie sich beruft, auch tatsächlich verfügen zu können (vgl. Zwischenentscheid BVerwGer

    B-1600/ 2014 vom 2. Juni 2014 E. 4.4). Aus den Angaben im Angebot lässt sich zudem nicht eruieren, in welchem Umfang die Beschwerdegegnerin in der Lage ist, die offerierten Arbeiten mit eigenem Personal auszuführen. Insoweit erweist sich die Beschwerde, mit der geltend gemacht wird, das Angebot der Beschwerdegegnerin sei hinsichtlich der Referenzen und der Leistungsfähigkeit des Anbieters vergleichsweise zu gut bewertet worden, bei der gebotenen summarischen Prüfung als begründet. Zudem fällt auf, dass beide Angebote ohne detailliertere Angaben zum Bewertungssystem bei sämtlichen Zuschlagskriterien – mit Ausnahme der Qualität der Offertunterlagen und des Preises – das Punktemaximum erzielten. Nach welchen Grundsätzen die Bewertung erfolgt ist, geht aus den von der Vorinstanz eingereichten Unterlagen und ihrer Vernehmlassung nicht hervor.

  • Aufgrund dieser Umstände sind die öffentlichen Interessen an der sofortigen Vollstreckbarkeit geringer zu gewichten als die privaten Interessen der Beschwerdeführer am Aufschub des Vertragsabschlusses. Dementsprechend ist das Gesuch um Erteilung der aufschiebenden Wirkung gutzuheissen. Die aufschiebende Wirkung kann wieder entzogen werden, wenn während des Verfahrens festgestellt wird, dass sich die Beschwerde als unbegründet erweist die Interessenabwägung neu vorzunehmen ist.

  • Vorinstanz und Beschwerdegegnerin ist Gelegenheit zu geben, bis 16. Januar 2017 (die Gerichtsferien gelten nicht) zur Beschwerde materiell Stellung zu nehmen. Nach unbenützter Frist wird Verzicht angenommen.

  • Die Kosten des Zwischenverfahrens sind bei der Hauptsache zu belassen.

  • Der Präsident verfügt:

    1. Das Gesuch um Erteilung der aufschiebenden Wirkung wird gutgeheissen.

    2. Der Vorinstanz wird bis zu einem anderslautenden Entscheid über die aufschiebende Wirkung beziehungsweise bis zum Entscheid des Gerichtes über die Beschwerde der Vertragsschluss untersagt.

    3. Die Vorinstanz und die Beschwerdegegnerin werden eingeladen, bis 16. Januar 2017 materiell zur Beschwerde Stellung zu nehmen (in dreifacher Ausfertigung). Nach unbenützter Frist wird Verzicht angenommen.

    4. Es gelten keine Gerichtsferien.

    5. Über die Kosten dieser Verfügung wird mit der Hauptsache entschieden. Der Präsident

    Eugster

    Quelle: https://www.sg.ch/recht/gerichte/rechtsprechung.html
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