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Urteil Verwaltungsgericht (SG)

Kopfdaten
Kanton:SG
Fallnummer:B 2012/143
Instanz:Verwaltungsgericht
Abteilung:Verwaltungsgericht
Verwaltungsgericht Entscheid B 2012/143 vom 24.01.2013 (SG)
Datum:24.01.2013
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:Urteil Baurecht, Art. 87 BauG (sGS 731.1).Ob und in welchem Umfang ein baubewilligungspflichtiger Sachverhalt bewilligt werden soll, entscheidet der Bauherr mit seinem Baugesuch. Kommt er der Aufforderung nicht nach, für eine bauliche Änderung oder vorgenommene bewilligungspflichtige Nutzungsänderung ein Baugesuch nachzureichen, ist von Amtes wegen ein Nutzungsverbot zu prüfen sowie ein Wiederherstellungsverfahren einzuleiten (Verwaltungsgericht, B 2012/143).
Schlagwörter: Beschwerde; Beschwerdeführerin; Recht; Verkehr; Baugesuch; Rekurs; Verkehrs; Umnutzung; Vorinstanz; Strasse; Beschwerdegegnerin; Wattwil; Verfahren; Gemeinde; Gallen; Kanton; Scheune; Auflagen; Verfahrens; Grundstück; Bewilligung; Augenschein; Aussenflächen; Bewilligt; Kantons; Baubewilligung; Entscheid; Handelsregister; Rechtlich
Rechtsnorm: Art. 21 VRV ; Art. 95 BGG ;
Referenz BGE:138 III 294;
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
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Entscheid
Urteil vom 24. Januar 2013

Anwesend: Präsident lic. iur. B. Eugster; Verwaltungsrichter lic. iur. A. Linder,

Dr. B. Heer, lic. iur. A. Rufener, Dr. S. Bietenharder-Künzle; Gerichtsschreiber lic. iur. S.

Schärer

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In Sachen

  1. AG,

    Beschwerdeführerin,

    vertreten durch Rechtsanwalt lic.iur. A.B., gegen

    Baudepartement des Kantons St. Gallen, Lämmlisbrunnenstrasse 54, 9001 St. Gallen,

    Vorinstanz,

    und

  2. AG,

Beschwerdegegnerin,

vertreten durch Rechtsanwalt lic.iur. C.D., und

Politische Gemeinde Wattwil, vertreten durch die Baukommission

Wattwil,Gemeindehaus, 9630 Wattwil,

Beschwerdebeteiligte, betreffend

Baubewilligung (Umnutzung Einstellhalle zu Recycling-Sammelstelle)

hat das Verwaltungsgericht festgestellt:

  1. ./ a) K. und L.Q., Oberhelfenschwil, sind Eigentümer des Grundstücks Nr. 0000, Grundbuch Wattwil. Die 2'027 m2 grosse Parzelle ist gemäss Zonenplan der Politischen Gemeinde Wattwil vom 28. April 1999 der Gewerbe-Industrie-Zone zugeteilt. Der westliche Teil des Grundstücks ist mit einer ehemaligen Scheune überbaut, der östliche Bereich ist als Verkehrsfläche gestaltet, wovon ein Teil als Gemeindestrasse 3. Klasse (Floozstrasse) ausgeschieden ist. Diese Quartierstrasse verbindet die Wiler Strasse, Kantonsstrasse 2. Klasse, im Osten mit der Krinauer Strasse, ebenfalls Kantonsstrasse 2. Klasse, im Westen. Die Strasse ist 5 m bzw. rund 6 m breit. Sie dient ausschliesslich der Erschliessung der angrenzenden Gewerbebetriebe und Wohnhäuser (Verbot für Motorwagen und Motorfahrräder mit dem Zusatz "Zubringer gestattet").

    1. Am 17. Juli 2002 bewilligte die Baukommission der Politischen Gemeinde Wattwil

      auf Gesuch der damaligen M.Q. AG, Oberhelfenschwil, die Umnutzung der Scheune als

      Einstellhalle für Baumaschinen. Am 22. September 2011 ersuchte die Y. AG, Wattwil,

      um erneute Umnutzung der ehemaligen Scheune als Recycling-Sammelstelle. Diese Aktiengesellschaft wurde am 16. Februar 2011 im Handelsregister des Kantons St. Gallen eingetragen. Zeichnungsberechtigte Mitglieder sind E. und O.P., beide Lichtensteig, sowie ohne Zeichnungsberechtigung G.H., Wattwil. Gemäss ihrer Homepage recycelt die Gesellschaft die ganze Palette von Wertstoffen und führt diese in den Kreislauf zurück. Innert Auflagefrist vom 5. bis 18. Oktober 2011 liess die X. AG, Wattwil, durch ihren Rechtsvertreter Einsprache erheben. Diese Gesellschaft ist Eigentümerin bzw. Mieterin der nördlich angrenzenden bzw. auf der gegenüberliegenden Seite der Floozstrasse liegenden Grundstücke. Zeichnungsberechtigt gemäss Handelsregisterauszug vom 20. Dezember 2012 sind hier R.T., St. Margarethen/TG, und U.T., Wilen bei Wil. Gemäss Handelsregisterauszug ist O.P. am 2. November 2011 aus dieser Gesellschaft ausgeschieden. Die Einsprecherin beantragte unter anderem, auf das Baugesuch sei nicht einzutreten bzw. dieses sei abzuweisen. Weiter verlangte sie, dass der Gesuchstellerin bis zum Vorliegen einer rechtskräftigen Baubewilligung unter Strafandrohung zu verbieten sei, auf dem Grundstück Nr. 0000 eine Recycling-Sammelstelle zu betreiben und dass sie aufgefordert werde, den abgestellten Bürocontainer sofort zu entfernen.

    2. Die Baukommission Wattwil wies die Einsprache mit Beschluss vom 19. Dezember 2011 ab, soweit sie öffentlichrechtlicher Natur war. Darüber hinaus verwies die Bewilligungsbehörde die Einsprache auf den Zivilrechtsweg. Das Baugesuch bewilligte sie unter Auflagen und setzte der Gesuchstellerin eine Frist an, den eigenmächtig platzierten Bürocontainer zu entfernen.

  2. ./ a) Gegen diesen Beschluss liess die Einsprecherin am 4. Januar 2012 beim Baudepartement Rekurs erheben. Dabei verlangte sie unter anderem, dass die Baubewilligung kostenpflichtig verweigert bzw. das Gesuch zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzugewiesen werde.

    b) Die Rekursinstanz führte am 3. Mai 2012 in Anwesenheit der Verfahrensbeteiligten und des Leiters Gemeindestrassenwesen des kantonalen Tiefbauamtes einen Augenschein durch und wies den Rekurs mit Entscheid vom 19. Juni 2012 kostenpflichtig ab, soweit sie darauf eintrat. Dabei kam sie im Wesentlichen zum Schluss, dass das Baugesuch einzig die Umnutzung der Einstellhalle zum Gegenstand

    habe und dass diese bewilligungsfähig sei. Mit der entsprechenden Nutzungsänderung sei insbesondere weder eine Verkehrsbehinderung noch eine Verkehrsgefährdung verbunden.

  3. ./ Gegen diesen Entscheid liess die Rekurrentin am 4. Juli 2012 beim Verwaltungsgericht Beschwerde erheben, wobei sie die kostenpflichtige Aufhebung bzw. Rückweisung des Rekursentscheids verlangt. Mit Beschwerdebegründung vom

    16. August 2012 wehrt sie sich unter anderem dagegen, dass die Vorinstanz ihr die gesamten Verfahrenskosten und eine ihrer Ansicht nach überhöhte Parteientschädigung auferlegt hat. Sodann bestreitet sie, dass mit dem Baugesuch die gesamte eigenmächtig aufgenommene und bewilligungspflichtige Tätigkeit abgedeckt werde und dass die verfügten Nebenbestimmungen genügen würden, um damit die mit der Nutzungsänderung zusammenhängenden Behinderungen und Gefährdungen des Verkehrs ausschliessen zu können. Die Umnutzung der ehemaligen Scheune betreffe zwangsläufig auch die Aussenflächen, weshalb diese von der Bewilligung nicht ausgeklammert werden könnten. Auch könne nur spekuliert werden, dass die bewilligte Nutzungsänderung keine negativen Auswirkungen auf ihren eigenen Betrieb vis-à-vis der Strasse haben werde. Sowohl eine hindernisfreie Durchfahrt als auch die Sicherheit der Verkehrsteilnehmer könnten nur gewährleistet werden, wenn die zulässige Nutzung der Aussenflächen klar definiert und verbindlich normiert werde. Der erst im Rekursverfahren nachgereichte Nutzungsplan sei dafür untauglich.

  4. ./ Die Vorinstanz beantragt mit Schreiben vom 24. August 2012, die Beschwerde abzuweisen. Die bestrittene Partei- und Prozessfähigkeit der Beschwerdeführerin seien Prozessvoraussetzungen, die von Amtes wegen zu prüfen gewesen seien. Allein die Tatsache, dass nach der entsprechenden Prüfung gleichwohl auf den Rekurs einzutreten gewesen sei, begründe noch keine Kostentragungspflicht der Rekursgegnerin.

  5. ./ Die Beschwerdebeteiligte beantragt mit Eingabe vom 11. September 2012 die Abweisung der Beschwerde. Gleichzeitig informierte sie darüber, dass der Bürocontainer der Beschwerdegegnerin zwischenzeitlich versetzt und am 13. August 2012 am neuen Standort bewilligt worden sei.

  6. ./ Die Beschwerdegegnerin verlangt mit Vernehmlassung vom 11. September 2012, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei. Der Beschwerde sei zudem die aufschiebende Wirkung zu entziehen. Zur Begründung bringt sie an, die Beschwerdeführerin sei spätestens seit Ende des Jahres 2011 nicht mehr handlungsfähig. In diesem Zusammenhang sei beim Präsidenten des Handelsgerichts des Kantons St. Gallen ein Verfahren betreffend Feststellung und Anordnung der Löschung im Handelsregister hängig. Die beschwerdeführende Gesellschaft werde von ihrem im Kanton Thurgau wohnenden Verwaltungsrat, der folglich selbst nicht einsprache-, rekurs- und beschwerdeberechtigt sei, missbraucht, um die Beschwerdegegnerin resp. seine Konkurrentin auszuschalten. Die Beschwerde sei auch deshalb rechtsmissbräuchlich und trölerisch, weil die Beschwerdeführerin die gerügte Verkehrssicherheit selber im vorgebrachten Ausmass gefährde. So wickle sie selbst ihren Warenumschlag direkt auf der Strasse ab und stelle zum Teil über längere Zeit Rollcontainer, Anhänger und Mulden auf dem klassierten Bereich der Floozstrasse ab. Es sei nicht beabsichtigt, den Aussenraum als Lagerplatz oder eigentliche Sammelstelle zu nutzen. Entsprechend könnten mit der Bewilligung auch keine Bedingungen und Auflagen bezüglich der Nutzung der Aussenflächen verbunden bzw. dafür ein Baugesuch eingefordert werden. Die Verkehrsbehinderungen, welche die Beschwerdeführerin mit zahlreichen Fotos dokumentiere, würden in erster Linie Fahrzeuge der Beschwerdeführerin selbst bzw. ihrer Kunden betreffen und nicht die der Y. AG.

  7. ./ Die Beschwerdeführerin nahm am 12. Oktober 2012 zu den Vernehmlassungen Stellung. Die Beschwerdegegnerin duplizierte mit Eingabe vom 25. Oktober 2012. Auf die weiteren von den Verfahrensbeteiligten vorgebrachten Ausführungen wird, soweit erforderlich, in den nachstehenden Erwägungen eingegangen.

Darüber wird in Erwägung gezogen:

  1. Die Sachurteilsvoraussetzungen sind von Amtes wegen zu prüfen:

    1. Anfechtungsobjekt ist ein Rekursentscheid des Baudepartements. Die sachliche Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts ist damit gegeben (Art. 59bis Abs. 1 des Gesetzes über die Verwaltungsrechtspflege, sGS 951.1, abgekürzt VRP).

    2. Die Beschwerdeführerin ist Adressatin des Rekursentscheids, womit sie grundsätzlich zur Ergreifung des Rechtsmittels berechtigt ist (Art. 64 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 45 Abs. 1 VRP). Sie ist eine im Handelsregister eingetragene Aktiengesellschaft. Damit ist sie rechtsfähig (Art. 643 Abs. 1 des Schweizerischen Obligationenrechts, SR 220). Als juristische Person ist sie handlungsfähig, sobald die hierfür unentbehrlichen Organe bestellt sind (Art. 54 des Schweizerischen Zivilgesetzbuches, SR 210). Im Handelsregister sind zwei einzelunterschriftsberechtigte Mitglieder eingetragen. Das Bundesgericht hat sodann am 4. Mai 2012 erwogen, dass es sich bei der X. AG nicht bloss um ein im Aussenverkehr handlungsfähiges, sondern grundsätzlich auch um ein funktionierendes und finanziell gesundes Unternehmen handle, auch wenn die an sich nötige Revisionsstelle fehle (BGE 138 III 294 E. 3.3.1). Demnach handelt die Gesellschaft durch ihren Verwaltungsrat und Geschäftsführer

      U.T. und durch das Mitglied der Geschäftsleitung R.T., beide mit Einzelunterschrift. Daran ändert nichts, dass das Bundesgericht das Verfahren betreffend Feststellung und Anordnung der Löschung im Handelsregister wieder an das Handelsgericht des Kantons St. Gallen zurückgewiesen hat, wo es nach wie vor anhängig ist. Dies gilt zumindest so lange, bis dieses bzw. das Bundesgericht nichts Gegenteiliges angeordnet haben. Hinsichtlich ihrer Beschwerdelegitimation ist auch nicht relevant, dass ihr Verwaltungsratsmitglied bzw. ihr Geschäftsführer in E. einen weiteren Recyclingbetrieb aufbauen will. Entscheidend ist einzig, dass die Beschwerdeführerin selbst Eigentümerin und Mieterin benachbarter Grundstücke ist, womit ihr eigenes schutzwürdiges Interesse an der Beschwerde ohne Weiteres gegeben ist. Auf die beantragten Einvernahmen von O.P., U.T. und F.W. sowie die Einholung einer Amtsauskunft bei der Bauverwaltung E. ist daher zu verzichten.

    3. Die Beschwerdeeingaben entsprechen schliesslich auch zeitlich, formal und inhaltlich den gesetzlichen Voraussetzungen (Art. 64 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 47 Abs. 1 und Art. 48 Abs. 1 und Abs. 2 VRP).

    4. Nach dem Gesagten ist auf die Beschwerde einzutreten.

  2. Hinsichtlich der Einwände der Beschwerdegegnerin, die Beschwerdeführerin sei im vorinstanzlichen Rechtsmittelverfahren nicht legitimiert gewesen, gilt das eben Gesagte. Die Beschwerdeführerin war auch schon im Zeitpunkt der Einsprache- und

    Rekurserhebung rechts- und im Aussenverkehr handlungsfähig (BGE 138 III 294 E. 3.3.1) sowie als direkte Nachbarin im Sinn von Art. 45 VRP zur Einsprache und zum Rekurs legitimiert. Die Vorinstanz hat die Rekurslegitimation der Beschwerdeführerin daher zu Recht bejaht.

  3. Die Beschwerdeführerin verlangt einen Augenschein für ihre Behauptung, dass mit der Umnutzung der Scheune eine Umnutzung der Aussenflächen einhergehe, die im Vergleich mit dem Vorbestand wesentliche Änderungen und zusätzliche Auswirkungen auf die angrenzende Strasse mit sich bringe.

    1. Der Augenschein ist die unmittelbare sinnliche Wahrnehmung von Tatsachen durch die entscheidende Instanz. Er dient dem besseren Verständnis des Sachverhalts. Die Entscheidung, ob eine Besichtigung vor Ort durchzuführen ist, liegt allein im pflichtgemässen Ermessen der urteilenden Instanz. Unbestrittene Tatsachen brauchen nicht durch einen Augenschein überprüft zu werden, sofern eine Nachprüfung nicht durch öffentliche Interessen geboten ist (Cavelti/Vögeli, Verwaltungsgerichtsbarkeit im Kanton St. Gallen, St. Gallen 2003, Rz. 966).

    2. Die tatsächlichen Verhältnisse ergeben sich vorliegend aus den anschaulichen Plänen und den übrigen Verfahrensakten, insbesondere aus den zahlreichen Fotos und dem ausführlichen Augenscheinprotokoll der Vorinstanz mit den protokollierten Ausführungen des Leiters Gemeindestrassen und Langsamverkehr des kantonalen Tiefbauamtes. Dieser Fachmann hat sich die örtlichen Verhältnisse anlässlich des im Rahmen des Rekursverfahrens durchgeführten Augenscheins angesehen und vor Ort kommentiert. Im Fall einer erneuten Ortsbegehung müsste wiederum ein Sachkundiger beigezogen und auf dessen Befund abgestellt werden. Nachdem die Parteien gegen den für die Gemeindestrassen zuständigen Mitarbeiters des Tiefbauamtes nichts einzuwenden hatten, würde folglich der gleiche Fachmann nochmals aufgeboten. Ein erneuter Augenschein durch das Gericht macht auch deshalb keinen Sinn, weshalb darauf verzichtet werden kann.

  4. Die Beschwerdeführerin bringt vor, das Baugesuch decke die geplante bzw. schon vorgenommene Umnutzung der ehemaligen Scheune nicht vollständig ab. Weiter rügt sie, dass die erlassenen Bedingungen und Auflagen nicht geeignet seien, die mit der

    Umnutzung zusammenhängenden Verkehrsbehinderungen und -gefährdungen zu verhindern.

    1. Die nachgesuchte Baubewilligung ist zu erteilen, wenn keine im öffentlichen Recht begründeten Hindernisse vorliegen (Art. 87 Abs. 1 des Baugesetzes, sGS 731.1, abgekürzt BauG).

      1. Ob und in welchem Umfang ein baubewilligungspflichtiger Sachverhalt bewilligt werden soll, entscheidet der Bauherr mit seinem Baugesuch (Häfelin/Müller/Uhlmann, Allgemeines Verwaltungsgericht, 6. Auflage, Zürich/St. Gallen 2010, Rz. 1620 f.). Folglich kann eine Aufforderung der Baubehörde, ein nachträgliches Baugesuch einzureichen, weder durchgesetzt noch angefochten werden (GVP 1998 Nr. 9 S. 35). Kommt ein Bauherr demnach der an sich richtigen behördlichen Anweisung, für eine bauliche Änderung oder vorgenommene bewilligungspflichtige Nutzungsänderung ein Baugesuch nachzureichen, nicht nach, bleibt dieser einzig die Möglichkeit bzw. Pflicht, stattdessen von Amtes wegen ein Nutzungsverbot zu prüfen sowie ein Wiederherstellungsverfahren einzuleiten.

      2. Die Bewilligung kann mit einschränkenden Bedingungen und Auflagen verbunden werden (Art. 87 Abs. 2 BauG). Solche Nebenbestimmungen sind namentlich dann zu erlassen, wenn die Bewilligung im Lichte der gesetzlichen Bestimmungen verweigert werden müsste. Damit können aber bloss Hindernisse von untergeordneter Bedeutung beseitigt werden (B. Heer, St. Gallisches Bau- und Planungsrecht, Bern 2003, Rz. 869). Wird zur Schaffung von Voraussetzungen, die ein rechtmässiges Bauen erlauben, der Zusatz von Bedingungen und Auflagen verlangt, stellt sich die Frage, ob das Baugesuch gesamthaft abgewiesen werden muss oder mit Bedingungen und Auflagen versehen werden kann, welche die Rechtmässigkeit des Bauvorhabens gewährleisten. Um den zweiten Weg beschreiten zu können, bedarf es in aller Regel konkreter Anordnungen, die in ihrer baulichen Tragweite erkennbar sind. Er kann nicht eingeschlagen werden, wenn die durch Bedingungen und Auflagen zu bewirkenden Änderungen am Bauprojekt wesentliche Sachverhalte betreffen bzw. erhebliche Abänderungen der Planunterlagen bedingen. Alsdann ist das Baugesuch abzuweisen, und es ist dem Baugesuchsteller anheimgestellt, ob er ein neues Baugesuch einreichen

will (VerwGE B 2011/77 vom 20. März 2012 E. 7.1., abrufbar unter:

www.gerichte.sg.c h).

    1. Die Beschwerdeführerin rügt die Platzierung des Bürocontainers. Dieser ist aber nicht Gegenstand des Baugesuchs vom 22. September 2011, das diesem Streitverfahren zu Grunde liegt. Der Bauherr hat dafür am 23. Mai 2012 ein separates (nachträgliches) Baugesuch eingereicht. Die Baubehörde hat dieses Gesuch am

      13. August 2012 bewilligt bzw. die Einsprache der Beschwerdeführerin dagegen abgewiesen. Der dagegen erhobene Rekurs ist gemäss Rückfrage bei der Vorinstanz noch hängig. Auch nicht Gegenstand dieses Verfahrens ist die behauptete Umnutzung der Aussenflächen. Sofern die bisherigen Bewilligungen die neue Nutzung dieser Flächen nicht abdecken sollten, wäre dafür ein nachträgliches Baugesuch nötig, bzw. im Unterlassungsfall wäre die Baubehörde gehalten, von sich aus bzw. spätestens auf Antrag hin ein Nutzungsverbot zu erlassen bzw. ein Wiederherstellungsverfahren einzuleiten. Falls sich die Baubehörde weigern sollte, trotz ausdrücklichem Gesuch der einspracheberechtigten Beschwerdeführerin Massnahmen zu prüfen, stünde dieser - sofern die Behörde nicht ausdrücklich verfügen sollte, dass sie die verlangte Amtshandlung nicht vornehmen werde -, die Möglichkeit offen, nach Art. 88 Abs. 2 lit. a VRP gegen die Baukommission Wattwil eine Rechtsverweigerungsbeschwerde einzureichen.

    2. Die Beschwerdeführerin macht geltend, die vorliegende Umnutzung behindere und gefährde den Verkehr.

      1. Nach Art. 22 Abs. 2 lit. b des Raumplanungsgesetzes (SR 700, abgekürzt RPG) dürfen Baubewilligungen nur erteilt werden, wenn das Land im Sinn Art. 19 Abs. 1 RPG erschlossen ist. Erschlossen ist das Land, wenn es über eine hinreichende Zu- und Wegfahrt verfügt (Art. 49 Abs. 2 lit. a BauG). Eine Zufahrt ist dann als hinreichend zu betrachten, wenn sie tatsächlich so beschaffen ist, dass sie bau- und verkehrstechnisch der bestehenden und geplanten Überbauung und Nutzung genügt, den zu erwartenden Fahrzeugen und Fussgängern sicheren Weg bietet und von den öffentlichen Diensten wie Feuerwehr, Sanität, Kehrichtabfuhr und Schneeräumung ungehindert benützt werden kann und - wenn sie über fremdes Grundeigentum führt - rechtlich gesichert ist (Heer, a.a.O., Rz. 513).

      2. Die Breite der Floozstrasse bis 6 m erlaubt ein Kreuzen von zwei Lastwagen bzw. einem Lastwagen mit einem Privatfahrzeug, obwohl die Quartierstrasse eigentlich keinen Durchgangsverkehr aufnehmen muss. Wie der Fachmann des kantonalen Tiefbauamts am vorinstanzlichen Augenschein ausgeführt hat, ist diese Situation für eine solche Nebenstrasse komfortabel. Da auch sonst von keinem relevanten Motorfahrzeugverkehr auszugehen ist, wird es nur vereinzelt zum Begegnungsfall sich kreuzender Fahrzeuge kommen. Bei solchen Verhältnissen dürften selbst angrenzende Einfahrten, Parkplätze und private Verkehrsflächen miteinbezogen werden, wenn sonst ein Kreuzen nicht möglich wäre. Hierfür fehlt es zwar regelmässig an einem von den privaten Strassenanstössern eingeräumten und rechtlich gesicherten Benutzungsrecht. Die entsprechende Benutzung wird aber erfahrungsgemäss auf Zusehen hin gewährt, speziell bei wie vorliegend hauptsächlich gewerblich genutzten Verkehrsflächen. Eine Widmung dieser Flächen für den Gemeingebrauch im Sinn von Art. 1 Abs. 1 des Strassengesetzes (sGS 732.1, abgekürzt StrG) liegt deshalb regelmässig nicht vor, sie ist aber auch nicht nötig (vgl. etwa AGVE 1991 Nr. 44). Solange die Grundeigentümer die Benutzung zulassen, ist sie zumindest nicht widerrechtlich (sogenannte prekaristische Duldung, VerwGE B 2011/110 vom 20. März 2012 E. 4, abrufbar unter: www.gerichte.sg.ch, mit Hinweisen).

      1. Damit erweist sich die Erschliessung der umgenutzten Scheune insgesamt als genügend, auch wenn der neue Betrieb zusätzliches Verkehrsaufkommen generiert. Ohnehin sind nach Einschätzung des Strassenfachmanns hier zusätzliche 20 bis 30 Fahrten pro Tag kaum spürbar. Dazu kommt, dass die vorliegende Nebenstrasse genügend breit ist, dass auf ihr parkiert werden darf (Art. 37 Abs. 2 des Strassenverkehrsgesetzes, SR 741.01 und Art. 19 ff. der Verkehrsregelnverordnung, SR 741.11, abgekürzt VRV), jedenfalls dort, wo neben dem abgestellten Fahrzeug noch ein mindestens 3 m breiter Raum für die übrigen Verkehrsteilnehmer frei und gefahrlos befahrbar bleibt. Gemäss Ausführungen des Leiters Gemeindestrassen ist im gleichen Rahmen auf der Floozstrasse auch das kurzzeitige Abstellen von Mulden oder Lastwagen für den Güterumschlag zulässig, jedenfalls dann, wenn keine privaten Zugänge verstellt werden. Die in diesem Zusammenhang erlassene Auflage, dass genügend Parkplätze für Kunden und Mitarbeiter sowie ausreichende Flächen für den Warenumschlag vorhanden sein müssen, ist zwar wenig konkret, wie die Beschwerdeführerin zu Recht einwendet. Allerdings wird damit auch bloss verdeutlicht,

        was ohnehin gilt, dass auf der Floozstrasse nämlich nur dann parkiert werden darf und Güter umgeschlagen werden dürfen, wenn dadurch der Verkehr nicht behindert oder gefährdet wird (vgl. dazu auch Art. 21 VRV). Allein die Befürchtung der Beschwerdeführerin, dass sich Mitarbeiter und Kunden der Beschwerdegegnerin nicht an die entsprechenden Verkehrsregeln halten werden, rechtfertigt die Verweigerung der Bewilligung bzw. den Erlass von weitergehenden Auflagen nicht. Zum Einen bringt die Beschwerdeführerin nicht vor und ist auch sonst nicht ersichtlich, dass die Sammelstelle der Beschwerdegegnerin in der umgenutzten Scheune grundsätzlich bloss betrieben werden könnte, wenn die Erschliessungsstrasse verkehrsregelwidrig benutzt würde. Zum Anderen setzt die langfristige Einhaltung der Verkehrsregeln und zweckdienlicher Nebenbestimmungen von Bauauflagen (bau)polizeiliche Kontrollen voraus. Demnach ist es an den Vollzugsbehörden bzw. der Polizei, den gesetzlichen Bestimmungen bzw. Auflagen - falls erforderlich - zwangsweise, das heisst verwaltungs- oder strafrechtlich, Nachachtung zu verschaffen, was in letzter Konsequenz den Widerruf der Baubewilligung zur Folge haben kann (VerwGE B 2004/22 vom 18. Mai 2004/2. Dezember 2004 E. 3 d cc, abrufbar unter: www.gerichte.sg.c h).

      2. Aus dem Gesagten folgt, dass die bewilligte Umnutzung der ehemaligen Scheune weder eine zwangsläufige Behinderung oder Gefährdung des Strassenverkehrs im Sinn von Art. 100 StrG noch eine notwendige bewilligungspflichtige Nutzungsänderung der Aussenflächen zur Folge hat, weshalb das vorliegende Baugesuch (Umnutzung der Einstellhalle als Recycling-Sammelstelle) nicht an sich unvollständig ist. Andernfalls, wenn etwa ständig Mulden auf der Strasse oder im Strassenabstand aufgestellt würden bzw. die Nutzung der übrigen Aussenflächen nicht der bisherigen Nutzung entsprechen sollte, wäre die Baubehörde gehalten, für die entsprechende Bewilligung bzw. Wiederherstellung des rechtmässigen Zustands besorgt zu sein. Dies ist aber nicht Gegenstand dieses Verfahrens.

  1. Die Beschwerdeführerin rügt sodann die Kostenverlegung und -höhe. Zum Einen stört sie sich daran, dass sie den Begründungsaufwand bezahlen muss, den ihrer Ansicht nach allein die Beschwerdegegnerin verursacht hat. Zum Anderen ist sie der Meinung, dass die Vorinstanz unnötigerweise Rechtsfragen erörtert habe, die gar nicht umstritten gewesen seien.

    1. Die Beschwerdeführerin ist mit ihrem Antrag unterlegen, dass der vorinstanzliche Entscheid aufgehoben und die Umnutzungsbewilligung verweigert werde. Dem allgemeinen Grundsatz der Kostenverlegung gemäss Art. 95 Abs. 1 VRP folgend, hat die Vorinstanz ihr demnach zu Recht die gesamten Verfahrens- und Parteikosten auferlegt. Daran ändert nichts, dass die Beschwerdegegnerin dabei zu Unrecht bestritten hat, dass die Beschwerdeführerin gar nicht einsprache- und rekursberechtigt sei. Die Rechtsmittelbefugnis ist eine Prozessvoraussetzung bzw. Eintretensvoraussetzung, die unabhängig von entsprechenden Rügen eines Verfahrensbeteiligten von Amtes wegen zu prüfen ist (Cavelti/Vögeli, a.a.O., Rz. 385 mit Hinweisen). Die Beschwerdeführerin wirft ihrer Gegnerin nicht vor, diese habe ihre Legitimation offensichtlich querulatorisch bestritten, was nach dem Verursacherprinzip gemäss Art. 95 Abs. 2 VRP allenfalls eine andere Kostenverlegung gerechtfertigt hätte (R. Hirt, Die Regelung der Kosten nach st. gallischem Verwaltungsrechtspflegegesetz, Lachen/St. Gallen 2004, S. 88 f.). Dies würde auch nicht zutreffen. Sodann kann nicht gesagt werden, die Vorinstanz habe die Frage der Rechtsmittelbefugnis der Beschwerdeführerin unsachgemäss und unnötig vertieft abgehandelt. Wie das Bundesgericht bestätigt hat, liegt bei ihr tatsächlich ein Mangel in der Gesellschaftsorganisation vor (BGE 138 III 294 E. 3.2), womit die Infrage-Stellung ihrer Prozessfähigkeit nicht von Vornherein abwegig ist. Alsdann liegt es unter Beachtung der verfassungsmässigen Verfahrensgarantien im Ermessen der Rekursbehörde zu entscheiden, ob sie einen zweiten Schriftenwechsel anordnet bzw. wie vertieft sie ein an sich zu Recht sich stellendes Rechtsproblem abhandeln will. Das Gericht überprüft die verlegten Kosten bzw. den Kostenaufwand der Vorinstanz nicht frei, sondern mit Blick auf Art. 61 Abs. 1 VRP einzig auf Ermessensfehler (Hirt, a.a.O., S. 254).

      5.2. Die Höhe der Entscheidgebühr von Fr. 3'500.-- ist beim vorliegenden Kostenrahmen von Fr. 50.-- bis Fr. 5'000.-- fraglos tarifkonform und dem Aufwand der Rekursbehörde angemessen, so dass kein Ermessensmissbrauch vorliegt (Art. 10.01 des Gebührentarifs für die Kantons- und Gemeindeverwaltung, sGS 941.12).

      Wie die amtlichen Kosten werden auch die Parteikosten grundsätzlich nach dem Erfolgsprinzip verlegt (Hirt, a.a.O., S. 182 f.), womit diese hier vollumfänglich von der Beschwerdeführerin zu bezahlen sind. Die zugesprochene Entschädigung von gut Fr. 4'000.-- erweist sich beim vorliegenden Kostenrahmen von Fr. 500.-- bis

      Fr. 6'000.-- ebenfalls ohne Weiteres als tarifkonform (Art. 22 Abs. 1 lit. a der

      Honorarordnung für Rechtsanwälte und Rechtsagenten, sGS 963.75, abgekürzt HonO).

        1. Wenn im Rahmen eines Baubewilligungsverfahrens wie vorliegend bemängelt wird, dass eine strittige Umnutzung zu einer unzulässigen Verkehrsbehinderung und - gefährdung führe, wird damit die Baureife des entsprechenden Grundstücks in Frage gestellt. Die Verkehrssicherheit ist ein Teilaspekt des Erfordernisses der baurechtlich relevanten hinreichenden strassenmässigen Erschliessung (Heer, a.a.O., Rz. 512). Somit hat die Vorinstanz zu Recht Ausführungen zu den allgemeinen Voraussetzungen der Erschliessung und zur aufgeworfenen Frage angebracht, ob das Grundstück über eine hinreichende bzw. verkehrssichere Zu- und Wegfahrt verfüge. Mit anderen Worten hat sie auch bezüglich der umstrittenen Frage, ob das umgenutzte Grundstück hinreichend erschlossen sei, keinen unnötigen Kostenaufwand verursacht.

        2. Aus dem Gesagten folgt, dass weder die Verlegung noch die Höhe der amtlichen und ausseramtlichen Rekurskosten eine Rechtsverletzung darstellen und folglich nicht zu beanstanden sind.

  2. Zusammengefasst erweisen sich sämtliche Einwände der Beschwerdeführerin als unbegründet, weshalb die Beschwerde abzuweisen ist.

7. (…).

8. (…).

Demnach hat das Verwaltungsgericht zu Recht erkannt:

  1. ./ Das Gesuch um Entzug der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde wird als

    gegenstandslos abgeschrieben.

  2. ./ Die Beschwerde wird abgewiesen.

  3. ./ Die amtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens von Fr. 3'000.-- bezahlt die

    Beschwerdeführerin unter Verrechnung des Kostenvorschusses in gleicher Höhe.

  4. ./ Die Beschwerdeführerin entschädigt die Beschwerdegegnerin mit Fr. 2'600.--. Eine

Mehrwertsteuer ist nicht geschuldet.

V. R. W.

Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Versand dieses Entscheids an:

  • die Beschwerdeführerin (durch Rechtsanwalt lic. iur. A.B.)

  • die Vorinstanz

  • die Beschwerdegegnerin (durch Rechtsanwalt lic. iur. C.D.)

  • die Beschwerdebeteiligte

am: Rechtsmittelbelehrung:

Sofern eine Rechtsverletzung nach Art. 95 ff. BGG geltend gemacht wird, kann gegen diesen Entscheid gestützt auf Art. 82 lit. a BGG innert 30 Tagen nach Eröffnung beim Schweizerischen Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, Beschwerde erhoben werden.

Quelle: https://www.sg.ch/recht/gerichte/rechtsprechung.html
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