Zusammenfassung des Urteils B 2009/187: Verwaltungsgericht
Die Eltern R. und Ch. haben den Schulrat um Übernahme der Kosten für die Talentschule St. Gallen für ihren Sohn S. gebeten. Nach Ablehnung des Gesuchs durch den Schulrat haben sie Rekurs eingelegt, der ebenfalls abgewiesen wurde. Das Verwaltungsgericht entschied, dass S. nicht die Voraussetzungen für den Besuch einer Schule für Hochbegabte erfüllt und wies die Beschwerde ab. Die Kosten des Verfahrens von Fr. 1'500.-- sind von den Beschwerdeführern zu tragen.
Kanton: | SG |
Fallnummer: | B 2009/187 |
Instanz: | Verwaltungsgericht |
Abteilung: | Verwaltungsgericht |
Datum: | 16.12.2010 |
Rechtskraft: |
Leitsatz/Stichwort: | UrteilVolksschule, Schule für Hochbegabte, Art. 53bis VSG (sGS 213.1), Art. 11bis, Art. 11ter und Art. 11quater VVU (sGS 213.12). Persönliche Voraussetzungen für den Besuch einer Talentschule (Verwaltungsgericht, B 2009/187). |
Schlagwörter: | Talent; Talents; Empfehlung; Gallen; Schule; Talentschule; Besuch; Schulrat; Bildungsdepartement; Sport; Schüler; Swiss; Verwaltungsgericht; Quot; Olympic; Verband; Rekurs; Gemeinde; Kanton; Verbands; Training; Verfügung; Recht; Athleten; Voraussetzung; Anforderungen; Voraussetzungen; Entscheid; Verfahren |
Rechtsnorm: | Art. 19 BV ;Art. 62 BV ;Art. 95 BGG ; |
Referenz BGE: | 117 Ia 27; 125 I 360; 129 I 16; 130 I 354; 130 I 355; 133 I 158; |
Kommentar: | - |
Anwesend: Präsident Prof. Dr. U. Cavelti; Verwaltungsrichter lic. iur. A. Linder,
Dr. B. Heer, lic. iur. A. Rufener, Dr. S. Bietenharder-Künzle; Gerichtsschreiber lic. iur. S.
Schärer
In Sachen
R. und Ch., Beschwerdeführer,
gegen
Erziehungsrat des Kantons St. Gallen,Davidstrasse 31, 9001 St. Gallen,
Vorinstanz, und
Politische Gemeinde G., Beschwerdegegnerin,
betreffend
Kostengutsprache für den Besuch der Talentschule St. Gallen
hat das Verwaltungsgericht festgestellt:
./ S., geboren am 2. Juli 1996, wohnt mit seinen Eltern R. und Ch. in A., Politische Gemeinde G. Nachdem ursprünglich seine Einteilung in die Realschule vorgesehen war, verfügte die Schule G. auf Intervention der Eltern am 6. Mai 2009 den Übertritt in die Sekundarschule. Mittlerweile besucht er seit einem Jahr die Real- bzw. Sportschule im Bürgli in St. Gallen.
Mit Schreiben vom 8. Mai 2009 ersuchten R. und Ch. den Schulrat G. um Übernahme der Schulkosten für die Talentschule der Stadt St. Gallen und die entsprechenden Transportkosten. Sie machten geltend, ihr Sohn spiele seit dem Kindergarten Handball und wolle diesem Sport fortan grösseren Stellenwert beimessen. Sein Stammverein,
der TSV X., unterstütze den Besuch der Talentschule. Der künftige Trainingsumfang betrage drei bis vier Stunden pro Woche.
Der Schulrat stellte am 12. Mai 2009 die Ablehnung des Gesuchs in Aussicht, weil zum einen keine Empfehlung eines nationalen Verbands vorliege und zum anderen drei bis vier Trainingsstunden pro Woche problemlos neben dem ordentlichen Unterricht bewältigt werden könnten. Bei einem Trainingspensum unter zehn Stunden sei der Besuch der Talentschule von vornherein kein Thema. Am 22. Mai 2009 reichten R. und Ch. eine Empfehlung des Handball-Regionalverbands Ost und des TSV X. Junioren U15, beide vom 15. Mai 2009, nach. Mit dem ersten Referenzschreiben attestiert der Trainer G. S. Talentcharakter. Mit dem zweiten Schreiben bestätigt der gleiche Trainer, dass das Team U15 Inter drei Mal wöchentlich leistungsorientiert trainiere. Der Trainingsaufwand insgesamt betrage jedoch zwölf Stunden pro Woche. Dazu komme ein Training pro Monat für die Regionalauswahl, das fünf Stunden dauere. Die Direktion für Schule und Sport der Stadt St. Gallen teilte der Oberstufenschulgemeinde G. am
26. Mai 2009 mit, dass S. die Anforderungen für die Aufnahme in die Talentschule der Stadt St. Gallen erfülle und diese ab dem nächsten Schuljahr besuchen werde. Aus diesem Grund ersuche sie um Kostengutsprache für die dreijährige Oberstufe von jährlich Fr. 13'500.--. Der Restbetrag von Fr. 4'800.-- werde von den Eltern vom Verband bezahlt. Das Amt für Sport des Bildungsdepartementes des Kantons
St. Gallen erklärte am 28. Mai 2009 auf Nachfrage des Schulrates G., dass die Voraussetzungen der Schulgeldübernahme für die Talentschule der Stadt St. Gallen auf Grund der neuen Angaben im konkreten Fall erfüllt seien.
Der Schulrat G. erliess am 4. Juni 2009 folgende Verfügung:
"1. Das Gesuch vom 8. Mai 2009 betreffend Übernahme des Schulgeldes und der Abonnementskosten für S. ab August 2009 für die Talentschule Sport St. Gallen wird abgewiesen.
Wenn die vom Bildungsdepartement formulierten Vorgaben zu einem späteren Zeitpunkt erfüllt sind, wird der Schulrat ein neues Gesuch prüfen.
Die Schulleitung Oberstufe wird sich bemühen, dass S. alle Trainings des TSV X. besuchen kann."
Zur Begründung brachte er an, die geltend gemachten zwölf Trainingsstunden würden viereinhalb Stunden in der Talentschule enthalten. Das reine Handball-Training betrage siebeneinhalb Stunden pro Woche. Diese könnten ohne weiteres nebst dem Unterricht in der Sekundarschule A. erfüllt werden. Die Regionalauswahl habe noch nicht stattgefunden. Ob S. dereinst zu den Auserwählten gehören werde, könne somit noch nicht gesagt werden. Bereits heute eine Kostengutsprache für drei Jahre von über
Fr. 40'000.-- zu leisten, sei verfehlt.
./ Gegen diese Verfügung erhoben R. und Ch. mit Eingabe vom 12. Juni 2009 beim Bildungsdepartement Rekurs. Sie beantragten, den Entscheid des Schulrates kostenpflichtig aufzuheben und ihr Gesuch um Übernahme der Schulkosten für die Talentschule gutzuheissen. Eventuell sei die Streitsache an den Schulrat zur Neubeurteilung zurückzuweisen. Der Schulrat beantragte am 14. Juli 2009 die kostenpflichtige Abweisung des Rekurses. Der Erziehungsrat erliess am 30. September 2009 folgenden Beschluss:
"1. Der Rekurs von Ch. und R. wird abgewiesen.
Das Bildungsdepartement wird im Sinn der Erwägungen eingeladen zu prüfen, ob
ein Anwendungsfall von Art. 11quater VVU vorliegt.
Die amtlichen Kosten werden im Sinn der Erwägungen verlegt.
Das Begehren der Rekurrenten um Parteientschädigung wird abgewiesen."
Das Bildungsdepartement erliess am 2. Oktober 2009 folgende Verfügung:
"1. Die Gemeinde G. ist verpflichtet, S., A., den Besuch der Talentschule St. Gallen zu gestatten und einen entsprechenden Schulgeldbeitrag von Fr. 13'500.-- je Schuljahr zu leisten.
Die Gemeinde G. erstattet die Kosten für den Transport von S. an den auswärtigen Schulort gemäss ausgewiesener Rechnung.
Den Gesuchstellern wird der im Rekursverfahren geleistete Kostenvorschuss in Höhe
von Fr. 1'000.-- zurückerstattet.
Auf die Erhebung amtlicher Kosten gegenüber der Gemeinde G. wird verzichtet."
Zur Begründung erwog es im wesentlichen, in der Schule G. sei es S. nicht möglich, sowohl die schulischen Leistungsziele zu erreichen und gleichzeitig sein Talent zu entfalten. Sodann liege eine positive Empfehlung des Kantonalverbands vor. Damit bestehe ein besonderer Fall im Sinn von Art. 11quater der Verordnung über den Volksschulunterricht (sGS 213.12, abgekürzt VVU), weshalb die Schulgemeinde G. S. den Besuch der Talentschule der Stadt St. Gallen gestatten und den entsprechenden Schulgeldbeitrag und die Transportkosten nach St. Gallen übernehmen müsse.
C./ Gegen die Verfügung des Bildungsdepartementes erhob der Schulrat G. im Namen
der Gemeinde G. am 19. Oktober 2009 beim Verwaltungsgericht des Kantons St. Gallen mit dem Antrag Beschwerde, die angefochtene Verfügung sei unter
Kostenfolge aufzuheben. R. und Ch. ihrerseits erhoben am 22. Oktober 2009 gegen den Entscheid des Erziehungsrates Beschwerde, wobei das Verwaltungsgericht das Verfahren mit Verfügung vom 26. Oktober 2009 ihrem Antrag entsprechend bis zum Entscheid über die Beschwerde des Schulrates sistierte.
Am 15. April 2010 hiess das Verwaltungsgericht die Beschwerde der Politischen Gemeinde G. gut und hob die Verfügung des Bildungsdepartements vom 2. Oktober 2009 betreffend Gesuch um Bewilligung des Besuches der Talentschule St. Gallen und Kostenbeteiligung der Gemeinde G. auf. Zur Begründung brachte es vor, die Vorinstanz habe der Beschwerdeführerin das rechtliche Gehör verwehrt, weshalb die angefochtene Verfügung bereits aus formellen Gründen aufzuheben sei. Dazu komme, dass das Bildungsdepartement nicht zuständig sei, erstinstanzlich über den Besuch einer Talentschule zu entscheiden. Darüber könnten ausschliesslich der Schul- bzw. der Erziehungsrat als Rekursinstanz befinden. Das Bildungsdepartement sei lediglich dafür zuständig, den Nachwuchssportler, der die ordentlichen Voraussetzungen nicht erfülle, im besonderen Fall ausnahmsweise als Spitzentalent zu bezeichnen. Zudem erwog das Gericht, dass der Nachwuchssportler, der über keine Talents Card Nation verfüge, nebst einer Empfehlung des nationalen Verbands aufzeigen müsse, dass sein Ausnahmetalent mindestens dem Niveau der Swiss Olympic Talents Card Regional/In terregional entspreche.
./ Mit Schreiben vom 30. Juni 2010 forderte das Gericht R. und Ch. auf, ihre Beschwerde vom 22. Oktober
2009 hinsichtlich Darstellung des Sachverhalts und der Begründung zu ergänzen.
Mit Eingabe vom 20. August 2010 beantragen die Beschwerdeführer, die Ziffern 1, 3
und 4 des erziehungsrätlichen Rekursentscheids vom 30. September 2009 kostenpflichtig aufzuheben. Eventuell sei das Verfahren auf Grund der neuen Fakten zur Neubeurteilung an die Rekursinstanz zurückzuweisen. Zur Begründung machen sie geltend, sie hätten erst nachträglich Kenntnis davon erhalten, dass der Schweizerische Handball-Verband (SHV) über einen regionalen Athletenbetreuer verfüge, der im Auftrag des SHV Empfehlungsschreiben abgebe. Dieser habe am 8. November 2009
gegenüber dem Schulrat G. bestätigt, dass S. als "förderungswürdig im Sinn der Talentschule" einzustufen sei. Sein zweites Empfehlungsschreiben datiere vom 15. Juli 2010. Um seiner Einschätzung noch mehr Kraft zu verleihen, habe der Athletenbetreuer eine zusätzliche Meinung eines unabhängigen Trainers eingeholt. Damit sei erstellt, dass die ablehnende Haltung des Schulrates sachlich falsch bzw. rein finanzpolitisch motiviert sei.
./ Das Bildungsdepartement liess sich am 26. August 2010 zur Beschwerde vernehmen, wobei es deren Abweisung beantragte und zu bedenken gab, dass die Bestätigung des Athletenbetreuers vom 8. November 2009 im Zeitpunkt des angefochtenen Entscheids noch nicht vorgelegen habe.
Der Schulrat wandte mit Eingabe vom 8. September 2010 ein, dass die mit der Beschwerdeergänzung vom 20. August 2010 nachgereichten Unterlagen für das vorliegende Verfahren irrelevant seien. Allenfalls seien sie Gegenstand des neuen Rechtsmittels gegen den Entscheid des Schulrats vom 20. August 2010, womit auch die Kostengutsprache für das zweite Schuljahr an der Talentschule verweigert worden sei.
F./ Auf die weiteren von den Verfahrensbeteiligten vorgebrachten Ausführungen wird, soweit erforderlich, in den nachstehenden Erwägungen eingegangen.
Darüber wird in Erwägung gezogen:
1. Die sachliche Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtes ist gegeben (Art. 59bis Abs. 1 des Gesetzes über die Verwaltungsrechtspflege, sGS 951.1, abgekürzt VRP). Die Beschwerdeführer sind zur Ergreifung des Rechtsmittels legitimiert (Art. 64 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 45 Abs. 1 VRP). Ihre Beschwerde vom 22. Oktober 2009 bzw.
20. August 2010 entspricht zeitlich, formal und inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen (Art. 64 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 47 Abs. 1 und Art. 48 Abs. 1 VRP). Auf die Beschwerde ist einzutreten.
2. Art. 19 der Bundesverfassung (SR 101, abgekürzt BV) gewährleistet den Anspruch auf ausreichenden und unentgeltlichen Grundschulunterricht. Nach Art. 62 Abs. 2 BV sorgen die Kantone für einen allen Kindern offenstehenden und obligatorischen Grundschulunterricht, der staatlicher Leitung Aufsicht untersteht und an öffentlichen Schulen unentgeltlich ist (vgl. H. Plotke, Schweizerisches Schulrecht,
2. Auflage, Bern 2003, S. 102). Der Unterricht ist grundsätzlich am Wohnort des Schülers zu erteilen (BGE 2P.101/2004 vom 29. November 2005 E. 3.1, in: ZBl 8/2005,
S. 430). Unter Vorbehalt besonderer örtlicher und anderer Verhältnisse ist das Gemeinwesen deshalb nicht verpflichtet, den unentgeltlichen Schulbesuch an einem anderen als dem Wohn- Aufenthaltsort des Schülers zu ermöglichen (BGE 2P. 150/2003 vom 16. September 2003 E. 4.2, in: ZBl 5/2004, S. 281; BGE 125 I 360 E. 6).
Die Anforderungen von Art. 19 BV belassen den Kantonen einen erheblichen Gestaltungsspielraum. Die Ausbildung muss aber auf jeden Fall für den einzelnen Schüler angemessen und geeignet sein, um diesen während der obligatorischen Schulzeit von mindestens neun Jahren auf ein selbstverantwortliches Leben vorzubereiten. Der Anspruch auf obligatorischen Grundschulunterricht wird verletzt, wenn durch eine Einschränkung der Ausbildung des Kindes dessen Chancengleichheit nicht mehr gewahrt ist diesem Lehrinhalte nicht vermittelt werden, die in der hiesigen Wertordnung als unverzichtbar gelten (BGE 130 I 354 E. 3.2).
Als soziales Grundrecht gewährleistet Art. 19 BV nur einen Anspruch auf ein angemessenes, erfahrungsgemäss ausreichendes Bildungsangebot an öffentlichen Schulen. Ein Mehr an individueller Betreuung kann trotz theoretischer Möglichkeit mit
Rücksicht auf das staatliche Leistungsvermögen von Verfassungs wegen nicht
gefordert werden (BGE 133 I 158 E. 3.1, BGE 130 I 355 E. 3.3; BGE 129 I 16 E. 4.2 und
6.4., BGE 117 Ia 27 E. 6a). Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung vermittelt Art. 19 BV deshalb nicht ohne weiteres einen Anspruch auf Grundschulausbildung in speziellen Klassen zur Förderung besonderer Fähigkeiten. Dies gilt jedenfalls dann, wenn diese besondere Förderung nach allgemeiner Auffassung zu Fertigkeiten unter anderem im sportlichen Bereich führt, die ausserhalb des Erwerbs intellektueller und sozialer Basisfähigkeiten stehen und für die Bewältigung der Anforderungen des modernen Lebens nach objektivem Empfinden nicht notwendig sind. Die Kantone unterstützen jedoch den Schulbesuch in entsprechenden Talent- und Förderschulen zunehmend mit finanziellen Mitteln, was auf einen Wandel in der Auffassung hinweist (R. Kägi-Diener, St. Galler Kommentar, a.a.O., Rz. 36 zu Art. 19 BV mit Verweis auf BGE 2P.150/2003 vom 16. September 2003 E. 4).
2.3. Grundsätzlich hat ein Schüler auch im Kanton St. Gallen die öffentliche Schule am Ort zu besuchen, wo er sich aufhält (Art. 52 des Volksschulgesetzes, sGS 213.1, abgekürzt VSG). Nach Art. 53 VSG kann der Schulrat den auswärtigen Schulbesuch eines Schülers jedoch gestatten anordnen, wenn besondere Gründe, wie unzumutbare Schulwege eine sinnvolle Klassenbildung, es rechtfertigen (Abs. 1). Die Schulgemeinde nimmt Schüler aus anderen Schulgemeinden gegen angemessenes Schulgeld auf, soweit die Platzverhältnisse es erlauben (Abs. 2). Dabei trägt die Schulgemeinde am Ort, wo sich der Schüler aufhält, das Schulgeld für den auswärtigen Schulbesuch (Abs. 3).
Darüber hinaus gestattet der Schulrat nach Art. 53bis Abs. 1 VSG den Besuch einer Schule für Hochbegabte, wenn eine Hochbegabung sich in der öffentlichen Schule am Aufenthaltsort nicht entfalten kann (lit. a), die Schule den Erziehungs- und Bildungsauftrag erfüllt und am Standort öffentlich anerkannt ist (lit. b). Die Regierung bezeichnet durch Verordnung die Voraussetzungen für den Besuch einer Schule für Hochbegabte, bezeichnet die anerkannten Schulen und den Beitrag der Schulgemeinde an das Schulgeld (Art. 53bis Abs. 2 Ziff. 1 und 2 VSG). Nach Art. 11bis Abs. 1 VVU ist der Besuch einer Sportschule zu gestatten, wenn
a)der Schüler eine Talents Card National von Swiss Olympic Association eine Empfehlung des nationalen Verbandes besitzt und die Aufnahme- Promotionsbedingungen nach st. gallischem Recht für den Schultyp erfüllt, dem der besuchte Schultyp entspricht;
b)die Schule ein Label eine Empfehlung von Swiss Olympic Association besitzt und vom Bildungsdepartement im Rahmen der Interkantonalen Vereinbarung für Schulen mit spezifisch strukturierten Angeboten für Hochbegabte vom 20. Februar 2003 anerkannt ist.
Ausnahmesituationen werden insofern berücksichtigt, als das Bildungsdepartement eine Schule im Kanton St. Gallen auch unabhängig von Label und Empfehlung anerkennen kann, wenn das sportliche Angebot gleichwertig ist (Art. 11bis Abs. 2 VVU). Zudem kann das Bildungsdepartement im besonderen Fall den Schulrat ermächtigen verpflichten, einem Schüler den Besuch einer Schule für Hochbegabte zu gestatten (Art. 11quater Abs. 1 VVU).
Seit dem Jahr 2006 ermöglicht die Politische Gemeinde St. Gallen besonders begabten Schülern auf der Oberstufe, in der Sekundarschule Blumenau bzw. Realschule Bürgli unter der Leitung einer Fachperson jeweils morgens leistungsorientiert ihrem Talent entsprechend zu trainieren bzw. zu üben. Daneben wird ein Austausch mit den Vereinen und den Eltern gepflegt. Ansonsten sind die Schüler in der Regelklasse der Sekundar- und Realstufe integriert. Die schulischen Lernziele bzw. das Erreichen des st. gallischen Lehrplans werden mit zusätzlichen Lektionen garantiert. Das Erziehungsdepartement (heute: Bildungsdepartment) hat dieses Schulangebot für den Bereich Sport mit Verfügung vom 26. Juni 2007 als Schule für Hochbegabte anerkannt.
Mit Art. 53bis Abs. 2 VSG wird der Regierung zum einen die Kompetenz übertragen, durch Verordnung die persönlichen Anforderungen an hochbegabte Schüler festzulegen und zum anderen das schulische Angebot als Talentschule anzuerkennen sowie den Beitrag der Schulgemeinde an das Schulgeld zu bestimmen. Die Regierung hat von dieser Befugnis in Art. 11bis bis Art. 11quater VVU Gebrauch gemacht und die entsprechenden Voraussetzungen und Ausnahmeregelungen
festgelegt. Dabei hat sie unter anderem das Bildungsdepartement ermächtigt, Schulen unabhängig vom grundsätzlich erforderlichen Label und der nötigen Empfehlung anzuerkennen, sofern die Sportschule ein gleichwertiges Angebot bietet. Dementsprechend hat das Bildungsdepartement die Sportschule der Stadt St. Gallen am 26. Juni 2007 anerkannt. Darüber hinaus hat die Regierung im Rahmen der Gesetzesdelegation das Bildungsdepartement befugt, den Schulrat zu "ermächtigen verpflichten", einem Schüler "im besonderen Fall" den Besuch zu erlauben.
Nach dem Willen des Gesetzgebers sind die Voraussetzungen für den Besuch einer Talentschule restriktiv zu formulieren und Bestimmungen für den Besuch einer Schule für Hochbegabte ausschliesslich auf Spitzentalente anzuwenden, weshalb insbesondere auf die Eliteausweise "Swiss Olympic Talents Cards" der Dachorganisation Swiss Olympic Association abzustellen ist (Botschaft und Entwurf der Regierung vom 10. Januar 2006 zum IX. Nachtrag zum Volkschulgesetz, Amtsblatt Nr. 41/23. Januar 2006, S. 176). Die Swiss Olympic Talents Card ist in erster Linie eine Anerkennung der sportlichen Leistung eines jungen Athleten. Diese Karte öffnet Türen
(z.B. im Bereich der Swiss Olympic Sport bzw. Partner School) und berechtigt je nach Kategorie zum Bezug von weiteren Dienstleistungen. Das Kartenkonzept soll darüber hinaus Gemeinden und Kantonen sichtbar machen, welche Nachwuchsathleten in Verbandsförderungsprogrammen erfasst sind und weiterer gezielter Unterstützung und Förderung bedürfen ( www.sg.ch/home/bildung/sport neues Fenster -> Nachwuchsförderung/Sportschulen -> Swiss Olympic Talents Card).
Die Regierung hat die Voraussetzungen an einen Talentschüler und an eine Schule für Hochbegabte entsprechend den erwähnten Vorgaben einschränkend geregelt (Art. 11bis VVU und 11ter VVU). In Bezug auf Sporttalente verlangt sie, dass eine Talents Card National der Swiss Olympic Association bzw. die Empfehlung des nationalen Verbands vorliegen. Damit hat sie zum Ausdruck gebracht, dass in erster Linie Nachwuchssportler mit national erfüllten Anforderungskriterien und internationalem Potential wie Mitglieder von Juniorennationalmannschaften der obersten Nachwuchs-Alterskategorie der Sportart gefördert werden sollen. Talente im Sinn der Swiss Olympic Talents Card Regional/Interregional allein vermögen diesen hohen Anforderungen nicht zu genügen. In diesem Fall ist eine zusätzliche Empfehlung des nationalen Verbands nötig. Daraus folgt, dass für den Besuch einer Talentschule
nebst einer Empfehlung des nationalen Verbands zumindest eine Swiss Card Regional/ Interregional erforderlich ist. An diesen Anforderungen hat sich im Grundsatz auch das subdelegierte Bildungsdepartement zu orientieren, wenn es gemäss Art. 11quater VVU über eine Ausnahmesituation entscheidet. Folglich kann ein Talent im Sinn des Gesetzes nur dann festgestellt werden, wenn der Nachwuchssportler nebst der vorhandenen Empfehlung des nationalen Verbands aufzeigt, dass sein Ausnahmetalent dem Niveau der Swiss Olympic Talents Card Regional/Interregional entspricht, die allenfalls wegen seines jugendlichen Alters noch nicht erhältlich ist (VerwGE B 2009/186 vom 15. April 2010 E. 3.5.4., in: www.gerichte.sg.ch).
S. besitzt weder eine Talents Card National von Swiss Olympic noch eine Empfehlung des nationalen Verbands, sondern einzig ein Empfehlungsschreiben seines Clubtrainers, der die Referenzen im Namen des TSV X. und des Handballregionalverbands Ost abgegeben hat. Allein damit ist sein Ausnahmetalent als Spitzensportler im Sinn des Gesetzes nicht ausgewiesen. Notwendig wäre nebst einer Swiss Card Regional/Interregional eine Empfehlung des nationalen Verbands, zumal nationale Verbände solche Empfehlungen durchaus auch an jüngere Sportler abgeben, wie es der Schweizerische Fussballverband offenbar selbst für regionale Kader (Stufe U13) tut. Die Beschwerdeführer haben auch sonst nicht dargelegt, inwiefern S. dem Niveau der Swiss Olympic Talents Card Regional/Interregional entsprechen würde. Dementsprechend hat auch das Bildungsdepartement die Abweisung der Beschwerde beantragt. Daran ändert nichts, dass die Stadt St. Gallen an ihre eigenen Schüler, welche die städtische Talentschule besuchen wollen, weniger strenge Anforderungen stellt. Zwar können damit Schüler aus Agglomerationsgemeinden nicht gleichermassen vom städtischen Schulangebot profitieren wie Oberstufenschüler der Stadt St. Gallen. Die unterschiedliche Behandlung gründet aber in der Autonomie der verschiedenen Schulgemeinden und politischen Gemeinden, weshalb sie hinzunehmen ist.
Die Beschwerdeführer haben am 20. August 2010 zwei Empfehlungsschreiben des Athletenbetreuers SHV vom 8. November 2009 und 15. Juli 2010 nachgereicht.
Im erstinstanzlichen Verfahren unterliegt das Recht, neue Begehren zu stellen und neue Tatsachen, Beweismittel und Vorschriften geltend zu machen, grundsätzlich keiner Beschränkung (Art. 19 VRP). Auch im Rekursverfahren ist eine Änderung des tatsächlichen Fundaments noch möglich (Art. 46 Abs. 3 VRP). Im Beschwerdeverfahren vor Verwaltungsgericht dagegen sind neue Begehren nicht mehr zulässig (Art. 61
Abs. 3 VRP). Art. 61 Abs. 3 VRP regelt das sogenannte Novenverbot. Dieses besagt, dass im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht grundsätzlich keine neuen Begehren gestellt werden können. Neu ist ein Begehren, wenn im Verfahren vor Verwaltungsgericht eine gegenüber dem vorangegangenen Rekursverfahren andere weitergehende Rechtsfolgebehauptung erhoben wird (Cavelti/Vögeli, Verwaltungsgerichtsbarkeit im Kanton St. Gallen, St. Gallen 2003, Rz. 919). Ausdruck des Novenverbots ist ausserdem, dass das Verwaltungsgericht Tatsachen, die nach Abschluss des Rekursverfahrens eingetreten sind (echte Noven), grundsätzlich nicht mehr berücksichtigt (Cavelti/Vögeli, a.a.O., Rz. 642). Demgegenüber dürfen neue Tatsachen, die sich vor Abschluss des Rekursverfahrens verwirklicht haben, die der Vorinstanz aber nicht bekannt waren von ihr nicht berücksichtigt wurden (unechte Noven), im Verfahren vor Verwaltungsgericht vorgebracht werden und sind zu würdigen (Cavelti/Vögeli, a.a.O., Rz. 643). Eine Schranke bei der Berücksichtigung unechter Noven besteht dann, wenn der der Verfügung dem Entscheid zugrunde liegende Sachverhalt nicht ergänzt neu gewürdigt wird, sondern wenn dem Rechtsbegehren ein neues tatsächliches Fundament unterstellt wird. Eine solche Änderung des Klagefundaments ist nach der Praxis gestützt auf Art. 61 Abs. 3 nicht zulässig. Eine Einschränkung ergibt sich aber aus Art. 6 Ziff. 1 der Europäischen Menschenrechtskonvention (SR 0.101, abgekürzt EMRK). Soweit die Vorinstanz des Verwaltungsgerichts keine richterliche Behörde ist, garantiert Art. 6 Ziff. 1 EMRK in ihrem Anwendungsbereich eine richterliche Überprüfung mit voller Kognition. Eine solche steht dem Verwaltungsgericht grundsätzlich zu. Das Novenverbot schränkt die freie Sachverhaltsüberprüfung aber unter Umständen erheblich ein, so dass im Anwendungsbereich der EMRK zumindest dort auch Noven zu berücksichtigen sind, wo die Angelegenheit zuvor nicht von einer richterlichen Instanz überprüft wurde (VerwGE B 2007/218 vom 13. März 2008; Cavelti/Vögeli, a.a.O., Rz. 645 mit Hinweis).
Die Empfehlung des SHV ist eine Voraussetzung dafür, dass der Besuch einer Sportschule gestattet werden kann. Die nachgereichten Schreiben des
Athletenbetreuers lagen aber weder dem Schulrat noch der Rekursinstanz vor, sondern wurden erst während des hängigen Beschwerdeverfahrens verfasst, womit sie echte Noven darstellen. Im Beschwerdeverfahren ist grundsätzlich auf den Sachverhalt abzustellen, wie er im Zeitpunkt des Rekursentscheids vorgelegen hat. Das Erfordernis einer Empfehlung des SHV bedeutet insbesondere nicht, dass die Behörde das Gericht diese von sich aus hätten einholen müssen und der Sachverhalt ohne eine entsprechende Stellungnahme ungenügend abgeklärt gewesen wäre, weshalb die Streitsache hätte an die Vorinstanz zurückgewiesen werden müssen (vgl. dazu Cavelti/ Vögeli, a.a.O., Rz. 1028 f.). Es war vielmehr an den Gesuchstellern selbst, ihr Anliegen genügend zu substanziieren (Cavelti/Vögeli, a.a.O., Rz. 604). Allerdings kann die Frage, ob die nachträglich erstellten Empfehlungen trotz des grundsätzlichen Novenverbots berücksichtigt werden können, vorliegend ohnehin offen bleiben, weil die neuen Tatsachen an der Sache nichts ändern.
Für das erste Empfehlungsschreiben vom 8. November 2009 hat der Athletenbetreuer den Handballer nicht selber begutachtet. Seine Einschätzungen stützen sich lediglich auf die Stellungnahme des Clubtrainers ab, der zugleich an der Sportschule St. Gallen tätig ist und seinerseits davon ausgeht, dass sein Schüler ein künftiger U-17 Nationalspieler werden könnte. Eine solche Empfehlung, die einzig die Beurteilung des Trainers wiedergibt, genügt den gesetzlichen Anforderungen nicht (VerwGE B 2009/186 vom 15. April 2010 E. 3.5.5., in: www.gerichte.sg.ch). Daran ändert auch nichts, dass es für den Athletenbetreuer schwierig ist, das Entwicklungspotential eines Spielers auf Grund eigener Beobachtungen abzuschätzen, weshalb er sich lieber auf die Erfahrungen der Clubtrainer verlässt.
Das Empfehlungsschreiben des Athletenbetreuers vom 15. Juli 2010 verweist auf
eine Stellungnahme des Regionalauswahltrainers des Zürcher Handballverbands, der
S. am 4. Juli 2010 an zwei Trainingseinheiten der RA Männer Zürich zur Abschätzung seiner momentanen Fähigkeiten und seines Entwicklungspotentials beobachtet hat. Dabei will auch der aussenstehende Fachmann nicht völlig ausschliessen, dass es S. dereinst in ein Nationalmannschaftskader schaffen könnte, die Möglichkeit dafür bezeichnet er aber als unwahrscheinlich. Auch er bescheinigt dem Schüler einen grossen Trainingswillen, seine physischen Voraussetzungen bezeichnet er aber als nur durchschnittlich ausgeprägt. Als Rückraummittespieler stuft er S. als zu klein ein.
Zudem hält er ihn als zu wenig athletisch und leicht übergewichtig. Ohne gewaltigen Wachstumsschub im nächsten Jahr werde S. kaum in die U17-Nationalmannschaft aufgenommen werden.
2.6.5. Die Empfehlungen des Athletenbetreuers SHV für den Besuch einer Talentschule sind damit ungenügend begründet. Dazu kommt, dass insbesondere die Einschätzung des Trainers des Zürcher Handball-Verbands deutlich aufzeigt, dass S. dem Niveau der Swiss Olympic Talents Card Regional/Interregional nicht entspricht.
2.7. Aus dem Gesagten folgt, dass S. die persönlichen Voraussetzungen für den Besuch einer Schule für Hochbegabte im Sinn des Gesetzes nicht erfüllt. Dementsprechend muss nicht mehr überprüft werden, ob er seine Hochbegabung auch in der örtlichen Schule am Aufenthaltsort entfalten könnte dafür die Sportschule in St. Gallen besuchen muss.
Zusammenfassend gelangt das Verwaltungsgericht zum Schluss, dass S. die Voraussetzungen für den Besuch einer Schule für Hochbegabte im Sinn von Art. 53bis VSG nicht erfüllt. Die Beschwerde ist folglich als unbegründet abzuweisen.
Dem Verfahrensausgang entsprechend sind die amtlichen Kosten von den
Beschwerdeführern zu bezahlen (Art. 95 Abs. 1 VRP). Eine Entscheidgebühr von
Fr. 1'500.-- ist angemessen (Art. 13 Ziff. 622 Gerichtskostentarif, sGS 941.12) und mit
dem geleisteten Kostenvorschuss in gleicher Höhe zu verrechnen.
Ausseramtliche Kosten sind keine zuzusprechen (Art. 98 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 98bis VRP).
Demnach hat das Verwaltungsgericht
zu Recht erkannt:
./ Die Beschwerde wird abgewiesen.
./ Die amtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens von Fr. 1'500.-- bezahlen die Beschwerdeführer unter Verrechnung des geleisteten Kostenvorschusses in gleicher Höhe.
./ Ausseramtliche Kosten werden nicht entschädigt.
V. R. W.
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
Versand dieses Entscheides an:
die Beschwerdeführer
die Vorinstanz
die Beschwerdegegnerin
am:
Rechtsmittelbelehrung:
Sofern eine Rechtsverletzung nach Art. 95 ff. BGG geltend gemacht wird, kann gegen diesen Entscheid gestützt auf Art. 82 lit. a BGG innert 30 Tagen nach Eröffnung beim Schweizerischen Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, Beschwerde erhoben werden.
Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.
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