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Urteil Versicherungsgericht (SG - AVI 2007/15)

Zusammenfassung des Urteils AVI 2007/15: Versicherungsgericht

Das Versicherungsgericht hat in einem Fall bezüglich einer Einstellung in der Anspruchsberechtigung aufgrund einer Selbstkündigung entschieden. Der Beschwerdeführer hatte seine Arbeit aufgrund ausbleibender Lohnzahlungen fristlos gekündigt. Das Gericht entschied, dass die Kündigung gerechtfertigt war und daher keine Selbstverschulden vorlag. Die Beschwerde wurde gutgeheissen, der Einspracheentscheid aufgehoben und dem Beschwerdeführer eine Parteientschädigung von Fr. 2'500.-- zugesprochen.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts AVI 2007/15

Kanton:SG
Fallnummer:AVI 2007/15
Instanz:Versicherungsgericht
Abteilung:AVI - Arbeitslosenversicherung
Versicherungsgericht Entscheid AVI 2007/15 vom 22.06.2007 (SG)
Datum:22.06.2007
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:Entscheid Art. 30 Abs. 1 lit. a AVIG, Art. 44 Abs. 1 lit. b AVIV. Einstellung in der Anspruchsberechtigung bei selbstverschuldeter Arbeitslosigkeit. Triftiger Grund für eine Selbstkündigung (Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 22. Juni 2007, AVI 2007/15).
Schlagwörter: Arbeit; Arbeitgeber; Arbeitgeberin; Kündigung; Frist; Einstellung; Person; Versicherung; Lohnzahlung; Arbeitsverhältnis; Anspruch; Anspruchsberechtigung; E-Mail; Zahlung; Arbeitslosenkasse; Arbeitslosigkeit; Arbeitnehmer; Fristansetzung; Abmahnung; Versicherungsgericht; Verzug; Verschulden; Einsprache; Lohnzahlungen; Recht; Beschwerdeführers; Anfang
Rechtsnorm: Art. 108 OR ;Art. 16 AVIG;Art. 337 OR ;Art. 337a OR ;
Referenz BGE:124 V 236; 124 V 238;
Kommentar:
-, Praxis Art. 319-362 OR, Art. 319; Art. 337 OR, 2006

Entscheid des Verwaltungsgerichts AVI 2007/15

Präsidentin Lisbeth Mattle Frei, Versicherungsrichterin Marie-Theres Rüegg Haltinner, Versicherungsrichter Franz Schlauri; Gerichtsschreiberin Christine Schaffhauser

Angehrn

Entscheid vom 22. Juni 2007 In Sachen

R. ,

Beschwerdeführer,

vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. Rainer Niedermann, Neugasse 55, 9000 St. Gallen,

gegen

Kantonale Arbeitslosenkasse, Davidstrasse 21, 9001 St. Gallen, Beschwerdegegnerin,

betreffend

Einstellung in der Anspruchsberechtigung (Selbstkündigung) hat das Versicherungsgericht in Erwägung gezogen:

I.

A.- a) R. stellte am 14. August 2006 Antrag auf Arbeitslosenentschädigung (act. G 3.5). Zuvor hatte er ab 1. Mai 2006 (zu 20% anscheinend schon im April 2006; vgl. act. G 3.39) bei der A. AG gearbeitet; ein schriftlicher Arbeitsvertrag bestand nicht (act. G 3.10, 3.23). Da ihm der Lohn für den Juli 2006 nicht gezahlt wurde, teilte er den Verantwortlichen B. und C. mit E-Mail vom 9. August 2006 mit, dass er sich ab sofort auf neue Stellensuche begebe. Die Unsicherheit und das Risiko seien ihm zu gross geworden und zudem sei er auf einen Monatslohn angewiesen. Ausserdem erkundigte er sich nach den Modalitäten betreffend Aktenübergabe und allfällige Schlussrechnung. Falls noch Interesse an seiner Person bestehe und er dann jobmässig noch nicht neu gebunden sei, wäre er gerne bereit, das interessante Projekt weiterhin zu unterstützen, jedoch nur nach vorheriger Überweisung von Fr. 7'800.-- für den Juli und den August (act. G 3.55.3).

  1. Mit Schreiben vom 19. September 2006 forderte die Kantonale Arbeitslosenkasse den Versicherten auf mitzuteilen, weshalb er die Arbeitgeberin nicht vor der Kündigung schriftlich in Verzug gesetzt habe (act. G 3.26). Am 13. Oktober 2006 meldete sich der Versicherte beim RAV Oberuzwil ab, da er ab 16. Oktober 2006 wieder bei der A. AG arbeite (act. G 3.30, 3.32). In diesem Zusammenhang war zwischen den Parteien am 28. September 2006 ein schriftlicher Anstellungsvertrag, welcher das Arbeitsverhältnis ab 1. April 2006 umfasste, abgeschlossen worden. Betreffend April 2006 wurde ein Lohnanspruch im Umfang von 20% des vereinbarten Monatslohns von Fr. 4'620.-brutto festgehalten (act. G 3.28). Am 4. Dezember 2006 teilte der Versicherte dem RAV Oberuzwil per Fax mit, dass es mit der ehemaligen Firma nicht geklappt habe, sondern er lediglich hingehalten worden sei. Den vereinbarten Lohn habe er nicht erhalten. Auf dem am 8. Dezember 2006 bei der Kantonalen Arbeitslosenkasse eingegangenen Fragebogen betreffend Verschuldensabklärung begründete der Versicherte, er habe am 9. August 2006 auf den 11. August 2006 gekündigt, weil er für Mai und Juni 2006 jeweils einen Akonto-Lohn von Fr. 3'900.-- erhalten habe, die

    Zahlung für den Juli 2006 jedoch ausgeblieben sei, weshalb er sich auf Jobsuche begeben habe. Da er in diesem Zeitpunkt keinen Arbeitsvertrag gehabt habe, habe auch keine Kündigungsfrist existiert. Vor der Kündigung sei ihm von der Arbeitgeberin immer wieder versprochen worden, dass die Finanzierung des Projektes stehe und er dann seinen Lohn erhalten werde. Aber geschehen sei bis jetzt rein nichts (act. G 3.39).

  2. Mit Verfügung vom 14. Dezember 2006 stellte die Kantonale Arbeitslosenkasse den Versicherten für 25 Tage in der Anspruchsberechtigung ein, weil er zulasten der Versicherung auf Lohn- Entschädigungsansprüche gegenüber der bisherigen Arbeitgeberin verzichtet habe. Es müsse ihm ein mittelschweres Verschulden an seiner frühzeitigen Arbeitslosigkeit angelastet werden (act. G 3.43). Am 19. Dezember 2006 erfolgte die neuerliche Anmeldung für den Bezug von Arbeitslosenentschädigung (act. G 3.46).

  3. Am 2. Januar 2007 erhob R. Einsprache mit dem sinngemässen Antrag, die Einstellungsverfügung sei aufzuheben. Er habe seine Arbeitgeberin vor der Kündigung abgemahnt und auf die ausstehenden Lohnzahlungen hingewiesen; dies werde von dieser auch bestätigt. Der Ausfall werde jedoch durch eine Lohnklage auch nicht behoben, da der A. AG jegliche finanziellen Mittel fehlten und ein allfälliger Konkurs mangels Aktiven eingestellt werden müsste. Daher müsse er den Lohnanspruch zwischen Ende September und anfangs Dezember 2006 definitiv als uneinbringlich abschreiben (act. G 3.55).

  4. Mit Entscheid vom 8. Januar 2007 wies die Kantonale Arbeitslosenkasse die Einsprache ab. Der Versicherte habe seine Arbeitgeberin wegen der nicht erfolgten Lohnzahlung nicht korrekt in Verzug gesetzt. Ein mündliches Gespräch reiche hierzu nicht aus. Auch habe er der Arbeitgeberin in der E-Mail vom 9. August 2006 keine Frist zur Lohnzahlung gesetzt und die Kündigung nicht angedroht. Weiter sei auch nicht ersichtlich, wieso es ihm nicht zumutbar gewesen sein sollte, dort weiterzuarbeiten, sei er doch kurze Zeit später bereits wieder dort angestellt gewesen. Aufgrund aller Umstände treffe ihn ein im mittelschweren Bereich liegendes Selbstverschulden an seiner Arbeitslosigkeit, weshalb er für 25 Tage in der Anspruchsberechtigung einzustellen sei (act. G 3.56).

B.- a) Gegen diesen Einspracheentscheid richtet sich die Beschwerde vom 8. Februar 2007 mit dem Antrag, es sei auf die Einstellung in der Anspruchsberechtigung wegen selbstverschuldeter Arbeitslosigkeit zu verzichten. Art. 337a OR gebe dem Arbeitnehmer das Recht zur fristlosen Auflösung wegen Lohngefährdung künftiger Lohnansprüche, wenn der Arbeitgeber zahlungsunfähig sei und dem Arbeitnehmer nicht innert angemessener Frist Sicherheit leiste. Dabei werde regelmässig eine recht kurze Frist von ca. drei Tagen bis maximal einer Woche angemessen sein, innert welcher die Sicherstellung zu erfolgen habe. Ausserdem könne die Fristansetzung analog zu Art. 108 OR unterbleiben, wenn sie ohnehin fruchtlos sei, z.B. wenn der Arbeitgeber erkläre, dass er keine Sicherheiten leisten könne wolle. Der Lohn für die im April 2006 geleisteten 20% sei bis heute ausstehend. Ebenfalls sei die Arbeitgeberin nicht bei der Sozialversicherung bzw. der Pensionskasse angemeldet und habe auch die entsprechenden vom Lohn abgezogenen Beiträge nicht überwiesen. Als der Julilohn nicht wie üblich am 25. Juli 2006 auf dem Konto des Beschwerdeführers eingegangen sei, habe er die Arbeitgeberin abgemahnt, worauf diese eine Überweisung bis Ende Monat versprochen habe. Als Anfang August der Lohn noch nicht eingetroffen gewesen sei, habe der Beschwerdeführer die Arbeitgeberin erneut zur unverzüglichen Zahlung aufgefordert, da er sonst auf Jobsuche gehen müsse. Die Arbeitgeberin habe denn auch in ihrem Schreiben vom 20. Dezember 2006 zuhanden der Arbeitslosenkasse ausdrücklich bestätigt, dass sie Anfang August mehrmals mündlich abgemahnt worden sei und sich als genügend abgemahnt erachtet habe. Die Arbeitgeberin habe sich demnach spätestens Ende Juli für die fälligen Lohnzahlungen im Verzug befunden und die mittels Abmahnung des Beschwerdeführers Anfang August 2006 gesetzten Fristen unbenützt verstreichen lassen. Damit wären die Voraussetzungen für eine fristlose Kündigung bereits zu diesem Zeitpunkt erfüllt gewesen. Nachdem die mehrfach abgemahnten Lohnzahlungen am 9. August 2006 immer noch nicht beglichen gewesen seien, habe der Beschwerdeführer per E-Mail mitgeteilt, dass er sich ab sofort auf neue Stellensuche begebe. Ferner habe er zur Zahlung des Juli- und Augustlohnes aufgefordert. Am 11. August 2006 habe er schliesslich die Arbeit niedergelegt. Der Beschwerdeführer habe also nicht fristlos gekündigt, sondern bloss die fristlose Kündigung angedroht. Die kurze Fristbemessung bis zur definitiven Niederlegung der Arbeit sei nach der mehrmaligen Abmahnung nicht zu beanstanden. Wolle man aber

die E-Mail vom 9. August 2006 als fristlose Kündigung betrachten, wäre dies nach den mehrfach erfolgten Abmahnungen und Fristansetzungen gerechtfertigt gewesen, zumal eine nochmalige Fristansetzung ohnehin fruchtlos gewesen wäre. Der Verbleib an der Arbeitsstelle wäre dem Beschwerdeführer ausserdem auch aufgrund der Tatsache, dass die Arbeitgeberin die bereits abgezogenen Sozialversicherungsbeiträge nicht abgeführt habe, nicht mehr zumutbar gewesen. An der Unzumutbarkeit ändere auch die Tatsache nichts, dass der Beschwerdeführer im Oktober 2006 wieder an die alte Arbeitsstelle zurückgekehrt sei. Selbst wenn aber die Vorwürfe der Beschwerdegegnerin zutreffen würden, wären die verfügten 25 Einstelltage völlig unverhältnismässig. Der Vorwurf, der Beschwerdeführer habe die Arbeitgeberin nicht korrekt in Verzug gesetzt, sei spitzfindig und übertrieben formalistisch, zumal die rechtlichen Bestimmungen im Zusammenhang mit der fristlosen Auflösung des Arbeitsverhältnisses komplex seien (act. G 1).

  1. Die Beschwerdegegnerin beantragt in ihrer Beschwerdeantwort vom 16. Februar 2007 die Abweisung der Beschwerde. Bei der E-Mail vom 9. August 2006 müsse von einer fristlosen Kündigung des Arbeitsverhältnisses ausgegangen werden, spreche doch der Beschwerdeführer darin von der Vorgehensweise bezüglich Aktenübergabe und der Schlussabrechnung sowie von Zweifeln an einem noch bestehenden Interesse an seiner Person. Ausserdem bleibe die Tatsache bestehen, dass der Beschwerdeführer die Arbeitgeberin wegen der nicht erfolgten Lohnzahlung nicht korrekt in Verzug gesetzt habe. Er habe weder eine Frist zur Lohnzahlung angesetzt noch die Kündigung angedroht. Auch die Tatsache, dass der Beschwerdeführer kurze Zeit später wieder bei der bisherigen Arbeitgeberin gearbeitet habe, sei zu berücksichtigen, bestätige dies doch, dass der Beschwerdeführer von ihrer Zahlungsfähigkeit ausgegangen sein müsse. Bezüglich formeller Erfordernisse bleibe zu bemerken, dass der Beschwerdeführer zwar ein juristischer Laie sei, von ihm als Buchhalter jedoch in dieser Hinsicht ein korrektes Verhalten erwartet werden dürfe. Es liege daher ein mittelschweres Verschulden vor, weshalb eine Einstellung von 25 Tagen angemessen sei (act. G 3).

  2. In seiner innert erstreckter Frist eingereichten Replik vom 30. März 2007 führt der Vertreter des Beschwerdeführers aus, dass sogar eine fristlose Kündigung mit E-Mail vom 9. August 2006 gerechtfertigt gewesen wäre. Betreffend Arbeitsverhältnis im

    Oktober 2006 sei der Beschwerdeführer, vertrauend auf die Versprechungen der Arbeitgeberin, von der inzwischen angeblich erlangten Zahlungsfähigkeit ausgegangen. Im Übrigen lasse sich aus dem Umstand, dass er erneut für die A. AG gearbeitet habe, nichts zu seinen Ungunsten ableiten. Zuletzt wäre es unbillig, dem Beschwerdeführer bei der Verschuldensbemessung ein entsprechendes Fachwissen hinsichtlich der vorliegend relevanten juristischen Materie, mit der auch die Beschwerdegegnerin offensichtlich gewisse Mühe bekunde, anzurechnen. Selbst wenn ihm überhaupt ein Vorwurf gemacht werden könnte, wäre höchstens eine Einstellung von maximal drei Tagen gerechtfertigt (act. G 7).

  3. Die Beschwerdegegnerin verzichtet auf die Einreichung einer Duplik. II.

1.- a) Nach Art. 30 Abs. 1 lit. a AVIG ist eine versicherte Person in der Anspruchsberechtigung einzustellen, wenn sie durch eigenes Verschulden arbeitslos ist. Selbstverschuldet ist die Arbeitslosigkeit namentlich dann, wenn die versicherte Person das Arbeitsverhältnis von sich aus aufgelöst hat, ohne dass ihr eine andere Stelle zugesichert war, es sei denn, dass ihr das Verbleiben an der Arbeitsstelle nicht zugemutet werden konnte (Art. 44 Abs. 1 lit. b AVIV). Im Bereich der freiwilligen Stellenaufgabe findet das sozialversicherungsrechtliche Schadenminderungsprinzip seine Grenze bei der Zumutbarkeit (Art. 16 Abs. 2 AVIG). Eine Stelle, die im Sinne von Art. 16 Abs. 2 AVIG unzumutbar und damit von der Annahmepflicht ausgenommen ist, kann der versicherten Person auch nicht zum Beibehalten zugemutet werden. Eine Einstellung wegen Verzichts auf Lohn- Entschädigungsansprüche gegenüber der bisherigen Arbeitgeberin gemäss Art. 30 Abs. 1 lit. b AVIG kommt entgegen der Begründung in der Einstellungsverfügung vom 14. Dezember 2006 in Ermangelung eines Verzichts nicht in Frage.

b) Im Weiteren ist bei der Prüfung der Frage, ob eine Sanktion wegen Selbstaufgabe der Stelle im Sinne von Art. 44 Abs. 1 lit. b AVIV zulässig ist, das Übereinkommen Nr. 168 der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) über die Beschäftigungsförderung und den Schutz gegen Arbeitslosigkeit vom 21. Juni 1988 zu beachten, das für die Schweiz am 17. Oktober 1991 in Kraft getreten ist (SR 0.822.726.8, nachfolgend

Übereinkommen). Nach Art. 20 lit. c des Übereinkommens können Leistungen der Arbeitslosenversicherung verweigert, zum Ruhen gebracht gekürzt werden, wenn die zuständige Stelle festgestellt hat, dass die betreffende Person ihre Beschäftigung freiwillig ("volontairement") ohne triftigen Grund ("sans motif légitime") aufgegeben hat. Diese staatsvertragliche Norm ist im Einzelfall direkt anwendbar (BGE 124 V 236 E. 3c) und geht den nationalen Bestimmungen für den Erlass einer Einstellungsverfügung vor. Damit dürfen bei einer völkerrechtskonformen Auslegung von Art. 44 Abs. 1 lit. b AVIV an die Zumutbarkeit des Verbleibens am Arbeitsplatz keine überhöhten Anforderungen gestellt werden; insbesondere sind bei der Zumutbarkeitsprüfung auch subjektive Beweggründe der versicherten Person zu berücksichtigen (J. CHOPARD, Die Einstellung in der Anspruchsberechtigung, Zürich 1998, S. 80). Wie auch das Eidgenössische Versicherungsgericht festgehalten hat, kann nicht von einer freiwilligen Beschäftigungsaufgabe im Sinne des Übereinkommens gesprochen werden, wenn eine versicherte Person nicht von sich aus, sondern vom Arbeitgeber durch die Entwicklung am Arbeitsplatz zur Kündigung gedrängt wird. Gleiches gilt für den Fall, da die versicherte Person für das Verlassen der Stelle legitime Gründe zu nennen vermag (BGE 124 V 238 E. 4b/aa).

2.- a) Der Vertreter des Beschwerdeführers begründet die Kündigung damit, dass aufgrund des ausgebliebenen Julilohnes und der gesamten Umstände von der Zahlungsunfähigkeit der Arbeitgeberin habe ausgegangen werden können, was gemäss Art. 337a OR zu einer fristlosen Kündigung berechtigt hätte. Die dafür vorausgesetzte Abmahnung und Fristansetzung sei mehrfach erfolgt. Ausserdem habe der Beschwerdeführer nicht einmal fristlos gekündigt, sondern nach der letzten Fristansetzung vom 9. August 2006 zwei Tage später die Arbeit niedergelegt, weil der Lohn immer noch nicht überwiesen worden sei. Da die Arbeitsstelle für ihn dadurch unzumutbar gewesen sei, sei die durch seine Kündigung verursachte Arbeitslosigkeit nicht selbstverschuldet.

  1. Gemäss Art. 337 OR kann der Arbeitnehmer aus wichtigen Gründen das Arbeitsverhältnis jederzeit fristlos auflösen (Abs. 1). Als wichtiger Grund gilt namentlich jeder Umstand, bei dessen Vorhandensein dem Kündigenden nach Treu und Glauben die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr zugemutet werden darf (Abs. 2). Als solchen wichtigen Grund nennt die Rechtsprechung namentlich auch die

    Weigerung des Arbeitgebers trotz Mahnung, den fälligen Lohn zu bezahlen (U. STREIFF/A. VON KAENEL, Arbeitsvertrag, Praxiskommentar zu Art. 319-362 OR, 6. Auflage, Zürich 2006, N9 zu Art. 337; A. STAEHELIN, Kommentar zu den Art. 331-355 OR, Zürich 1996, N 27 zu Art. 337 OR, vgl. auch N10 zu Art. 337a OR). Im Weiteren gibt Art. 337a OR dem Arbeitnehmer das Recht zur fristlosen Kündigung bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers, sofern für seine Forderungen aus dem Arbeitsverhältnis nicht innert angemessener Frist Sicherheit geleistet wird. Die Pflicht zur Sicherstellung soll sich dabei nur auf noch nicht fälligen Lohn beziehen (STREIFF/ VON KAENEL, a.a.O., N6 zu Art. 337a OR).

  2. Der Beschwerdeführer hatte die ehemalige Arbeitgeberin nach Ausbleiben des Julilohnes nach eigenen Angaben vor der Kündigung gemahnt und auf die ausstehenden Lohnzahlungen (April und Juli) hingewiesen. Die mehrfache mündliche Abmahnung Anfang August 2006 wird auch von der ehemaligen Arbeitgeberin mit Schreiben zuhanden der Beschwerdegegnerin vom 20. Dezember 2006 ausdrücklich bestätigt (act. G 3.55.2). Es besteht kein Anlass, an dieser Darstellung zu zweifeln. Hinzu kommt, dass gemäss den Lohnabrechnungen für die Monate Mai und Juni 2006 die Sozialversicherungsbeiträge zwar abgezogen sind, jedoch die Arbeitgeberin die abgezogenen Beiträge nicht weiterleitete und auch die eigenen Beiträge nicht entrichtete. In der Arbeitgeberbescheinigung vom 18. August 2006 führt die Arbeitgeberin dazu an, der Betrieb werde einer AHV-Ausgleichskasse (erst) angemeldet, sobald die Finanzierung gesichert sei. Die Versicherung bei der Pensionskasse sei auch noch nicht eingerichtet (act. G 3.10). Daraus geht mit aller Deutlichkeit hervor, dass der Betrieb in Anfangsschwierigkeiten steckte und es in diesem Zeitpunkt offen war, ob das Projekt überhaupt finanziell tragfähig werden würde. In dieser Situation stellte das Ausbleiben des Julilohnes einen wichtigen Grund im Sinne von Art. 337 OR dar. Schliesslich kann einem Arbeitnehmer nicht zugemutet werden, das finanzielle Risiko eines Betriebes zu tragen. Daran ändert nichts, wenn der Beschwerdeführer am 28. September 2006 einen neuen Versuch bei der Arbeitgeberin unternahm, einen Arbeitsvertrag unterzeichnete und in der Folge nochmals zwei Monate ohne Lohn arbeitete, um nach erfolgloser Aufforderung, den Lohn sichergestellt zu erhalten, die Stelle erneut per 7. Dezember 2006 zu kündigen (vgl. act. G 3.34-36). Wie der Beschwerdeführer zu Recht festhält, sind allein die Verhältnisse im August 2006 massgebend für die Frage, ob eine fristlose Kündigung damals

gerechtfertigt war. Im Übrigen steht es zwar einem Arbeitnehmer frei, eine unzumutbare Stelle auf eigenes Risiko anzutreten, er kann dazu aber nicht verhalten werden. Schliesslich könnte die E-Mail des Beschwerdeführers vom 9. August 2006 aufgrund der Formulierung, dass er erst nach erfolgter Überweisung der Lohnzahlungen für Juli und August 2006 zur weiteren Unterstützung des Projektes wieder bereit wäre, als schriftliche Abmahnung mit Fristansetzung gemäss Art. 337a OR angesehen werden, mit der Folge, dass der Beschwerdeführer - nachdem die Arbeitgeberin nicht remonstrierte - am 11. August 2006 die Arbeit niederlegen durfte.

3.- a) Zusammenfassend ist somit festzuhalten, dass die fristlose Kündigung durch den Beschwerdeführer aufgrund triftiger Gründe erfolgte, weshalb eine Einstellung in der Anspruchsberechtigung vorliegend nicht in Frage kommt. Die Beschwerde ist daher gutzuheissen und der angefochtene Einspracheentscheid vom 8. Januar 2007 aufzuheben.

b) Gerichtskosten sind keine zu erheben (Art. 61 lit. a ATSG). Hingegen hat der obsiegende Beschwerdeführer Anspruch auf Ersatz der Parteikosten. Diese werden vom Versicherungsgericht festgesetzt und ohne Rücksicht auf den Streitwert nach der Bedeutung der Streitsache und nach der Schwierigkeit des Prozesses bemessen (Art. 61 lit. g ATSG). In der Verwaltungsrechtspflege beträgt das Honorar vor Versicherungsgericht nach Art. 22 Abs. 1 lit. b HonO (sGS 963.75) pauschal Fr. 750.-- bis Fr. 7'500.--. Vorliegend erscheint eine Parteientschädigung von Fr. 2'500.-- (inkl. Barauslagen und Mehrwertsteuer) angemessen.

Demgemäss hat das Versicherungsgericht

im Zirkulationsverfahren gemäss Art. 53 GerG entschieden:

  1. In Gutheissung der Beschwerde wird der angefochtene Einspracheentscheid vom 8. Januar 2007 aufgehoben.

  2. Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

  3. Die Beschwerdegegnerin bezahlt dem Beschwerdeführer eine Parteientschädigung von Fr. 2'500.-- (inkl. Barauslagen und Mehrwertsteuer).

Quelle: https://www.sg.ch/recht/gerichte/rechtsprechung.html
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