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Urteil Versicherungsgericht (SG - AVI 2006/37)

Zusammenfassung des Urteils AVI 2006/37: Versicherungsgericht

Die Beschwerdeführerin hat gegen die Einstellung in der Anspruchsberechtigung aufgrund einer Arbeitgeberkündigung geklagt. Die Arbeitgeberin hatte die Versicherte entlassen, weil sie angeblich Geld unterschlagen und sich ungebührlich verhalten habe. Die Beschwerdeführerin bestritt diese Vorwürfe und argumentierte, dass die Entlassung nicht gerechtfertigt sei. Das Gericht entschied, dass die Vorwürfe gegen die Beschwerdeführerin nicht ausreichend bewiesen waren und hob den Einspracheentscheid auf. Es wurden keine Gerichtskosten erhoben, und die Beschwerdeführerin erhielt eine Parteientschädigung von CHF 2'500.-.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts AVI 2006/37

Kanton:SG
Fallnummer:AVI 2006/37
Instanz:Versicherungsgericht
Abteilung:AVI - Arbeitslosenversicherung
Versicherungsgericht Entscheid AVI 2006/37 vom 15.03.2007 (SG)
Datum:15.03.2007
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:Entscheid Art. 30 Abs. 1 lit. a AVIG; Art. 44 Abs. 1 lit. a AVIV. Aufhebung der Einstellung in der Anspruchsberechtigung, da Verhalten, welches zur Kündigung geführt hat, nicht nachgewiesen ist (Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 15. März 2007, AVI 2006/37).
Schlagwörter: Arbeitgeber; Arbeitgeberin; Kündigung; Verhalten; Stellung; Anspruch; Stellungnahme; Person; Einstellung; Anspruchsberechtigung; Kunden; Arbeitsverhältnis; Einsprache; Arbeitslosigkeit; Quot; Verschulden; Einspracheentscheid; Suchtprobleme; Vielmehr; Verwarnung; Auflösung; Arbeitsverhältnisses
Rechtsnorm: Art. 321d OR ;Art. 321e OR ;
Referenz BGE:112 V 245; 124 V 236;
Kommentar:
-

Entscheid des Verwaltungsgerichts AVI 2006/37

Präsidentin Lisbeth Mattle Frei, Versicherungsrichterinnen Marie Löhrer und Marie- Theres Rüegg Haltinner; Gerichtsschreiber Jürg Schutzbach

Entscheid vom 15. März 2007 In Sachen

B. ,

Beschwerdeführerin,

vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. Rainer Niedermann, Neugasse 55, 9000 St. Gallen,

gegen

UNIA Arbeitslosenkasse, Bahnhofstrasse 24, Postfach 142, 9443 Widnau, Beschwerdegegnerin,

betreffend

Einstellung in der Anspruchsberechtigung (Arbeitgeberkündigung)

hat das Versicherungsgericht in Erwägung gezogen: I.

A.- B. stellte per 1. November 2005 Antrag auf Leistungen der Arbeitslosenversicherung, nachdem ihr letztes Arbeitsverhältnis bei der A. von der Arbeitgeberin auf den 31. Oktober 2005 aufgelöst worden war (act. G 6.1). In der Arbeitgeberbescheinigung gab die A. an, das persönliche Verhalten der Versicherten habe nicht den A. -Standards entsprochen (act. G 6.5). Mit Stellungnahme vom 31. Januar 2006 führte die Arbeitgeberin dazu aus, diverse disziplinarische Vorkommnisse hätten zur Kündigung geführt. Dazu hätten mangelnde Zuverlässigkeit und der Umgangston gehört. Ausserdem sei die Versicherte unter anderem wegen der Unterschlagung von Firmengeld verwarnt worden (act. G 6.7). Demgegenüber führte die Versicherte in ihrer Stellungnahme vom 10. Januar 2006 (Eingang Unia: 19. Januar 2006) aus, sie sei nach dem Tod ihres Stiefvaters verdächtigt worden, unter Suchtproblemen zu leiden. Als sie diese Anschuldigung ärztlich habe widerlegen können, sei sie mit der Begründung entlassen worden, sie hätte keinen Respekt vor Vorgesetzten und sei unloyal (act. G 6.8). Mit Verfügung vom 6. Februar 2006 wurde die Versicherte für 50 Tage in der Anspruchsberechtigung eingestellt, da sie wegen der nicht sofortigen Weiterleitung von Kundengeldern aus eigenem Verschulden arbeitslos sei (act. G 6.10). Die Einsprache vom 17./23. Februar 2006, mit welcher die Versicherte unter anderem geltend machte, dass keine eigentlichen Kündigungsgründe vorhanden gewesen seien, wurde mit Entscheid vom 1. März 2006 abgewiesen (act. G 6.13 und 14).

B.- a) Gegen diesen Entscheid richtet sich die vorliegende Beschwerde vom 6. März/3. April 2006 mit den Anträgen, der angefochtene Einspracheentscheid vom 1. März 2006 sowie die Einstellungsverfügung vom 6. Februar 2006 seien aufzuheben und es sei auf eine Einstellung zu verzichten. Der Beschwerdeführerin seien sodann die gesetzlichen Leistungen auszurichten. Weder habe die Beschwerdeführerin Gelder unterschlagen noch habe sie Suchtprobleme gehabt. Zudem sei sie nie mündlich verwarnt worden. Schliesslich würden auch für die angeblich mangelnde Loyalität und die Respektlosigkeit gegenüber Vorgesetzten keine konkreten Vorfälle genannt. Vielmehr schiebe die Arbeitgeberin in ihrer Stellungnahme vom 31. Januar 2006 offensichtlich

Kündigungsgründe nach, von denen vorher nicht die Rede gewesen sei. Der angefochtene Einspracheentscheid stütze sich somit auf einen Sachverhalt, der nicht als bewiesen und feststehend angenommen werden könne. Ein (eventual-)vorsätzliches Herbeiführen der Entlassung sei nicht bewiesen, weshalb ein Selbstverschulden nicht klar feststehe (act. G 1 und 3).

  1. Mit Beschwerdeantwort vom 23. Juni 2006 beantragt die Verwaltung Abweisung der Beschwerde. Auf Grund der Verwarnung (vom 21. März 2005) hätte der Beschwerdeführerin klar sein müssen, dass sie sich nichts mehr zu Schulden lassen kommen dürfe, ansonsten sie die Kündigung erhalten würde. Nach dem Verweis habe es aber eine Auseinandersetzung um Suchtprobleme gegeben, die dann zur Auflösung des Arbeitsverhältnisses geführt hätten. Die Versicherte treffe ein Verschulden an der Auflösung des Arbeitsverhältnisses (act. G 6).

  2. Mit Replik vom 21. August 2006 betont der Rechtsvertreter nochmals, dass die Behauptung, die Beschwerdeführerin habe Geld veruntreut, nicht zutreffe. Sie habe nie Kundengelder auf ihr Konto überwiesen. Vielmehr habe sie das Geld versehentlich weggeworfen. Ausserdem habe sie das Geld aus eigener Tasche zurückbezahlt, sobald sie entsprechend liquid gewesen sei. Das erwähnte Versehen sei entschuldbar und hätte im Übrigen gemäss Art. 321e OR von der Arbeitgeberin getragen werden müssen (act. G 8). Die Beschwerdegegnerin verzichtet auf eine Duplik (vgl. act. G 11).

  3. Am 18. Januar 2007 reicht die A. auf Ersuchen des Gerichts eine Stellungnahme zu den Entlassungsgründen ein (act. G 14). Dazu nimmt der Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin am 20. Februar 2007 Stellung (act. G 18).

II.

1.- a) Nach Art. 30 Abs. 1 lit. a des Bundesgesetzes über die obligatorische Arbeitslosenversicherung und die Insolvenzentschädigung (AVIG) ist die versicherte Person in der Anspruchsberechtigung einzustellen, wenn sie durch eigenes Verschulden arbeitslos ist. Selbstverschuldet ist die Arbeitslosigkeit nach Art. 44 Abs. 1 lit. a der Verordnung über die obligatorische Arbeitslosenversicherung und die Insolvenzentschädigung (AVIV) namentlich dann, wenn die versicherte Person durch ihr

Verhalten, insbesondere wegen Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten, dem Arbeitgeber Anlass zur Auflösung des Arbeitsverhältnisses gegeben hat. Zu den arbeitsvertraglichen Verpflichtungen eines Arbeitnehmers gehört es, die allgemeinen Anordnungen des Arbeitgebers und die ihm erteilten besonderen Weisungen nach Treu und Glauben zu befolgen (Art. 321d Abs. 2 OR).

  1. Am 17. Oktober 1991 ist für die Schweiz das Übereinkommen Nr. 168 der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) über die Beschäftigungsförderung und den Schutz gegen Arbeitslosigkeit vom 21. Juni 1988 (SR 0.822.726.8; nachfolgend Übereinkommen) in Kraft getreten. Gemäss Art. 20 lit. b des Übereinkommens können Leistungen, auf welche eine geschützte Person bei Arbeitslosigkeit Anspruch gehabt hätte, verweigert, entzogen, zum Ruhen gebracht gekürzt werden, wenn die zuständige Stelle festgestellt hat, dass die betreffende Person vorsätzlich zu ihrer Entlassung beigetragen hat. Da diese Bestimmung inhaltlich hinreichend bestimmt und klar ist, ist sie im Einzelfall direkt anwendbar und geht damit allfällig widersprechendem Landesrecht vor (BVR 1999 S. 377 E. 4b). Eine Einstellung in der Anspruchsberechtigung setzt somit voraus, dass die versicherte Person vorsätzlich zu ihrer Entlassung beigetragen hat, wie auch das Bundesgericht bestätigt hat (Urteil vom

    26. April 2006, i.S. S., C 11/06 mit Hinweis auf BGE 124 V 236 E. 3b, sowie Urteil vom

    26. April 2006, i.S. S., C 6/06). Im Sozialversicherungsrecht handelt vorsätzlich, wer eine Tat mit Wissen und Willen begeht, mindestens im Sinne des Eventualvorsatzes in Kauf nimmt (JACQUELINE CHOPARD, Die Einstellung in der Anspruchsberechtigung, Diss. Zürich 1997, S. 52). Eine zumindest eventualvorsätzliche Herbeiführung der Arbeitslosigkeit liegt z.B. dann vor, wenn die versicherte Person auf Grund einer Verwarnung weiss, dass ein bestimmtes Verhalten vom Arbeitgeber nicht - nicht mehr - toleriert wird und zu einer Kündigung führt, sie aber die ihr nach den persönlichen Umständen und Verhältnissen zumutbare Anstrengung zu einer Änderung des vom Arbeitgeber beanstandeten Verhaltens nicht aufbringt (vgl. BVR 1999 S. 373 ff.). Hat eine versicherte Person nur grob fahrlässig zur Kündigung durch den Arbeitgeber beigetragen, ist eine Einstellung in der Anspruchsberechtigung gemäss Art. 20 lit. b des Übereinkommens nicht zulässig.

  2. Beim Einstellungsgrund des Art. 44 Abs. 1 lit. a AVIV genügt der im Sozialversicherungsrecht übliche Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit

nicht, sondern es muss das der versicherten Person zur Last gelegte Verhalten klar feststehen (vgl. THOMAS NUSSBAUMER, Arbeitslosenversicherung, in: Schweizerisches Bundesverwaltungsrecht, Bd. XIV Soziale Sicherheit, 2. Auflage, Rz 829 mit Hinweisen). Bei Differenzen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer vermögen blosse Behauptungen des Arbeitgebers den Nachweis für ein schuldhaftes Verhalten der versicherten Person nicht zu erbringen, wenn sie von dieser bestritten werden und nicht durch andere Beweise Indizien bestätigt erscheinen (BGE 112 V 245 E. 1 mit Hinweisen; ARV 1993/94 Nr. 26 S. 183 f. E. 2a; THOMAS NUSSBAUMER, a.a.O., Rz

831 mit Hinweisen).

2.- a) Vorliegend macht die Beschwerdegegnerin geltend, die Beschwerdeführerin sei durch eigenes Verschulden arbeitslos. Dabei stützt sie sich im Wesentlichen auf die Angaben der Arbeitgeberin in deren Stellungnahme vom 31. Januar 2006. In der Verfügung vom 6. Februar 2006 führte sie deshalb aus, es sei unbestritten, dass die Beschwerdeführerin Geld der Arbeitgeberin nicht sofort weitergeleitet habe (act. G 6.10). Im Einspracheentscheid vom 1. März 2006 bleibt unklar, welches Verhalten nach Ansicht der Beschwerdegegnerin zur Auflösung des Arbeitsverhältnisses geführt haben soll (act. G 6.14). In der Stellungnahme vom 23. Juni 2006 stellt sich die Beschwerdegegnerin schliesslich auf den Standpunkt, es hätte der Beschwerdeführerin auf Grund des Verweises (wegen der verschwundenen Kundengelder) klar sein müssen, dass sie sich nichts mehr zu Schulden lassen kommen dürfe. Da es nach dem Verweis eine Auseinandersetzung um Suchtprobleme gegeben habe, die dann zur Auflösung des Arbeitsverhältnisses geführt habe, treffe die Beschwerdeführerin ein Verschulden an ihrer Arbeitslosigkeit (act. G 6).

Dem ist jedoch mit der Berdeführerin entgegen zu halten, dass die Veruntreuung von Kundengeldern nicht nachgewiesen ist. Die Beschwerdeführerin geht von einem blossen Versehen aus; sie habe den Umschlag mit dem Geld in der Hektik aus Versehen in den Papierkorb geworfen. Die Arbeitgeberin selber verzichtete offenbar auf eine weitere Abklärung des Sachverhalts und insbesondere auf eine Strafanzeige. Vielmehr liess sie es am 21. März 2005 nach Abwägung aller Umstände bei einem Verweis bewenden. Darin wurde die Beschwerdeführerin ermahnt, dass sich solche Vorkommnisse nicht wiederholen dürften und dass sich die Beschwerdeführerin "künftig an die üblichen Prozessabläufe zu halten" habe (act. G 6.6). Nachdem die

Arbeitgeberin nicht behauptet, die Beschwerdeführerin habe sich weitere Veruntreuungen zu Schulden kommen lassen, kann als Zwischenergebnis festgehalten werden, dass der Vorfall vom November 2004 mit dem - aus welchen Gründen auch immer - nicht rechtzeitig weitergeleiteten Geld nicht zur Kündigung und damit zur Arbeitslosigkeit geführt hat.

  1. Die Arbeitgeberin bestätigt in ihrer Stellungnahme vom 18. Januar 2007, dass sie zwar anfänglich den Verdacht hatte, dass die Beschwerdeführerin ein Drogen- Alkoholproblem haben könnte. Aus diesem Grund sei die Beschwerdeführerin darauf angesprochen worden. Als diese entsprechende Probleme verneint habe, habe man ihr geglaubt (act. G 14 Pkt. 3). Entgegen der Ansicht der Beschwerdegegnerin geht somit die Arbeitgeberin selber nicht davon aus, dass die angebliche Suchtproblematik (bzw. eine Auseinandersetzung darum) zur Kündigung geführt habe. Die Beschwerdeführerin kann somit auch aus diesem Grund nicht in der Anspruchsberechtigung eingestellt werden.

  2. Bleiben noch die Vorwürfe des "ungebührlichen Verhaltens". Am 26. April 2005 wurde die Beschwerdeführerin zu einem Gespräch mit dem Agenturleiter und dem Regionaldirektor der Arbeitgeberin zitiert. Anlässlich dieser Unterredung wurde ihr die Kündigung per 31. Juli 2005 (welche sich in der Folge krankheitsbedingt auf den 31. Oktober 2005 verlängerte) unterbreitet. Als Gründe wurden im Kündigungsschreiben lediglich die "Ihnen im heutigen Gespräch mündlich mitgeteilten Gründe" aufgeführt (act. G 6.6). In der Arbeitgeberbescheinigung vom 20. Dezember 2005 führte die A. aus, das persönliche Verhalten der Beschwerdeführerin habe nicht dem A. - Standard entsprochen (act. G 6.5). In ihrer Stellungnahme vom 31. Januar 2006 führte die Arbeitgeberin schliesslich aus, diverse disziplinarische Vorkommnisse hätten zur Kündigung der Beschwerdeführerin geführt. Dazu gehöre mangelnde Zuverlässigkeit, was immer wieder zu Kundenreklamationen geführt habe. Wiederum gab die Arbeitgeberin an, der Umgangston gegenüber Kunden und internen Stellen habe nicht dem A. -Standard entsprochen. Die Beschwerdeführerin sei mündlich und schriftlich verwarnt worden. Dazu verwies die Arbeitgeberin auf ihr Schreiben vom 21. März 2005 (act. G 6.7). In der vom Gericht eingeholten Stellungnahme vom 18. Januar 2007 präzisiert die A. ihre Vorwürfe nun dahingehend, dass sich die Beschwerdeführerin etwa am Telefon über eine Kundin ausgelassen habe von einer anderen Kundin

    mit den Füssen auf dem Tisch und in ein privates Telefongespräch vertieft angetroffen wurde, ohne dass die Beschwerdeführerin Anstalten gemacht habe, die Kundin zu bedienen. Solche und ähnliche Vorfälle seien an der Tagesordnung gewesen und hätten den Agenturleiter immer wieder in missliche Umstände gebracht. Zudem habe sie sich an einer internen Schulung vor allen Teilnehmern auf der Generaldirektion abschätzig über den Agenturleiter geäussert. Die Beschwerdeführerin sei jeweils nach Reklamationen mündlich verwarnt worden, wobei sich nicht mehr rekonstruieren lasse, wann genau diese Verwarnungen erfolgt seien (act. G 14 Pkt. 1).

    Die Beschwerdeführerin bestreitet alle diese Vorwürfe. Weder treffe zu, dass sie sich abschätzig über Kunden geäussert habe, noch könne sie sich an eine entsprechende Reklamation Ermahnung erinnern. Ebenso sei der Vorwurf haltlos, sie hätte die Füsse auf dem Tisch gehabt. Vielmehr sei sie von einer aufgebrachten Kundin fälschlicherweise beschuldigt worden. Diese Kundin habe sich zwischenzeitlich für ihr Verhalten und die ungerechtfertigte Anschwärzung bei der Beschwerdeführerin entschuldigt. Die zeitweilige Nervosität der Beschwerdeführerin sei auf die damalige schwierige Situation zurückzuführen gewesen, als ihr Stiefvater am 3. März 2005 gestorben sei. Der Agenturleiter sei darüber jederzeit informiert gewesen. Die Art und Weise, wie der Beschwerdeführerin dann eine Suchtproblematik unterstellt worden sei, lege den Verdacht auf Mobbing nahe. Zudem sei der zeitliche Zusammenhang zwischen der (am 13. April 2005 erfolgten) Einreichung des ärztlichen Attests vom 3. April 2005 und der am 26. April 2005 mündlich ausgesprochenen Kündigung derart eng, dass die gegenteilige Behauptung der A. unglaubwürdig erscheine, zumal der vorgeschobene Kündigungsgrund des beanstandeten Verhaltens gar nicht existiere (act. G 18).

    Nachdem die Vorwürfe durch die Beschwerdeführerin bestritten werden, müssten sie durch andere Indizien als bestätigt erscheinen (vgl. Erw. 1c hiervor). Dies ist vorliegend jedoch nicht der Fall. Vielmehr erscheinen die Ausführungen der Beschwerdeführerin nicht weniger glaubwürdig als jene der Arbeitgeberin. Zudem ist mit der Beschwerdeführerin festzustellen, dass der zeitliche Zusammenhang zwischen der (versuchten) Unterstellung von Suchtproblemen und - als sie solche am 13. April 2005 ärztlich widerlegen konnte (Beilage zu act. G 6.13) - der Unterredung mit anschliessender Kündigung vom 26. April 2005 tatsächlich sehr eng ist, so dass nicht

    ausgeschlossen werden kann, dass man die Beschwerdeführerin unter einem Vorwand loswerden wollte. Hinzu kommt, dass die Arbeitgeberin nie klar darlegen konnte, unter welchen Umständen die Beschwerdeführerin am 26. April 2005 zu ihren Vorgesetzten zitiert wurde und eine am 25. April 2005 vorbereitete Erklärung unterzeichnen musste. Insbesondere ergibt sich aus den Ausführungen der Arbeitgeberin kein zeitlicher Zusammenhang zwischen dem behaupteten Fehlverhalten und dem Kündigungszeitpunkt, welcher einen diesbezüglichen Konnex als nahe liegend erscheinen lassen würde.

  3. Selbst wenn aber der eine andere Vorwurf der Arbeitgeberin zutreffen sollte, ist noch nicht nachgewiesen, dass die Beschwerdeführerin eine Kündigung zumindest eventualvorsätzlich in Kauf genommen hat. Die Arbeitgeberin räumt diesbezüglich ein, dass die Verwarnungen nur mündlich ausgesprochen worden seien und heute nicht mehr rekonstruiert werden könne, wann genau diese erfolgt seien (act. G 14 Pkt. 2). Zudem werden auch diese Verwarnungen von der Beschwerdeführerin bestritten (act. G 18).

3.- a) Zusammenfassend ist somit festzustellen, dass weder das behauptete Fehlverhalten noch der dafür erforderliche (Eventual-)Vorsatz der Beschwerdeführerin genügend erhärtet sind, um eine Einstellung in der Anspruchsberechtigung zu rechtfertigen. Der angefochtene Einspracheentscheid vom 1. März 2006 ist daher aufzuheben.

b) Gerichtskosten sind keine zu erheben (Art. 61 lit. a ATSG). Hingegen hat die obsiegende Beschwerdeführerin Anspruch auf Ersatz der Parteikosten. Diese werden vom Versicherungsgericht festgesetzt und ohne Rücksicht auf den Streitwert nach der Bedeutung der Streitsache und nach der Schwierigkeit des Prozesses bemessen (Art. 61 lit. g ATSG). In der Verwaltungsrechtspflege beträgt das Honorar vor Versicherungsgericht nach Art. 22 Abs. 1 lit. b HonO (sGS 963.75) pauschal Fr. 750.-- bis Fr. 7'500.--. Vorliegend erscheint eine Parteientschädigung von Fr. 2'500.-- (inkl. Barauslagen und Mehrwertsteuer) als angemessen.

Demgemäss hat das Versicherungsgericht

im Zirkulationsverfahren gemäss Art. 53 GerG

entschieden:

  1. In Gutheissung der Beschwerde wird der angefochtene Einspracheentscheid vom 1. März 2006 aufgehoben.

  2. Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

  3. Die Beschwerdegegnerin bezahlt der Beschwerdeführerin eine Parteientschädigung von Fr. 2'500.-- (inkl. Barauslagen und Mehrwertsteuer).

Quelle: https://www.sg.ch/recht/gerichte/rechtsprechung.html
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