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Urteil Verwaltungsgericht (LU)

Kopfdaten
Kanton:LU
Fallnummer:V 11 184
Instanz:Verwaltungsgericht
Abteilung:Verwaltungsrechtliche Abteilung
Verwaltungsgericht Entscheid V 11 184 vom 31.07.2012 (LU)
Datum:31.07.2012
Rechtskraft:Diese Entscheidung ist rechtskräftig.
Leitsatz/Stichwort:Art. 29 Abs. 2 BV; § 103 VRG. Die Nichtzustellung des Berichts einer Fachbehörde zu einem strittigen Sachverhaltsaspekt an die Parteien stellt eine Verletzung des rechtlichen Gehörs dar. Dies unbesehen davon, um was für ein Dokument es sich handelt und ob dieses für den Verfahrensausgang relevant ist. Dient der Augenschein der Feststellung eines strittigen Sachverhalts bzw. der Überprüfung der Vorbringen einer Partei, sind die Verfahrensparteien dazu einzuladen, damit diese ihren Standpunkt einbringen können. Dies gilt auch bei einem Augenschein durch die sachverständige Behörde.
Schlagwörter: Beschwerde; Augenschein; Akten; Beschwerdeführer; Vorinstanz; Gehör; Stellungnahme; Terrain; Sachverhalt; Entscheid; Beschwerdegegner; Recht; Anspruch; Akteneinsicht; Verfahren; Beschwerdeführern; Gehörs; Behörde; Beschwerdegegners; Interne; Verwaltung; Rechtliches; Worden; Gewachsene; Partei; Verletzung; Augenscheins; Sachbearbeiter; Baugrundstück; Hinweis
Rechtsnorm: Art. 29 BV ;
Referenz BGE:115 V 303; 116 Ia 99; 129 IV 146; 132 V 387; 137 I 197;
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
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Entscheid
Aus den Erwägungen:

3. - In formeller Hinsicht rügen sämtliche Beschwerdeführer eine Verletzung des rechtlichen Gehörs. Die Vorinstanz habe zum einen eine Stellungnahme beim GIS eingeholt. Diese datiere vom ( ) und sei ihnen nicht zur Kenntnis gebracht worden. Zum anderen könne besagter Stellungnahme entnommen werden, dass eine Begehung vor Ort stattgefunden habe, wozu sie nicht eingeladen worden seien.

a) Der Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV) beinhaltet (u.a.) das Recht auf Akteneinsicht (statt vieler: Waldmann/Bickel, in: Waldmann/Weissenberger [Hrsg.], Praxiskommentar zum VwVG, Zürich 2009, N 94 zu Art. 29). Das Akteneinsichtsrecht erstreckt sich grundsätzlich auf alle Akten, die geeignet sind, Grundlage für die spätere Entscheidung zu bilden, d.h. entscheidrelevant sind oder sein könnten (Waldmann/Bickel, a.a.O., N 95 zu Art. 29; vgl. dazu auch: Aemisegger, in: Aemisegger/Haag, Praxiskommentar zum Rechtsschutz in der Raumplanung, Zürich 2010, N 144 zu Art. 34). Eine Ausnahme besteht lediglich bei Akten des internen amtlichen Verkehrs. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts zu Art. 29 Abs. 2 BV lässt sich aus dem Gehörsanspruch denn auch kein Anspruch auf Einsicht in «interne Verwaltungsdokumente» ableiten, da verhindert werden soll, dass die interne Meinungsbildung der Verwaltung über die entscheidenden Aktenstücke und die erlassenen begründeten Entscheide hinaus vollständig vor der Öffentlichkeit ausgebreitet wird (BGE 129 IV 146 E. 3.3.1 mit weiteren Hinweisen). Dies gilt insbesondere für Berichte verwaltungsinterner Fachstellen, die sich darauf beschränken, an sich feststehende Tatsachen sachverständig zu würdigen (BGE 115 V 303ff. E. 2g/bb). Keine internen Akten sind demgegenüber Berichte oder gar Gutachten zu strittigen Sachverhaltsaspekten. Diese unterliegen praxisgemäss dem Akteneinsichtsrecht, weil der Anspruch auf rechtliches Gehör vorbehältlich gewisser Aus-nahmen das Recht einschliesst, an Beweiserhebungen teilzunehmen und sich zum Beweisergebnis zu äussern. Wie die Einsichtsgewährung auszugestalten ist, beurteilt sich nach der zur Diskussion stehenden Interessenlage im konkreten Fall (Albertini, Der verfassungsmässige Anspruch auf rechtliches Gehör im Verwaltungsverfahren des modernen Staates, Bern 2000, S. 248; vgl. zu den Modalitäten der Akteneinsicht auch: Kölz/Bosshart/Röhl, Kommentar zum Verwaltungsrechtspflegegesetz des Kantons Zürich, 2. Aufl., Zürich 1999, N 71 zu § 8; zum Ganzen: Urteil V 11 42 vom 15.3.2012, E. 7c).

b/aa) Gemäss angefochtenem Entscheid sind die Terrainverhältnisse auf dem Baugrundstück sowie im Grenzbereich zu den Grundstücken x, y und z durch das GIS auf Kosten des Beschwerdegegners 1 überprüft worden. Die Vorinstanz verwies in ihrem Entscheid auf die entsprechende Stellungnahme des GIS und gab deren Inhalt wieder. Diese Stellungnahme liegt denn auch den vorinstanzlichen Akten bei. Die Vorinstanz stellt nicht in Abrede, dass sie diese den Beschwerdeführern nicht zur Kenntnis gebracht hat. Sie weist in ihrer Vernehmlassung zunächst darauf hin, dass sie die Stellungnahme des GIS zu den Bauakten genommen habe und diese in den Baubewilligungsentscheid eingeflossen sei. Es handle sich dabei weder um ein externes Gutachten noch um neue Gesuchsunterlagen. Es ergäben sich daraus auch keine wesentlichen neuen Erkenntnisse in Bezug auf die Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts. Entsprechend sei weder die Durchführung eines neuen Auflageverfahrens noch die Einräumung des rechtlichen Gehörs für die am Verfahren beteiligten Personen erforderlich gewesen. In der Duplik erklärte die Vorinstanz schliesslich explizit, dass die Vernehmlassung des GIS den Beschwerdeführern nicht zugestellt worden sei.

bb) Aufgrund der vorinstanzlichen Ausführungen steht fest, dass die Beschwerde­führer erst mit Zustellung des angefochtenen Baubewilligungsentscheids Kenntnis von der Stellungnahme des GIS erhalten haben. Allerdings wurde ihnen nicht das eigentliche Schriftstück zugestellt, vielmehr wurde die Stellungnahme des GIS darin nahezu wortgetreu wiedergegeben. Entsprechend hatten die Beschwerdeführer im vorinstanzlichen Verfahren keine Möglichkeit, sich dazu zu äussern. Wie bereits erwähnt, beinhaltet der Anspruch auf rechtliches Gehör auch das Akteneinsichtsrecht, das sich grundsätzlich auf alle Akten erstreckt, die geeignet sind, Grundlage für die spätere Entscheidung zu bilden. Unmassgeblich ist dabei, dass ein Aktenstück keine — wie die Vorinstanz in ihrer Duplik festhält — grundlegend neue Erkenntnisse enthält. Die Akteneinsicht ist auch zu gewährleisten, wenn die Ausübung des Akteneinsichtsrechts den Entscheid in der Sache nicht zu beeinflussen vermag (Waldmann/Bickel, a.a.O., N 95 zu Art. 29). Die Einsicht in die Akten, die für ein bestimmtes Verfahren erstellt oder beigezogen wurden, kann demnach nicht mit der Begründung verweigert werden, die betreffenden Dokumente seien für den Verfahrensausgang belanglos. Es muss dem Betroffenen selber überlassen sein, die Relevanz der Akten zu beurteilen. Um Akteneinsicht zu erhalten, haben die Rechtsuchenden grundsätzlich ein Gesuch einzureichen. Dies bedingt, dass sie über den Beizug neuer verfahrensbezogener Akten, welche sie nicht kennen und auch nicht kennen können, informiert werden (BGE 132 V 387 E. 3.2 und 6.2 mit Hinweisen; BG-Urteil 1C_14/2010 vom 17.6.2010, E. 2.3).

Die Vorinstanz behauptet nicht, dass es sich bei der Stellungnahme des GIS um ein internes Verwaltungsdokument handelt, bei dem aus dem rechtlichen Gehör kein Anspruch auf Einsicht begründet werden könnte. Dennoch betont sie, dass es jedenfalls kein externes Gutachten sei. Die Beschwerdegegner 1 vertreten gar die Auffassung, es handle sich dabei um ein Parteigutachten, entsprechend sei die Rechnung von ihnen beglichen worden. Diese Einwendungen vermögen an dem den Beschwerdeführern zustehenden Akteneinsichtsrecht allerdings nichts zu ändern. Entscheidend ist, dass die Vorinstanz die Stellungnahme des GIS zu den Akten genommen und im angefochtenen Entscheid darauf abgestellt hat. Im Weiteren blieb unwidersprochen, dass die Beschwerdeführer erst mit der Eröffnung des Endentscheids von der Stellungnahme des GIS Kenntnis erhielten. Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs ist damit zu bejahen.

c/aa) Die Beschwerdeführer kritisieren zudem, dass das GIS einen Augenschein durchgeführt habe, woran sie ebenfalls nicht hätten teilnehmen können. Die Vorinstanz verweist in diesem Zusammenhang auf § 102 Abs. 2 VRG. Das GIS habe danach die Besichtigung, die sowohl zur Überprüfung der Angaben des Beschwerdegegners 1 als auch zur Feststellung der heutigen Terrainverhältnisse erforderlich gewesen sei, alleine durchführen können. Dazu sei die Anwesenheit weder des Beschwerdegegners 1 noch weiterer Personen erforderlich gewesen. Gestützt auf § 203 Abs. 3 PBG sei der Sachbearbeiter des GIS zum Betreten des Baugrundstücks sowie der angrenzenden Grundstücke ohne Zustimmung des Beschwerdegegners 1 bzw. der jeweiligen Grundeigentümer befugt gewesen. Weil es sich bei der Überprüfung der örtlichen Verhältnisse durch den Sachbearbeiter des GIS nicht um einen offiziellen Augenschein im Sinn von § 100 Abs. 1 VRG handle, seien auch keine Parteivertreter beizuladen gewesen.

bb) Gemäss § 102 VRG lässt die Behörde Sachverständige und Zeugen, soweit erforderlich und angemessen, am Augenschein teilnehmen (Abs. 1). Ist die eigene Wahrnehmung der Behörde nicht erforderlich oder unangemessen, so kann sie den Augenschein durch Sachverständige allein durchführen lassen (Abs. 2). § 103 Abs. 1 VRG sieht vor, dass die Parteien, unter Vorbehalt von Abs. 2, berechtigt sind, am Augenschein teilzunehmen und Erläuterungen abzugeben; die Behörde gibt ihnen Ort und Zeit rechtzeitig bekannt. Die Behörde kann die Parteien von der Teilnahme ausschliessen, soweit die Wahrung berechtigter Interessen von Gegenparteien und Dritten oder die Art des Augenscheins es erfordert (§ 103 Abs. 2 VRG). Die Behörde lässt die wesentlichen Beweisergebnisse des Augenscheins in einem Protokoll festhalten; sie kann hierfür bildliche Darstellungen verwenden (§ 104 VRG).

Wie die Beschwerdeführer 2—7 in der Replik zutreffend darlegen und aufgrund der Gesetzessystematik deutlich erkennbar ist, entbindet die Tatsache, dass ein Augenschein lediglich durch einen Sachverständigen durchgeführt wird — mithin ohne Anwesenheit der zuständigen Behörde — nicht ein Abweichen vom Verfahren gemäss § 103 VRG. Fraglich ist indes, welche Funktion dem GIS im Baubewilligungsverfahren beizumessen ist. Nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung besteht nämlich der Anspruch auf Teilnahme an einem Augenschein nur dann, wenn er von der Entscheidinstanz selber durchgeführt wird. Der Anspruch wird dann verneint, wenn der Augenschein von einer Fachinstanz, die im Rahmen des Entscheidverfahrens ein Gutachten abzugeben hat, durchgeführt wird (vgl. BG-Urteil 1C_405/2011 vom 24.4.2012, E. 4.3 u.a. mit Hinweis auf BG-Urteile 1P.666/2001 vom 11.1.2002, E. 2.5.7 und 1A.264/1995 vom 24.9.1996, E. 8c/aa, publ. in: URP 1996 S. 815). Im vorliegenden Fall ist jedoch nicht ausschlaggebend, ob die Entscheidinstanz den Augenschein selber durchgeführt hat oder nicht und ob es sich beim GIS um eine Fachinstanz handelt. Vielmehr ist von Bedeutung, ob die Ortsbesichtigung dazu diente, einen streitigen Sachverhalt festzustellen (vgl. BGE 116 Ia 99 E. 3; auch URP 1996 S. 824, E. 8c/aa). Es ist damit zu klären, ob sich die Stellungnahme des GIS zu strittigen Sachverhaltsaspekten äussert oder sich die involvierte verwaltungsinterne Fachstelle darauf beschränkt hat, an sich feststehende Tatsachen sachverständig zu würdigen.

cc) Der mutmassliche Terrainverlauf auf dem Baugrundstück u war bereits von Beginn an und im gesamten vorinstanzlichen Verfahren umstritten. Die Beschwerdeführer wiesen in ihren Einsprachen darauf hin, dass das ursprünglich gewachsene Terrain in den Plänen nicht korrekt eingezeichnet sei, sondern tiefer verlaufe. Insbesondere die Beschwerdeführer 1 betonten, dass auf ihrer Parzelle x mit Hilfe der südlichen Stützmauer eine Aufschüttung realisiert worden, was durch Baupläne sowie Augenschein beweisbar sei. Am Fusse ihrer Stützmauer an der Südgrenze sei der Verlauf des ursprünglichen Terrains ablesbar. Im Übrigen seien auch auf den Nachbarparzellen v und y Aufschüttungen realisiert worden. Die gleiche Argumentation führen die Beschwerdeführer 1 auch in ihrer Rechtsmittelschrift an. Überdies bemerken sie, dass der Felsverlauf in ihrem Keller gut sichtbar sei, was sich auch aus einem Plan ihres Hauses ergebe, der durch die Stadt Luzern am 2. Dezember 1982 genehmigt worden sei. Des Weiteren zeige ein Plan des ersten Bauherrn ihres Grundstücks, bewilligt durch den Stadtschreiber am 17. April 1952, wo die gewachsene Terrainlinie durchgelaufen sei und dass man vor ihrem Haus aufgefüllt habe. Ihr Haus sei auf den bestehenden Felsen gebaut worden, ohne Abgrabungen vorzunehmen. Man habe die Topografie der Parzelle ausgenutzt. Das GIS habe sich nie bei ihnen gemeldet, um den Keller zu besichtigen und dort den Felsverlauf zu studieren.

Die Vorinstanz erklärte in ihrer Vernehmlassung, dass im Rahmen der baupolizeilichen Prüfung die Überprüfung der Terrainannahmen des Beschwerdegegners 1 durch das GIS veranlasst worden sei, da das Ausmass der auf dem Baugrundstück u getätigten Abgrabungen bzw. der ursprüngliche Verlauf des natürlich gewachsenen Terrains anhand der heute noch vorhandenen Planunterlagen nicht mehr habe eruiert werden können. Das Ressort Baugesuche verfüge weder über die notwendigen Instrumente noch über die erforderlichen Fachkenntnisse zur genauen Feststellung des Terrainverlaufs. In der Duplik präzisierte die Vorinstanz, dass der Beschwerdegegner 1 durch die Dienstabteilung Städtebau aufgefordert worden sei, das GIS mit der Überprüfung der örtlichen Terrainverhältnisse zu beauftragen, was dieser daraufhin auch getan habe. Die zu überprüfenden Punkte seien vorgängig zwischen dem Sachbearbeiter des Ressorts Baugesuche und dem Sachbearbeiter des GIS festgelegt worden. Die Vernehmlassung (des GIS) sei in der Folge dem Ressort Baugesuche direkt eingereicht, aber zulasten des Beschwerdegegners 1 abgerechnet worden.

dd) Sowohl die Darlegungen der Beschwerdeführer als auch jene der Vorinstanz verdeutlichen, dass der rechtserhebliche Sachverhalt hinsichtlich des natürlich gewachsenen Terrains näherer Abklärung bedurfte. Unmassgeblich ist — wie bereits erwähnt —, dass es der Beschwerdegegner 1 war, der das GIS mit der Begutachtung beauftragte und auch die entsprechende Rechnung beglich. Vielmehr ist hervorzuheben, dass der Beschwerdegegner 1 den Auftrag an das GIS aufgrund der Aufforderung durch die Vorinstanz erteilte. Zudem fand vor der Begehung vor Ort eine Besprechung zwischen dem Ressort Baugesuche und dem GIS statt. Dabei wurden die relevanten und noch abzuklärenden Punkte festgelegt. Damit diente die Besichtigung der Klärung eines streitigen Sachverhalts, womit den Verfahrensbeteiligten zur Wahrung des rechtlichen Gehörs die Möglichkeit hätte eingeräumt werden müssen, am Augenschein teilzunehmen (vgl. § 103 Abs. 1 VRG; Kölz/Bosshart/Röhl, a.a.O., N 42, 51 zu § 7). Mithin kann auch nicht mehr von einer eigentlichen Besichtigung gesprochen werden, vielmehr hat ein Augenschein im Sinn von § 100ff. VRG stattgefunden. Eine Teilnahme der Parteien — insbesondere der Beschwerdeführer — hätte sich umso mehr aufgedrängt, als der Augenschein auch der Prüfung der Angaben des Beschwerdegegners 1 diente. Mit Blick darauf und auf den Umstand, dass die Terrainverhältnisse bereits von Anfang an umstritten waren, hätten die Einwände der Beschwerdeführer ebenfalls Eingang in die Beurteilung des GIS finden müssen. Zu betonen ist in diesem Zusammenhang, dass für die Ermittlung des gewachsenen Terrains eine über das Baugrundstück hinausreichende Gesamtsicht notwendig sein kann, insbesondere wenn — wie hier — Felsen und Mauern bestehen. Eine Begehung auch der umliegenden Grundstücke und die Abnahme der von den Beschwerdeführern dargebotenen Beweise wäre daher unabdingbar gewesen. Die Stellungnahme des GIS enthält im Übrigen nicht nur «technische» Daten zu den Terrainaufnahmen vom ( ), sondern auch Sachverhaltsfeststellungen, die anlässlich des Augenscheins gemacht wurden. Das GIS gelangte aufgrund der konkreten Verhältnisse insbesondere zum Schluss, dass anhand der bestehenden Felsen und Mauern habe festgestellt werden können, wo sich das frühere gewachsene Terrain ungefähr befunden habe. Diese Aussage steht nicht im Zusammenhang mit einer konkreten Vermessungstätigkeit, für die das GIS unbestrittenermassen die zuständige Fachinstanz ist. Es handelt sich dabei um eigene Wahrnehmungen, die anlässlich des Augenscheins gemacht wurden und wozu auch die Vorinstanz — ohne die entsprechenden Fachkenntnisse in Bezug auf die technische Vermessung — in der Lage gewesen wäre. Ein Augenschein dient denn auch der unmittelbaren Wahrnehmung von Tatsachen durch die Behörde; Gegenstand können nicht nur visuelle Eindrücke sein, sondern sämtliche durch die Sinnesorgane wahrnehmbaren Fakten, d.h. alles, was durch den Seh-, Gehör-, Geruchs-, Geschmacksoder Tastsinn erfasst werden kann (Kölz/Bosshart/Röhl, a.a.O., N 41 zu § 7). Deshalb wäre die Anwesenheit mindestens des zuständigen Sachbearbeiters der Baudirektion erforderlich gewesen (vgl. § 102 Abs. 1 VRG).

Die Vorinstanz hat das rechtliche Gehör somit auch dadurch verletzt, dass die Beschwerdeführer am Augenschein nicht teilnehmen konnten.

ee) Im Übrigen ist anzumerken, dass aus der Stellungnahme des GIS weder erkennbar ist, in wessen Auftrag diese nun tatsächlich erfolgt ist, noch, wer am Augen­schein teilgenommen hat bzw. welches Personal vom GIS eingesetzt worden ist. Anhaltspunkte dazu ergeben sich zwar aus der Rechnung des GIS. Indes sollten sich diese Angaben unmittelbar und eindeutig aus der eigentlichen Stellungnahme entnehmen lassen. Auch wurde kein Protokoll erstellt oder zumindest das Vorgehen des GIS in der eigentlichen Stellungnahme dokumentiert. Darüber hinaus ist nicht ersichtlich, ob dem GIS sämtliche relevanten Unterlagen zur Verfügung standen. Insbesondere ist fraglich, ob die von den Beschwerdeführern eingereichten Pläne betreffend das Grundstück x zur Gewinnung einer Gesamtsicht vorlagen. ( )

d/aa) Das Recht, angehört zu werden, ist formeller Natur. Grundsätzlich führt die Verletzung des rechtlichen Gehörs ungeachtet der Erfolgsaussichten der Beschwerde in der Sache selbst zur Aufhebung des angefochtenen Entscheids (BGE 137 I 197 E. 2.2 mit Hinweis). Eine nicht besonders schwerwiegende Verletzung des rechtlichen Gehörs kann aber ausnahmsweise als geheilt gelten, wenn die betroffene Person die Möglichkeit erhält, sich vor einer Rechtsmittelinstanz zu äussern, die sowohl den Sachverhalt wie auch die Rechtslage frei überprüfen kann. Unter dieser Voraussetzung ist darüber hinaus — im Sinn einer Heilung des Mangels — selbst bei einer schwerwiegenden Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör von einer Rückweisung der Sache an die Vorinstanz abzusehen, wenn und soweit die Rückweisung zu einem formalistischen Leerlauf und damit zu unnötigen Verzögerungen führen würde, die mit dem (der Anhörung gleichgestellten) Interesse der betroffenen Partei an einer beförderlichen Beurteilung der Sache nicht zu vereinbaren wären (BGE 137 I 197f. E. 2.3.2 mit Hinweisen; zum Ganzen: BG-Urteil 1C_457/2011 vom 4.4.2012, E. 4.1).

bb) Wie bereits dargelegt, wurde den Beschwerdeführern im Rahmen des vorinstanzlichen Verfahrens das rechtliche Gehör verweigert, indem sie von der streitbetroffenen Stellungnahme des GIS vor Einreichung ihrer Verwaltungsgerichts­beschwerde keine Kenntnis erhielten. Immerhin wurde im angefochtenen Entscheid der Inhalt der besagten Stellungnahme wörtlich wiedergegeben, womit eine sachgerechte Anfechtung möglich war. Jedoch wurde den Beschwerdeführern auch keine Möglichkeit eingeräumt, am Augenschein teilzunehmen, welcher der Sachverhaltsabklärung diente. Eine Heilung dieser formellen Mängel vor Verwaltungsgericht ist angesichts der grundsätzlich uneingeschränkten Überprüfungsbefugnis zwar nicht ausgeschlossen. Wie noch auszuführen sein wird, liegt jedoch noch kein vollständig abgeklärter Sachverhalt vor. Die von den Beschwerdeführern offerierten Beweise wurden noch nicht abgenommen, was anlässlich des Augenscheins des GIS durch die Vertreter der Vorinstanz hätte geschehen müssen. Es ist Aufgabe der verfügenden Vorinstanz mit ihren fachspezifischen Kenntnissen, den rechtserheblichen Sachverhalt genügend abzuklären. Folglich obliegt es nicht dem Gericht, diese noch notwendigen Sachverhaltsabklärungen durchzuführen, weshalb sich eine Rückweisung der Sache an die Vorinstanz als unumgänglich erweist. Eine Heilung der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör ist daher nicht möglich.

Quelle: https://gerichte.lu.ch/recht_sprechung/publikationen
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