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Urteil Verwaltungsgericht (LU - V 06 236)

Zusammenfassung des Urteils V 06 236: Verwaltungsgericht

Der Gemeinderat Z erteilte der A eine Baubewilligung für die Änderung einer Mobilfunkanlage, wobei Einsprachen abgewiesen wurden. Der Quartierverein Y und die Interessengemeinschaft Y forderten eine Rektifikation, woraufhin C eine Verwaltungsgerichtsbeschwerde einreichte, die jedoch keine Begründung enthielt. Der Gemeinderat Z trat nicht auf das Rektifikationsbegehren ein, da die Beschwerde nicht ausreichend begründet war. Die Beschwerdeführer erhielten keine Nachfrist und die Beschwerdefrist wurde nicht gewahrt, da keine formgerechte Beschwerde vorlag. Die Gewährung einer Nachfrist wurde abgelehnt, und die `vorsorgliche Verwaltungsgerichtsbeschwerde` wurde nicht behandelt.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts V 06 236

Kanton:LU
Fallnummer:V 06 236
Instanz:Verwaltungsgericht
Abteilung:Verwaltungsrechtliche Abteilung
Verwaltungsgericht Entscheid V 06 236 vom 27.11.2006 (LU)
Datum:27.11.2006
Rechtskraft:Diese Entscheidung ist rechtskräftig.
Leitsatz/Stichwort:§§ 35 Abs. 1, 36, 133 Abs. 1, 135 Abs. 2 VRG.

Keine Nachfristansetzung im Sinne von § 135 Abs. 2 VRG über die gesetzliche Rechtsmittelfrist hinaus bei fehlendem Antrag und/oder fehlender Begründung.

Bei Laienbeschwerden soll die Interessenwahrung nicht an überspannten Formerfordernissen scheitern. Trotzdem wird auch von Laien erwartet, dass sie dartun, inwiefern und aus welchen Gründen sie dem angefochtenen Entscheid nicht zustimmen können.
Schlagwörter: Frist; Begründung; Entscheid; Antrag; Hinweis; Eingabe; Gemeinde; Rechtsschrift; Rechtsmittelfrist; Gemeinderat; Rektifikation; Verwaltungsgerichtsbeschwerde; Hinweisen; Komitee; Frist; Beschwerdeschrift; Gründen; Laien; Verwaltungsrecht; Ergänzung; Erwägungen; Einreichung; Ansetzung; Verwaltungsrechtspflege; Verfahren; Gesagten; Baubewilligung; Quartierverein; Interessengemeinschaft; vorsorgliche
Rechtsnorm:-
Referenz BGE:113 Ib 288; 118 Ib 136; 123 V 336;
Kommentar:
Kölz, Bosshart, Röhl, Kommentar zum Verwaltungsrechtspflegegesetz des Kantons Zürich, 2001

Entscheid des Verwaltungsgerichts V 06 236

Aus Sachverhalt und Erwägungen:

1.- Mit Entscheid vom 30. August 2006 erteilte der Gemeinderat Z der A die Baubewilligung für die Änderung und Ergänzung der bestehenden Mobilfunkanlage der B, Gebäude Nr. x, Gemeinde Z, unter Bedingungen und Auflagen. Die gegen das Bauvorhaben eingereichten Einsprachen wies er im Sinne der Erwägungen vollumfänglich ab, soweit er darauf eintrat.

Mit Eingabe vom 1. Oktober 2006 forderten der Quartierverein Y und die Interessengemeinschaft Y, beide vertreten durch C, den Gemeinderat Z zur Rektifikation der erteilten Baubewilligung auf.

2.- Mit Eingabe vom 5. Oktober 2006 erhob C für den Quartierverein Y und die Interessengemeinschaft Y "vorsorgliche Verwaltungsgerichtsbeschwerde". Die Beschwerdeführer beantragten, das Gerichtsverfahren sei bis zum Abschluss der Rektifikation durch den Gemeinderat Z zu sistieren und danach eine Nachfrist zur Einreichung der Beschwerdegründe zu gewähren. Anträge zur Sache selbst und eine Begründung enthält die Eingabe nicht.

Mit Schreiben vom 8. November 2006 trat der Gemeinderat Z auf das Rektifikationsbegehren nicht ein.

Am 11. Oktober 2006 teilte der präsidierende Richter dem Vertreter der Beschwerdeführer telefonisch mit, dass die eingereichte Beschwerde keine Begründung enthalte und dies nachträglich nicht mehr zu beheben sei, sodass auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde nicht eingetreten werden könne. In der Folge erneuerten die Beschwerdeführer ihr Begehren um Ansetzung einer Nachfrist unter Hinweis auf das BG-Urteil 1A.80/2002.

3.- Der angefochtene Entscheid wurde am 7. September 2006 versandt. Er enthält eine Rechtsmittelbelehrung, worin auf das Antragsund Begründungserfordernis verwiesen wird.

Die Beschwerdeführer haben den Entscheid gemäss eigenen Angaben am 15. September 2006 erhalten. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wurde am 5. Oktober 2006 der Post übergeben, demnach am letzten Tag der Beschwerdefrist. Es fragt sich, ob eine rechtsgültige Beschwerde vorliegt und ob sich allfällige Mängel mit einer Nachfrist beheben lassen.

4.- Nach § 133 Abs. 1 des Gesetzes über die Verwaltungsrechtspflege vom 3. Juli 1972 (VRG; SRL Nr. 40) muss die Rechtsmittelschrift einen bestimmten Antrag und dessen Begründung enthalten. Wenn eine Rechtsschrift unleserlich unverständlich ist nicht alle notwendigen Angaben enthält, setzt die Behörde dem Eingabesteller eine angemessene Frist zur Verbesserung Ergänzung (§ 135 Abs. 2 VRG). Antrag und Begründung bilden somit formelle Gültigkeitsvoraussetzungen der Beschwerde. Aus dem Antrag muss mindestens ersichtlich sein, wie nach Meinung des Beschwerdeführers das Dispositiv des angefochtenen Entscheids abzuändern ist. Aus der Begründung muss hervorgehen, inwiefern der angefochtene Entscheid nach Auffassung des Beschwerdeführers an einem Mangel leidet und somit dem gestellten Antrag entsprechend aufzuheben abzuändern ist (vgl. LGVE 1990 III Nr. 5 Erw. 2). § 133 Abs. 1 VRG ist dahingehend zu verstehen, dass die Beschwerdeschrift mit Antrag und Begründung innert der Rechtsmittelfrist von 20 Tagen einzureichen ist. Liegt am letzten Tag der Frist lediglich ein Gesuch um Fristerstreckung vor, ist allein durch diese Handlung die Rechtsmittelfrist nicht gewahrt, da keine formgerechte Beschwerde erhoben wurde (LGVE 2001 III Nr. 9 Erw. 3 mit Hinweisen).

Die Ansetzung einer Nachfrist nach § 135 Abs. 2 VRG setzt voraus, dass überhaupt eine verbesserungsfähige Rechtsschrift eingereicht worden ist (LGVE 1990 III Nr. 5 Erw. 2). Dafür muss mindestens im Ansatz eine Minimalbegründung vorliegen. Fehlt eine sachbezügliche Begründung, d.h. setzt sich der Beschwerdeführer mit keinem Wort mit den Erwägungen des angefochtenen Entscheids auseinander, so ist nichts zu verbessern (LGVE 1997 II Nr. 48 Erw. 2 mit Hinweisen, 1983 III Nr. 8; vgl. auch: ZBl 1997, S. 307 ff.). Dabei genügt ein pauschaler Hinweis auf frühere Rechtsschriften auf den angefochtenen Entscheid der Begründungspflicht nicht (vgl. BGE 123 V 336 Erw. 1a mit Hinweisen; LGVE 1985 II Nr. 5 Erw. 1b), erst recht nicht ein Hinweis auf Eingaben in anderen Verfahren (vgl. BGE 113 Ib 288 Erw. 1 mit Hinweisen). Denn es ist nicht Sache der Rechtsmittelinstanz, in Eingaben an anderen Stellen in solchen aus anderen Verfahren nach Gründen zu suchen, weshalb der angefochtene Entscheid unrichtig ist (vgl. GVP 2000 Nr. 49).

Eine Nachfrist zur Verbesserung einer Rechtsschrift kann nach dem Gesagten nicht dazu dienen, überhaupt erst eine sachbezügliche Begründung nachzuliefern und damit eine inhaltlich ungenügende Rechtsschrift zu ergänzen (vgl. LGVE 1997 II Nr. 48 Erw. 2; BGE 118 Ib 136 Erw. 2, je mit Hinweisen). Gleiches muss selbstredend in Bezug auf den Antrag gelten. Denn Antrag und Begründung stellen den Kern einer Rechtsschrift dar. Zu ihrer Ergänzung darf die Behörde aus Gründen der Rechtssicherheit und -gleichheit keine Nachfrist über die gesetzliche Rechtsmittelfrist hinaus gewähren (vgl. Merkli/Aeschlimann/Herzog, Kommentar zum Gesetz über die Verwaltungsrechtspflege im Kanton Bern, Bern 1997, N 1 und 12 zu Art. 33).

Die Vorschrift von § 135 Abs. 2 VRG bezweckt, dass namentlich der juristische Laie seine Rechte auch dann wirksam wahren kann, wenn seine (fristgerecht eingereichte) Beschwerdeschrift in formeller Hinsicht gewisse behebbare Mängel aufweist. Gerade bei Laienbeschwerden soll die Interessenwahrung jedenfalls nicht an überspannten Formerfordernissen scheitern (vgl. LGVE 2001 III Nr. 9 Erw. 3; vgl. auch: Kölz/Bosshart/Röhl, Kommentar zum Verwaltungsrechtspflegegesetz des Kantons Zürich, 2. Aufl., Zürich 1999, N 5 zu § 23). Trotzdem wird auch von Laien erwartet, dass sie dartun, inwiefern und aus welchen Gründen sie dem angefochtenen Entscheid nicht zustimmen können (BVR 2006 S. 474 Erw. 2.4.3 mit Hinweis).

5.- Im vorliegenden Fall enthält die am letzten Tag der Rechtsmittelfrist der Post übergebene Eingabe der Beschwerdeführer lediglich einen Sistierungsantrag sowie einen Antrag um Ansetzung einer Nachfrist zur Einreichung der Beschwerdegründe nach Abschluss des Rektifikationsverfahrens. Anträge zur Sache, mithin ein Begehren, was in Bezug auf den angefochtenen Entscheid geschehen soll, fehlen vollständig. Gleiches gilt hinsichtlich einer sachbezogenen Begründung, und dies trotz der Rechtsmittelbelehrung im angefochtenen Entscheid mit ihrem Hinweis auf das Antragsund Begründungserfordernis.

Aus der Beschwerdeschrift geht demnach nicht hervor, in welchen Punkten und weshalb der angefochtene Entscheid beanstandet wird. Daran ändert das der Beschwerde beigelegte Rektifikationsgesuch an die Vorinstanz nichts; ein Verweis darauf vermöchte die fehlende Begründung nicht zu ersetzen; abgesehen davon, dass er auch gar nicht vorliegt. Das Gesuch an den Gemeinderat hatte auch nicht zur Folge, dass die laufende Rechtsmittelfrist für die Einreichung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde unterbrochen durch die Erledigung am 8. November 2006 neu in Gang gesetzt worden wäre (vgl. Häfelin/Müller/Uhlmann, Allgemeines Verwaltungsrecht, 5. Aufl., Zürich 2006, S. 393 und Kölz/Bosshart/Röhl, a.a.O., N 26 zu Vorbem. zu §§ 19-28).

Da es somit an einer formgerechten Beschwerde fehlt, wurde die Rechtsmittelfrist nicht gewahrt. Eine über diese Frist hinausgehende Nachfrist zur Begründung der Beschwerde kommt nach dem Gesagten nicht in Betracht. Daran ändert nichts, dass es sich beim Vertreter der Beschwerdeführer um einen juristischen Laien zu handeln scheint. Denn - wie dargelegt - haben auch Laien aufzuzeigen, inwiefern und aus welchen Gründen sie mit dem angefochtenen Entscheid nicht einverstanden sind.

6.- Soweit sich die Beschwerdeführer auf das BG-Urteil 1A.80/2002 stützen, kann ihnen ebenfalls nicht gefolgt werden. In diesem Entscheid ging es um den Nichteintretensentscheid wegen fehlender Parteifähigkeit eines "Komitee(s) gegen Mobilfunk-Antennenbau". Aus der von einem nicht beschwerdebefugten Komitee eingereichten Beschwerdeschrift ging nicht klar hervor, ob das Komitee selber die von ihm vertretenen Anwohner als Beschwerdeführende anzusehen waren. Indem das kantonale Gericht diese Frage nicht klärte und die Beschwerde ohne Rückfrage dem Komitee zuschrieb, verstiess sein mit der fehlenden Beschwerdebefugnis des Komitees begründeter Nichteintretensentscheid gegen das Verbot des überspitzten Formalismus. Kein Thema war dabei die im vorliegenden Verfahren massgebende Frage, ob die eingereichte Beschwerde einen bestimmten Antrag und eine genügende Begründung enthalten hatte.

7.- Nach dem Gesagten fällt die Gewährung einer Nachfrist ausser Betracht. Dass und weshalb die Beschwerdefrist zu erstrecken (§ 35 Abs. 1 VRG) wiederherzustellen (§ 36 VRG) wäre, ist weder geltend gemacht noch ersichtlich. Auf die "vorsorgliche Verwaltungsgerichtsbeschwerde" ist somit nicht einzutreten.

Quelle: https://gerichte.lu.ch/recht_sprechung/publikationen
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