Am 14. Juni 2009 fanden in der Stadt Luzern und in der Gemeinde Littau die Neuwahlen des Grossen Stadtrates sowie des Stadtrates Luzern für die auf den
1. Januar 2010 vereinigte Gemeinde statt. Im ersten Wahlgang der Stadtratswahlen erreichten vier Kandidierende das absolute Mehr, so dass vier von fünf Stadtratssitze besetzt werden konnten. Für den fünften Sitz reichte bis zum Ablauf der Einreichungsfrist am Donnerstag, den 18. Juni 2009, 12.00 Uhr, nur X, der bereits im
1. Wahlgang angetreten war, eine Erklärung ein, dass er für den zweiten Wahlgang kandidiere. Der letzte freie Stadtratssitz konnte daher in stiller Nachwahl durch X besetzt werden.
Y, ein anderer Kandidat des ersten Wahlgangs, hatte den Medien am Dienstag, den 16. Juni 2009, mitgeteilt, dass er sich für den zweiten Wahlgang zur Verfügung stellen wolle. Am Donnerstag, den 18. Juni 2009, gab er dann jedoch um 11.00 Uhr per Medienmitteilung bekannt, dass er nicht mehr kandidieren werde. Als Grund für seinen Verzicht führte er in der Mitteilung an, dass er nach Bekanntgabe seiner Teilnahme am zweiten Wahlgang mit vielen Personen aus verschiedensten Kreisen Kontakt gehabt habe. Die daraus folgenden Gespräche hätten ihn und seine Familie schlussendlich dazu bewogen, seine Kandidatur für den zweiten Wahlgang zurück-zuziehen. Gegenüber den Zeitungen und dem Fernsehen präzisierte er dann, dass es nach der Bekanntgabe seiner erneuten Kandidatur viele heftige Reaktionen gegeben habe. Unter anderem sei er auch vom amtierenden und wiedergewählten Stadtpräsidenten von Luzern angegangen worden.
Gestützt auf diese Ausführungen reichte ein Stimmberechtigter am 20. Juni 2009 Stimmrechtsbeschwerde beim Regierungsrat ein, wobei er im Wesentlichen die Annullierung und die Wiederholung der Durchführung des zweiten Wahlgangs der Stadtratswahlen beantragte. Der Regierungsrat hob in der Folge die Wahl von X auf und wies das zuständige Departement zur nochmaligen Anordnung des zweiten Wahlgangs an.
Aus den Erwägungen:
1. Gemäss § 160 Absatz 1a des Stimmrechtsgesetzes vom 25. Oktober 1988 (StRG) können mit der Stimmrechtsbeschwerde Verfahrensmängel und andere Unregelmässigkeiten bei der Vorbereitung und Durchführung von Wahlen und Abstimmungen gerügt werden. Anfechtungsobjekt der Stimmrechtsbeschwerde sind alle Beeinträchtigungen der politischen Rechte der Bürgerinnen und Bürger (Yvo Hangartner/Andreas Kley, Die demokratischen Rechte in Bund und Kantonen der Schweizerischen Eidgenossenschaft, Zürich 2000, N. 283). Nach Artikel 34 Absatz 2 der Bundesverfassung vom 18. April 1999 (BV) schützt die Garantie der politischen Rechte die freie Willensbildung und die unverfälschte Stimmabgabe.
2. Tritt der Beschwerdegrund vor dem Abstimmungstag ein, ist die Stimmrechtsbeschwerde innert drei Tagen seit der Entdeckung einzureichen. Ist diese Frist am Abstimmungstag noch nicht abgelaufen, wird sie bis zum zehnten Tag nach dem Abstimmungstag verlängert. In allen übrigen Fällen beträgt die Beschwerdefrist zehn Tage seit dem Abstimmungstag (§ 160 Abs. 2 und 3 StRG). Berechtigt zur Stimmrechtsbeschwerde sind die Stimmberechtigten und die im Kreis der Wahl Abstimmung organisierten politischen Parteien (§ 160 Abs. 4 StRG).
Vorliegend geht es nicht um die Anfechtung des zweiten Wahlgangs der Stadtratswahlen. Dieser wurde nicht durchgeführt, da es aufgrund der Kandidatur nur einer einzigen Person gar keinen zweiten Wahlgang mehr gab, sondern eine stille Nachwahl (§ 90 StRG). Einen eigentlichen Abstimmungstag - wie in § 160 Absatz 2 und 3 StRG für den Fristenlauf erwähnt - gibt es bei stillen Wahlen nicht (vgl. dazu die Definition in § 2 Abs. 1a StRG: "im Urnenverfahren der Sonntag, an dem eine Wahl Abstimmung stattfindet"). Für den Fristenlauf ist daher auf die allgemeine Regelung in § 163 StRG zurückzugreifen, wonach die Beschwerdefrist für Stimmrechtsbeschwerden bei öffentlich bekanntgemachten Entscheiden Anordnungen in jedem Fall mit der öffentlichen Bekanntmachung beginnt. Das Zustandekommen der stillen Nachwahl wurde der Öffentlichkeit am 18. Juni 2009 mitgeteilt. Frühestens in diesem Zeitpunkt hat die Beschwerdefrist zu laufen begonnen. Mit der Beschwerde vom 20. Juni 2009 wurde die Rechtsmittelfrist in jedem Fall eingehalten. Der Beschwerdeführer ist stimmberechtigt in der Stadt Luzern. Auf die Stimmrechtsbeschwerde ist folglich einzutreten.
3. Der Beschwerdeführer rügt, dass sich der Stadtrat und der Stadtpräsident in amtlicher Funktion in die Stadtratswahlen eingemischt und einen möglichen Kandidaten dazu bewegt hätten, nicht mehr für den zweiten Wahlgang zu kandidieren.
Das politische Stimmrecht ist ein vom Bundesrecht gewährleistetes verfassungsmässiges Recht. Es gibt dem Stimmbürger unter anderem Anspruch darauf, dass kein Wahloder Abstimmungsergebnis anerkannt wird, das nicht den freien Willen der Stimmberechtigten zuverlässig und unverfälscht zum Ausdruck bringt. Daraus folgt, dass jeder Stimmbürger, der die als verfassungskonform anerkannten Voraussetzungen erfüllt, mit gleichen Chancen an einer Wahl soll teilnehmen können, sei es als Wähler als Kandidat (BGE 113 Ia 291 E. 3a S. 294). Die Freiheit der Meinungsbildung schliesst grundsätzlich jede direkte Einflussnahme der Behörden aus, welche geeignet wäre, die freie Willensbildung der Stimmbürger im Vorfeld von Wahlen und Abstimmungen zu verfälschen. Anders als bei Sachabstimmungen fehlen bei Wahlen meist besondere Gründe, die einen behördlichen Eingriff in den Prozess der freien Meinungsbildung rechtfertigen würden. Behördliche Wahlpropaganda ist grundsätzlich unzulässig. Dies gilt insbesondere dann, wenn es um die (Wieder-)Wahl der betreffenden Behörde selber geht wenn Kampfkandidaten auftreten. Bei Wahlen kommt den Behörden keine Beratungsfunktion zu wie bei Sachentscheiden. Hier haben sie nicht von Rechts wegen mitzuwirken und ihre Auffassung der öffentlichen Interessen zu wahren. Es ist zu verhindern, dass sich der Staat im Wahlkampf auch nur indirekt in den Dienst parteiischer Interessen stellt. Demzufolge haben sich die Behörden politisch neutral zu verhalten und dürfen sich nicht mit einzelnen Gruppen Richtungen identifizieren. Eine Intervention kommt auch hier - wenn überhaupt - nur in Frage, wenn sie im Interesse der freien und unverfälschten Willensbildung und Willensbetätigung der Wähler als unerlässlich erscheint. So kann z.B. eine Richtigstellung offensichtlich falscher Informationen, die im Verlauf eines Wahlkampfes verbreitet werden, als zulässig erscheinen. Indessen dürfte eine Behörde bei dieser Gelegenheit nicht gleichzeitig Wahlpropaganda für sich selbst, für ihre Mitglieder für andere Kandidaten machen den politischen Gegner verunglimpfen (BGE 118 Ia 259 E. 3 S. 261ff., 117 Ia 452 E. 3c S. 457, 113 Ia 291 E. 3b S. 295ff.; vgl. auch Urteil 1P.94/2003 des Bundesgerichts vom 17. April 2003, E. 2.1).
Durch die Nichtkandidatur von Y für den zweiten Wahlgang wurde eine stille Nachwahl ermöglicht. Das Bundesgericht erachtet stille Wahlen als mit Artikel 34 BV vereinbar, hält aber fest, dass stille Wahlen eine Abkehr von der eigentlichen Volkswahl bedeuten, weil die Wahlberechtigten nicht in unmittelbarer Weise an der Wahl mitwirken (Urteil 1C_217/2008 des Bundesgerichts vom 3. Dezember 2008,
E. 3.1). Im Allgemeinen werden stille Wahlen aus Gründen der Praktikabilität toleriert, weil kein Urnengang durchgeführt werden soll, wenn - aufgrund des Vorschlagsverfahrens - nicht mehr Kandidaten zur Verfügung stehen, als Sitze zu verteilen sind (vgl. Pierre Tschannen, Stimmrecht und politische Verständigung, Basel und Frankfurt am Main 1995, Nr. 110a). Vorliegend wird auch nicht die Rechtmässigkeit von stillen Wahlen kritisiert, sondern die Art und Weise, wie die stille Nachwahl für den letzten freien Stadtratssitz erfolgt ist. Wenn auf das Vorschlagsverfahren für den zweiten Wahlgang derart eingewirkt wird, dass mögliche Kandidatinnen Kandidaten von einer Kandidatur absehen und sich nur noch eine Person für die Wahl zur Verfügung stellt, so dass stille Wahlen zustande kommen, kann dies eine Beeinträchtigung des aktiven Wahlrechts der Stimmberechtigten darstellen.
4. Es ist in der Folge demnach zu prüfen, ob der Stadtrat einzelne Stadtratsmitglieder im Zusammenhang mit der Vorbereitung des zweiten Wahlgangs der Stadtratswahlen der Stadt Luzern in unzulässiger Weise auf die Kandidatur von Y eingewirkt haben und dadurch ein zweiter Wahlgang verhindert und somit das Wahlrecht der Stimmberechtigten eingeschränkt wurde.
4.1 Auszugehen ist vom Umstand, dass bei den Stadtratswahlen am 14. Juni 2009 nur vier der fünf Stadtratssitze besetzt werden konnten. X verpasste mit 7927 Stimmen das absolute Mehr von 8023 Stimmen um 96 Stimmen, Y mit 3804 Stimmen um 4219 Stimmen. Gemäss Ziffer 16 der Wahlanordnung vom 1. Juli 2008 und gestützt auf die §§ 90f. StRG war in diesem Fall das Wahlverfahren fortzusetzen. Die Wahlvorschläge für einen zweiten Wahlgang mussten spätestens am Donnerstag, den 18. Juni 2009, 12.00 Uhr, bei der Gemeindekanzlei Littau bei der Stadtkanzlei Luzern eintreffen. Y erklärte daraufhin am Dienstag, den 16. Juni 2009, dass er für den zweiten Wahlgang antreten werde. Zwei Tage später, eine Stunde vor Anmeldeschluss, teilte er dann mit, dass er aufgrund von Gesprächen mit vielen Personen aus verschiedensten Kreisen sowie seiner Familie doch nicht kandidieren werde. In den folgenden Tagen gab er dann gegenüber den Medien weitere Auskunft zu den Hintergründen seines Meinungswechsels und führte unter anderem an, dass er vom Stadtpräsidenten und von einem Verwaltungsrat einer grossen Zeitung der Region angegangen worden sei. Diese und weitere Reaktionen hätten ihn schliesslich zum Rückzug bewegt. Er sei massiv unter Druck gesetzt worden und habe mit Konsequenzen rechnen müssen. Unter anderem sei das Kollegialitätsprinzip zu nennen. Wer nicht als Kollege akzeptiert sei, würde es schwer haben. Er sei angegangen worden, zum Teil heftig, zum Teil auch unfair. Mitteparteien aus der Stadt hätten ihn
unter Druck gesetzt, auch die Medien hätten ihn nicht gewollt.
4.2 Von den beteiligten Personen liegen verschiedene Aussagen und Stellungnahmen zu den Geschehnissen zwischen dem 16. und 18. Juni 2009 vor.
4.2.1 Unbestritten ist, dass am Morgen des 17. Juni 2009 ein Telefonat zwischen dem Stadtpräsidenten von Luzern und dem Gemeindepräsidenten von Littau stattgefunden hat. Beide verliessen zu diesem Zweck die Sitzung des Stadtbzw. Gemeinderates. Beim Telefongespräch ging es um die Kandidatur des Littauer Gemeinderates Y für den zweiten Wahlgang der Stadtratswahlen Luzern. Beide geben übereinstimmend an, dass man sich dabei über die Frage eines Rentenanspruchs von Y und den Hintergrund für seine Kandidatur unterhalten habe. Der Gemeindepräsident sei vom Stadtpräsidenten gebeten worden, Y auszurichten, dass er diesen am Nachmittag anrufen solle. Unbestritten ist auch, dass am Nachmittag des 17. Juni 2009 der Stadtpräsident und Y ein Telefongespräch geführt haben. Über den genauen Inhalt des Gesprächs gehen die Aussagen der Gesprächspartner auseinander. Klar ist, dass sie sich über die Kandidatur von Y für den zweiten Wahlgang unterhalten haben.
4.2.2 Konkret führte der Stadtpräsident von Luzern in der Stellungnahme aus, dass er Y gesagt habe, dass er seine Kandidatur angesichts des grossen Stimmenabstands zu X für "ein hoffnungsloses Unterfangen" halte. Es sei natürlich sein persönlicher Entscheid, ob er antreten wolle nicht. Er gebe aber zu bedenken, dass eine Kandidatur unter Umständen auch Nachteile haben könnte, weil sein Wiederantreten von gewisser Seite als Zwängerei empfunden werden könnte. In der Fernsehsendung "Schweiz aktuell" vom 18. Juni 2009 erklärte er, er habe Y Folgendes gesagt: "Der Entscheid liegt natürlich völlig bei dir. Oder. Du nimmst - ein demokratisches Recht würdest du wahrnehmen, wenn du noch einmal kommst, aber ich kann es dir eigentlich aus geschäftlichen und politischen, aber auch aus familiären Überlegungen - bin ich der Meinung, das ist ein hoffnungsloses Unterfangen."
Y hielt fest, dass ihm der Stadtpräsident gesagt habe, er habe ein gutes Resultat im ersten Wahlgang erreicht. Danach habe er ihm aber unmissverständlich zu verstehen gegeben, dass er seine Kandidatur für den zweiten Wahlgang zurückziehen solle. Der Stadtpräsident habe angefügt, dass man dies ja kenne, über jeden könnten anonyme Telefonanrufe hereinkommen. Jeder habe seine Hinterlassenschaften und dies könnte ihm beruflich, politisch, aber auch familiär schaden. Y führte in der Sendung "Schweiz aktuell" vom 19. Juni 2009 Folgendes aus: "Ich habe natürlich selbstverständlich zwischen den Zeilen schon auch herausgehört, dass es unter Umständen bei meiner weiteren Arbeit, sei das politisch natürlich von meinem Geschäftsbereich her, mir schaden könnte, wenn ich meine Nomination aufrecht halte."
4.2.3 Die Aussage von Y, wonach der Gemeindepräsident dem gesamten Gemeinderat Littau mitgeteilt habe, dass der Stadtpräsident ihm gesagt habe, er solle schauen, dass Y nicht mehr komme, bestreitet der Stadtrat. Der Gemeindepräsident erklärte, dass er sich zum Inhalt des Telefongesprächs im Gemeinderat Littau - wo auch Y anwesend war - nicht geäussert habe.
4.3 Bei den hier zur Diskussion stehenden Gesprächen geht es in erster Linie um Telefongespräche zwischen einzelnen Personen (vgl. E. 4.2.1 und 4.2.2). Weiter geht es um eine Aussage, die der Gemeindepräsident anlässlich der Gemeinderatssitzung in Littau gemacht haben soll, die aber ebenfalls bestritten ist (E. 4.2.3). Welche der streitigen Aussagen nun tatsächlich gemacht worden sind, kann im Nachhinein nicht beurteilt werden. Im vorliegenden Fall genügt es aber, wenn auf die unbestrittenen Vorfälle und Aussagen abgestützt wird. Danach hat der Stadtpräsident von Luzern nach Bekanntwerden der Absicht von Y, für den zweiten Wahlgang der Stadtratswahlen anzutreten, Kontakt zum Gemeindepräsidenten von Littau aufgenommen. Beim Gespräch zwischen den zwei Präsidenten blieb es aber nicht. Der Stadtpräsident von Luzern, gewähltes Mitglied derjenigen Behörde, für die Y zu kandidieren beabsichtigte, nahm am Nachmittag des 17. Juni 2009, während die Einreichungsfrist für den zweiten Wahlgang lief, mit dem Kandidaten Kontakt auf. Der Anruf erfolgte um ca. 13.30 Uhr aus dem Büro des Stadtpräsidenten ins Büro des Gemeinderates Littau. Aufgrund der Umstände ist klar und wird auch nicht bestritten, dass die Kontaktaufnahme im amtlichen Rahmen erfolgt ist und der Stadtpräsident nicht als Privatperson das Gespräch gesucht hat. Bei diesem Telefongespräch, so umstritten dessen Inhalt sein mag, ging es konkret einzig um die Frage der Kandidatur von Y für den zweiten Wahlgang. Der Stadtpräsident bestreitet nicht, dass er Y von einer Kandidatur - zumindest indirekt durch Vorhalt der schlechten Wahlchancen und möglichen negativen persönlichen Folgen - abgeraten hat. Aufgrund des Gesprächszeitpunkts und -inhalts - sei es gemäss Darstellung des Stadtpräsidenten, sei es gemäss Darstellung von Y - lässt sich für diesen Telefonanruf auch kein anderer Grund herleiten als die Absicht, Y von einer Kandidatur abzuhalten. Aufgrund der Aussage des Stadtpräsidenten vom 18. Juni 2009, dass unter Umständen noch andere Leute, aus der CVP beispielsweise, auf Y nachher auch noch Druck ausgeübt hätten, lässt sich weiter schliessen, dass auch der Stadtpräsident davon ausging, dass sein Telefonanruf als Druckversuch aufgefasst werden könnte. Die Motive des Stadtrates bzw. Stadtpräsidenten für diesen Anruf sind insoweit irrelevant. Die Behörden haben sich, so schwer das ihnen zuweilen fallen mag, im eigentlichen Wahlkampf um die Person der zur Wahl stehenden Kandidaten peinlichster Objektivität und Unparteilichkeit zu befleissigen. Dieser Grundsatz wird verletzt, wenn die Behörden beispielsweise selber Kandidaten vorschlagen sich, ausdrücklich sinngemäss, für bestimmte Kandidaten einsetzen, sei es, dass sie deren persönliche Eigenschaften deren politische Ziele loben, sei es, dass sie die Eigenschaften die Bestrebungen anderer Kandidaten direkt indirekt tadeln (LGVE 1977 III Nr. 4 mit Hinweis auf ZBl 1971 S. 525). Weiter wird in LGVE 1977 III Nr. 4 festgehalten, dass sich die Behörden jeglicher Beeinflussung bei Wahlen zu enthalten hätten und auf keinen Fall aktiv in das Wahlgeschehen eingreifen dürften. Der strenge Massstab sei dadurch begründet, dass es die Unparteilichkeit der Behörden zu garantieren gelte. Dies treffe insbesondere für einen Gemeindepräsidenten zu. Als - sowohl organisatorisch wie auch personell - betroffene Behörde dürfen sich der Stadtrat bzw. einzelne Stadtratsmitglieder nicht in das Wahlverfahren einmischen. Sie sind zur politischen Neutralität verpflichtet. Es kann nicht angehen, dass eine Behörde, für die noch ein Mitglied gewählt werden muss, versucht, einzelne Kandidierende von einer Wahl abzuhalten sie zumindest in diese Richtung zu beeinflussen. Es ist nicht Aufgabe der Behörden, Kandidaten für ihre freien Sitze auszuwählen. Das Wahlrecht steht den Stimmberechtigten zu, und willige Kandidierende dürfen durch Behördemitglieder nicht an der Kandidatur geoder behindert werden. Dies verfälscht die Wahlen. Durch seine Äusserungen gegenüber Y hat sich der Stadtpräsident aktiv in die Wahlen eingemischt. Dazu bestand keine Veranlassung.
Die Voraussetzungen, unter denen der Behörde ein Eingreifen in den Wahlkampf ausnahmsweise zusteht (vgl. E. 3), sind hier offensichtlich nicht gegeben. Auch der Umstand, dass zwischen den Gemeindebehörden von Luzern und Littau aufgrund des langjährigen Fusionsprozesses ein enger Kontakt und reger Austausch stattfand, ist keine Rechtfertigung für eine Einmischung. Dass ein solch enger Kontakt bestand, wird von keiner Seite bestritten. Auch Y bestätigte gegenüber "Schweiz aktuell" am 30. Juni 2009 ein kollegiales Verhältnis. Es ist nachvollziehbar, dass unter diesen Bedingungen der Griff zum Telefon leichter fällt und man eher Kontakt sucht und seine Haltung mitteilen will. Als betroffene Behörde - vier der fünf Stadträte waren für die nächste Legislatur bereits wiedergewählt - hatte sich der Stadtrat Luzern im Zusammenhang mit den Wahlen jedoch strikt neutral zu verhalten. Bei den Wahlen kommt den Behörden keine Beratungsfunktion zu wie bei Sachentscheiden. Hier haben sie nicht von Rechts wegen mitzuwirken und ihre Auffassung der öffentlichen Interessen zu wahren. Es ist zu verhindern, dass sich der Staat im Wahlkampf auch nur indirekt in den Dienst parteiischer Interessen stellt (BGE 118 Ia 259 E. 3 S. 262). Gerade vor dem Hintergrund, dass die Zusammenarbeit mit den Littauer Gemeinderäten so gut klappte, erscheint es bedenklich, wenn vom Luzerner Stadtrat in ein Wahlverfahren interveniert wird, in dem zwei dieser Gemeinderäte, X und Y, für den zweiten Wahlgang ihre Kandidatur angekündigt haben. Des Weiteren ist auch nicht entscheidend, ob andere Personen und Parteien versucht haben, Einfluss auf Y zu nehmen, und ihn allenfalls unter Druck gesetzt haben. Es trifft durchaus zu, dass Kandidierende vor Wahlen Druckversuchen von allen möglichen Seiten und aus allen möglichen Gründen ausgesetzt sind und dass in einem gewissen Masse von Kandidierenden auch erwartet werden kann, dass sie mit Druckversuchen umgehen können. Das Bundesgericht hat zur Rechtmässigkeit der Einwirkung auf Wahlen von privater Seite allgemein festgehalten, dass gewisse unsachliche, übertreibende gar unwahre Behauptungen im Wahlkampf kaum vermieden werden könnten und diese trotz ihrer Verwerflichkeit die nachträgliche Kassation einer Wahl in der Regel nicht rechtfertigten. Private Äusserungen stehen grundsätzlich unter der Meinungsäusserungsund der Pressefreiheit (BGE 118 Ia 259 E. 3 S. 263). Dies ist beim Verbot der Intervention von Behörden bei Wahlen aber nicht relevant. Behörden sind nicht Privatpersonen Parteien, denen die Einflussnahme auf Kandidierende in gewissen Grenzen erlaubt ist. Behörden haben sich in jedem Fall neutral zu verhalten und sich aus dem Wahlkampf fernzuhalten.
4.4 Zusammenfassend ist damit festzuhalten, dass das Telefonat des Stadtpräsidenten an Gemeinderat Y nach dessen Ankündigung, er werde für den zweiten Wahlgang der Stadtratswahlen antreten, eine unzulässige Intervention eines Behördenmitglieds darstellt, für die keine Rechtfertigung besteht.
5. Nachdem eine Unregelmässigkeit bei der Vorbereitung des zweiten Wahlgangs der Stadtratswahlen in Luzern festgestellt wurde, ist zu entscheiden, welche Folgen daran zu knüpfen sind. Gemäss § 165 Absatz 2 StRG wird die Wahl durch den Beschwerdeentscheid ganz teilweise aufgehoben, wenn Unregelmässigkeiten festgestellt sind, die Möglichkeit, dass sie das Wahlergebnis entscheidend verändert haben, sich nicht ausschliessen lässt und eine Berichtigung durch den Beschwerdeentscheid nicht möglich ist.
Bei den Vorbereitungen des zweiten Wahlgangs der Stadtratswahlen in Luzern sind Unregelmässigkeiten geschehen (vgl. E. 4). Gemäss den Ausführungen von Y habe ihm das Telefongespräch mit dem Stadtpräsidenten gezeigt, dass seine Person diesem und möglicherweise auch dem Stadtrat als Exekutivmitglied im Stadtrat Luzern schlicht unerwünscht sei. Da die Aussicht auf eine einigermassen akzeptable Zusammenarbeit im Stadtrat von Luzern nicht gegeben gewesen sei, habe er seine Kandidatur zurückgezogen. In weiteren Stellungnahmen sprach Y zwar auch davon, dass andere Leute und Parteien ihn zum Teil heftig, zum Teil auch unfair angegangen hätten, es kann aber nicht ausgeschlossen werden, dass er angetreten wäre, hätte er nicht den Telefonanruf des Stadtpräsidenten erhalten. Es spielt in diesem Zusammenhang auch keine Rolle, dass Y im ersten Wahlgang über 4000 Stimmen weniger erhalten hat als X, der das absolute Mehr nur knapp verpasst hat (vgl. E. 4.1). Eine Berichtigung durch den Beschwerdeentscheid ist nicht möglich. Nachdem Y am
30. Juni 2009 in der Sendung "Schweiz aktuell" angekündigt hat, er könnte sich - je nach Ausgang des Beschwerdeverfahrens - vorstellen, für einen zweiten Wahlgang der Stadtratswahlen zu kandidieren, und nicht auszuschliessen ist, dass der Rückzug der Kandidatur von Y andere Bewerberinnen Bewerber um das Amt von einer Kandidatur abgehalten hat, ist die stille Nachwahl vom 18. Juni 2009 aufzuheben.
6. Zusammenfassend ist daher unter Verweis auf die Erwägungen 3-5 festzuhalten, dass im Zusammenhang mit der Vorbereitung des zweiten Wahlgangs für die Stadtratswahlen durch das Telefonat des Stadtpräsidenten am 17. Juni 2009 in unzulässiger Weise auf die Kandidatur von Y eingewirkt wurde und dass nicht ausgeschlossen werden kann, dass dadurch ein zweiter Wahlgang verhindert und das Wahlrecht der Stimmberechtigten von Luzern eingeschränkt wurde. Die stille Nachwahl vom 18. Juni 2009 ist daher aufzuheben. Es bleibt in der Folge zu prüfen, welche weiteren Massnahmen ergriffen werden müssen.
7. Gemäss § 165 Absatz 3 StRG trifft der Regierungsrat bei Aufhebung einer Wahl die nötigen Anordnungen. Nachdem die stille Nachwahl vom 18. Juni 2009 aufgehoben wird, sind die entsprechenden Vorbereitungshandlungen für einen zweiten Wahlgang zu wiederholen. Es ist daher eine erneute Frist nach § 90 Absatz 2 StRG für die Einreichung der Wahlvorschläge bei der Einreichungsstelle anzusetzen. Da das Justizund Sicherheitsdepartement für die Wahlanordnung zuständig ist und allenfalls Rücksprachen mit den Verantwortlichen für die Durchführung der Wahl zu treffen sind, wird dieses beauftragt, seine Wahlanordnung vom 1. Juli 2008 anzupassen und die Änderung im Kantonsblatt und in den Medien zu veröffentlichen. Bei der Anordnung der neuen Einreichungsfrist ist zu beachten, dass der Regierungsrat den Termin für den zweiten Wahlgang der Stadtratswahlen auf den 27. September 2009 festgelegt hat. Da eine allfällige Verwaltungsgerichtsbeschwerde nach § 166 Absatz 2 StRG keine aufschiebende Wirkung hat, ist an diesem Termin festzuhalten. Es besteht ein öffentliches Interesse daran, möglichst bald Klarheit über den Ausgang der Stadtratswahlen von Luzern zu haben. Die Bestimmung, wonach die Rechtsmittel nach Stimmrechtsgesetz keine aufschiebende Wirkung haben, bezweckt denn auch zu verhindern, dass durch das Ergreifen eines Rechtsmittels Abstimmungsund Wahltermine gefährdet werden (vgl. Botschaft B34 des Regierungsrates zur Änderung des Gesetzes über die Verwaltungsrechtspflege vom 27. November 2007, in: Verhandlungen des Kantonsrates 2008, S. 236).
8. Im Zusammenhang mit der Kandidatur von X ist festzuhalten, dass er
seine Erklärung bereits abgegeben hat, wonach er für den zweiten Wahlgang kandidieren wird. Er wird - unter Vorbehalt eines ausdrücklichen Widerrufs seiner Kandidatur - von der nochmaligen Einreichung einer Erklärung befreit. (Regierungsrat, 10. Juli 2009, Nr. 903)
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