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Urteil Regierungsrat (LU - RRE Nr. 3418)

Zusammenfassung des Urteils RRE Nr. 3418: Regierungsrat

Der Kanton erhält das Recht zur Enteignung im Rahmen von Strassenbauprojekten, wenn eine Einigung nicht möglich ist. Eine Beschwerde gegen Entscheidungen des Regierungsrates kann nur vor Bundesgericht erhoben werden. Gemäss der Europäischen Menschenrechtskonvention hat jeder Anspruch auf eine faire und öffentliche Anhörung vor einem unabhängigen Gericht. Das Bundesgericht hat die schweizerische Auslegung dieses Rechts bestätigt. Bürger, die von Enteignungen betroffen sind, haben das Recht, die Rechtmässigkeit vor Gericht prüfen zu lassen. Der Regierungsrat wird nicht als Gericht im Sinne der Konvention angesehen. Betroffene können gegen Entscheidungen des Regierungsrates vor dem Verwaltungsgericht des Kantons Luzern Beschwerde einlegen.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts RRE Nr. 3418

Kanton:LU
Fallnummer:RRE Nr. 3418
Instanz:Regierungsrat
Abteilung:-
Regierungsrat Entscheid RRE Nr. 3418 vom 14.12.1993 (LU)
Datum:14.12.1993
Rechtskraft:Diese Entscheidung ist rechtskräftig.
Leitsatz/Stichwort:Anfechtbarkeit der Genehmigung eines Strassenprojekts. §§ 77, 103 Abs. 3 StrG; Art. 6 Ziff. 1 EMRK. Die Genehmigung eines Strassenprojekts durch den Regierungsrat, womit dem Träger der Strassenbaulast das Enteignungsrecht erteilt wird, ist mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim kantonalen Verwaltungsgericht anfechtbar. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird nicht durch § 103 Abs. 3 StrG ausgeschlossen.

Schlagwörter: Enteignung; Kanton; Gericht; Verwa; Anforderungen; Verwaltung; Regierungsrat; Regierungsrates; Verwaltungsgericht; Kantons; Bundesgericht; Sinne; Genehmigung; Strassenbaulast; Enteignungsrecht; Einsprache; Entscheid; Verwaltungsgerichtsbeschwerde; Luzern; Bundesrechts; Rechtsprechung; Entschädigung; Überprüfung; Sachverhalt; Prüfung; Strassenprojekts; Träger; Kantonsstrassen
Rechtsnorm:-
Referenz BGE:114 I a 127; 118 I a 227; 118 I a 473; 118 I a 483;
Kommentar:
-

Entscheid des Verwaltungsgerichts RRE Nr. 3418

Mit der Genehmigung des Strassenprojekts wird dem Kanton als Träger der Strassenbaulast von Kantonsstrassen das Enteignungsrecht erteilt, soweit eine Enteignung zur Erfüllung der Aufgaben aus der Strassenbaulast erforderlich und eine Verständigung nicht möglich ist (§ 77 Abs. 1 StrG).

Nachdem der vorliegende Einspracheund Genehmigungsentscheid nicht unter die abschliessende Aufzählung von § 103 Abs. 3 StrG fällt, kann nach dieser Bestimmung gegen den Entscheid des Regierungsrates keine Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Verwaltungsgericht des Kantons Luzern ergriffen werden. Der Entscheid des Regierungsrates ist demnach kantonalrechtlich letztinstanzlich und kann innert 30 Tagen seit der Zustellung nur mit der staatsrechtlichen Beschwerde an das Bundesgericht weitergezogen werden (Art. 84ff. des Bundesgesetzes über die Organisation der Bundesrechtspflege).

Nach Art. 6 Ziff. 1 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) hat indessen jedermann Anspruch darauf, dass seine Sache in billiger Weise öffentlich und innerhalb einer angemessenen Frist gehört wird, und zwar von einem unabhängigen und unparteiischen auf Gesetz beruhenden Gericht, das über zivilrechtliche Ansprüche und Verpflichtungen zu entscheiden hat. Die anderslautende auslegende Erklärung der Schweiz zu Art. 6 Ziff. 1 EMRK ist vom Bundesgericht als ungültig erklärt worden (BGE 118 I a 473 ff., insbesondere 488). Der von Art. 6 Ziffer 1 EMRK verlangte gerichtliche Rechtsschutz zählt zu den verfassungsrechtlichen Anforderungen des Bundesrechts, denen die Kantone Rechnung zu tragen haben (BGE 118 I a 227). Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung kann der von der Erteilung des Enteignungsrechts betroffene Bürger verlangen, dass nicht nur über das Mass der Entschädigung, sondern auch über die Frage, ob eine Enteignung gerechtfertigt ist, ein Richter urteilt, der den Anforderungen von Art. 6 Ziff. 1 EMRK genügt (BGE 114 I a 127 f.). Die Anwendbarkeit von Art. 6 Ziff. 1 EMRK hat zur Folge, dass nicht nur die Entschädigung, sondern auch die Zulässigkeit der Enteignung von einem Gericht beurteilt wird, dem eine umfassende Sachund Rechtskontrolle, mithin eine volle Überprüfungsbefugnis zusteht (ZBl 1993 S. 117). Zu den Anforderungen, die an ein Gericht im Sinne von Art. 6 Ziff. 1 EMRK zu stellen sind, gehört nach der Rechtsprechung des europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte neben der Unabhängigkeit von der Verwaltung insbesondere auch die Möglichkeit einer umfassenden Überprüfung von Sachverhalt und Rechtsanwendung (ZBl 1993 S. 40). Der Regierungsrat ist kein Gericht im Sinne der Konventionsbestimmung (Pra 1993 S. 207, BGE 118 I a 473 ff., insbes. 478). Nachdem im staatsrechtlichen Beschwerdeverfahren das Bundesgericht den Sachverhalt und die Anwendung des kantonalen Rechts bei einem leichten Eingriff nur unter dem Gesichtswinkel der Willkür prüft, genügt diese beschränkte Prüfungsbefugnis den Anforderungen an eine richterliche Prüfung im Sinne der EMRK nicht (BGE 118 I a 483).

Aus diesen Erwägungen folgt, dass aufgrund des übergeordneten Rechts entgegen § 103 Abs. 3 StrG die von der Enteignung Betroffenen gegen den Einspracheentscheid des Regierungsrates innert 20 Tagen beim Verwa1tungsgericht des Kantons Luzern Verwaltungsgerichtsbeschwerde einreichen können.

Quelle: https://gerichte.lu.ch/recht_sprechung/publikationen
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Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

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