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Urteil Regierungsrat (LU - RRE Nr. 2852)

Zusammenfassung des Urteils RRE Nr. 2852: Regierungsrat

Ein Beirat kann bestellt werden, wenn eine Person nicht allein in der Lage ist, bestimmte Geschäfte zu besorgen, ohne ihr Einkommen oder Vermögen zu gefährden. In einem konkreten Fall hat ein Beschwerdeführer sein Nutzniessungsrecht gelöscht, ohne die Konsequenzen zu verstehen, und auf Einkünfte von rund 10'000 Franken pro Jahr verzichtet. Eine psychiatrische Begutachtung ergab, dass der Beschwerdeführer an fortgeschrittener Demenz leidet und nicht mehr in der Lage ist, seine Angelegenheiten zu regeln. Aufgrund dessen wird eine kombinierte Beiratschaft bestätigt, um sein Vermögen zu verwalten und rechtliche Angelegenheiten zu regeln.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts RRE Nr. 2852

Kanton:LU
Fallnummer:RRE Nr. 2852
Instanz:Regierungsrat
Abteilung:-
Regierungsrat Entscheid RRE Nr. 2852 vom 29.10.1991 (LU)
Datum:29.10.1991
Rechtskraft:Diese Entscheidung ist rechtskräftig.
Leitsatz/Stichwort:Kombinierte Beiratschaft. § 395 Abs. 1 und 2 ZGB. Die kombinierte Beiratschaft ermöglicht dem Beirat, einen Verzicht der verheirateten Person auf ein Nutzniessungsrecht und die Löschung des Nutzniessungsrechtes im Grundbuch mit Klage anzufechten.

Schlagwörter: ähig; Verwaltung; Nutzniessung; Gemeinde; Gemeinderat; Schutz; Beirat; Mitwirkung; Voraussetzungen; Verwaltungsbeiratschaft; Beiratschaft; Mitwirkungs; Schnyder/Murer; Gespräch; Entmündigung; Beschränkung; Handlungsfähigkeit; Vermögens; Schutzbedürftige; Grundbuch; Nutzniessungsrecht; Beschwerdeführer; Eigentümer; Einnahmen; Anordnung; Angelegenheiten; Bevormundung
Rechtsnorm: Art. 395 ZGB ;
Referenz BGE:-
Kommentar:
-

Entscheid des Verwaltungsgerichts RRE Nr. 2852

Wenn für die Entmündigung einer Person kein genügender Grund vorliegt, gleichwohl aber zu ihrem Schutz eine Beschränkung der Handlungsfähigkeit als notwendig erscheint, kann ihr ein Beirat bestellt werden, dessen Mitwirkung in bestimmten, im Gesetz aufgezählten Fällen, erforderlich ist (Art. 395 Abs. 1 ZGB). Unter den gleichen Voraussetzungen kann die Verwaltung des Vermögens dem Schutzbedürftigen entzogen werden, während er über die Erträgnisse die freie Verfügung behält (Art. 395 Abs. 2 ZGB). Die Mitwirkungsbeiratschaft gemäss Abs. 1 ist somit anzuordnen, wenn der Schutzbedürftige zumindest eines der im Gesetz abschliessend aufgezählten Geschäfte nicht allein zu besorgen vermag, ohne sein Einkommen Vermögen zu gefährden. Unter Verwaltungsbeiratschaft gemäss Abs. 2 ist zu stellen, wer Vermögen hat und zu dessen Verwaltung unfähig ist. Eine kombinierte Beiratschaft ist anzuordnen, wenn einerseits die Mitwirkungsund Verwaltungsbeiratschaft je für sich allein nicht genügen, andererseits die Entmündigung aber nicht nötig ist (vgl. Schnyder/Murer, Berner Kommentar, N 13-15 zu Art. 395 ZGB).

Mit "Löschungsbegehren" vom 30. November 1990 hat der Beschwerdeführer das im Grundbuch eingetragene Nutzniessungsrecht löschen lassen und so auf Einkünfte von gegen Fr. 10 000.- pro Jahr verzichtet. Nach Aussage des jetzigen Eigentümers der betreffenden Liegenschaft gegenüber dem Gemeinderat habe die Nutzniessung aufgehoben werden müssen, weil der Beschwerdeführer andernfalls keine Ergänzungsleistungen erhalte. Bei einem Gespräch des Gemeinderates mit dem Beschwerdeführer am 30. Januar 1991 zeigte sich, dass der Beschwerdeführer nicht wusste, was er unterschrieben hatte, und die Konsequenzen dieser Lösung nicht abschätzen konnte. Er vermochte sich zu erinnern, dass er einmal beim Eigentümer etwas unterschrieben hatte, wusste aber nicht mehr was und wann. Er erklärte auch, dass er nicht realisiert habe, damit auf Einnahmen von gegen Fr. 10 000.- pro Jahr zu verzichten. Auf die Äusserung, dass die Gemeinde jetzt für ihn zahlen müsse, erwiderte er, dass er dies nicht haben möchte. Letzteres wiederholte er anlässlich eines Gesprächs mit dem Sozialvorsteher und Gemeindeschreiber vom 17. April 1991. Zudem äusserte er zur Anordnung vormundschaftlicher Massnahmen: "Wäge mine, ihr machid jo glich, was ihr wönd."

Bei der durch den Gemeinderat in Auftrag gegebenen psychiatrischen Begutachtung des Beschwerdeführers hielt Dr. med. X am 15. Februar 1991 fest, der 78jährige Beschwerdeführer leide an fortgeschrittener altersbedingter Demenz mit Urteilsunfähigkeit. Er sei zeitlich dauernd desorientiert, Merkfähigkeit und Gedächtnis seien stark beeinträchtigt. Der Beschwerdeführer sei so verwirrt, dass er auch in alltäglichen Verrichtungen dauernder Betreuung bedürfe. Seine intellektuelle Leistungsfähigkeit genüge nicht mehr zur Besorgung seiner Angelegenheiten. Im Gespräch sei offensichtlich geworden, dass der Beschwerdeführer nicht begreife, was er mit seiner Unterschrift vom 30. November 1990 bewirkt habe. Er sei damals in bezug auf die Abtretung seines Nutzniessungsrechts urteilsund handlungsunfähig gewesen. Infolge Geistesschwäche vermöge er seine Angelegenheiten nicht zu besorgen, wobei sogar die Voraussetzungen für eine Bevormundung gegeben wären.

Die bisherigen Ausführungen zeigen, dass sich die rechtliche Prüfung des Verzichts auf die Nutzniessung, deren Erörterung mit dem Beschwerdeführer und allenfalls ein diesbezüglicher Prozess aufdrängen; anzustreben ist damit, dem Beschwerdeführer die Nutzniessung an sich sowie insbesondere die Einnahmen daraus wieder zu verschaffen. Dazu wäre der Beschwerdeführer allein in seinem heutigen Zustand keinesfalls in der Lage. An Vermögen verfügte er im wesentlichen über das erwähnte Recht zur Nutzniessung, das letztes Jahr gelöscht wurde. Die Verwaltung des Vermögens umfasst somit heute die Frage, ob diese Löschung rechtsgültig zustande kam. Auch dazu ist der Beschwerdeführer - wie aus den deutlichen Ausführungen des Gutachtens hervorgeht - nicht mehr fähig. Zur Prozessführung im Rahmen der Verwaltungsbeiratschaft ist die Zustimmung der Vormundschaftsbehörde notwendig (vgl. Art. 421 Ziff. 8 ZGB; Schnyder/Murer, a. a. O., N 142 f zu Art. 395 ZGB). Diesem Erfordernis ist der Gemeinderat durch ausdrückliche Erteilung der Prozessvollmacht zur Wiederherstellung der im Grundbuch gelöschten Nutzniessung nachgekommen. Da der Beschwerdeführer nicht in der Lage ist, sein Vermögen zu verwalten und einen allfälligen Prozess zu führen, sind bei ihm sowohl die Voraussetzungen der Mitwirkungswie auch der Verwaltungsbeiratschaft gegeben; die Anordnung der kombinierten Beiratschaft ist demzufolge zu bestätigen. Mit dem Gemeinderat ist darin einig zu gehen, dass diese vormundschaftliche Massnahme unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismässigkeit genügt, selbst wenn Dr. med. X die Voraussetzungen für eine Bevormundung bejaht. Wie im vorinstanzlichen Entscheid ausgeführt, wird dem Beschwerdeführer im Betagtenheim die persönliche Fürsorge gewährt, weshalb zu seinem Schutz eine Beschränkung der Handlungsfähigkeit durch die kombinierte Beiratschaft genügt (vgl. Schnyder/Murer, a. a. O., N 169 zu Art. 395 ZGB).



Quelle: https://gerichte.lu.ch/recht_sprechung/publikationen
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Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

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