1. Die Bürgergemeinde X bevorschusste seit 1991 die Unterhaltsbeiträge der Kinder A und B, die unter der elterlichen Gewalt ihrer Mutter standen. Rechtstitel der Bevorschussung war ein ausländisches Urteil aus dem Jahre 1984. Mit Urteil vom 10. März 1994 erhöhte das Amtsgericht Z die vom Vater zu bezahlenden Unterhaltsbeiträge. Die Änderung galt ab 23. Juli 1993. Mit Schreiben vom 6. April 1994 ersuchte die Mutter die Bürgergemeinde X um Anpassung der Bevorschussung ab Juli 1993. Die Gemeinde verfügte die Anpassung gestützt auf § 45 Absatz 3 des Sozialhilfegesetzes (SHG) jedoch erst ab Mai 1994.
2. Nach § 45 Absatz 1 SHG hat das anspruchsberechtigte Kind gegenüber der Bürgergemeinde seines zivilrechtlichen Wohnsitzes Anspruch auf Bevorschussung, wenn die Eltern ihrer Unterhaltspflicht nicht, nur teilweise oder nicht rechtzeitig nachkommen. Der Anspruch ist vom berechtigten Kind mit einem Gesuch geltend zu machen (§ 6 der Sozialhilfeverordnung, SHV).
Der Entscheid über die Bevorschussung von Unterhaltsbeiträgen ist eine Dauerverfügung. Er regelt das Rechtsverhältnis zwischen dem Anspruchsberechtigten und dem zuständigen Gemeinwesen aufgrund eines in einem bestimmten Zeitpunkt gegebenen Sachverhaltes. Die Dauerverfügung wirkt in die Zukunft und begründet Dauerrechte bzw. Dauerpflichten. Sie wird rechtskräftig und rechtsbeständig. Rechtsbeständigkeit bedeutet, dass die Dauerverfügung in Kraft bleibt, bis sie durch eine nachfolgende Verfügung abgeändert oder aufgehoben wird. Gemäss § 13 SHG hat die Gemeinde die Verfügung um Bevorschussung anzupassen, sobald sich die Verhältnisse ändern. Damit sind vorab Änderungen in den wirtschaftlichen Verhältnissen gemeint. Da die wirtschaftlichen Verhältnisse bei einer Bevorschussung in der Regel nur dem Anspruchsberechtigten bzw. seinem gesetzlichen Vertreter bekannt sind, bedarf es zu einer Anpassung ebenfalls eines entsprechenden Gesuches.
3. Es ist streitig, ab welchem Zeitpunkt die Bürgergemeinde X die Alimentenbevorschussung anpassen muss. Der Gemeinderat vertritt die Ansicht, dass sich eine Anpassung erst ab dem Monat rechtfertigt, der dem Gesuch um Anpassung folgt. So erhöhte die Beschwerdegegnerin die Bevorschussung erst ab 1. Mai 1994. Sie berief sich dabei auf § 45 Absatz 3 SHG. Demgegenüber machten die Beschwerdeführer geltend, diese Bestimmung sei nicht anwendbar. Sie gelte nicht für Gesuche um Anpassung bereits verfügter Bevorschussungen, sondern nur für neu eingereichte Gesuche. Vielmehr müsse § 47 Absatz 1 SHG angewendet werden. Danach richte sich der Umfang der Bevorschussung nach dem im Rechtstitel genannten und nicht geleisteten Unterhaltsbeitrag.
Nach dem Wortlaut von § 45 Absatz 3 SHG werden lediglich diejenigen Unterhaltsbeiträge bevorschusst, die nach der Gesuchstellung fällig werden. Nicht zu bevorschussen sind hingegen Unterhaltsbeiträge, die bereits vor der Gesuchstellung fällig geworden sind. Wird ein Unterhaltsbeitrag fällig, kann er vom unterhaltsberechtigten Kind gegenüber dem unterhaltsverpflichteten Elternteil geltend gemacht werden. Muss ein Gericht, zum Beispiel im Zusammenhang mit einer Scheidung, den Unterhaltsbeitrag durch Urteil festsetzen, tritt die Fälligkeit des Beitrages mit der Rechtskraft des Urteils ein. Unterhaltsbeiträge, die vom Richter aufgrund einer Abänderungsklage erhöht worden sind, werden ebenfalls mit Eintritt der Rechtskraft des Abänderungsurteils fällig. Bis zu diesem Zeitpunkt gilt das bisherige rechtskräftige Urteil (Berner Kommentar zum Schweizerischen Privatrecht, Band II, 1. Abteilung, 1. Teilband, 2. Hälfte, S. 733, N 190 zu Art. 157 ZGB; Guldner Max, Schweizerisches Zivilprozessrecht, Zürich 1979, S. 379, 2. Absatz, S. 390, Ziffer 1a). Ist gegen das Abänderungsurteil ein ordentliches Rechtsmittel gegeben, tritt die Rechtskraft ein, wenn die Rechtsmittelfrist unbenutzt abgelaufen ist (Guldner Max, a.a.O., S. 391, Ziffer 2 b).
Gegen das Versäumnisurteil des Amtsgerichts Z vom 10. März 1994 war das ordentliche Rechtsmittel der Appellation gegeben. Die Appellationsfrist betrug 20 Tage (§§ 240 Absatz 1 und 245 ZPO). Das Versäumnisurteil konnte dem Vater der Beschwerdeführer nicht zugestellt werden, da sein Aufenthalt unbekannt war. Das Amtsgericht Z liess deshalb im Kantonsblatt eine Urteilsmitteilung publizieren. Damit wurde dem Vater der Beschwerdeführer angezeigt, dass er das erwähnte Urteil auf der Kanzlei in Empfang nehmen könne. Mit dieser Mitteilung galt das Urteil als eröffnet und die Rechtsmittelfrist für die Appellation lief vom Tag der Publikation an (§ 290 ZPO). Damit wurde das Urteil erst am 23. April rechtskräftig. Folglich sind die erhöhten Unterhaltsbeiträge auch erst an diesem Datum fällig geworden.
Die Mutter der Beschwerdeführer stellte das Gesuch um Erhöhung der Bevorschussung am 6. April 1994, also deutlich vor dem Fälligkeitstermin der erhöhten Unterhaltsbeiträge. Demnach hat die Beschwerdegegnerin § 45 Absatz 3 SHG nicht richtig angewandt, wenn sie die erhöhten Unterhaltsbeiträge erst ab 1. Mai 1994 bevorschusste. Da die Unterhaltsbeiträge von Juli 1993 bis April 1994 erst nach dem 6. April 1994 fällig geworden sind, hätte sie auch diese Beiträge bevorschussen müssen.
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