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Urteil Regierungsrat (LU)

Kopfdaten
Kanton:LU
Fallnummer:RRE Nr. 1852
Instanz:Regierungsrat
Abteilung:-
Regierungsrat Entscheid RRE Nr. 1852 vom 19.12.2000 (LU)
Datum:19.12.2000
Rechtskraft:Diese Entscheidung ist rechtskräftig.
Leitsatz/Stichwort:Anordnung einer kombinierten Beiratschaft. Protokollführung. Artikel 397 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 374 Absatz 1 ZGB. Bei der Gewährung des rechtlichen Gehörs ist ein genaues und umfassendes Protokoll zu führen. Inhalt des Protokolls müssen die in Aussicht genommene vormundschaftliche Massnahme, die vorgehaltenen Einzeltatsachen und die Erläuterungen sein, die der oder die Betroffene dazu abgegeben hat; auch auf das Verhalten der oder des Betroffenen während der Anhörung soll hingewiesen werden, da dies Beobachtungsmaterial ergibt, um einen umfassenden Einblick zu gewinnen.

Schlagwörter: Beirat; Beschwerde; Beschwerdeführer; Beiratschaft; Protokoll; Anordnung; Anhörung; Vorinstanz; Vormundschaftlichen; Massnahme; Verfahren; Kombinierten; Murer; Vormundschaftsbehörde; Zustimmung; Entscheid; Genommenen; Aussicht; Gehör; Einzeltatsachen; Ziffer; Nachgekommen; Informiert; Rechtsgeschäft; Person; Kreisschreibens; Anhörungspflicht; Benötige; Worden
Rechtsnorm: Art. 374 ZGB ; Art. 397 ZGB ;
Referenz BGE:40 II 182;
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:-
Entscheid
3. Zunächst bemängelt der Beschwerdeführer das Vorgehen der Vormundschaftsbehörde bei der Gewährung des rechtlichen Gehörs. Er macht in seiner Verwaltungsbeschwerde geltend, die Zustimmung zur Anordnung einer kombinierten Beiratschaft entspreche nicht seinem freien Willen. Er habe mit Vertretern der Vormundschaftsbehörde ein Gespräch geführt und habe dabei Verständnis für ihr Anliegen gehabt, dass er nach dem Ableben seines Beraters einen neuen benötige. Die Vertreter der Vormundschaftsbehörden hätten jedoch nicht erwähnt, dass seine Handlungsfähigkeit beschränkt werden solle. Zudem sei er unter Druck gesetzt worden, ein vorbereitetes Papier zu unterzeichnen, damit er wieder in sein Haus zurückkehren könne. Seine finanziellen Angelegenheiten würden weitgehend von einem Treuhandbüro erledigt. Dieses fülle die Steuererklärung aus und regle sämtliche Zahlungen betreffend seiner Liegenschaft. Diesbezüglich benötige er keinen Beirat. Die Vorinstanz macht dagegen geltend, der Gemeindeschreiber habe den Beschwerdeführer darauf aufmerksam gemacht, dass nach der Anordnung der Beiratschaft Rechtsgeschäfte nur dann rechtsverbindlich seien, wenn sowohl der Beschwerdeführer als auch der Beirat dem Rechtsgeschäft zustimmten. Er sei über die rechtlichen Konsequenzen der Beiratschaft informiert worden. Zudem weist die Vorinstanz den Vorwurf vehement zurück, sie habe den Beschwerdeführer unter Druck gesetzt. Sie habe ihn lediglich ein während des Gesprächs verfasstes Kurzprotokoll unterschreiben lassen, welches beweise, dass dem Beschwerdeführer das rechtliche Gehör gewährt worden sei. Im Weiteren sei der Beschwerdeführer auch informiert worden, dass er betreffend der Anordnung der vormundschaftlichen Massnahme einen gemeinderätlichen Entscheid erhalten werde, gegen den eine Beschwerde möglich sei.

a. Artikel 397 Absatz 1 ZGB sieht vor, dass für das Verfahren der Beistandschaft und Beiratschaft die gleichen Bestimmungen wie bei der Bevormundung gelten (Bernhard Schnyder/Erwin Murer, Berner Kommentar, Bern 1984, N 23 zu Art. 397 ZGB). Gemäss Artikel 374 Absatz 1 ZGB muss deshalb auch die zu verbeiratende Person angehört werden (Schnyder/Murer, a.a.O., N 77 zu Art. 374 ZGB). Das Bundesgericht hat in den Ziffern 1 und 2 seines Kreisschreibens an die kantonalen Regierungen betreffend das Verfahren bei Entmündigungen vom 18. März 1914 (vgl. BGE 40 II 182ff.) festgehalten, dass dem Betroffenen bei der Anhörung nicht nur in allgemeiner Form von der in Aussicht genommenen vormundschaftlichen Massnahme Kenntnis zu geben ist, sondern dass ihm auch die Einzeltatsachen bekannt zu geben sind, auf die sich die zuständige Behörde bei ihrem Entscheid stützen will. Sodann muss dem Betroffenen die Gelegenheit gegeben werden, sich zum Beweisthema und den Beweisangeboten zu äussern. Ziffer 4 dieses Kreisschreibens führt aus, dass bei einer Anhörung ein genaues und umfassendes Protokoll zu führen ist. Inhalt des Protokolls müssen also nebst der in Aussicht genommenen vormundschaftlichen Massnahme die ihm vorgehaltenen Einzeltatsachen sein und die Erläuterungen, die der Betroffene dazu abgegeben hat; auch auf sein Verhalten während der Anhörung soll hingewiesen werden, da dies Beobachtungsmaterial ergibt, um einen umfassenden Einblick zu gewinnen (Schnyder/Murer, a.a.O., N 70 zu Art. 374 ZGB).

b. Die Vorinstanz ist ihrer Anhörungspflicht im Sinne von Artikel 374 Absatz 1 ZGB unbestritten nachgekommen und hat dabei ein Protokoll erstellt. Diesem Protokoll lässt sich jedoch nicht entnehmen, ob der Beschwerdeführer über die Tragweite einer kombinierten Beiratschaft aufgeklärt worden ist. Ebenfalls ist nicht ersichtlich, ob und wie er sich zu den vorgebrachten Beweisen geäussert hat. Aus dem Protokoll kann lediglich entnommen werden, dass der Beschwerdeführer der Anordnung einer Beiratschaft nach Artikel 395 Absatz 1 und 2 ZGB zustimmt, wer als Beirat eingesetzt wird und dass die Kosten des Verfahrens zu Lasten des Beschwerdeführers gehen. Somit ist festzuhalten, dass die Vorinstanz ihrer Anhörungspflicht nachgekommen ist, aber ein inhaltlich ungenügendes Protokoll erstellt hat.

c. Der Beschwerdeführer bringt ausserdem vor, die Zustimmung zur Anordnung einer kombinierten Beiratschaft entspreche nicht seinem freien Willen. Er hat das Protokoll unterschrieben, welches unter anderem festhält, dass er der Anordnung einer Beiratschaft nach Artikel 395 Absatz 1 und 2 ZGB zustimme. Im vorliegenden Verfahren ist dies jedoch nicht von Bedeutung, da für die Anordnung einer kombinierten Beiratschaft nach Artikel 395 Absatz 1 und 2 ZGB die Zustimmung der von der vormundschaftlichen Massnahme betroffenen Person nicht nötig ist.

Quelle: https://gerichte.lu.ch/recht_sprechung/publikationen
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