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Urteil Verwaltungsgericht (LU)

Kopfdaten
Kanton:LU
Fallnummer:P 91 2
Instanz:Verwaltungsgericht
Abteilung:Abteilung für die Prüfung von Erlassen
Verwaltungsgericht Entscheid P 91 2 vom 28.09.1992 (LU)
Datum:28.09.1992
Rechtskraft:Diese Entscheidung ist rechtskräftig.
Leitsatz/Stichwort:§ 188 Abs. 1 VRG. Eine Weisung des Regierungsrates an eine Gemeinde, eine Planungszone über einen Teil der Bauzone zu erlassen, ist kein Rechtssatz verwaltungsrechtlichen Inhalts.
Schlagwörter: Planungszone; Regierungsrat; Prüfung; Entscheid; Gemeinde; Regierungsrates; öffentlich; Antrag; Gemeinderat; Rechtssätze; Prüfungsantrag; Frist; Veröffentlichung; Kantons; Antragstellerinnen; Angefochtene; Rechtsspruch; Provisorische; Erwägungen; Erlass; Kantonsblatt; Ziffer; Anordnung; Weisung; Kernzone; Worden; Bauvorschriften; Auflage; Verwaltungsgericht
Rechtsnorm:-
Referenz BGE:113 Ia 439;
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:-
Entscheid
A. - Am 15. Oktober 1991 entschied der Regierungsrat des Kantons Luzern über die Genehmigung des Zonenplanes und des Bauund Zonenreglementes (BZR) der Gemeinde A sowie über zwei Beschwerden. Gemäss Ziffer 2 des Rechtsspruchs im Zusammenhang mit Ziffer III.4 der Erwägungen wurden die Bestimmungen des BZR über die Kernzone nicht genehmigt, und der Gemeinderat wurde verhalten, «innert 30 Tagen ab Rechtskraft dieses Entscheides eine Planungszone über das Gebiet der Kernzone entsprechend den Erwägungen zu bestimmen». Die Teilgenehmigung einschliesslich die Verpflichtung zum Erlass einer Planungszone wurde im Kantonsblatt Nr. 45 vom 9. November 1991 veröffentlicht. Im Kantonsblatt Nr. 47 vom 23. November 1991 wurde die Verfügung des Baubannes mit provisorischen Bauvorschriften durch den Gemeinderat A publiziert. Gleichzeitig wurde die Planauflage vom 25. November bis zum 27. Dezember 1991 angekündigt und auf die Möglichkeit zur Einreichung einer Verwaltungsbeschwerde beim Regierungsrat innert der gleichen Frist hingewiesen.

B. - Am 20. Dezember 1991 reichten die Erbinnen des X einen Antrag auf verwaltungsgerichtliche Prüfung ein. Darin wird beantragt, die Zulässigkeit der vom Regierungsrat gegenüber dem Gemeinderat verlangten Planungszone sei zu prüfen, der Entscheid des Regierungsrates betreffend die Planungszone über die Kernzone sei aufzuheben.

Das Verwaltungsgericht ist auf das Gesuch nicht eingetreten.

Aus den Erwägungen:

1. - Das Verwaltungsgericht prüft auf Antrag, ob bestimmte Rechtssätze verwaltungsrechtlichen Inhalts in Erlassen der Gemeinwesen verfassungsoder gesetzwidrig sind oder sonstwie einem übergeordneten Rechtssatz widersprechen (§ 188 Abs. 1 VRG). Jedermann, dessen schutzwürdige Interessen in absehbarer Zeit durch Anwendung der angefochtenen Rechtssätze verletzt werden können, ist antragsberechtigt (§ 189 lit. a VRG). Der Prüfungsantrag ist innert 30 Tagen seit Veröffentlichung des Erlasses zu stellen (§ 190 VRG).

Vorab sind die prozessualen Voraussetzungen näher zu prüfen. Sind diese nicht alle erfüllt, kann auf den Prüfungsantrag nicht eingetreten werden.

2. - Nach Auffassung des Baudepartementes ist der Prüfungsantrag verspätet eingereicht worden. Der Teilgenehmigungsentscheid des Regierungsrates mit der Verpflichtung gegenüber dem Gemeinderat, eine Planungszone zu erlassen, sei am 9. November 1991 im Kantonsblatt veröffentlicht worden. Aufgrund dieser Veröffentlichung hätten die Antragstellerinnen Veranlassung und Möglichkeit gehabt, sich über den Inhalt des regierungsrätlichen Entscheides zu informieren. Der Antrag vom 20. Dezember 1991 sei daher verspätet.

Die Antragstellerinnen machen demgegenüber geltend, aus dem publizierten Text habe niemand die Vorschriften erahnen können, die der Regierungsrat in seinem Entscheid erlassen habe. Erst mit der Publikation der Planungszone durch den Gemeinderat am 23. November 1991 sei eine Frist für Beschwerden und Einsichtnahme bis zum 27. Dezember angesetzt worden. Diese Frist sei eingehalten worden.

Angefochten ist der Beschluss des Regierungsrates, die Gemeinde A zum Erlass einer Planungszone über die Kernzone zu verhalten. Massgeblich für die Fristeinhaltung ist daher gemäss § 190 VRG die Veröffentlichung dieses Beschlusses. Diese Veröffentlichung ist am 9. November 1991 im Kantonsblatt erfolgt. Ob diese Veröffentlichung allerdings für den Beginn des Fristenlaufes hinreichend war, ist fraglich, da § 1 des Publikationsgesetzes vom 20. März 1984 grundsätzlich die Veröffentlichung des Textes von rechtsetzenden Erlassen vorsieht oder, wenn dieser sich dazu nicht eignet, eine öffentliche Auflage vorschreibt, welche im Kantonsblatt anzuzeigen ist (Abs. 2). Nachdem die angefochtene Ziffer 2 des Rechtsspruches im strittigen Entscheid des Regierungsrates bezüglich der Planungszone auf die Erwägungen verwies und diese die inhaltlichen Mindestanforderungen der Planungszone einlässlich definierten (Ziff. III.4 der Erwägungen), hätten wohl auch diese Mindestanforderungen publiziert oder öffentlich aufgelegt werden müssen, um den Fristenlauf beginnen zu lassen. Nachdem indessen, wie nachfolgend zu zeigen sein wird, schon aus andern Gründen nicht auf den Prüfungsantrag eingetreten werden kann, kann auch die Frage der Fristeinhaltung offen bleiben.

3. - Der verwaltungsgerichtlichen Prüfung gemäss § 188 Abs. 1 VRG unterliegen Rechtssätze verwaltungsrechtlichen Inhalts in Erlassen der Gemeinwesen. Das Baudepartement erachtet die umstrittene Weisung im Genehmigungsentscheid des Regierungsrates als Zwischenentscheid, sicher jedoch nicht als Rechtssätze im Sinne von § 188 Abs. 1 VRG. Auch aus diesem Grund sei auf den Prüfungsantrag nicht einzutreten.

Die Antragstellerinnen bezeichnen diese Argumentation als unrichtig. Im angefochtenen Entscheid, auf Seite 42, und im Rechtsspruch Ziffer 2 werde der Gemeinderat A angewiesen, genau detaillierte Vorschriften als Planungszone zu publizieren und ihnen in diesem Sinne provisorische Rechtskraft zu verleihen. Damit seien Rechtssätze begründet worden, die auf die Dauer der Planungszone Gültigkeit gegenüber jedermann hätten und sofort in Kraft stehen würden. Der angefochtene Entscheid des Regierungsrates sei daher diesbezüglich ein Erlass und nicht ein Entscheid.

a) Als Rechtssätze gelten Anordnungen genereller und abstrakter Natur, die für eine unbestimmte Vielheit von Menschen gelten und eine unbestimmte Vielheit von Tatbeständen regeln ohne Rücksicht auf einen bestimmten Einzelfall oder auf eine Person (BGE 113 Ia 439 mit Hinweisen; Rhinow/Krähenmann, Schweizerische Verwaltungsrechtsprechung, Ergänzungsband, B II, S. 15 f.). Ob provisorische Bauvorschriften einer Planungszone Rechtssätze im zitierten Sinn darstellen, kann hier offen bleiben. Voraussetzung, dass überhaupt ein Rechtssatz vorliegt, ist nämlich in jedem Fall die Verbindlichkeit der Anordnungen. Nicht rechtsverbindliche Anordnungen oder blosse Weisungen gelten nicht als Rechtssätze (Rhinow/Krähenmann, a.a.O., S. 17; Ruckli, Die abstrakte Prüfung von Erlassen durch das Verwaltungsgericht unter spezieller Berücksichtigung des Luzerner Verwaltungsrechtspflegegesetzes, Diss. Basel 1978, S. 80) und können daher nicht Anfechtungsgegenstand eines Prüfungsantrages bilden.

b) Die umstrittene Ziffer 2 im Rechtsspruch des Entscheides des Regierungsrates stellt keine unmittelbar rechtsverbindliche Anordnung dar. Sie bedeutet rechtlich nichts anderes als eine Weisung der zuständigen Aufsichtsbehörde an den Gemeinderat A. Entgegen der Auffassung der Antragstellerinnen wurden damit keine Rechte oder Pflichten unmittelbar begründet, jedenfalls nicht für die Antragstellerinnen. Planungszonen bzw. die damit verbundenen provisorischen Bauund Nutzungsvorschriften treten erst mit der öffentlichen Auflage in Kraft (§ 84 Abs. 2 PBG). Die erwähnten Mindestvorschriften im angefochtenen Entscheid des Regierungsrates wären mithin nur dann rechtsverbindlich geworden, wenn der Regierungsrat die Planungszone selber erlassen und öffentlich aufgelegt hätte, wozu er grundsätzlich kompetent gewesen wäre (§ 82 Abs. 2 PBO). Gerade dies hat er jedoch nicht getan.

Er hat den Erlass ausdrücklich dem Gemeinderat überlassen. Erst mit dessen Verfügung bzw. mit der öffentlichen Auflage vom 25. November 1991 entfaltete die Planungszone mit den provisorischen Bauvorschriften Rechtswirkung gegenüber den Antragstellerinnen. Dass sieh der Gemeinderat aufgrund der Weisung des Regierungsrates verpflichtet fühlte, die Planungszone daraufhin im vorgesehenen Verfahren auch tatsächlich zu erlassen, ändert daran nichts. Damit steht fest, dass der strittige Rechtsspruch im Entscheid des Regierungsrates nicht Prüfungsgegenstand im Sinne von § 188 Abs. 1 VRG sein kann. Auf den Prüfungsantrag kann daher nicht eingetreten werden.
Quelle: https://gerichte.lu.ch/recht_sprechung/publikationen
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