Die Aufsichtsbehörde über die Urkundspersonen führte zu einem Gesuch um Entbindung vom Berufsgeheimnis folgendes aus:
Die Urkundspersonen haben über ihre Tätigkeit und über Wahrnehmungen, welche sie dabei machen, Verschwiegenheit zu wahren (§ 19 Abs. 1 BeurkG). Verletzungen des Berufsgeheimnisses ziehen disziplinarische und - auf Antrag - strafrechtliche Folgen nach sich. Vorbehalten sind die eidgenössischen und kantonalen Bestimmungen über die Zeugnisund Editionspflicht (§ 19 Abs. 3 BeurkG; § 164 Abs. 1 lit.b ZPO; Art. 321 Ziff. 1 und 3 StGB).
Stimmen nicht alle Geheimnisherren der Preisgabe des Berufsgeheimnisses zu, entscheidet die Aufsichtsbehörde aufgrund einer Abwägung der für Preisgabe oder Wahrung des Geheimnisses massgebenden Interessen (Sidler Kurt, Kurzkommentar zum luzernischen Beurkundungsgesetz, Luzern 1975, S. 28, N 34). Honorarstreitigkeiten ausgenommen, geht es bei der Interessenabwägung kaum jemals um die persönlichen Interessen der Urkundsperson, welche gegenüber den Geheimhaltungsinteressen der Klientschaft abzuwägen wären, sondern eher um öffentliche Interessen und Privatinteressen Dritter, welche den Dispens allenfalls rechtfertigen (Brückner Christian, Schweizerisches Beurkundungsrecht, Zürich 1993, N 1174). Der Gegenstand der Geheimhaltungspflicht kann weder aufgrund der Herkunft noch aufgrund des Inhalts einer Information bestimmt werden. Die Geheimhaltungspflicht umfasst nicht nur, und nicht alles, was die Verfahrensbeteiligten der Urkundsperson mitteilen, sondern auch Dinge, welche die Urkundsperson von Dritten und aufgrund eigener Ermittlung erfährt. Ferner umfasst die Geheimhaltungspflicht nicht nur, und nicht alles, was die persönlichen Angelegenheiten der Verfahrensbeteiligten betrifft, sondern auch Belange Dritter, von welchen die Urkundsperson im Rahmen eines Beurkundungsverfahrens Kenntnis erhält. Kriterium der Geheimhaltungspflicht ist, dass eine bestimmte Information der Urkundsperson infolge ihres Berufs anvertraut worden ist oder dass sie die Information in ihrer amtlichen Stellung bzw. in Ausübung ihres Berufs wahrgenommen hat. Hiezu gehört vorweg die Tatsache der Klientenbeziehung als solche. Geheimnisgeschützt ist sodann die Gesamtheit der nicht allgemein bekannten Informationen über die Verfahrensbeteiligten und die diesen nahestehenden Personen, deren Verhältnisse, Absichten, Motive, welche der Urkundsperson anlässlich vorbereitender Abklärungen oder nach gestellten Beurkundungsbegehren bis zum Abschluss eines Beurkundungsverfahrens zukommen. Geheimnisgeschützt ist auch die Tatsache, dass die Urkundsperson ihrerseits den Verfahrensbeteiligten bestimmte Dinge mitteilt, sie in bestimmter Weise belehrt, ihnen zu dem Geschäft oder der gewählten Gestaltung zugeraten oder davon abgeraten hat (Brückner, a.a.O., N 1141ff.).
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